Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH. Sie nahm in ihrem Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2005/2006 eine gewinnmindernde "Abschreibung" ihrer Forderung gegenüber der B KG um 336.636,83 Euro (25% von 1.346.547,32 Euro) vor. Für Zwecke der Ermittlung des steuerlichen Gewinns aus Gewerbebetrieb wurde dieser Betrag wieder hinzugerechnet.
Im Zuge einer Außenprüfung wurde die Feststellung getroffen, dass es sich dabei um eine verdeckte Ausschüttung an die Gesellschafter der B KG handle. Eine außerbilanzmäßige Hinzurechnung zum steuerlichen Gewinn unterbleibe, weil der Betrag schon berücksichtigt worden sei. Es sei nur die Kapitalertragsteuer (KESt) in Höhe von 25 % einzubehalten.
Das Finanzamt erließ daraufhin einen Haftungs- und Zahlungsbescheid betreffend KESt in Höhe von 84.159,21 Euro.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die Abschreibung der Forderung in der Unternehmensbilanz keine verdeckte Gewinnausschüttung darstelle, wenn diese Abschreibung in der Steuerbilanz (Mehr-Weniger-Rechnung) wieder korrigiert worden sei. Bedingt durch ständige Liquiditätsengpässe im Bereich der B KG sei es über die Jahre zum Aufbau eines Verrechnungskontos zwischen ihr und der B KG gekommen. Im Rahmen der Bilanzierung habe sich auch die Frage nach der Bedienbarkeit dieses Verrechnungskontos gestellt. Vor dem Hintergrund der im § 201 UGB ausdrücklich formulierten GoB und des gesetzlich normierten Vorsichtsprinzips sei eine Abwertung der Forderung in der Unternehmensbilanz zwingend notwendig gewesen. Diese zwingende Anwendung des Niederstwertprinzips lasse sich für die Steuerbilanz jedoch nicht ableiten. Gerade dort, wo in der Unternehmensbilanz das Vorsichtsprinzip zum Ausdruck komme (Abwertungszwang), bestünden in der Steuerbilanz Wahlrechte. Wahlrechte seien aber mit einem Vorsichtsprinzip unvereinbar. Die Wahrung dieser unternehmensrechtlichen Bilanzierungsvorschrift sei in der Folge durch die Berücksichtigung in der Mehr-Weniger-Rechnung wieder neutralisiert worden. Dadurch komme es unternehmensrechtlich zum geforderten Gläubigerschutz bzw. der notwendigen Ausschüttungssperre, steuerrechtlich aber zu einer "steuerrechtlich richtigen Bemessungsgrundlage".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend hielt sie fest, Gesellschafter der B KG seien zum 30. November 2006 der Komplementär C (mit 95 %) sowie dessen Ehegattin, Kommanditistin und zugleich Prokuristin D (zu 5 %) gewesen, während an der Beschwerdeführerin C (zu 51 %), D (zu 39 %) und deren Sohn E (zu 10 %) beteiligt gewesen seien, wobei C auch handelsrechtlicher Geschäftsführer gewesen sei.
Die Beschwerdeführerin habe weder einen Buchungsbeleg noch andere Unterlagen vorlegen können, aus denen der Rechtsgrund der "Abschreibung" ersichtlich geworden wäre. Soweit sie darauf verweise, dass sich im Rahmen der Bilanzierung die Frage nach der Bedienbarkeit des Verrechnungskontos gestellt habe (womit sie betriebliche Gründe anzudeuten versuche), habe sie nicht nachzuweisen vermocht, aus welchen sachverhaltsbezogenen Überlegungen sich per Saldo keine Bedienbarkeit des Kontos ergeben hätte. Warum die Abschreibung der Forderung gerade mit 25% anzusetzen gewesen sei, habe auch nicht erläutert werden können. Die Einschätzung der finanziellen Rahmenbedingungen der B KG sei nicht konkretisiert und eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Forderung nicht behauptet worden. Damit lägen aber Umstände vor, die darauf schließen ließen, dass die "Abschreibung" der Forderung nicht durch betriebliche, sondern durch gesellschaftsrechtliche Erwägungen veranlasst gewesen sei, die den Zweck verfolgten, der B KG bzw. deren Gesellschaftern Vorteile zu gewähren, die die Beschwerdeführerin gesellschaftsfremden Personen nicht zugestanden hätte. Verzichte eine Kapitalgesellschaft causa societatis zu Gunsten eines oder mehrerer Gesellschafter auf eine diesen Personen gegenüber bestehende Forderung, so liege im Zeitpunkt des - allenfalls schlüssigen - Verzichts eine verdeckte Ausschüttung vor, für die im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge KESt abzuziehen sei.
Die Beschwerdeführerin trage zwar vor, dass die Abwertung der Forderung "vor dem Hintergrund der im § 201 UGB ausdrücklich formulierten GoB und deren gesetzlich normierten Vorsichtsprinzips" erforderlich gewesen sein solle und dem Vorsichtsprinzip - "zumindest ansatzweise" - dadurch Rechnung getragen worden sei, dass die finanziellen Rahmenbedingungen der B KG eingeschätzt worden seien. Sofern sie damit zum Ausdruck bringen wolle, dass in der Unternehmensbilanz eine Teilwertabschreibung des Umlaufvermögens auch in Vorwegnahme künftiger Wertverluste zulässig sei (vgl. § 207 Abs. 2 UGB), sei jedoch darauf zu verweisen, dass ein "erweitertes Niederstwertprinzip" (das mit 1. Jänner 2010 beseitigt worden sei) ertragsteuerlich keine Deckung finde und die Beschwerdeführerin daher auch eine steuerliche Mehr-Weniger Rechnung angestellt habe. Allein aus dem Anwachsen des Verrechnungskontos bis zum 30. November 2007 (um 887.934,17 Euro auf 1.897.844,66 Euro) müsse der Schluss gezogen werden, dass die Beschwerdeführerin in einer solchen Entwicklung keine Risiken habe erblicken müssen. Soweit ersichtlich seien in den Folgejahren keine Abwertungen mehr vorgenommen worden. Der Stand des Verrechnungskontos sei in den Wirtschaftsjahren 2007/2008 und 2008/2009 gesunken; zum 30. November 2009 habe er 1.256.604,92 Euro betragen.
Der Umstand, dass die Forderungsabschreibung zu keiner abgabenbehördlichen Korrektur des Gewinns der Kapitalgesellschaft geführt habe (weil eine Hinzurechnung in der Mehr-Weniger-Rechnung des Wirtschaftsjahrs 2005/2006 bereits vorgenommen worden sei), stehe der Vorschreibung von KESt - auf einer zweiten Besteuerungsebene - nicht entgegen. Eine solche Erfassung erweise sich vielmehr als erforderlich, weil es zu einer vermögenswerten Zuwendung an die (an der B KG beteiligten) Gesellschafter der Beschwerdeführerin gekommen sei, die offenkundig nicht aus betrieblichen, sondern aus gesellschaftsrechtlichen Gründen erfolgt sei. Im Verzicht auf eine solche Forderung sei ein Zufluss iSd § 19 Abs. 1 EStG 1988 bei den Gesellschaftern der KG zu erblicken. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin sei daher nicht geeignet, das Nichtvorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung aufzuzeigen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Verdeckte (Gewinn)Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form außer der Dividende oder sonstigen offenen Gewinnverteilung, gleichviel unter welcher Bezeichnung gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2007, 2006/13/0069).
Die belangte Behörde leitet aus der Vornahme einer Teilwertabschreibung eines Teils einer Forderung der Beschwerdeführerin in der Unternehmensbilanz, die von der Beschwerdeführerin bei Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage wieder neutralisiert wurde ("Mehr-Weniger-Rechnung"), eine kapitalertragsteuerpflichtige verdeckte Gewinnausschüttung ab. Begründend verweist die belangte Behörde darauf, dass die Gesellschafter der Beschwerdeführerin auch Gesellschafter der Schuldnerin seien und insofern von der nicht fremdüblichen Abschreibung profitieren würden.
Offen bleibt im angefochtenen Bescheid jedoch, worin der Vorteil der Schuldnerin (und damit der Gesellschafter der Beschwerdeführerin) bestehen sollte, wenn die Beschwerdeführerin eine Wertberichtigung ihrer Forderung in ihrer Unternehmensbilanz vornimmt. Dass der Abschreibung beispielsweise ein zivilrechtlich verbindlicher Verzicht zugrunde liegt, der die Anspruchsgrundlage der Beschwerdeführerin gegenüber ihrer Schuldnerin auch tatsächlich vermindert und einen Teil der Schuld in Wegfall bringt, hat die belangte Behörde nämlich nicht festgestellt.
Auch andere Umstände, die eine Vorteilsgewährung an die Gesellschafter der Beschwerdeführerin bedeuten könnten (wie beispielsweise das Unterlassen fremdüblicher Einbringungsmaßnahmen, vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. April 2010, 2005/15/0057), wurden von der belangten Behörde nicht festgestellt.
Damit bleibt die belangte Behörde aber letztlich die Begründung für die Annahme einer "vermögenswerten Zuwendung" an die (an der B KG beteiligten) Gesellschafter der Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid schuldig.
Der angefochtene Bescheid erweist sich aus dem Gesagten als mangelhaft begründet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am 30. Oktober 2014
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