Normen
AVG §66 Abs4;
VStG §24;
VStG §31;
VStG §32 Abs2;
VStG §51 Abs6;
AVG §66 Abs4;
VStG §24;
VStG §31;
VStG §32 Abs2;
VStG §51 Abs6;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 15. Dezember 2011 wurde die mitbeteiligte Partei als gemäß § 9 Abs. 1 VStG verantwortliches, zur Vertretung nach außen berufenes Organ der C GmbH wegen der Veranstaltung von verbotenen Ausspielungen der Übertretung der §§ 2 Abs. 1 und 4, sowie § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt, weil sie in einem Lokal in Linz am 16. Dezember 2010 einen Glücksspielautomaten betrieben habe, bei welchem wiederholt Glücksspiele in Form von Wetten auf virtuelle Hunderennen durchgeführt worden seien, wobei aufgrund der möglichen Einsätze von über EUR 1,-- und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden sei, und deswegen über sie eine Geldstrafe von insgesamt EUR 1.800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt.
1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. August 2012 gab die belangte Behörde der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung der mitbeteiligten Partei Folge, hob das angefochtene Straferkenntnis auf und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 und Z 3 VStG ein. Begründend führte die belangte Behörde nach zusammenfassender Wiedergabe des Verfahrensverlaufs aus, als Täter des ersten Tatbildes des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG komme nur in Betracht, wer den Glücksspielautomaten betrieben habe, dh wer das Spiel auf seine Rechnung ermöglicht habe. Zur Abgrenzung dieses Tatbildes seien aus diesem Grund Feststellungen darüber notwendig, auf wessen Rechnung das Glücksspiel durchgeführt bzw der Glücksspielapparat betrieben worden sei. Entsprechende Feststellungen habe die erstinstanzliche Behörde nicht getroffen. Angesichts des Ablaufs der Verfolgungsverjährungsfrist, innerhalb welcher kein ausreichend konkreter Tatvorwurf erhoben worden sei, sei Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb - mangels Vorliegens der Möglichkeit, die aufgezeigten Spruchmängel zu korrigieren - das Straferkenntnis aufzuheben und mit Einstellung vorzugehen sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift - ebenso wie die mitbeteiligte Partei -, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
3.1. Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
3.2. Die Beschwerde wendet sich gegen die Schlussfolgerung der belangten Behörde, es sei keine den Anforderungen des § 44a VStG entsprechende Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgelegen.
3.2.1. Im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, VwSlg 11894 A/1985, wurde in Ansehung der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a lit. a (nunmehr § 44a Z 1) VStG ausgeführt, dass dieser Bestimmung dann entsprochen werde, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat zu stellende Erfordernis wird nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes, sein. Diese Rechtsschutzüberlegungen sind auch bei der Prüfung der Frage anzustellen, ob eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG vorliegt (vgl. das hg Erkenntnis vom 6. Juni 2012, Zl. 2011/08/0368).
Das bedeutet, dass die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat (lediglich) unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2002/09/0005).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt das Zurkenntnisbringen des Anzeigeninhaltes mit der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme zur Rechtfertigung eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG dar, wenn die Anzeige alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale enthält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2011, Zl. 2011/02/0281 mit Verweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11.525/A, und das Erkenntnis vom 19. Dezember 2005, Zl. 2001/03/0162).
3.2.2. Die "Aufforderung zur Rechtfertigung" vom 28. Juli 2011 konkretisierte den der mitbeteiligten Partei angelasteten Sachverhalt mit dem Betreiben eines konkret bezeichneten Glücksspielgerätes in einem unmissverständlich bezeichneten Lokal zu einem bestimmten Zeitpunkt zum Zweck der Ermöglichung der Teilnahme an verbotenen Ausspielungen. Mit dieser Aufforderung wurde den Anforderungen des § 44a VStG im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsgrundsätze ohne Zweifel entsprochen, zumal der Inhalt der dieser Aufforderung zugrunde liegenden Anzeige überdies ausdrücklich den Vorwurf enthielt, die vom Beschuldigten vertretene Gesellschaft habe das Glücksspielgerät auf eigene Gefahr und Risiko betrieben.
3.2.3. Die gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendende Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG verpflichtet die belangte Behörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden, wobei sie berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid - im Verwaltungsstrafverfahren allerdings unter Beachtung des geltenden Verschlimmerungsverbotes - nach jeder Richtung abzuändern (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. November 1994, Zl. 92/07/0139, mwN). Die belangte Behörde wäre daher angesichts der tauglichen Verfolgungshandlung verpflichtet gewesen, den Spruch sowie die Begründung des bekämpften Straferkenntnisses in der von ihr für erforderlich erachteten Weise richtig zu stellen bzw ein erforderliches Beweisverfahren abzuführen, um ergänzende Tatsachen festzustellen.
"Sache" des Verwaltungsstrafverfahrens ist dabei die dem Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen, unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 2000, Zl. 99/04/0115). Daraus folgt, dass die Tat letztlich nach einer anderen als der ursprünglich ins Auge gefassten Bestimmung bestraft werden kann, sofern alle erforderlichen Sachverhaltselemente von der Verfolgungshandlung erfasst waren. (Pürgy in Raschauer/Wessely, VStG (2010), § 32 Rz 4).
Dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Einstellung des Strafverfahrens verfügt, ist daher zu folgen und der angefochtene Bescheid bereits aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3.3. Die belangte Behörde konnte somit die Aufhebung des Strafbescheids und Einstellung des Verfahrens nicht auf die von ihr angegebenen Gründe stützen. Im Beschwerdefall kann aber der angefochtene Bescheid auch nicht etwa im Hinblick auf eine wegen der Subsidiarität des Straftatbestandes nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG gegenüber jenem nach § 168 Abs. 1 StGB gegebene Unzuständigkeit der Verwaltungsbehörden als rechtmäßig erkannt werden. In dieser Hinsicht gleicht der Beschwerdefall in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Juli 2013, Zl. 2012/17/0249, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. Wie sich aus diesem ergibt, hätte die belangte Behörde nur dann von ihrer Unzuständigkeit ausgehen können, wenn aufgrund von Feststellungen in Bezug auf die möglichen Höchsteinsätze an den einzelnen Glücksspielgeräten die Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von EUR 10,-- erwiesen gewesen wäre. Solche Feststellungen hat die belangte Behörde ausgehend von ihrer oben dargelegten Rechtsansicht, auf die sie den angefochtenen Bescheid gestützt hat, nicht getroffen.
Der angefochtene Bescheid war aus den dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 24. Februar 2014
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