VwGH 2012/06/0024

VwGH2012/06/002410.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. des P F und 2. der A F, beide in V, beide vertreten durch Mag. Claus Schützenhöfer, Rechtsanwalt in 8230 Hartberg, Baumschulgasse 5, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Dezember 2011, Zl. FA13B-12.10-R199/2011-20, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. J P in R, 2. Gemeinde R), zu Recht erkannt:

Normen

BauG Stmk 1995 §13 Abs12;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z1;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z2;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §4 Z30a;
BauRallg;
BauG Stmk 1995 §13 Abs12;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z1;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z2;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §4 Z30a;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstmitbeteiligte ist Eigentümer eines Grundstückes im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde, auf dem sich ein landwirtschaftliches Anwesen befindet. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines benachbarten bebauten Grundstückes. Beide Grundstücke sowie das umgebende Gebiet sind als Freiland gewidmet.

Mit der am 16. Februar 2011 eingebrachten Eingabe vom selben Tag kam der Erstmitbeteiligte (Bauwerber) um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Rinderlaufstalles mit Güllegrube auf seinem Grundstück ein.

Nach verschiedenen Verfahrensschritten erteilte der Bürgermeister mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 24. Februar 2011 die angestrebte Baubewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Die Berufungsbehörde ergänzte das Ermittlungsverfahren durch Einholung eines immissionstechnischen Gutachtens des Sachverständigen H. vom 7. Juli 2011, das von einem Amtssachverständigen der belangten Behörde überprüft wurde (Stellungnahme vom 2. August 2011), eines lärmtechnischen Gutachtens vom 8. August 2011 und einer ärztlichen Stellungnahme vom 20. August 2011 (wonach auf Grund der Gutachten vom 7. Juli und 8. August 2011 eine Gesundheitsgefährdung nach derzeitigem Stand der medizinischen Wissenschaft bei ordnungsgemäßem Betrieb, ordnungsgemäßer Lagerung und Entsorgung der Gülle und des Dungs nicht zu erwarten sei).

Den Beschwerdeführern wurde hiezu Parteiengehör gewährt; sie erhoben daraufhin eine Vorstellung (mit einem Sachvorbringen), die mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. November 2011 als unzulässig zurückgewiesen wurde.

Im Zuge des Berufungsverfahrens modifizierte der Bauwerber das Baugesuch im Übrigen dahingehend, dass nicht 97, sondern bloß 87 Rinder eingestellt werden sollten.

Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates vom 24. Oktober 2011 wurde der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, dass (soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich) die zulässige Dauerbelegung der Stallung mit maximal 87 Stück Rindern festgelegt wurde.

Zur Begründung heißt es, ausgehend von diesem Tierbestand habe der Sachverständige (H.) in seinem Gutachten vom 7. Juli 2011 für den gesamten Hofbestand eine Geruchszahl von künftig G = 9,6 ermittelt. Für einen in unmittelbarer Nähe gelegenen Vergleichsbetrieb sei eine rechtmäßige Geruchszahl von über G = 30, für den (rechtmäßigen) Bestand im Betrieb des Bauwerbers die Geruchszahl von G = 3,8 ermittelt worden. Der Sachverständige sei zum Ergebnis gekommen, dass sich die vom Betrieb des Bauwerbers nach Errichtung des geplanten Zubaues insgesamt ausgehenden Immissionen weiterhin im ortsüblichen Ausmaß bewegen würden. Zur Geruchsschwelle habe der Sachverständige weiter ausgeführt, dass sich aus den Bestandszahlen, bei Annahme eines "worst-case-Szenarios" eine Geruchsschwelle von 77 m errechne. Bei den gegebenen Örtlichkeiten und den heranzuziehenden Wetter-/Winddaten sei ein tatsächlicher Geruchsschwellenabstand zwischen 46 m und maximal 69 m zu ermitteln (wurde näher dargelegt). Die Belästigungsgrenze, das sei 50 % der Geruchsschwelle, würde selbst bei einem worst-case-Szenario lediglich in den Einfahrtsbereich des Grundstückes der Beschwerdeführer reichen. Zum Vorbringen in der Vorstellung aus Anlass des Parteiengehörs sei anzumerken, dass in den Einreichunterlagen sowie auch im erstinstanzlichen Bescheid tatsächlich von einer Anzahl von 97 Rindern ausgegangen worden sei, der Sachverständige (H.) hingegen von einer maximalen Anzahl von 87. Dem sei vom Bauwerber Rechnung getragen worden. Soweit versucht worden sei, durch Berechnungsmodelle die Berechnungsgrundlage und das Ergebnis der Sachverständigen zu widerlegen, seien die Ausführungen nicht nachvollziehbar und in keiner Weise geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der Berechnungsgrundlage oder der Ergebnisse der Gutachten zu erwecken. Es könne daher auch der Behauptung, dass durch das Vorhaben unzulässige Immissionen auf die Liegenschaft der Beschwerdeführer einwirken würden und dies die Vorschreibung größerer Abstände bzw. überhaupt die Versagung des Bauansuchens erfordern würde, nicht gefolgt werden. Vielmehr sei auf dem Grundstück der Beschwerdeführer mit keinen unzulässigen oder unzumutbaren Geruchs- oder Lärmemissionen durch das Vorhaben zu rechnen. Eine Gesundheitsgefährdung oder unzumutbare Belästigung der Beschwerdeführer könne daher ausgeschlossen werden.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen den Berufungsbescheid Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe gesetzlicher Bestimmung führte die belangte Behörde zur Begründung aus, die Beschwerdeführer brächten vor, dass der vorgeschriebene Schutzabstand, der vorsähe, dass das ortsübliche Ausmaß an Immissionen nicht überschritten werden dürfe, um 61 % überschritten werde; im Beschwerdefall sei die vergleichende Standortbewertung nur durch Ermittlung des ortsüblichen Ausmaßes an Immissionen mittels Emissionskatasters möglich und Voraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung, dies sei aber nicht durchgeführt worden. Dem sei zu entgegen, dass der Vergleich des Vorhabens mit schon bewilligten Beständen nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 2007, Zl. 2006/06/0303, mit dem größten schon bewilligten Tierbestand in vergleichbarer Lage in derselben Katastralgemeinde zu erfolgen habe. Damit solle aufgezeigt werden, ob ein Vorhaben ortsüblich oder nicht ortsüblich sei. Der benachbarte, näher bezeichnete Vergleichsbetrieb in der gleichen Lage und Widmungskategorie wie der projektgegenständliche Stall erreiche laut dem Emissionsgutachten des Sachverständigen H. eine Geruchszahl G = 30,1. Damit liege sowohl der als bewilligt anzusehende Betrieb des Bauwerbers als auch der künftige Bestand (nach Realisierung des Vorhabens) im Rahmen der ortsüblichen Kenngröße für Geruchsemissionen aus der Nutztierhaltung. Andere Grundlagen bzw. Berechnungsmodelle für die Ermittlung ortsüblicher Größenordnungen für Geruchsemissionen entsprächen nicht dem Stand der Beurteilung.

Die Beschwerdeführer wendeten ein, dass dann, wenn ein Nutztierhaltungsbetrieb aus mehreren Objekten bestehe, diese Vorgangsweise für jedes Stallobjekt des Betriebes durchgeführt werden müsste, anschließend müssten die Schutzabstände für jedes Objekt maßstabgetreu im Einreichplan eingetragen werden. Dies entspreche aber nicht der gängigen Beurteilungspraxis. Es seien zwar für jedes Stallgebäude die Geruchszahlen zu ermitteln, diese würden jedoch summiert, um eine Gesamtemissionskenngröße zu erhalten. Die Gesamtsumme G gehe dann in die Ermittlung von Schutzabständen bzw. in die Ermittlung der Geruchsschwelle und Belästigungsgrenze ein. Der Begriff "Schutzabstand" stamme aus der österreichischen "Vorläufigen Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen", analog dazu würden die Geruchsschwelle (Raumordnungsfaktor = 1) sowie die Belästigungsgrenze (halbe Geruchsschwelle) ermittelt. Die fachlichen Analogien erfolgten gemäß den VDI Richtlinien 3471 und 3472. Geruchsschwelle und Belästigungsgrenze gäben Aufschluss darüber, wie weit Gerüche in entsprechender Intensität (wahrnehmbar bzw. belästigend oder stark wahrnehmbar) ins Umfeld wirkten. Um sämtliche Stallgebäude einer Hofstelle werde von der "Umhüllenden" (Gebäudekante bzw. Abluftkamine) meist nur die Belästigungsgrenze im Plan eingezeichnet. Die Darstellung dieser Grenze werde deshalb gewählt, weil mit ihr erkennbar sei, in welchem Bereich mit belästigenden (stark wahrnehmbaren) Gerüchen zu rechnen sei. Darüber hinaus - bis zur Geruchsschwelle - liege jener Bereich, der von wahrnehmbaren Gerüchen gekennzeichnet sei. Das sei in der Regel das Ausmaß des doppelten Belästigungsbereiches. Die Dauer der Geruchsbeaufschlagungen in Bezug auf das Immissionsgebiet sei aus einer näher bezeichneten Tabellenspalte (der vorläufigen Richtlinie) abzulesen.

Die Beschwerdeführer brächten weiters vor, dass im Gutachten H. die meteorologischen Faktoren sowie weitere Anmerkungen zur Meteorologie unrichtig seien. Dem sei zu entgegnen, dass, weil von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik für den Standort dieses Vorhabens kein windklimatologisches Gutachten habe erstellt werden können, vom Sachverständigen H. richtigerweise ein worst-case-Szenario berücksichtigt worden sei. Dieses sehe für den meteorologischen und für den Raumordnungsfaktor jeweils 1 vor, was im Sinne eines erhöhten Nachbarschaftsschutzes gemacht werde. Darin seien entsprechende Sicherheiten (Schutzziele) für die Nachbarschaft enthalten. Dies entspreche der gängigen Beurteilungspraxis und werde dort gemacht, wo aus Gründen der Kostenersparnis keine Windmessungen gemacht würden. Örtliche Windmessungen würden nur in Ausnahmefällen insbesondere bei Großverfahren durchgeführt.

Bebaute Grundstücke im Freiland dürften sowohl von stark wahrnehmbaren als auch wahrnehmbaren Gerüchen "beaufschlagt" werden. Die Grenzen dafür lägen in der Regel in der zumutbaren Dimension für Intensität und Zeitdauer der Geruchsimmissionen. Die humanmedizinischen Faktoren seien vom medizinischen Sachverständigen auf Basis einschlägiger Regelwerke (Leitlinien) zu berücksichtigen.

Richtig sei, dass die Darstellung der Belästigungsgrenzen im Gutachten H. anhand des Luftbildes zwar nicht ganz schlüssig nachvollziehbar sei, weil das geplante Stallgebäude nicht eingezeichnet sei. Der Kreismittelpunkt für die ermittelten Belästigungsgrenzen sei (aber) sogar südlicher als die unteren Gebäudekante bzw. die Firstlüftung des Stallneubaues situiert, liege also näher zum Wohnobjekt der Beschwerdeführer. Wünschenswert wäre gewesen, wenn der Sachverständige ausgehend von der "Umhüllenden", um den Bestandsstall unter Einbeziehung der Firstlinie (Lüftung) des Neubaues die Belästigungsgrenzen gezogen hätte.

Diese Ungenauigkeit und die Annahmen von worst-case-Bedingungen im Bereich der Geländeklimatologie und Meteorologie schmälerten jedoch in keiner Weise den Schutzanspruch der Beschwerdeführer, im Gegenteil, diesem werde noch in einem "übergebührenden Maße" Rechnung getragen.

Es sei nicht falsch, wenn der Sachverständige H. den lüftungstechnischen Faktor in einer näher bezeichneten Weise angesetzt habe (wurde näher ausgeführt). Im bekämpften Berufungsbescheid werde als Auflage vorgeschrieben, dass die zulässige Dauerbelegung der Stallung mit maximal 87 Stück Rindern festgelegt werde. Die Tierzahl im Gutachten H. sei demnach bescheidkonform. Dementsprechend seien die fachlichen Ausführungen der Plausiblitätsprüfung durch die belangte Behörde vom 2. August 2011 als nachvollziehbar anzusehen.

Anzumerken sei, dass erfahrungsgemäß die Geruchsschwellen bzw. Belästigungsgrenzen, die auf Basis von realen Winddaten eines Wetterdienstes ermittelt würden, wesentlich geringer in ihrer Ausdehnung seien als jene, die auf worst-case-Bedingungen basierten. Dementsprechend sei das Gutachten H. sehr wohl geeignet, dem medizinischen Sachverständigen als Grundlage für die Erstellung seines Gutachtens zu dienen. In diesem Zusammenhang werde auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht im Widerspruch stehendes Gutachten in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden könne. Ein solches Gutachten sei allerdings von den Beschwerdeführern nicht vorgelegt worden.

Darüber hinaus sei festzuhalten, dass das medizinische Gutachten unabhängig davon zu berücksichtigen gewesen sei, ob der Gutachter in der Liste der gerichtlich beeideten Sachverständigen eingetragen sei oder nicht, dies vor allem deshalb, weil es für die gutachterliche Tätigkeit im Verwaltungsverfahren nicht erforderlich sei, dass eine solche Eintragung erfolgt sei. Überdies machten die Beschwerdeführer nicht geltend, inwiefern das medizinische Gutachten nicht aussagekräftig sei, sondern beschränkten sich darauf zu behaupten, es sei nichtig, weil der Sachverständige nicht in einer solchen Liste eingetragen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Auch die mitbeteiligte Gemeinde hat eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 49/2010 anzuwenden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 Stmk. BauG die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan und einem Bebauungsplan, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

  1. 2. die Abstände (§ 13);
  2. 3. den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
  3. 4. die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
  4. 5. die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);

    6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."

    § 4 leg. cit. enthält Begriffsbestimmungen; Z. 30a lautet

    (auszugsweise):

    "30a Geruchszahl (G): Zahl zur Abschätzung der Geruchsemissionen von Betrieben mit Nutztierhaltung. Sie ist das Produkt aus der Tierzahl, einem tierspezifischen Faktor und einem landtechnischen Faktor und wird nach den Regeln der Technik (z.B. nach der Vorläufigen Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen - VRL) ermittelt;…"

    § 13 Abs. 12 Stmk. BauG lautet:

"(12) Lässt der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine unzumutbare oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarn erwarten oder ist dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich, hat die Behörde größere Abstände vorzuschreiben."

Die Berufungsbehörde und die belangte Behörde sind zutreffend davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführer nicht präkludiert waren. Da sie mangels Ladung keine Gelegenheit hatten, an der Bauverhandlung teilzunehmen, blieb es ihnen unbenommen, im weiteren Verfahren ihre Einwendungen vorzutragen, die auch meritorisch geprüft wurden.

Das Vorbringen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren, dass die Abstände zwischen den projektierten Bauten und ihrem Grundstück unzureichend seien, es bedürfte größerer Abstände, oder es sei überhaupt das Baugesuch abzuweisen, war rechtlich als Einwendung im Sinne des § 13 Abs. 12 iVm § 26 Abs. 1 Z 2 Stmk. BauG zu verstehen, zumal die Flächenwidmung Freiland keinen Immissionsschutz gewährt.

Die Beschwerdeführer bekämpfen weiterhin, so wie schon im Vorstellungsverfahren, das Gutachten des Sachverständigen H., und meinen, die von diesem Sachverständigen angenommenen Schutzabstände seien unzutreffend, jedenfalls zu gering angenommen.

Im Beschwerdefall begegnet es keinen Bedenken, dass sich die Behörden des Verwaltungsverfahrens auf die "Vorläufige Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen" gestützt haben (siehe auch § 4 Z. 3 Stmk. BauG); Näheres hiezu und zu den sich daraus ergebenden Beurteilungsgrundsätzen für derartige Projekte ist dem hg. Erkenntnis vom 24. August 2011, Zl. 2011/06/0122, zu entnehmen, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden kann.

Vor diesem Hintergrund ist dem Vorbringen der Beschwerdeführer zunächst entgegenzuhalten, dass das Baugrundstück und das Grundstück der Beschwerdeführer (mit dem umgebenden Gebiet) als Freiland gewidmet sind, daher eine vergleichende Standortbewertung vorzunehmen war, demnach Schutzabstände nicht zu ermitteln waren, weil die betroffene Nachbarschaft im Freiland grundsätzlich keinen Anspruch auf solche Schutzabstände hat (siehe abermals das zuvor genannte hg. Erkenntnis Zl. 2011/06/0122). Die Berufungsbehörde und die belangte Behörde haben sich mit der Frage der vergleichenden Standortbewertung befasst und darauf verwiesen, dass es in unmittelbarer Nähe einen vergleichbaren Betrieb mit einer wesentlich höheren Geruchszahl gebe. Konkretes tragen die Beschwerdeführer dagegen nicht vor. Die Erstellung eines "Emissionskatasters" ist nach der "Vorläufigen Richtlinie" keine Voraussetzung für eine vergleichende Standortbewertung; es heißt in diesem Zusammenhang vielmehr, der unmittelbare Vergleich mit Emittenten in der Nachbarschaft biete die Möglichkeit, durch die Erstellung von Emissionskatastern die durch das zu beurteilende Objekt zu erwartenden Immissionen im Vergleich mit den übrigen Immissionen in eine Sachverständigenbeurteilung einzubeziehen (Seite 19 dieser Richtlinie); eine Pflicht zur Erstellung eines solchen Immissionskatasters vor einer Begutachtung besteht nicht.

In der vorgetragenen Kritik am Gutachten H. gehen die Beschwerdeführer von einem Belag mit 97 Rindern aus, übergehen dabei aber, dass projektgegenständlich zuletzt ein Belag von nur 87 Rindern war, was mit dem Berufungsbescheid auch so genehmigt wurde. Dieser Belag von 87 Rindern liegt auch dem Gutachten H. zugrunde. Die Beschwerdeführer argumentieren selbst damit, dass eine geringere Belagszahl zu einer Reduktion der Geruchszahl führe. Die Versuche, das Gutachten H. mit dem Argument zu erschüttern, ausgehend von einer höheren Belagszahl ergebe sich in Wahrheit eine höhere Geruchszahl, sind daher nicht zielführend.

Der Sachverständige H. ist in seinem Gutachten von einem "worst-case-Szenario" ausgegangen und hat dabei unter anderem den meteorologischen Faktor mit 1 angesetzt. Er kam zu einer Geruchsschwelle von 77 m und zu einer Belästigungsgrenze (halbe Geruchsschwelle) von 38,5 m, was vom Amtssachverständigen der belangten Behörde in der Stellungnahme vom 2. August 2011 auch bestätigt wurde. Jedenfalls sind die Beschwerdeführer, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, dem Gutachten H. nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die Behörden des Verwaltungsverfahrens dieses Gutachten ihrer Beurteilung zugrunde gelegt haben.

Dass, davon ausgehend, die weiteren Gutachten unzutreffend sein sollten, zeigen die Beschwerdeführer nicht auf. Sie ziehen insofern nur die fachliche Kompetenz des Distriktarztes in Zweifel und tragen hiezu - erstmals im Beschwerdeverfahren - vor, auch wenn es für eine gutachterliche Tätigkeit im Verwaltungsverfahren nicht erforderlich sei, dass der Sachverständige in der Liste der gerichtlich beeideten Sachverständigen eingetragen sei, handle es sich "nur" um einen "einfachen" Distriktarzt (in der Beschwerde jeweils unter Anführungszeichen), welcher keinesfalls über die fachliche Kompetenz verfüge, das Gutachten H. entsprechend den "tatsächlichen Krankheitszuständen" der Beschwerdeführer zu bewerten bzw. in seinem medizinischen Gutachten umzusetzen. Auch dieses Vorbringen vermag den Beschwerdeführern nicht zum Erfolg zu verhelfen: Sofern die Beschwerdeführer meinten, es sei auf ihre - im Übrigen nicht näher beschriebenen - "tatsächlichen Krankheitszustände" abzustellen, handelt es sich dabei um ein neues Vorbringen, auf das wegen des sich aus § 41 VwGG ergebenden Neuerungsverbotes nicht Bedacht genommen werden kann. Im Übrigen ist "auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen" abzustellen (vgl. in diesem Sinn auch das hg. Erkenntnis vom 28. November 1991, Zl. 91/06/0158, zu Tirol, und vom 27. November 2003, Zl. 2000/06/0193, zu Vorarlberg).

Die Beschwerdeführer rügen schließlich, dass Gasimmissionen der Güllegrube nicht beurteilt worden seien, obwohl sie gemäß einer bezeichneten "Publikation" als "Ex-Zone" zu bewerten sei. Bei dem auf diese "Publikation" gestützten Vorbringen handelt es sich ebenfalls um ein erstmals im Beschwerdeverfahren erstattetes Vorbringen, auf das gemäß § 41 VwGG nicht Bedacht zu nehmen ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 10. April 2012

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