Normen
AVG §45 Abs2;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
StGB §168 Abs1;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §45 Abs2;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
StGB §168 Abs1;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 11. Juli 2012 wurde die mitbeteiligte Partei als gemäß § 9 Abs. 1 VStG verantwortliches, zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher bezeichneten englischen Private Company Limited by Shares (Ltd.) wegen der Zurverfügungstellung der Software für sechs betriebsbereit aufgestellte und Spielern zugänglich gemachte Glücksspielgeräte der Übertretung der §§ 2 Abs. 4 sowie § 52 Abs. 1 Z 1 (4. Fall) Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe von insgesamt EUR 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe insgesamt 60 Tage) verhängt.
1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. September 2012 gab die belangte Behörde der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung der mitbeteiligten Partei Folge, hob das angefochtene Straferkenntnis auf und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein. Begründend führte die belangte Behörde nach zusammenfassender Wiedergabe des erstinstanzlichen Verfahrensverlaufs und der Vorbringen im Berufungsverfahren aus, die Tatanlastung entspreche wegen formaler Mängel nicht dem Gebot des § 44a VStG. Insbesondere fehle in der Tatumschreibung jede nähere Bezeichnung der Art und Merkmale jener Software, deren Bereitstellung der mitbeteiligten Partei zur Last gelegt werde. Angesichts der komplexen elektronischen Vernetzung der Glücksspielgeräte reiche der Vorhalt der Zurverfügungstellung von Software für eine Konkretisierung nicht aus. Aus der Aktenlage ergäben sich zudem Zweifel an der Täterschaft der Berufungswerberin, weshalb zu deren Gunsten vorzugehen und die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
3.1. Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
3.2. Die Beschwerde wendet sich gegen die Schlussfolgerung der belangten Behörde, es liege keine den Anforderungen des § 44a VStG entsprechende Verfolgungshandlung vor.
3.2.1. Beim Erfordernis einer genauen Tatumschreibung im Sinne des § 44a Z. 1 VStG kommt es darauf an, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. April 2012, Zl. 2010/04/0057, mwN).
3.2.2. Ausgehend davon erweist sich der Spruch des durch den angefochtenen Bescheid aufgehobenen Straferkenntnisses entgegen der Ansicht der belangten Behörde fallbezogen als hinreichend konkret, mit welchem der Beschuldigten als vertretungsbefugtes Organ einer bestimmt bezeichneten Kapitalgesellschaft die Ausstattung der aufgrund der Seriennummern bestimmbaren verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräte mit der für die Veranstaltung der inkriminierten Glücksspiele erforderlichen Software unter Bezugnahme auf einen ausreichend determinierten Tatzeitpunkt (vgl. zur Bestimmtheit des Tatzeitpunkts das hg. Erkenntnis vom 12. März 2010, Zl. 2010/17/0017) vorgeworfen wird.
Im Übrigen wäre es der belangten Behörde oblegen, allenfalls ergänzende Feststellungen zum inkriminierten Sachverhalt zu treffen und gegebenenfalls gemäß § 24 VStG iVm.
§ 66 Abs. 4 AVG den Spruch des Strafbescheides zu präzisieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2012, Zl. 2012/17/0386).
3.3. Insofern sich die belangte Behörde wegen der zweifelhaften Täterschaft der Beschuldigten in der Bescheidbegründung auf den Grundsatz "in dubio pro reo" zu beziehen scheint, ist ihr zu entgegnen, dass diese Regel nur für jene Fälle gilt, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte; nur wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. April 1996, Zl. 96/02/0313, mwN). Ob ein solcher Fall vorliegt, wird die belangte Behörde demnach erst nach Durchführung eines entsprechenden Beweisverfahrens und ausgehend von begründeten Feststellungen zu beurteilen haben.
3.4. Die belangte Behörde konnte somit die Aufhebung des Strafbescheids und Einstellung des Verfahrens nicht auf die von ihr angegebenen Gründe stützen. Im Beschwerdefall kann aber der angefochtene Bescheid auch nicht etwa im Hinblick auf eine wegen der Subsidiarität des Straftatbestandes nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG gegenüber jenem nach § 168 Abs. 1 StGB gegebene Unzuständigkeit der Verwaltungsbehörden als rechtmäßig erkannt werden. In dieser Hinsicht gleicht der Beschwerdefall in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Juli 2013, Zl. 2012/17/0249, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. Wie sich aus diesem ergibt, hätte die belangte Behörde nur dann von ihrer Unzuständigkeit ausgehen können, wenn aufgrund von Feststellungen in Bezug auf die möglichen Höchsteinsätze an den einzelnen Glücksspielgeräten die Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von EUR 10,-- erwiesen gewesen wäre. Solche Feststellungen hat die belangte Behörde ausgehend von ihrer oben dargelegten Rechtsansicht, auf die sie den angefochtenen Bescheid gestützt hat, nicht getroffen.
Der angefochtene Bescheid war aus den dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 24. Februar 2014
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