Normen
AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §12 Abs1;
AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §12 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (BH) vom 21. September 2012 wurde über die Beschwerdeführerin gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) ein Waffenverbot verhängt, weil sie nach den behördlichen Feststellungen im Zuge eines "Nachbarschafts- bzw Familienstreits" im August 2012 gegenüber ihrer Halbschwester H eine gefährliche Drohung ausgesprochen habe und aufgrund des jahrelang schwelenden Konflikts innerhalb der Verwandtschaft die begründete Besorgnis gegeben sei, dass sie von Waffen gesetz- und zweckwidrig Gebrauch machen könnte.
Nach Erhalt des erstinstanzlichen Bescheids brachte die Beschwerdeführerin innerhalb der Berufungsfrist ein mit 1. Oktober 2012 datiertes Schreiben folgenden Inhalts bei der BH ein (Rechtschreibfehler im Original wurden korrigiert):
"…
Betreff: Waffenverbot
Sg. Damen u. Herren!
Möchte hiermit meinen Einspruch gegen das Waffenverbot geltend machen. Ich fühle mich überhaupt nicht schuldig, dass ich so aggressiv war stimmt überhaupt nicht! Es sind große Verleumdungen von den Geschwister (H.)! Wollte mit meiner Aussage nur den Streit schlichten. Bin heute noch fassungslos, dass dadurch die Waffen genommen wurden!
Achtungsvoll
B.H."
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 15. Oktober 2012 wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, binnen zwei Wochen den Berufungsantrag (vom 1. Oktober 2012) um eine ausführliche Begründung zu ergänzen. Dem Berufungsantrag seien nach Ansicht der belangten Behörde keine konkreten "Berufungsbegründungen" zu entnehmen, sondern er erschöpfe sich in der Aussage, dass die Beschwerdeführerin sich nicht schuldig fühle und es nicht stimme, dass sie aggressiv gewesen sei. Zu den "Vorhaltungen" der erstinstanzlichen Behörde beziehe die Beschwerdeführerin "zudem auch keine Stellung".
Auf diesen Verbesserungsauftrag antwortete die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. Oktober 2012 wie folgt:
"…
Betreff: Berufung v. Waffenverbot
Sg. Damen u. Herren!
Ich … kann Ihnen nur folgendes mitteilen: Ich kann nicht verstehen, daß die Waffen mir entzogen wurden, da ich ja nur zu meiner Halbschwester H gegangen bin, die am 19.8.12 bei ihrem Bruder L auf Besuch war, und dieser den Widerspruch vom 17.8.12 zurücklegte und das Geschehen zwischen meiner Tochter mit Familie widerlegte und bei der Polizei Anzeige machte, obwohl von ihm eine Aussage da war er würde es nicht tun! Daraufhin habe ich H gebeten, sie soll ihren Bruder L um Abstand bitten der Anzeige damit der Streit nicht weitergeht und was Schlimmes passiert! Durch diese Aussage wurden meine Waffen entzogen! Warum? Darf man sprechen auch nicht mehr!
A.H."
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 13 Abs 3 AVG zurück.
Begründend führte sie im Wesentlichen aus, das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 24. Oktober 2012, das der Mängelbehebung dienen sollte, habe neuerlich keine Begründungen enthalten, warum den Vorhalten der BH nicht zu folgen wäre. Neuerlich habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, dass sie nicht verstehe, warum ihr die Waffen entzogen worden seien. Sie habe angegeben, dass ihr (Halb)Bruder nicht wie versprochen die Anzeige zurückgezogen habe und sie daher seine Schwester gebeten habe auf ihn einzuwirken, damit dieser die Anzeige zurückziehe, bevor noch etwas Schlimmes passiere.
Da dem Mängelbehebungsauftrag der belangten Behörde nicht nachgekommen worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 63 Abs 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Zu dieser Vorschrift vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass an die Begründung eines Rechtsmittels keine allzu strengen Anforderungen zu stellen sind. Die Berufung muss, um den gesetzlichen Erfordernissen zu entsprechen, nur erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl dazu etwa VwGH vom 22. November 2011, 2007/04/0096, und vom 23. Mai 2012, 2012/11/0077, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Im Beschwerdefall ließ schon die Berufung der Beschwerdeführerin vom 1. Oktober 2012 hinreichend deutlich erkennen, dass sie die Aufhebung des behördlich verhängten Waffenverbots anstrebte und den von der Behörde zugrunde gelegten Sachverhalt sowie die daraus gezogenen Schlüsse (Gefahr missbräuchlicher Verwendung von Waffen) für unrichtig ansah. Diese Überlegungen wurden von der Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 24. Oktober 2012 noch weiter ergänzt.
Darauf, ob diese Begründung der Berufung stichhältig ist, kommt es bei der Prüfung der formellen Erfordernisse des Rechtsmittels nicht an (vgl dazu ebenfalls das oben zitierte hg Erkenntnis 2007/04/0096, mit weiterem Nachweis).
Ausgehend davon entsprach die Berufung der Beschwerdeführerin aber den Erfordernissen des § 63 Abs 3 AVG. Es bedurfte weder eines Verbesserungsauftrags nach § 13 Abs 3 AVG noch durfte nach dessen Beantwortung davon ausgegangen werden, dass die Berufung mangels Erfüllung des Auftrags zurückzuweisen sei.
Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am 19. März 2013
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