Normen
BAO §26 Abs2;
EStG §2 Abs2;
EStG §34 Abs7 Z5;
FamLAG 1967 §2 Abs1 litb;
FamLAG 1967 §5 Abs3;
BAO §26 Abs2;
EStG §2 Abs2;
EStG §34 Abs7 Z5;
FamLAG 1967 §2 Abs1 litb;
FamLAG 1967 §5 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der vor ihm gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 29. November 2011, B 1087/11-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.
Der Beschwerde und dem dieser in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist Folgendes zu entnehmen:
Die am 19. Mai 1994 geborene Tochter des Beschwerdeführers besuchte im Schuljahr 2009/2010 die sechste Klasse einer allgemein bildenden höheren Schule und gehörte zum Haushalt der geschiedenen Ehefrau des Beschwerdeführers, welche für die Tochter Familienbeihilfe bezog.
Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010 begehrte der Beschwerdeführer Familienbeihilfe für seine Tochter ab August 2010, weil seine Tochter im Rahmen eines Austauschprogrammes ihr siebtes AHS-Jahr in den USA verbringen werde. Danach werde seine Tochter (im achten AHS-Jahr) wieder bei ihrer Mutter leben.
Mit Bescheid vom 17. Juni 2010 wies das Finanzamt den Antrag ab, weil sich die Tochter nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung der Mutter aufhalte und die Zugehörigkeit der Tochter des Beschwerdeführers zum Haushalt ihrer Mutter nach § 2 Abs. 5 lit. a FLAG nicht als aufgehoben gelte.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen erhobene Berufung als unbegründet ab. Die belangte Behörde teile die Ansicht des Beschwerdeführers, dass eine Aufenthaltsdauer seiner Tochter in den USA von einem Jahr kein vorübergehender, sondern ein dauernder Aufenthalt sei. Dies bedeute jedoch, dass kein Anspruch des Beschwerdeführers auf Familienbeihilfe bestehe, weil sich seine Tochter gemäß § 5 Abs. 3 FLAG ständig im Ausland aufhalte. Auch wenn der Auslandsaufenthalt als vorübergehend anzusehen wäre, könnte der Berufung des Beschwerdeführers kein Erfolg beschieden sein, weil dann die Haushaltszugehörigkeit seiner Tochter zum Haushalt ihrer Mutter nicht als aufgehoben gälte.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer ersichtlich im Recht auf Gewährung der Familienbeihilfe verletzt erachtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a des Familienlastenausgleichsgesetzes - FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.
Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind hat nach § 2 Abs. 2 FLAG die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
§ 2 Abs. 5 FLAG lautet:
"(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn ...
Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört."
Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Nach § 26 Abs. 2 BAO hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabepflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen, tritt diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. In diesem Fall erstreckt sich die Abgabepflicht auch auf die ersten sechs Monate.
Der Beschwerdeführer trägt vor, dass der Aufenthalt seiner Tochter außerhalb des Haushaltes eines Elternteiles, welcher als nicht nur vorübergehend anzusehen sei, keinesfalls mit einem ständigen (Auslands‑)Aufenthalt gleichzusetzen sei. Vielmehr sehe die "Steigerungskette" so aus: "vorübergehend - nicht vorübergehend - ständig".
Ständig befinde sich ein Kind im Ausland, das nie oder lediglich zu Besuchen sporadisch ins Bundesgebiet einreise. Der Lebensmittelpunkt eines solchen Kindes, die gesamte Erziehung und Pflege liege während der gesamten Kindheit im Ausland.
Der Beschwerdeführer nimmt also offensichtlich an, dass sich seine Tochter in der Zeit ihres Auslandsaufenthaltes in den USA nicht nur vorübergehend außerhalb des Haushaltes seiner geschiedenen Ehefrau aufhalte (weshalb diese keinen Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG mehr habe), sich jedoch noch nicht ständig im Ausland aufhalte, weshalb § 5 Abs. 3 FLAG nicht zum Tragen komme.
Diesen vom Beschwerdeführer gesehenen Bereich eines Aufenthaltes, der zwar nicht mehr vorübergehend, aber noch nicht ständig sei, hat der Gesetzgeber indes nicht vorgesehen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 3 FLAG unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010, Zl. 2009/16/0133, mwN, sowie Nowotny in Csaszar/Lenneis/Wanke, Familienlastenausgleichsgesetz, Rz 9 zweiter Absatz zu § 5).
Dem Wortlaut des § 26 Abs. 2 erster Satz BAO ist zunächst zu entnehmen, dass ein nicht nur vorübergehendes Verweilen in einem Land keinen eigenen Begriff darstellt, sondern als ständiger Aufenthalt zu sehen ist.
Die Frage des ständigen Aufenthaltes iSd § 5 Abs. 3 FLAG ist nicht nach subjektiven Gesichtspunkten, sondern nach den objektiven Kriterien der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit zu beantworten (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010, mwN, sowie Nowotny, aaO, Rz 9 erster Absatz zu § 5). Auf eine allfällige Absicht der Tochter des Beschwerdeführers, nach dem Auslandsjahr nach Österreich zurückzukehren, kommt es demnach nicht an.
Ein Aufenthalt ist nicht schon dann vorübergehend im Sinne der hg. Rechtsprechung zu § 5 Abs. 3 FLAG, wenn er zeitlich begrenzt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. November 2009, Zl. 2008/13/0072), weshalb auch bei der im Zuge der vorzunehmenden ex-ante Betrachtung des Auslandsaufenthaltes der Tochter des Beschwerdeführers die auch nach objektiven Gesichtspunkten als annähernd gewiss anzunehmende Rückkehr nach Österreich nach dem Austauschjahr nicht entscheidend ist.
Lassen objektive Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt nicht nur vorübergehend währen wird, dann liegt schon ab dem Vorliegen dieser Umstände, allenfalls ab Beginn des Aufenthaltes, ein ständiger Aufenthalt vor (zum Wechsel eines zunächst vorübergehenden Aufenthaltes zu einem ständigen Aufenthalt nach Hervorkommen solcher Umstände vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010).
Im erwähnten Erkenntnis vom 24. Juni 2010 hat der Verwaltungsgerichtshof bei den in jenem Beschwerdefall gegebenen Rahmenbedingungen eine Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten im Ausland gerade noch als vorübergehenden Aufenthalt angesehen. Bei einem Aufenthalt zum Zwecke des Schulbesuches vom Herbst 1991 bis zum Jänner 1993 ging der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20. Juni 2000, Zl. 98/15/0016, von einem ständigen Aufenthalt im Ausland aus. Ein einjähriger Auslandsaufenthalt etwa zum Zwecke eines einjährigen Schulbesuches im Ausland ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes als ständiger Aufenthalt im Ausland anzusehen (vgl. auch Kuprian, Kein Familienbeihilfenanspruch bei Ausbildung eines Kindes in einem "Drittland", in UFS Journal 2011/10, 371).
Der Beschwerdeführer führt den für volljährige Kinder geltenden § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ins Treffen, wonach ein nachgewiesenes Auslandsstudium die Familienbeihilfe verlängere, entfernt sich dabei aber vom Gesetzestext. Nach dieser Bestimmung verlängert sich nämlich - worauf auch der Verfassungsgerichtshof im erwähnten Beschluss vom 29. November 2011 ausdrücklich hinweist - lediglich die Studienzeit, die nicht überschritten werden darf. Dieser Bestimmung ist jedoch nicht zu entnehmen, dass für die Dauer des Auslandsstudiums Familienbeihilfe zustehe.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich die den Eltern durch den Auslandsaufenthalt des Kindes entstandenen höheren Kosten erwähnt, ist er auf die hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. September 2008, Zl. 2008/15/0199, mwN) hinzuweisen, wonach Unterhaltsleistungen für Kinder, für die kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, grundsätzlich bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG) als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein können, und darauf dass das Abzugsverbot nach § 34 Abs. 7 Z 5 EStG lediglich für Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder besteht.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 26. Jänner 2012
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