Normen
ABGB §672;
Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG Wr 1989 §20 Abs1;
Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG Wr 1989 §20 Abs6;
Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG Wr 1989;
ABGB §672;
Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG Wr 1989 §20 Abs1;
Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG Wr 1989 §20 Abs6;
Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG Wr 1989;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.692,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2012, Zl. 2011/05/0088 u.a., verwiesen. Darin gelangte der Verwaltungsgerichtshof zur Ansicht, dass der Beschwerdeführerin für die damals verfahrensgegenständlichen Zeiträume kein Anspruch auf Wohnbeihilfe zukam, weil die Kosten ihrer Wohnung von ihren Eltern bestritten worden waren. I) Zum erstangefochtenen Bescheid:
Der erstangefochtene Bescheid bezieht sich auf einen weiteren, späteren Antrag der Beschwerdeführerin vom 12. Jänner 2013.
Diesen Antrag der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid ab.
In der Begründung führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges aus, der Verfassungsgerichtshof habe in seinem "richtungsweisenden" Erkenntnis vom 6. März 2012, B 1109/10-11, unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nunmehr auch für den öffentlich-rechtlichen Bereich des Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetzes 1989 (WWFSG 1989) dargestellt, dass die Verschaffung einer angemessenen Wohnung dem Begriff der Unterhaltsleistungen zu unterstellen sei. Der Unterhaltsanspruch jedes (noch nicht zur Gänze selbsterhaltungsfähigen) Kindes umfasse auch den Anspruch auf Deckung des Wohnbedarfes. Der Unterhaltspflichtige habe dem Kind daher eine seinen Lebensverhältnissen angemessene unentgeltliche Wohnmöglichkeit zur Verfügung zu stellen, sei es im eigenem Haushalt oder anderswo.
Dies bedeute, dass, von im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen, die Gewährung einer Wohnbeihilfe nach dem WWFSG 1989 für eine noch nicht zur Gänze selbsterhaltungsfähige Person "ab ovo" (von vornherein) ausgeschlossen sei, sodass der Beschwerdeführerin, sollte sie sich trotz ihres Lebensalters noch nicht als selbsterhaltungsfähig behandeln lassen müssen, aufgrund ihres Unterhaltsanspruches keine Wohnbeihilfe gewährt werden könne. Dass sie noch nicht selbsterhaltungsfähig sei, dokumentiere sich auch aus den den Unterhalt festsetzenden Beschlüssen des Bezirksgerichts (Anmerkung: siehe abermals das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2012; die 1987 geborene Beschwerdeführerin hatte gegenüber ihren Eltern die Festsetzung eines Unterhaltsbeitrages von je EUR 50,-- monatlich beantragt, die Eltern stimmten dem zu, sodass dementsprechend verpflichtende Beschlüsse ergingen). Der Vollständigkeit halber sei dennoch klarzustellen, dass, selbst wenn man von einer Selbsterhaltungsfähigkeit ausginge, sich die Wohnbeihilfe gemäß § 61 Abs. 4 WWFSG 1989 um anderweitige Zuschüsse, die zur Minderung der Wohnungsaufwandsbelastung gewährt würden, verminderte. Da die Eltern die Beschwerdeführerin mit monatlich EUR 250,-- (davon jeweils EUR 50,-- von Vater und Mutter aufgrund der gerichtlichen Beschlüsse und EUR 150,-- an freiwilliger Unterstützung durch den Vater) unterstützten, "dieser Betrag als anderweitiger Zuschuss im Sinn des § 20 Abs. 6 WWFSG 1989 zu qualifizieren" sei und den höchstmöglichen anrechenbaren Wohnungsaufwand nach dem ersten Hauptstück des WWFSG 1989 übersteige, sei die Beschwerdeführerin auch in diesem Fall nicht im Sinne des § 60 Abs. 1 leg. cit. unzumutbar belastet.
Somit komme auch unter Zugrundelegung der Angaben der Beschwerdeführerin bei der gegebenen Konstellation - ohne auf die Berufungsdarlegungen näher eingehen zu müssen - nach dem WWFSG 1989 eine Wohnbeihilfe keinesfalls in Betracht, sodass der erstinstanzliche Bescheid vom 29. Jänner 2013 im Ergebnis jedenfalls zu Recht ergangen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
II) Zum zweitangefochtenen Bescheid:
Dem zweitangefochtenen Bescheid liegt ein Antrag der Beschwerdeführerin vom 7. Jänner 2012 zugrunde, der mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 12. Jänner 2012 abgewiesen wurde. Die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. April 2012 als unbegründet abgewiesen. Dieser Berufungsbescheid wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2013, Zl. 2012/05/0107, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil auf das Einkommen des Anspruchswerbers, nicht aber - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - auf dessen Vermögen und somit auch nicht auf die Ersparnisse der Beschwerdeführerin, abzustellen sei. Im fortgesetzten Verwaltungsverfahren erging der abermals die Berufung abweisende zweitangefochtene Bescheid.
In diesem Bescheid führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrens und Feststellungen zum Einkommen der Beschwerdeführerin begründend aus, die Beschwerdeführerin habe in der Berufungsverhandlung vom 11. Juli 2013 angegeben, von ihren Eltern von Jänner 2012 bis September 2012 EUR 4.950,-- erhalten zu haben, von Oktober bis Dezember 2012, wegen eines höheren Eigeneinkommens, insgesamt EUR 750,--. Angesprochen darauf, dass in den Kontoauszügen, die zur Blattzahl 20 und 22 des Aktes einlägen, die Überweisungen als "Unterstützung Wohnung" bzw. "Unterstützung f. Wohnung" benannt seien, habe die Beschwerdeführerin angegeben, eine Zweckbindung der Unterstützungsleistung sei nicht erfolgt. Abgesehen von den regelmäßigen Zahlungen der Eltern wiesen die Kontoauszüge unregelmäßige Zahlungen aus.
Nach Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen heißt es im angefochtenen Bescheid weiter, Zuschüsse im Sinne des § 20 Abs. 6 WWFSG 1989 seien Transferzahlungen, für die grundsätzlich keine Rückzahlung gefordert werde. Wie sich aus dieser Regelung ergäbe, müsse es sich hiebei um Zahlungen handeln, die wie die Wohnbeihilfe selbst zur Minderung der Wohnungsaufwandsbelastung gewährt würden, also wie die Wohnbeihilfe selbst den Zweck erfüllten, den "Eigentümer der Wohnung" vor einer unzumutbaren Wohnungsaufwandsbelastung zu schützen.
Die Beschwerdeführerin weise das in § 61 Abs. 5 WWFSG 1989 geforderte Mindesteinkommen auf. Allerdings stehe fest, dass sich die Beschwerdeführerin die "eigene" (im Original unter Anführungszeichen) Wohnung nur durch die Unterstützung durch ihre Eltern leisten könne. Damit stehe aber zwingend fest, dass es sich bei den monatlichen Unterstützungsleistungen durch ihre Eltern um Zuschüsse im Sinne des § 6 Abs. 6 leg. cit. handle, weil die Beschwerdeführerin ohne diese Geldleistungen eben nicht in der Lage wäre, die monatlichen Kosten für die Wohnung zu begleichen.
Da diese monatlichen Zuschüsse den anrechenbaren Wohnungsaufwand überstiegen, sei die Berufung abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde; eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:
In beiden Beschwerdefällen ist das Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 (WWFSG 1989) in der Fassung LGBl. Nr. 23/2011 maßgeblich; zur Darstellung der Rechtslage kann daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die beiden oben genannten Vorerkenntnisse vom 11. Dezember 2012 und vom 29. Jänner 2013 verwiesen werden.
Auf das vorliegende, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren sind die Bestimmungen des VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 weiter anzuwenden (vgl. § 79 Abs. 11 VwGG).
Zum erstangefochtenen Bescheid:
Gemäß § 672 ABGB umfasst "Unterhalt" Nahrung, Kleidung, Wohnung und die übrigen Bedürfnisse (wie auch den nötigen Unterricht). Grundsätzlich richtig hat die belangte Behörde erkannt, dass der Anspruch auf Unterhalt auch den Anspruch auf Deckung des Wohnbedarfes umfasst (siehe beispielsweise das von der belangten Behörde genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 2012, B 1109/10, VfSlg. 19.625, unter Hinweis auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofes, so beispielsweise die Entscheidungen vom 18. Dezember 2009, 2 Ob 67/09f, vom 17. Juni 2010, 2 Ob 149/09i, oder auch vom 31. August 2011, 7 Ob 135/11w). Die belangte Behörde wendet diese Grundsätze aber im Beschwerdefall unzutreffend an. Der von der belangten Behörde angesprochene Anspruch eines Unterhaltsberechtigten auf Wohnversorgung besteht nicht etwa abstrakt losgelöst von einem Unterhaltsanspruch, sondern ist Teil des Unterhaltsanspruches, der nun, vereinfachend dargestellt, entweder in natura, durch Beistellung einer unentgeltlichen Wohnmöglichkeit, oder durch Beistellung von Geldmitteln in einem Ausmaß erfüllt werden kann, dass der Unterhaltsberechtigte seine angemessenen Bedürfnisse einschließlich des Wohnaufwandes entsprechend finanzieren kann (Bemessungsfragen seien dabei einmal ausgeklammert). Wie im mehrfach genannten Vorerkenntnis vom 11. Dezember 2012 ausgeführt wurde, auf das sich die Beschwerdeführerin mehrfach bezieht, sind ihrem Einkommen fiktive, nicht bezogene Unterhaltsleistungen nicht hinzuzurechnen, weil es hiefür an einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage mangelt. Wird der Wohnungsaufwand, wovon im genannten Erkenntnis ausgegangen wurde, nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von ihren Eltern getragen, mangelt es hingegen an einer Belastung durch Wohnungskosten und somit an einer Grundvoraussetzung für die Gewährung von Wohnbeihilfe (im Erkenntnis wurde auch auf § 20 Abs. 6 WWFSG 1989 verwiesen).
Im Beschwerdefall behauptete die Beschwerdeführerin, die Wohnungskosten selbst (von ihrem Konto) zu bezahlen.
Vor dem Hintergrund des zuvor Gesagten kann sich die belangte Behörde nicht mit Erfolg auf einen allfälligen fiktiven, aber nicht realisierten Anspruch der Beschwerdeführerin auf Beistellung einer unentgeltlichen Wohnmöglichkeit (als Teil eines fiktiven, nicht realisierten Unterhaltsanspruches) berufen. Anders wäre es, wenn sich sachverhaltsmäßig ergeben hätte, dass die Wohnungskosten entweder weiterhin von den Eltern bestritten werden oder aber die Beschwerdeführerin sie zwar selbst bezahlt, aber hievon durch entsprechend zweckgewidmete Leistungen der Eltern ganz oder teilweise entlastet wäre (siehe dazu die Ausführungen zum zweitangefochtenen Bescheid). Solche konkreten, zweckgewidmeten Leistungen hat die belangte Behörde aber nicht festgestellt.
Da die belangte Behörde die aufgezeigten Umstände verkannte, belastete sie den erstangefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Damit kann auch im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführerin während ihres weiteren Studiums ein Unterhaltsanspruch gegen ihre Eltern zusteht und wenn ja, in welchem Ausmaß. Aus dem Umstand, dass die Eltern der Beschwerdeführerin aufgrund ihres Einverständnisses zum Unterhaltsbegehren der Beschwerdeführerin (Leistung eines Unterhaltsbeitrages von je EUR 50,--) zu einer Leistung verpflichtet sind (siehe dazu die Sachverhaltsdarstellungen im Erkenntnis vom 11. Dezember 2012), ist nach den Umständen des Falles für die Beurteilung einer allfälligen, weitergehenden Unterhaltsverpflichtung nichts zu gewinnen.
Zum zweitangefochtenen Bescheid:
Grundsätzlich richtig hat die belangte Behörde erkannt, dass Leistungen der Eltern der Beschwerdeführerin, die zur Entlastung ihrer Tochter vom Wohnungsaufwand zweckgewidmet sind, zu berücksichtigen sind, weil sie den Wohnungsaufwand, den die Beschwerdeführerin zu leisten hat, mindern. Dazu fehlt es aber im zweitangefochtenen Bescheid an den entsprechenden Feststellungen. Soweit die belangte Behörde zum Ergebnis kam, die monatlichen Zuschüsse überstiegen den anrechenbaren Wohnungsaufwand, vermag dies das Fehlen der erforderlichen sachverhaltsmäßigen Grundlage nicht zu ersetzen. Die belangte Behörde wäre daher verhalten gewesen, festzustellen, wie hoch der tatsächliche Wohnungsaufwand der Beschwerdeführerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum war und welche zweckgewidmeten Leistungen die Eltern der Beschwerdeführerin hierauf erbracht haben (die von der belangten Behörde herangezogenen Zahlungen betrafen nur zwei Positionen, nämlich Blattzahl 20 "Unterstützung Wohnung" von EUR 100,-- und Blattzahl 22 "Unterstützung f. Wohnung" von EUR 50,--).
Von diesen Feststellungsmängeln abgesehen, hat die belangte Behörde in diesem Zusammenhang in rechtlicher Hinsicht verkannt, dass sich im Zweifel Leistungen der Eltern zur Entlastung ihrer Tochter vom Wohnungsaufwand auf den gesamten von der Beschwerdeführerin zu leistenden Wohnungsaufwand beziehen und nicht auf einen allfälligen geringeren "anrechenbaren Wohnungsaufwand" nach dem WWFSG 1989.
Der zweitangefochtene Bescheid war daher wegen prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht in beiden Fällen auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014 weiterhin anwendbaren Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 30. Jänner 2014
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