VwGH 2012/08/0126

VwGH2012/08/012617.10.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter, sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde 1. des W Z und 2. der M L GmbH, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Hubert Simon, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schellinggasse 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 17. April 2012, Zl. UVS-07/AV/28/5071/2012-1, betreffend Übertretung des § 111 ASVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs3;
VStG §51 Abs7;
VStG §52a;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2012:2012080126.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 30. April 2010 wurde der Erstbeschwerdeführer für schuldig erkannt, dass er es als verantwortlicher Beauftragter der Zweitbeschwerdeführerin unterlassen habe, den von dieser in ihrem Betrieb vom 1. September 2006 bis zumindest zum 28. Jänner 2008 beschäftigten Dienstnehmer E. vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, wodurch er § 33 Abs. 1 und § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG iVm § 9 Abs. 2 VStG verletzt habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Erstbeschwerdeführer eine Strafe in der Höhe von EUR 730,-- verhängt. Zugleich wurde gemäß § 9 Abs. 7 VStG die Haftung der Zweitbeschwerdeführerin für diese Geldstrafe und die Verfahrenskosten sowie sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen ausgesprochen.

Gegen dieses Straferkenntnis erhoben die beschwerdeführenden Parteien mit Schriftsatz vom 1. Juni 2010, eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien am 7. Juni 2010, Berufung an die belangte Behörde. Diese verkündete am 30. September 2010 den Berufungsbescheid, mit dem sie den vom Beschuldigten zu verantwortenden Zeitraum auf 1. September 2006 bis 29. November 2007 einschränkte und aussprach, dass in der Tatumschreibung die Wortfolge "vor Arbeitsantritt" zu entfallen habe, im Übrigen aber das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigte.

Die mit 16. April 2012 datierte Ausfertigung dieses Berufungsbescheides wurde den beschwerdeführenden Parteien zusammen mit einem mit 17. April 2012 datierten Abänderungsbescheid am 2. Mai 2012 zugestellt. Mit letzterem wurde gemäß § 52a VStG der Berufungsbescheid dahingehend abgeändert, dass einerseits eine Geldstrafe von nur EUR 400,-- verhängt und der Verfahrenskostenbeitrag sowie die Haftung der zweitbeschwerdeführenden Partei entsprechend herabgesetzt wurden, und andererseits die Fassung der angewendeten Strafnorm korrigiert wurde. Begründet wurde das mit der als mildernd wirkenden langen Verfahrensdauer bis zur Ausfertigung des Berufungsbescheides und mit der zeitlichen Lagerung des (durch den Berufungsbescheid abgeänderten) Tatzeitraums.

Gegen diesen Bescheid ("in eventu" gegen den am 30. September 2010 mündlich verkündeten und am 16. April 2012 ausgefertigten Berufungsbescheid) richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird ein letztinstanzlicher Bescheid durch einen gemäß § 52a VStG erlassenen Abänderungsbescheid aus dem Rechtsbestand ausgeschieden und durch letzteren Bescheid ersetzt; dies gilt auch dann, wenn dieser Bescheid den ursprünglichen Bescheid spruchgemäß nur zum Teil abändert und im Übrigen dessen Inhalt rezipiert (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2006, Zl. 2003/07/0056, mwN).

Mit der vorliegenden Beschwerde wurde daher richtigerweise (im Hauptantrag) der Bescheid vom 17. April 2012 bekämpft. Dieser Bescheid, der den Bescheid vom 30. September 2010 sowohl im Schuldspruch als auch im Strafausspruch abgeändert hat, ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

2. Im Zeitpunkt der Erlassung eines im Schuld- und Strafspruch abändernden Strafbescheides gemäß § 52a VStG ist zu beachten, dass mittlerweile keine Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs. 1 VStG) bzw. keine Strafbarkeitsverjährung (§ 31 Abs. 3 erster Satz VStG) eingetreten und - im Fall der Entscheidung durch die Berufungsbehörde - auch die Entscheidungsfrist des § 51 Abs. 7 VStG noch nicht abgelaufen ist. Wäre eine Abänderung des Strafbescheides wegen der eingetretenen Verjährung oder des Ablaufs der Frist gemäß § 51 Abs. 7 VStG rechtswidrig, so steht der Behörde zur Beseitigung einer zum Nachteil des Bestraften erfolgten Gesetzesverletzung nur die ersatzlose Aufhebung des Strafbescheides gemäß § 52a Abs. 1 VStG offen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2011, Zl. 2009/09/0239).

3. Im vorliegenden Fall war die strafbare Tätigkeit nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides am 29. November 2007 abgeschlossen, sodass die Strafbarkeitsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 3 erster Satz iVm Abs. 2 VStG (spätestens) am 29. November 2010 endete. Der abändernde Strafbescheid wurde am 2. Mai 2012 zu einem Zeitpunkt erlassen, zu dem ein Straferkenntnis nach der angeführten Gesetzesstelle wegen der eingetretenen Strafbarkeitsverjährung nicht mehr hätte gefällt werden dürfen.

4. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 17. Oktober 2012

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