Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer reichte am 29. Dezember 2011 bei der Baubehörde erster Instanz für die Errichtung einer Böschungsbefestigung auf einem näher bezeichneten Grundstück auf dem Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde einen eigenhändig unterschriebenen Einreichplan (bestehend aus einer Baubeschreibung, einem Grundriss, Ansichten, einem Schnitt und einem Lageplan), eine Standsicherheitsuntersuchung sowie einen Auszug aus dem Grundstücksverzeichnis ein.
Laut Eingangsstempel der Baubehörde erster Instanz langte am 10. Jänner 2012 folgender Schriftsatz des Beschwerdeführers ein:
"BAUANSUCHEN
Ich ersuche die Gemeinde (K...) um Erteilung einer Baubewilligung auf der Parzelle (...) zur
Errichtung einer Böschungsbefestigung
Für eine baldige positive Erledigung meines Ansuchens danke
ich im Voraus und zeichne ..."
Im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens wurde ein hochbautechnischer Sachverständiger beigezogen. Aus dem im Verwaltungsakt befindlichen Aktenvermerk vom 30. März 2012 geht u. a. hervor, dass dem Beschwerdeführer am 28. März 2012 bei einer persönlichen Vorsprache die vom Amtssachverständigen vorgeschlagenen Änderungen mitgeteilt wurden.
Mit E-Mail vom 3. Juli 2012, eingelangt bei der Baubehörde erster Instanz am 4. Juli 2012, brachte der Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag ein, weil die Baubehörde erster Instanz die vorgesehene Bearbeitungszeit überschritten habe.
Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies mit Bescheid vom 14. Dezember 2012 (Beschluss vom 11. Dezember 2012) den Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) ab. Begründend führte er aus, der Antrag auf Erteilung der Baubewilligung sei am 10. Jänner 2012 eingebracht worden, weshalb sich der am 4. Juli 2012 bei der Baubehörde erster Instanz eingelangte Devolutionsantrag als verfrüht erweise.
Dagegen brachte der Beschwerdeführer die Vorstellung vom 20. Dezember 2012 ein. Begründend führte er aus, das gegenständliche Bauansuchen sei am 29. Dezember 2011 bei der Baubehörde erster Instanz eingelangt. Diesem Ansuchen allenfalls anhaftende Mängel, welche jedoch bestritten würden, weil die Baubehörde keinen Mängelbehebungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG erteilt habe, seien unstrittig am 10. Jänner 2012 behoben worden. Mit der Mängelbehebung gelte der Antrag als ursprünglich richtig eingebracht (Hinweis auf Hauer/Pallitsch, Kärntner Baurecht4, 131, mwH). Die Entscheidungsfrist der mitbeteiligten Gemeinde gemäß § 73 AVG habe am 29. Dezember 2011 begonnen und sei am 4. Juli 2012 bereits abgelaufen gewesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. Juni 2013 wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers mit der Begründung ab, beim Baubewilligungsverfahren handle es sich um ein antragsbedürftiges Verfahren und die sechsmonatige Entscheidungsfrist habe mit dem Einlangen des "verfahrenseinleitenden Antrages" bei der Baubehörde erster Instanz am 10. Jänner 2012 begonnen. Der am 4. Juli 2012 mittels E-Mail eingelangte Devolutionsantrag sei daher verfrüht und somit unzulässig gewesen. Dadurch, dass ein verfrüht eingebrachter Devolutionsantrag vom Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde abgewiesen statt zurückgewiesen worden sei, werde der Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. März 1993, Zl. 92/11/0290).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
§ 73 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung
BGBl. I Nr. 100/2011, lautet:
"4. Abschnitt: Entscheidungspflicht
§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.
(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
(3) Für die Oberbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen."
§§ 9 und 10 Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO 1996), LGBl. Nr. 62/1996 in der Fassung LGBl. Nr. 16/2009 (vgl. hinsichtlich der am 1. Oktober 2012 anhängigen Verfahren die Übergangsbestimmung des Art. IV Abs. 3 der Novelle LGBl. Nr. 80/2012), lauten auszugsweise:
"§ 9
Antrag
(1) Die Erteilung der Baubewilligung ist schriftlich bei der Behörde zu beantragen.
(2) Der Antrag hat Art, Lage und Umfang - bei Vorhaben nach § 6 lit a bis c auch die Verwendung - des Vorhabens anzugeben.
(3) ...
§ 10
Belege
(1) An Belegen sind beizubringen:
- a) ...
- d) ein Verzeichnis der Anrainer nach § 23 Abs. 2 lit. a, bezogen auf die angrenzenden oder durch eine Verkehrsfläche getrennten Grundstücke, mit Angabe der Wohnungsanschrift;
e) die Pläne und Beschreibungen nach Abs. 2.
(2) Die Landesregierung hat Form und Inhalt der zur Beurteilung von Vorhaben erforderlichen Pläne und Beschreibungen durch Verordnung zu bestimmen.
(3) ...
(5) Werden die Belege nicht oder nicht vollständig beigebracht, ist nach § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen."
Der Beschwerdeführer bringt vor, bereits mit der ersten Eingabe vom 29. Dezember 2011 habe er durch Vorlage des Einreichplanes, der Standsicherheitsuntersuchung sowie des Auszuges aus dem Grundstücksverzeichnis eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er auf die Bewilligung der geplanten Böschungsbefestigung in der aus den Unterlagen ersichtlichen Form abziele. Wenn, was bestritten werde, das erste Anbringen mit einem Mangel behaftet gewesen sein sollte, weil das förmliche Bauansuchen gefehlt habe, so sei dieser Mangel vom Beschwerdeführer unverzüglich "fristgerecht" behoben worden. Entsprechend den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 AVG habe die rechtzeitige Mängelbehebung die Wirkung, dass das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht gelte. Gegenständlich gelte das Bauansuchen des Beschwerdeführers daher mit der ersten Eingabe vom 29. Dezember 2011 als mängelfrei eingebracht. Davon ausgehend sei die sechsmonatige Entscheidungspflicht der Baubehörde erster Instanz am 29. Juni 2012 abgelaufen.
Dieses Vorbringen ist im Ergebnis berechtigt.
§ 73 Abs. 1 AVG ordnet unmissverständlich an, dass die Frist für die Entscheidungspflicht der Behörde mit dem Einlangen des Antrages der Parteien beginnt. Ist ein Antrag mangelhaft, so beginnt die Entscheidungspflicht erst mit dem Einbringen des verbesserten Antrages zu laufen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2010, Zl. 2007/05/0200).
Gemäß § 9 K-BO 1996 ist ein Antrag schriftlich zu stellen und hat - das gegenständliche Bauvorhaben betreffend - die Art, die Lage und den Umfang des Vorhabens anzugeben. Nähere Vorgaben über die Form des Antrages enthält die K-BO 1996 nicht. § 10 leg. cit. führt die beizubringenden Belege an, wobei gemäß § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen ist, wenn die Belege fehlen oder nicht vollständig sind (Abs. 5). Für die Beurteilung des Charakters eines Anbringens ist sein wesentlicher Inhalt maßgebend. Es kommt nicht auf die Bezeichnung an, sondern auf die erkennbare Absicht des Einschreiters (vgl. dazu die Ausführungen bei W. Pallitsch/Ph. Pallitsch/W. Kleewein, Kärntner Baurecht, 5. Auflage, E 11 zu § 9 K-BO 1996).
Im gegenständlichen Fall wurden der Baubehörde erster Instanz am 29. Dezember 2011 ein persönlich unterschriebener Einreichplan (bestehend aus einer Baubeschreibung, einem Grundriss, Ansichten, einem Schnitt und einem Lageplan) samt Baubeschreibung, eine Standsicherheitsuntersuchung sowie ein Auszug aus dem Grundstücksverzeichnis vorgelegt. Anhand dieser Unterlagen besteht kein Zweifel an der Absicht des Beschwerdeführers, eine Baubewilligung für die Errichtung der in den Unterlagen hinsichtlich ihrer Art, ihrer Lage und ihres Umfanges genau festgelegten Böschungsbefestigung zu bekommen. Die vorgelegten Unterlagen enthalten alle gemäß § 9 K-BO anzugebenen Informationen, sie liegen schriftlich vor und tragen die Unterschrift des Beschwerdeführers. Abgesehen davon, dass die Erlassung eines Verbesserungsauftrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG nicht aktenkundig ist, blieb für einen solchen, gestützt auf § 9 K-BO, kein Raum. Mit dem am 10. Jänner 2012 nachgereichten Schriftsatz brachte der Beschwerdeführer nur nochmals seine Absicht um Erteilung einer Baubewilligung zum Ausdruck, ohne weitere Angaben zu machen, die sich nicht bereits aus den am 29. Dezember 2011 übergebenen Unterlagen ergeben. Letztere entsprachen den Anforderungen des § 9 K-BO 1996 und lösten nicht nur die Entscheidungspflicht der Behörde, sondern auch die Entscheidungsfrist aus. Zum Zeitpunkt des Einlangens des Devolutionsantrages bei der Baubehörde erster Instanz am 4. Juli 2012 war daher die sechsmonatige Entscheidungsfrist der Behörde bereits abgelaufen und der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht verfrüht. Die Baubehörde 2. Instanz war daher zuständig, über den Antrag des Beschwerdeführers inhaltlich zu entscheiden.
Da die belangte Behörde dies verkannte, war der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Auf das weitere Beschwerdevorbringen, im vorliegenden Fall wäre gemäß § 24 lit. e K-BO 1996 binnen vier Monaten zu entscheiden gewesen, war dabei nicht mehr einzugehen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014).
Wien, am 29. April 2015
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