VwGH 2012/17/0048

VwGH2012/17/004814.11.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Straßegger und Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der F GmbH in L, vertreten durch Mag. Dr. Gerald Amandowitsch, Rechtsanwalt in 4073 Wilhering, Am Hochland 5, gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 13. Dezember 2011, Zl. FMA-UB0001.300/0135-BUG/2011, betreffend Aufträge nach § 22b Abs. 1 FMABG, zu Recht erkannt:

Normen

BWG 1993 §1 Abs1 Z1;
BWG 1993 §1 Abs1 Z19 litb;
BWG 1993 §98 Abs1;
DSG §1 Abs2;
FMABG 2001 §22b Abs1;
BWG 1993 §1 Abs1 Z1;
BWG 1993 §1 Abs1 Z19 litb;
BWG 1993 §98 Abs1;
DSG §1 Abs2;
FMABG 2001 §22b Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 8. Juli 2010 wurde der Q AG die "Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes" binnen eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides aufgetragen, indem sie die unerlaubte Entgegennahme fremder Gelder durch die Ausgabe von Genussrechten und die Verwaltung fremder Gelder zu unterlassen habe. Die Q AG habe durch die Ausgabe von Genussrechten die Verwaltung fremder Gelder übernommen und somit ein unerlaubtes, konzessionspflichtiges Bankgeschäft betrieben.

Im Rahmen des Untersagungsverfahrens wandelte die Q AG einen Teil der Gelder ihrer Kunden in Aktienbeteiligungen um, die von der beschwerdeführenden Partei verwaltet wurden. Als Geschäftszweig der beschwerdeführenden Partei ist im Firmenbuch "erneuerbare Energie - Beteiligungen und Errichtung von Anlagen" angeführt. Die beschwerdeführende Partei verfügt über keine Konzession zur Erbringung von Bankgeschäften gemäß § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Z 1 erster Fall Bankwesengesetz (BWG).

Nach Aufforderung der belangten Behörde an die beschwerdeführende Partei, die Umwandlung sowie ihr Geschäftsmodell zu erläutern, legte die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom 28. Juli 2011 einen Zeichnungsschein, einen Treuhandvertrag, eine Einverständniserklärung sowie die Umwandlungsunterlagen eines Genussrechtsinhabers vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. Dezember 2011 forderte die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei gemäß § 22b Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) auf, binnen längstens zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides folgende Unterlagen vorzulegen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde bestreitet zunächst die Erforderlichkeit der von der belangten Behörde verlangten Auskünfte mit dem Argument, dass die bisher vorgelegten Urkunden zur Beurteilung der Frage, ob die beschwerdeführende Partei Bankgeschäfte betreibe, vollkommen ausreichten.

Zu den Bankgeschäften gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 BWG gehört unter anderem die gewerbliche Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung. Wer Bankgeschäfte ohne die erforderliche Berechtigung betreibt, begeht gemäß § 98 Abs. 1 BWG, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) mit Geldstrafe bis zu EUR 50.000,-- zu bestrafen.

Zur Verfolgung der unter anderem in § 98 Abs. 1 und 5 BWG genannten Übertretungen ist die FMA gemäß § 22b Abs. 1 Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG), BGBl. I Nr. 97/2001 in der Fassung BGBl. I Nr. 107/2010, berechtigt, von natürlichen und juristischen Personen sowie von sonstigen Einrichtungen mit Rechtspersönlichkeit die erforderlichen Auskünfte einzuholen und die erforderlichen Daten zu verarbeiten; dieses Recht umfasst auch die Befugnis, in Bücher, Schriftstücke und EDV-Datenträger vor Ort Einsicht zu nehmen und sich Auszüge davon herstellen zu lassen.

Mit dem Finanzmarktaufsichtsrechtsänderungsgesetz 2005 - FMA-ÄG 2005, BGBl. I Nr. 48/2006, beabsichtigte der Gesetzgeber die der Finanzmarktaufsichtsbehörde zur Verfügung stehenden Instrumentarien insbesondere im Bereich der Verfolgung und Hintanhaltung von bewilligungslos betriebenen Bankgeschäften zu erweitern und schaffte dazu unter anderem erweiterte Ermittlungsbefugnisse der FMA (1279 Blg. NR XXII. GP, 2).

Da schon der Q AG die unerlaubte Entgegennahme fremder Gelder durch die Ausgabe von Genussrechten und die Verwaltung fremder Gelder untersagt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2011, Zl. 2010/17/0202), war es naheliegend, dass die belangte Behörde die daraufhin eingeleitete Umwandlung der Genussrechte in treuhändig gehaltene Aktien oder Aktienbeteiligungen dahingehend überwacht, ob das konzessionspflichtige Bankgeschäft der gewerblichen Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 erster Fall BWG betrieben wird.

Die "Entgegennahme" im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 1 BWG bedeutet die Einräumung der tatsächlichen Verfügungsmacht in Bezug auf das fremde Geld, wobei es dabei nicht unbedingt zu einer Eigentumsverschaffung kommen muss. Schlussendlich müssen fremde Gelder bei der entgegennehmenden Einrichtung einlangen. Dies kann auch in der Form geschehen, dass die Gelder auf einem auf die genannte Einrichtung lautenden Konto, mag es auch als Anderkonto bezeichnet sein, eingezahlt werden. "Fremdes Geld" wird entgegengenommen, wenn nach der Intention des Vertragspartners eine Forderung des Geldgebers entsteht. Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung bedeutet, dass die vereinbarungsgemäß übergebenen Gelder im Interesse des Geldgebers einzusetzen sind, wobei ein gewisser Entscheidungsspielraum zustehen muss. Mit der Verwaltungstätigkeit ist zwar durchaus vereinbar, dass der Geldgeber das Recht behält, über eine Veranlagung seiner Gelder im Einzelfall zu entscheiden oder sonst mit Weisungen einzugreifen, es muss aber eine Befugnis zu einem wenn auch begrenzten selbständigen Handeln vorliegen. Darf dagegen nur so veranlagt werden, wie es der Geldgeber jeweils konkret vorschreibt, fehlt also jeglicher Entscheidungsspielraum, dann ist das Geld nicht zur Verwaltung entgegengenommen. In der Regel wird bei der Hereinnahme von Geldern zur Verwaltung im Unterschied zur Hereinnahme als bloße Einlage ein aktives Tun Vertragsgegenstand sein. Somit fallen jene Rechtsgeschäfte unter die Z 1 erster Fall, bei denen der Kunde einen Verwaltungsauftrag bzw. die Ermächtigung zur Vornahme von Dispositionen über die Einlage erteilt, wie dies etwa in Portfoliomanagementverträgen vorgesehen ist. Danach besteht eine Ermächtigung, Umschichtungen im Rahmen der Verfolgung eines bestimmten Anlagezieles vorzunehmen. Im Übrigen betreibt Bankgeschäfte nur, wer - im Gegensatz zu § 1 Abs. 1 Z 19 lit. b BWG - Schuldner aus dem Vertrag über die Verwaltung der fremden Gelder ist. Dies kann auch in Form einer Treuhandkonstruktion erfolgen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/17/0195, mwN).

Die von der beschwerdeführenden Partei nicht weiter bekämpften Feststellungen im angefochtenen Bescheid über den Inhalt der von ihr vorgelegten Urkunden ergeben - wie die belangte Behörde zutreffend ausführte - kein eindeutiges Bild der neuen Geschäftskonstruktion. Insbesonders fehlt es am konkreten Inhalt des Treuhandauftrages, um beurteilen zu können, wer letztlich die Verwaltungsentscheidungen trifft. Darüber hinaus zeigen sich Widersprüche dahingehend, welche Aktien oder Beteiligungen an welchen Unternehmen die Kunden anstelle der früheren Genussrechte der Q AG erhalten sollen. Für eine Beurteilung des Vorliegens eines Einlagengeschäfts im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 1 BWG im bereits dargestellten Sinn waren die im angefochtenen Bescheid verlangten Auskünfte daher erforderlich.

Die Beschwerde macht weiters geltend, die Behörde habe ihr Verlangen nach Unterlagen auf das erforderliche Maß zu reduzieren, wenn dadurch - wie hier - in die Rechte dritter Personen eingegriffen werde. Die nunmehrigen Aktionäre hätten ein Recht darauf, dass ihre Namen und Daten geheim gehalten und nicht willkürlich der Behörde übermittelt würden.

Damit zielt die beschwerdeführende Partei offensichtlich auf § 1 Abs. 2 Datenschutzgesetz 2000 - DSG 2000 ab, wonach Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig sind, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden. Dazu sprach bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Dezember 2009, B 504/09, aus, dass es zweifellos zu den - im öffentlichen Interesse liegenden - Aufgaben der FMA zählt, die Einhaltung des WAG 2007 durch Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu überwachen und dabei auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Kapitalmarkt und auf das Interesse der Anleger Bedacht zu nehmen und dies mit den gesetzlich vorgesehenen Aufsichtsmitteln zu überprüfen. Die Aufforderung, die Namen von Kunden bekannt zu geben, bewirkt einen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz sowohl des Unternehmens als auch seiner Kunden, der einer gesetzlichen Grundlage bedarf und überdies nur zulässig ist, wenn er - gemessen an dem zugrunde liegenden Anlass und dem angestrebten Erfolg - erforderlich, geeignet und verhältnismäßig ist.

Dasselbe gilt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch für die Verfolgung und Hintanhaltung von bewilligungslos betriebenen Bankgeschäften, das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionierenden Bankwesen und die Interessen der Bankkunden, sowie die oben schon genannte Bestimmung des § 22b FMABG, welche die belangte Behörde ebenso zur Verarbeitung der erforderlichen Daten ermächtigt. Da bereits die Q AG ein unerlaubtes Bankgeschäft betrieben hatte, war es erforderlich zu überwachen, was mit den Genussrechten von deren Kunden geschah, weshalb die belangte Behörde berechtigt auch nach den Namen jener Kunden fragte, welche auf das neue Geschäftsmodell umstiegen. Die Erteilung der von der belangten Behörde verlangten Auskünfte versetzt diese auch in die Lage, die Einhaltung der Konzessionsbestimmungen des BWG durch die beschwerdeführende Partei zu überprüfen, weshalb der Eingriff auch zur Erreichung des angestrebten Erfolges geeignet ist. Er ist auch verhältnismäßig, weil damit das volkswirtschaftlich sehr bedeutende Bankenwesen überwacht und Verstöße hintangehalten werden. Hinzu kommt, dass die belangte Behörde ohnedies zur Verschwiegenheit verpflichtet ist und keine Amtshilfe zu leisten hat (vgl. den hg. Beschluss vom 29. März 2012, Zl. AW 2012/17/0009).

Die belangte Behörde war daher berechtigt, von der beschwerdeführenden Partei die im angefochtenen Bescheid genannten Auskünfte gemäß § 22b Abs. 1 FMABG zu verlangen.

Bei diesem Ergebnis liegt der von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachte Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides nicht vor. Die in der Beschwerde gewünschte genauere Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt durch die belangte Behörde war angesichts des festgestellten Inhaltes der vorgelegten Urkunden nicht möglich und führte daher auch zum bekämpften Auskunftsverlangen.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid weder in den geltend gemachten noch in vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen wahrzunehmenden Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 14. November 2013

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