Normen
AVG §71 Abs1 impl;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 impl;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde zur hg. Zl. 2011/09/0198 vor, dass der angefochtene Bescheid am 12. Oktober 2011 zugestellt worden sei. In der Gegenschrift weist die belangte Behörde darauf hin, dass dies nur das Datum sein könne, an welchem "allenfalls die Behebung des Bescheides" durch die Beschwerdeführerin erfolgt sei, weil laut dem Zustellnachweis am 29. September 2011 ein Zustellversuch erfolgt und die Verständigung über die Hinterlegung in den Briefkasten eingelegt worden sei. Als Beginn der Abholfrist sei am Zustellnachweis der 30. September 2011 vermerkt worden.
Diese Angaben finden sich durch den im vorgelegten Akt befindlichen Rückschein bestätigt.
Die Gegenschrift wurde dem Vertreter der Beschwerdeführerin zugestellt.
Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin den zur hg. Zl. 2012/09/0019 protokollierten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie führt darin u.a. aus:
"Die Hinterlegungsverständigung habe ich ordnungsgemäß erhalten, vermutlich am 29. September 2011 und die Behebung am 12. Oktober 2011 vorgenommen. Am 4. November 2011 habe ich mein Ansuchen um gewerkschaftlichen Rechtsschutz eingereicht, und zwar im Sekretariat des stellvertretenden Vorsitzenden der Personalvertretung Pflichtschulen, WM.
…
Bei meiner Vorsprache am 4. November 2011 hat mir die Sekretärin des WM auf meine Frage erklärt, dass für die Bescheidzustellung und den Beginn der Beschwerdefrist maßgeblich sei, wann ich den Bescheid erhalten habe. Deshalb habe ich im Rechtsschutzansuchen als Zustelldatum den 12. Oktober 2011 angegeben.
…
Ich habe mich nachträglich vergewissert, dass Hinterlegungsverständigungen der gegenständlichen Art auf der Rückseite den Hinweis enthalten, dass die Zustellung mit dem ersten Abholtag als bewirkt gilt. Ich habe das ursprünglich nicht gelesen oder jedenfalls nicht wirksam zur Kenntnis genommen, auch dabei ist meine Belastung und Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Auf dem Kuvert, das mir verblieben war, ist keine Information zur Zustellfrage enthalten gewesen und ich konnte daher nachträglich diesbezüglich nicht mehr nachschauen und habe eben die Sekretärin des WM gefragt."
Weitere Erklärungen werden zum Umstand erstattet, dass zwischen der Hinterlegung und der Abholung sowie der Antragstellung auf gewerkschaftlichen Rechtsschutz einige Zeit vergangen sei. Der Beginn jedes Unterrichtsjahres sei für sie "besonders schwierig", sie sei "zeitlich immer unter großem Druck", auch wegen privater Verpflichtungen.
1.) Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einer Partei, die durch ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Wesentlich ist, dass die Beschwerdeführerin nach ihren Angaben in der Lage war, ihrer Berufstätigkeit als Lehrerin im fraglichen Zeitraum (mit Ausnahme eines Krankenstandstages) nachzugehen, den angefochtenen Bescheid beim Postamt zu beheben und in der Folge einen Antrag auf gewerkschaftlichen Rechtsschutz zu stellen. Damit zeigt sie auf, dass ihre Dispositionsfähigkeit durch die behauptete, nicht näher konkretisierte "Gesundheitsbeeinträchtigung" und des "Zeitdrucks" nicht derart beeinträchtigt war, dass ihr die rechtzeitige Einbringung der Beschwerde unmöglich gewesen wäre.
Es kann dahinstehen, welche Bedeutung die verstrichene Zeit zwischen der Hinterlegung, Abholung und Stellung des Antrages auf gewerkschaftlichen Rechtsschutz hat, denn der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist führt schon aus anderen Gründen nicht zum Erfolg:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft in Anbetracht der Bedeutung von Rechtsmittelfristen jede Partei in Bezug auf deren Einhaltung eine erhöhte Sorgfaltspflicht (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 7. August 2001, Zl. 98/18/0068, mit weiterem Judikaturhinweis).
Von einer im Berufsleben stehenden Lehrperson ist zu verlangen, dass sie über die Rechtsvorschriften, welche die Zustellung von Bescheiden regeln, ausreichend orientiert ist. Im gegenständlichen Fall kommt hinzu, dass sie selbst zugesteht, sie habe sich "nachträglich vergewissert, dass Hinterlegungsverständigungen der gegenständlichen Art auf der Rückseite den Hinweis enthalten, dass die Zustellung mit dem ersten Abholtag als bewirkt gilt." Da sie die Hinterlegungsanzeige "ordnungsgemäß erhalten" hat, ist die Nichtbeachtung dieses Hinweises auf die Rechtslage schon allein für sich als grobe Fahrlässigkeit zu werten. Daran kann die Erkundigung bei der Sekretärin des WM nichts ändern, weil es ebenso Sache der Partei ist, im Zweifel bei der zuständigen Behörde anzufragen (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1555, E 55 ff; S. 1565, E 106 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Die Beschwerdeführerin hat daher mit der unrichtigen Eintragung im Antrag auf gewerkschaftlichen Rechtsschutz und der auf diesem Weg erfolgten Information ihres Rechtsvertreters über den Zustelltag die erforderliche und ihr auch zumutbare Sorgfalt augenscheinlich außer Acht gelassen. Beim gegebenen Sachverhalt liegt nicht bloß ein minderer Grad des Versehens, sondern auffällige Sorglosigkeit vor, die Beschwerdeführerin trifft mithin ein die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließendes Verschulden an der Fristversäumung.
Andererseits stellt es aber auch ein sorgloses Verhalten der Vertretung der Antragstellerin dar, wenn bei einer derartigen Bekanntgabe des Zustelldatums eines Bescheides, gegen den Beschwerde erhoben werden soll, keine Maßnahmen zur Kontrolle der Richtigkeit des Zustelldatums gesetzt werden. Eine solche Maßnahme hätte etwa im Verlangen nach dem Briefumschlag, mit dem der anzufechtende Bescheid zugestellt worden ist, bestehen können. Ein solches Verhalten der Vertretung der Antragstellerin bereits bei Einbringung der Beschwerde wäre bei der vorgetragenen Sachlage geboten gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 2005, Zl. 2005/15/0083).
Da somit die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen, war über den Wiedereinsetzungsantrag in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. e leg. cit. gebildeten Senat gemäß § 46 Abs. 4 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung wie im Spruch zu entscheiden.
2.) Die belangte Behörde setzt in der Gegenschrift richtig fort, dass die Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist 30. September 2011 die rechtswirksame Zustellung bedeutet. Die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 26 Abs. 1 VwGG endete daher am 11. November 2011.
Die Beschwerde wurde aber erst am 23. November 2011 zur Post gegeben. Sie erweist sich daher als verspätet und war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 22. März 2012
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