VwGH 2011/22/0216

VwGH2011/22/021623.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des E, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 30. Dezember 2010, Zl. 157.770/2-III/4/10, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

31972R2760 ZusProt FinanzProt AssAbk Türkei Art41;
ARB1/80 Art13;
FrÄG 2009;
NAG 2005 §2 Abs1 Z9;
NAG 2005 §47 Abs2;
31972R2760 ZusProt FinanzProt AssAbk Türkei Art41;
ARB1/80 Art13;
FrÄG 2009;
NAG 2005 §2 Abs1 Z9;
NAG 2005 §47 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 und § 47 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der zunächst bei ihm dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 29. Juni 2011, B 229/11, abgelehnt und die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Ergänzung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer und Aktenvorlage erwogen:

Der gegenständliche Fall, in dem weder der Beschwerdeführer noch seine die österreichische Staatsbürgerschaft besitzende Ehefrau im Zeitpunkt der Antragstellung das 21. Lebensjahr vollendet hatten, gleicht in seinem entscheidungswesentlichen Sachverhalt und der maßgeblichen Rechtsfrage jenem Fall, der dem hg. Erkenntnis vom 24. April 2012, Zl. 2011/22/0212, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird sohin auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Aus den dort genannten Gründen ist auch im vorliegenden Fall der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Die belangte Behörde hat aber auch nicht geprüft, ob dem Beschwerdeführer als türkischem Staatsangehörigen die Stillhalteklauseln des Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980 (kurz: ARB 1/80) oder Art. 41 Abs. 1 des mit der Verordnung (EWG) Nr. 2760/1972 des Rates vom 19. Dezember 1972 im Namen der Gemeinschaft geschlossenen, gebilligten und bestätigten Zusatzprotokolles zum Assoziierungsabkommen zugutekommen (vgl. zu dieser Problematik etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2012, Zl. 2011/22/0313). Da die mit der durch das FrÄG 2009 (BGBl. I Nr. 122/2009) erfolgten Novellierung des NAG, mit der die Altersgrenze für die Familienzusammenführung von Ehegatten auf 21 Jahre (darüber hinaus bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels) angehoben wurde, gegenüber den früheren Rechtslagen des Fremdengesetzes 1997 und der Stammfassung des NAG ohne jeden Zweifel eine Verschärfung der Möglichkeit zur Erlangung des - die Erwerbstätigkeit zulassenden - Aufenthaltstitels, den der Beschwerdeführer anstrebt, für türkische Staatsangehörige darstellt, wäre dies aber geboten gewesen.

Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das über den in dieser Verordnung für Schriftsatzaufwand vorgesehenen Pauschalbetrag hinausgehende Mehrbegehren war abzuweisen, weil Umsatzsteuer in diesem Betrag bereits enthalten ist.

Wien, am 23. Mai 2012

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