VwGH 2011/17/0335

VwGH2011/17/033530.1.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Maga. Nussbaumer-Hinterauer, Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Mag. Brandl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Maga. Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde des JP in M, vertreten durch Mag. Gernot Stitz, Rechtsanwalt in 8570 Voitsberg, Hauptplatz 46/I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 8. November 2011, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/1091-I/7/2011, betreffend einheitliche Betriebsprämie und Rinderprämie für 2010, zu Recht erkannt:

Normen

32009R1122 GAP-BeihilfenDV Art26 Abs2;
32009R1122 GAP-BeihilfenDV Art26 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 30. Dezember 2010 wies der Vorstand für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (in der Folge: AMA) den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der einheitlichen Betriebsprämie für das Jahr 2010 ab, weil der Beschwerdeführer die Cross Compliance Kontrolle verweigert habe.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung.

Mit Bescheid vom 23. Februar 2011 wies der Vorstand für den Geschäftsbereich II der AMA den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der Rinderprämie für das Jahr 2010 ebenfalls mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer die Cross Compliance Kontrolle verweigert habe.

Auch dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die beiden Berufungen ab und begründete dies damit, dass am 5. Mai 2010 im Betrieb des Beschwerdeführers eine Vor-Ort-Kontrolle (in der Folge: VOK) durchgeführt worden sei. Diese VOK sei dem Beschwerdeführer zwei Tage zuvor mitgeteilt worden. Nach dem Kontrollbericht seien 76 Rinder kontrolliert worden. Gemäß einer Stellungnahme der AMA sei die Kontrolle bezüglich der Rinderprämie ohne Probleme verlaufen. Der Beschwerdeführer habe aber die Vorlage des Bestandsregisters betreffend die Ziegen und deren Beschau mit dem Vorbringen verweigert, dass er alleine auf dem Hof sei, großen Stress habe und wegen der Kontrolle bereits einen Zahnarzttermin verschoben habe. Es habe nur eine Ziege, die im Stall gewesen sei, kontrolliert werden können, nicht hingegen die Ziegen auf der Weide. Obwohl die Fortsetzung der Kontrolle nur mehr eine halbe Stunde in Anspruch genommen hätte, habe der Beschwerdeführer eine Kontrolle der Ziegen nicht ermöglicht.

Die VOK habe sich immer auf den gesamten Betrieb zu erstrecken, dh auf die Gesamtheit der verwalteten Produktionseinheiten des Betriebsinhabers. Ein Beihilfenantrag sei abzulehnen, wenn der Betriebsinhaber eine Kontrolle verhindere. Die Kontrollen seien zwar grundsätzlich unangekündigt vorzunehmen, der Beschwerdeführer sei dennoch zwei Tage vorher von der Kontrolle informiert worden. Er sei auch hinreichend informiert gewesen, dass eine "Kontrollunterbrechung" einer "Kontrollverweigerung" gleichkäme. Er habe durch das "Cross Compliance" Merkblatt der AMA ausreichend über die Zugangs- und Kontrollrechte der AMA Bescheid gewusst. Bei seinen Anträgen auf Förderungen habe der Beschwerdeführer auch unterschrieben, dass er das "Cross Compliance" Merkblatt kenne und damit auch die Zugangs- und Kontrollrechte der AMA. Mangels vollständiger VOK seien die Anträge des Beschwerdeführers bezüglich Rinderprämie 2010 und einheitlicher Betriebsprämie 2010 abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Die Verordnung (EG) Nr. 73/2009 (in der Folge: Verordnung (EG) Nr. 73/2009 ) des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 , ABl. L 30 vom 31.1.2009, S. 16, lautet auszugsweise:

"TITEL II

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN ÜBER DIE DIREKTZAHLUNGEN

KAPITEL 1

Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen

Artikel 4

Grundlegende Anforderungen

(1) Ein Betriebsinhaber, der Direktzahlungen bezieht, muss die Grundanforderungen an die Betriebsführung nach Anhang II und die Vorschriften zum guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Artikel 6 erfüllen.

...

KAPITEL 4

Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem

Artikel 22

Kontrolle der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen (Cross-Compliance)

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen durch Vor-Ort-Kontrollen, ob die Betriebsinhaber ihren Verpflichtungen nach Kapitel 1 nachkommen.

...

Artikel 23

Kürzungen und Ausschlüsse bei Nichteinhaltung der anderweitigen

Verpflichtungen

(1) Werden die Grundanforderungen an die Betriebsführung oder das Kriterium des guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands in einem bestimmten Kalenderjahr (nachstehend 'betreffendes Kalenderjahr' genannt) zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt, und ist dieser Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung, die unmittelbar dem Betriebsinhaber anzulasten ist, der den Beihilfeantrag in dem betreffenden Kalenderjahr gestellt hat, so wird der Gesamtbetrag der Direktzahlungen, der nach Anwendung der Artikel 7, 10 und 11 diesem Betriebsinhaber gewährt wurde oder zu gewähren ist, nach den Durchführungsbestimmungen gemäß Artikel 24 gekürzt oder gestrichen.

(2) (...)"

Die Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 (in der Folge: Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 ) der Kommission vom 30. November 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, der Modulation und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gemäß der genannten Verordnung und mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Rahmen der Stützungsregelung für den Weinsektor, ABl. L 316, 2. 12. 2009, S.65, lautet auszugsweise:

"...

TITEL III

KONTROLLEN

KAPITEL I

Gemeinsame Bestimmungen

Artikel 26

Allgemeine Grundsätze

(1) Die in dieser Verordnung geregelten Verwaltungskontrollen und Vor-Ort-Kontrollen werden so durchgeführt, dass zuverlässig geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfen und die Anforderungen und Normen für die anderweitigen Verpflichtungen eingehalten wurden.

(2) Die betreffenden Beihilfeanträge werden abgelehnt, falls der Betriebsinhaber oder sein Vertreter die Durchführung einer Vor-Ort-Kontrolle unmöglich macht.

...

KAPITEL II

Kontrollen in Bezug auf die Beihilfevoraussetzungen

...

Vor-Ort-Kontrollen der Beihilfeanträge für Tiere

...

Artikel 42

Elemente der Vor-Ort-Kontrollen

(1) Die Vor-Ort-Kontrollen erstrecken sich auf sämtliche Tiere, für die im Rahmen der zu kontrollierenden Beihilferegelungen Beihilfeanträge gestellt wurden, ...

..."

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe die Kontrolle nicht unmöglich gemacht, sondern lediglich aus nachvollziehbaren Gründen (hoher Arbeitsanfall, Betreuung der Mutter) gebeten, die Kontrolle in Bezug auf die Ziegen zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen.

Nach Art. 26 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 werden Beihilfeanträge abgelehnt, falls der Betriebsinhaber eine VOK unmöglich macht. "Unmöglich machen" im Sinne dieser Bestimmung umfasst ein breites Spektrum an Verhaltensweisen, wie etwa die Androhung von physischer Gewalt durch den Betriebsinhaber (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2003, 99/17/0199), die Nichtanerkennung eines Prüfauftrags (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2009, 2005/17/0186) oder das verbale Verbot des Betriebsinhabers, Vermessungen in seinem Betrieb durchzuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2009, 2009/17/0010).

Bereits in den Vorgängerbestimmungen zu Art. 26 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 , etwa in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 796/2004 , war die Sanktion der Ablehnung der Beihilfenanträge, falls der Betriebsinhaber oder sein Vertreter "die Durchführung einer Vor-Ort-Kontrolle unmöglich macht", enthalten. Dazu führte der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 16. Juni 2011 (Rs C-536/09 , Omejc, Rn. 30) aus, dass

"(...) der Ausdruck 'die Durchführung einer Vor-Ort-Kontrolle unmöglich macht' in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 796/2004 ein autonomer Begriff des Unionsrechts ist, der in allen Mitgliedstaaten einheitlich dahin auszulegen ist, dass davon neben vorsätzlichem Handeln jedes Tun oder Unterlassen erfasst ist, das auf Fahrlässigkeit des Betriebsinhabers oder seines Vertreters zurückgeführt werden kann und zur Folge hatte, dass die Vor-Ort-Kontrolle nicht vollständig durchgeführt werden konnte, wenn dieser Betriebsinhaber oder sein Vertreter nicht alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden konnten, um sicherzustellen, dass diese Kontrolle vollständig durchgeführt wird."

Der Beschwerdeführer behauptet aber nicht, sämtliche notwendigen Maßnahmen getroffen zu haben, um die vollständige Durchführung der VOK zu gewährleisten. Im vorliegenden Fall hätte etwa durch die Bestellung eines Vertreters gegenüber den Prüforganen oder die Beschäftigung einer Hilfskraft zur Erledigung dringender Arbeiten die Kontrolle trotz der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Umstände fortgesetzt werden können. Dass ihm solche Maßnahmen nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wären, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Solches ist auch sonst nicht ersichtlich, zumal im Beschwerdefall die VOK sogar angekündigt worden war. Mangels einer Verpflichtung zu einer solchen Ankündigung (vgl. Rn. 31 des bereits genannten Urteils des EuGH) ist es auch nicht von Bedeutung, dass die Kontrolle im Beschwerdefall mehr Zeit in Anspruch genommen hat als ursprünglich vorgesehen. Das Vorbringen, dass die Prüforgane zu anderen Zeiten hätten wiederkommen können, vermag an dem Umstand, dass die Kontrolle aus Gründen, die der Beschwerdeführer zu vertreten hatte, nicht den gesamten Betrieb des Beschwerdeführers umfasst hat, nichts zu ändern. Die Prüforgane traf auch keine Verpflichtung, einen weiteren Versuch zu unternehmen, um die Ziegen des Beschwerdeführers zu überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2009, 2009/17/0010).

Der Beschwerdeführer rügt auch, die Prüforgane hätten ihn über die Folgen seiner Weigerung unterrichten müssen. Er bringt aber nicht vor, dass er im Falle einer solchen Belehrung die Fortsetzung und ordnungsgemäße Beendigung der Kontrolle ermöglicht hätte, sodass schon aus diesem Grunde auf sein Vorbringen nicht näher einzugehen ist.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 30. Jänner 2015

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