VwGH 2011/08/0151

VwGH2011/08/015115.7.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde des Dr. Friedrich Nusterer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der W GmbH & Co KG in K, vertreten durch Dr. Georg Lugert, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Dr. Karl Renner Promenade 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 16. Mai 2011, Zl. BMASK-424597/0001-II/A/3/2010, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien:

1. Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3, 2. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65- 67, 4. A C in H, 5. A B in H, 6. A H z.H. Dr. Stephan Rainer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Lieberstraße 3, 7. C S, Adresse unbekannt, 8. D S in F, 9. D B in C, 10. F L, Adresse unbekannt,

11. G B in S, 12. G D, Adresse unbekannt, 13. G M in A, 14. G U, Adresse unbekannt, 15. H W, Adresse unbekannt, 16. H G in S, 17. H R, Adresse unbekannt, 18. H D, Adresse unbekannt, 19. J K in B,

20. J T, Adresse unbekannt, 21. J F, Adresse unbekannt, 22. K B in M, 23. K W in E, 24. K S in W, 25. M G in G, 26. M A in W,

27. M W, Adresse unbekannt, 28. N L in B, 29. O K, Adresse unbekannt, 30. P M in K, 31. R F in Z, 32. R M, Adresse unbekannt,

33. R H in D, 34. R F, Adresse unbekannt, 35. S S, Adresse unbekannt, 36. S M, Adresse unbekannt, 37. St M, Adresse unbekannt, 38. T K in B, 39. U M in P, 40. U M, Adresse unbekannt,

41. U S, Adresse unbekannt, 42. V W, Adresse unbekannt, 43. W K, Adresse unbekannt, 44. W T in B, 45. J S in H, 46. M P z. H. Stein, Walther & Richter, Rechtsanwälte in D-Herzberg, Schliebener Straße 77), zu Recht erkannt:

Normen

ArbVG §34 Abs1;
ASVG §10;
ASVG §35 Abs1;
ASVG §35;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §539a Abs3;
ASVG §539a Abs5 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass die 4. bis 46. mitbeteiligte Partei auf Grund ihrer Tätigkeit als Lkw-Fahrer für die U. KG (hier beschwerdeführende Partei ist der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen dieser Gesellschaft) zwischen dem 17. Juli 2000 und dem 13. Mai 2005 in einzelnen, jeweils näher genannten Zeiträumen als Dienstnehmer der Pflichtversicherung in der Kranken- , Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG sowie gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlagen.

Die U. KG habe ihren Sitz in K. (Niederösterreich). Einzige unbeschränkt haftende Gesellschafterin der U. KG sei die U. GmbH. Kommanditisten seien W. U. und C. U. Die Funktion der C. U. sei mit 18. Jänner 1996 gelöscht worden. Mit Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom 19. Juli 2005 sei über die U. KG der Konkurs eröffnet worden.

Die U. GmbH habe ihren Sitz ebenfalls in K. Gesellschafter seien W. U. (25 %) und seine Ehegattin, H. U. (75 %). W. U. sei handelsrechtlicher Gesellschafter der U. GmbH. Mit Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom 28. Juli 2005 sei über die U. GmbH der Konkurs eröffnet worden.

Am 13. Jänner 2000 sei die U. Ltd in das englische Handelsregister eingetragen worden. Mit 3. Dezember 2003 sei diese in W. Ltd umbenannt worden. Bis zum 31. Juli 2003 habe W. U. sämtliche Anteile an der U. Ltd (später W. Ltd) gehalten. Er habe seine Anteile mit Wirkung vom 1. August 2003 an H. U., der nunmehrigen Alleingesellschafterin, übergeben. Zu Beginn seien H. U. und W. U. Geschäftsführer der U. Ltd (später W. Ltd) gewesen. Jedenfalls ab 27. November 2004 sei H. U.

Alleingeschäftsführerin ("Director") der W. Ltd gewesen. Das Büro der W. Ltd. habe sich in F. (England) befunden. Einziger Angestellter der W. Ltd sei A. V. gewesen.

Zur Anbahnung von Dienstverhältnissen mit den mitbeteiligten Dienstnehmern habe die U. KG Annoncen beispielsweise in den Fahrermagazinen "Trucker" oder "Fernfahrer" geschaltet. Diese hätten z.B. in den Ausgaben des "Trucker" 9, 10, 11 und 12/2004 folgendermaßen gelautet:

"Österreichisches Unternehmen sucht Selbständige oder Fahrer für den Österreich/Italien/England-Verkehr ...".

Als Kontaktmöglichkeit seien österreichische Telefonnummern angeführt gewesen. In der Ausgabe des Trucker 1/2005 habe sich eine beinahe identische Annonce mit gleicher Telefonnummer befunden. Diesmal jedoch mit der Angabe, dass ein englisches Unternehmen Arbeitskräfte suche. Manche mitbeteiligte Dienstnehmer hätten angegeben, sie hätten "per Mundpropaganda" von freien Stellen erfahren. Andere hätten Blindbewerbungen geschickt.

Bewerbungsschreiben und Lebensläufe seien an die E-mail-Adresse des A. V. gesendet und von diesem an H. U. weitergeleitet worden. Sie seien in deutscher Sprache verfasst gewesen. Die Bewerbungsgespräche seien grundsätzlich mit H. U. geführt worden. Diese habe die Fahrer grundsätzlich auch eingestellt. H. U. habe ein Büro in den Räumlichkeiten der U. KG gehabt. Die Einstellungen seien teilweise in ihrem Büro erfolgt, ansonsten beispielsweise auf dem Firmenparkplatz der U. KG oder auch auf Autobahnraststätten, in diversen Gaststätten oder auf Autobahnparkplätzen, wo neu angestellte Fahrer das Fahrzeug gleich übernommen hätten. Teilweise hätte auch der Fuhrparkleiter der

U. KG, W. H., Einstellungsgespräche durchgeführt, z.B. mit dem

46. Mitbeteiligten. W. H. habe Fahrer in Absprache mit H. U. in den Dienst gestellt.

A. V. habe mit Personaleinstellungen nichts zu tun gehabt. Eine Befragung der 44 Lkw-Fahrer (den mitbeteiligten Dienstnehmern), durch welches Unternehmen und durch welche Person sie in den Dienst gestellt worden seien, habe ergeben, dass 26 H. U. und 9 den Fuhrparkleiter der U. KG, W. H., genannt hätten. Drei hätten K., den früheren Prokuristen der U. KG, genannt. Keiner der Befragten habe A. V. genannt. Die belangte Behörde messe der Aussage des A. V. schon auf Grund der Übereinstimmung mit den mitbeteiligten Fahrern eine höhere Beweiskraft bei als der nicht näher ausgeführten Behauptung der U. KG, Bewerbungs- und Einstellungsgespräche seien auch durch A. V. durchgeführt worden.

Die U. KG sei im streitgegenständlichen Zeitraum als Speditionsunternehmen im EU-Raum tätig geworden. Die Fahrtrouten hätten überwiegend von Deutschland oder Italien aus nach England geführt. Die Disposition sei größtenteils vom Firmensitz der U. KG in K. aus erfolgt, ab und zu auch vom Firmensitz der W. Ltd in England aus. Wenn ein Fahrer in England einen Auftrag erledigt habe, habe er im Anschluss einen Auftrag von A. V. bekommen. Sonst sei die Disposition in Österreich erfolgt. Die Fahrzeuge seien den Fahrern von H. U., dem Fuhrparkleiter der U. KG, W. H., oder von anderen Fahrern, die abgelöst worden seien, übergeben worden. Die Übergabe habe entweder am Firmensitz in K. oder an den Hauptverkehrslinien stattgefunden. Die von den mitbeteiligten Fahrern gelenkten Fahrzeuge seien in Österreich zugelassen worden und hätten österreichische Kennzeichen getragen. Sie seien entweder im Eigentum der U. KG gestanden oder seien von dieser von der R. GmbH angemietet worden. Auch die sonstigen Betriebsmittel (wie Sicherheitsausrüstungen, Tankkarten, Firmenhandys) seien den Fahrern von der U. KG zur Verfügung gestellt worden.

Die U. KG habe am Firmensitz in K. über Lkw-Abstellplätze verfügt. Krankmeldungen und Urlaubsansuchen der mitbeteiligten Fahrer seien an H. U. (an ihr Büro in der Räumlichkeiten der U. KG in K.) ergangen. Von den Fahrern seien Tourenberichte geführt und bei der U. KG abgegeben worden. Die Zeitaufzeichnungen bzw. die Tourenberichte der Fahrer seien von der U. KG in Österreich gesammelt und aufbereitet und sodann zur Erstellung der Lohnabrechnungen an die W. Ltd nach England geschickt worden. Der Steuerberater der W. Ltd habe Abrechnungen in englischen Pfund erstellt und diese an die W. Ltd übermittelt. H. U. habe die Überweisung der Fahrerlöhne an die Fahrer von einem Konto der W. Ltd bei der Waldviertler Sparkasse veranlasst.

A. V. sei einziger Angestellter der W. Ltd gewesen. Das Büro der W. Ltd habe sich im Privathaus des A. V. befunden. Von dort habe er vereinzelt Dispositionen durchgeführt. Außerdem habe A. V. als Kontaktperson für Fahrer, die mit Beginn des Dienstverhältnisses in England zur Sozialversicherung angemeldet worden seien, fungiert. Er habe einige der mitbeteiligten Fahrer bei diesbezüglichen persönlichen Vorsprachen bei der englischen Behörde begleitet. Die W. Ltd habe keinen Lkw-Parkplatz, keine Werkstätte, keine Lagerhalle, keine Tankstelle und keine eigenen Lkws gehabt. Sie habe mit der U. KG einen Mietvertrag über Fahrzeuge geschlossen, wonach diese jederzeit (von der U. KG) abrufbar gewesen seien. Bei diesem Mietvertrag handle es sich um eine Scheinvereinbarung, weil eine jederzeitige Abrufbereitschaft der Lastkraftwagen nicht mit der Unternehmensorganisation der U. KG als vermietendem Unternehmen vereinbar gewesen wäre. Selbst wenn dieser Mietvertrag nicht nur zum Schein vereinbart worden wäre, gebe es keinen Hinweis darauf, dass ein derartiger Abruf tatsächlich erfolgt wäre. Der Fuhrparkleiter der U. KG, W. H., habe angegeben, ihm sei nicht bekannt gewesen, dass Lkw (von der U. KG an die W. Ltd) vermietet worden wären. Die W. Ltd habe über keine Infrastruktur verfügt, wie sie für Transportunternehmen typisch sei. Sie sei auch nicht als Transportunternehmen tätig geworden. Dieses Gesamtbild könne auch nicht durch vereinzelte Dispositionen des A. V. erschüttert werden. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass dieser die Aufträge (zur Durchführung von Transporten) lediglich (an die U. KG) weitergeleitet habe, und diese der U. KG zuzurechnen seien.

Die meisten der mitbeteiligten Fahrer hätten in englischer Sprache gehaltene Dienstverträge unterschrieben, wonach sie sich verpflichteten, als Fahrer für die W. Ltd oder für eine sogenannte "Group Company" tätig zu werden. Der Inhalt der Dienstverträge sei beinahe identisch. Aus einigen lasse sich keine Verpflichtung der Fahrer ableiten, für die U. KG tätig zu werden, nach dem Wortlaut anderer Verträge seien die Fahrer auch zum Tätigwerden für die U. KG verpflichtet gewesen. Weiters liege ein undatierter sogenannter "Personalbereitstellungsvertrag" zwischen der U. Ltd (nunmehr W. Ltd) und der U. KG vor, wonach die U. Ltd (W. Ltd) der U. KG einen oder mehrere Arbeitnehmer zur Verfügung stelle (überlassene Arbeitskraft).

Sowohl bei den Dienstverträgen als auch beim Personalbereitstellungsvertrag handle es sich um Scheinvereinbarungen. Die Dienstverträge seien tatsächlich zwischen der U. KG und den mitbeteiligten Dienstnehmern zustande gekommen. Dafür spreche, dass der einzige Angestellte der W. Ltd, A. V., mit Personaleinstellungen nichts zu tun gehabt habe. H. U. habe unstrittig wesentliche Handlungen hinsichtlich der gegenständlichen Dienstverhältnisse vorgenommen, wie die Einstellung der Fahrer, die Entgegennahme von Krank- und Urlaubsmeldungen, die Überweisung der Löhne usw. H. U. sei nicht nur Direktorin der W. Ltd, sondern auch zu 75 % an der U. GmbH, der Komplementärin der U. KG, beteiligt gewesen. Sie sei überdies (im verfahrensgegenständlichen Zeitraum) auch Angestellte der U. KG gewesen. Sie habe ihre Tätigkeit mit Wissen der U. KG im Büro der U. KG in K. (Niederösterreich) vorgenommen. Es erscheine lebensfremd, dass eine Angestellte (der U. KG) von ihrem Arbeitsplatz bei der U. KG aus, unter Billigung des Dienstgebers (der U. KG) im Interesse eines anderen Unternehmens (der W. Ltd) in derartigem Umfang agiere, weil ein Unternehmen seine Ressourcen nicht ohne entsprechende Gegenleistung, für die es keine Hinweise gebe, zur Verfügung stellen würde. Die Verwendung von Briefpapier der W. Ltd sowie die Überweisung der Fahrerlöhne von dem auf die W. Ltd lautenden Konto bei der Waldviertler Sparkasse würden im Lichte dieser Erwägungen als Versuch zur Verschleierung des wahren wirtschaftlichen Gehaltes erscheinen. H. U. habe ihre Tätigkeiten nicht als Direktorin der W. Ltd, sondern für die U. KG vorgenommen. Es erscheine lebensfremd, dass die U. KG unentgeltlich (als "Freundschaftsdienst") für ein anderes Unternehmen Annoncen zur Anbahnung von Dienstverhältnissen schalten würde. Die W. Ltd habe keine englischen Fahrer beschäftigt. Sie sei nicht selbst als Transportunternehmen tätig geworden und sollte nur als "Briefkastenunternehmen" dienen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, als Dienstgeber gelte gemäß § 35 Abs. 1 ASVG derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb geführt werde, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis stehe, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelpersonen in Dienst genommen habe oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgeltes verweise. Gemäß § 539a ASVG sei der Sachverhalt so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre. Nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt seien die mitbeteiligten Fahrer im Transportunternehmen der U. KG tätig gewesen. Dieses sei auf Rechnung und Gefahr der U. KG geführt worden. Gegenteilige Hinweise lägen nicht vor. Bei dem Personalbereitstellungsvertrag sowie den Dienstverträgen mit der W. Ltd handle es sich um Scheinvereinbarungen.

Selbst unter der Annahme, dass die Dienstverträge, der Personalbereitstellungsvertrag und der Mietvertrag hinsichtlich der Fahrzeuge nicht nur zum Schein vereinbart, sondern tatsächlich gelebt worden wären und somit sowohl die U. KG als auch die W. Ltd als Transportunternehmen tätig geworden wären, käme eine Dienstgebereigenschaft der U. KG in Betracht. Die Fahrer und die Fahrzeuge wären in diesem Fall für beide Transportunternehmen eingesetzt worden. Beide Unternehmen hätten Betriebsmittel zur Erreichung eines gemeinsamen Betriebszieles eingebracht. Dann liege der Schluss nahe, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 1175 ff ABGB), konkret eine Außengesellschaft, vorliege. In diesem Fall komme allen Gesellschaftern die Dienstgebereigenschaft zu.

Die Anmeldung der mitbeteiligten Fahrer zur englischen Sozialversicherung spreche nicht gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses mit der U. KG. Die Anmeldung der Fahrer, unterstützt durch A. V., sei ja gerade zu dem Zweck erfolgt, der Scheinkonstruktion Glaubwürdigkeit zu verleihen. A. V. habe den Fahrern Bestätigungen über das Bestehen des Arbeitsverhältnisses gegeben. Eine Kontrolle des Arbeitsverhältnisses durch die englischen Behörden habe nicht stattgefunden.

Die mitbeteiligten Fahrer seien unstrittig in den in der Anlage genannten Zeiträumen tätig gewesen. Ihre Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG sei im Verfahren ebenfalls nicht strittig gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1.1. Die Beschwerde bringt vor, die belangte Behörde habe "die wirtschaftliche Aktivität einer Gesellschaft (in diesem Fall einer englischen Ltd) durch die Auslegung österreichischen Rechts vollkommen negiert bzw. ignoriert". Die im Zeitraum von 2003 bis 2005 tätigen deutschen Lkw-Fahrer (die mitbeteiligten Dienstnehmer) seien der U. KG zugeschrieben worden, "obwohl auch englische und niederländische Fahrer" für die W. Ltd tätig gewesen wären. § 539a ASVG sei "als Missbrauchsbestimmung des Sozialversicherungsrechts" anzusehen. Eine Missbrauchsabsicht sei der U. KG aber nicht nachgewiesen worden.

1.2. Diese Auffassung trifft nicht zu. Gemäß § 539a Abs. 3 ASVG ist ein Sachverhalt so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre. Gemäß § 539a Abs. 5 Z 3 ASVG gelten u.a. die Grundsätze, nach denen die Zurechnung nach den §§ 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind. Auf eine allfällige Missbrauchs- oder Umgehungsabsicht kommt es demnach nicht an (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. März 2012, Zl. 2009/08/0010, vom 10. April 2013, Zl. 2013/08/0042, und vom 15. Mai 2013, Zl. 2013/08/0051).

2.1. Des Weiteren bringt die Beschwerde vor, dass W. H. und U. M. weder Prokuristen noch Geschäftsführer der U. KG oder der W. Ltd gewesen seien. "Damit kommen diese Personen für eine rechtsgültige Einstellung für eine Zurechnung der Gesellschaft keineswegs in Betracht." H. U. sei Geschäftsführerin der W. Ltd in England gewesen. Alle Lkw-Fahrer seien letztlich durch sie für die W. Ltd eingestellt worden, wie dies aus den schriftlich vorliegenden Dienstverträgen klar ersichtlich sei.

2.2. Damit verkennt der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für ein Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses iSd ASVG. Die diesbezüglichen Vorschriften stehen auf dem Boden der Eingliederungstheorie (und nicht auf dem der Vertragstheorie). Ein Beschäftigungsverhältnis iSd ASVG wird durch den "Einstellungsakt" begründet. Es setzt einen "Verpflichtungsakt" nicht voraus. Die Pflichtversicherung der Dienstnehmer beginnt nach § 10 Abs. 1 ASVG in der Regel mit dem Tag des Beginnes ihrer Beschäftigung, sie dauert mit dem Beschäftigungsverhältnis fort, bis sie nach § 11 Abs. 1 ASVG in der Regel mit dem Ende der Beschäftigung erlischt. Das Beschäftigungsverhältnis iSd ASVG wird in der Regel durch die Aufnahme der Beschäftigung im Betrieb des Dienstgebers begründet (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. Dezember 1957, VwSlg. Nr. 4495 A/1957, und vom 19. Dezember 2012, Zl. 2012/08/0260).

3.1. Zu der von der belangten Behörde im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise iSd § 539a ASVG vorgenommenen Zurechnung der Beschäftigungsverhältnisse der mitbeteiligten Lkw-Fahrer zur U. KG als Dienstgeberin iSd § 35 Abs. 1 ASVG bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde habe "den wirtschaftlichen Gehalt einer Situation" (die Arbeitstätigkeit von H. U. in den Büroräumlichkeiten der U. KG) nicht erblickt und auf Formalitäten abgestellt,

"während sie in einer Vielzahl an Sachverhaltskonstellationen die Formalitäten (rechtsgültige Verträge) einfach aberkennt und durch eine typisierende Betrachtungsweise zu einem Ergebnis kommt, das eben nicht der wirtschaftlichen Betrachtungsweise entspricht".

Es dränge sich

"die Intention der Berufungsbehörde auf den Sachverhalt so zu drehen bzw. unberücksichtigt zu lassen, in dem Sachverhaltselemente (trotz deren Feststellung) nicht in die rechtliche Beurteilung Einlass fanden".

Im angefochtenen Bescheid hätten sich "eine Vielzahl an Handlungen" ergeben, die "allesamt auf Basis der von der Berufungsbehörde ignorierten Verträge getätigt wurden". Diese "Tätigkeiten der Übersendung, Benachrichtigung, Geldüberweisung, Sozialversicherungsanmeldung in England, Dispositionstätigkeiten" seien "rechtlich nicht als Scheinhandlungen beurteilt worden, obwohl dies die logische Konsequenz infolge der Qualifizierung der Verträge gewesen wäre (....) ". Das Ergebnis, dass die W. Ltd keinerlei wirtschaftliche Aktivitäten durchgeführt habe, widerspreche diametral der vorgelegten Bestätigung der Ansässigkeit der W. Ltd in England durch die englische Steuerbehörde. Die Tatsache, dass die W. Ltd in England Körperschaftsteuern bezahlt habe, setze "notwendigerweise wirtschaftliche Aktivitäten" voraus. Die W. Ltd habe Einkünfte in Form von Zahlungen der Auftraggeber für Transporte und Zahlungen der U. KG für zur Verfügung gestellte Lkw-Fahrer erhalten. Bei Existenz eines eigenen Kundenstockes sei keine Scheinfirma anzunehmen. Die belangte Behörde habe die Aktivitäten des A. V. als Angestellter der W. Ltd "übersehen, die allesamt "ein operatives Geschäft der W. Ltd" bestätigen würden. Die W. Ltd habe die Sozialversicherungsbeiträge in England für die 44 Lkw-Lenker bezahlt, die Lohnsteuer direkt an den englischen Fiskus überwiesen und die Körperschaftsteuer für die erzielten Gewinne entrichtet. Sie habe ein eigenständiges Unternehmen geführt, es liege "im Hinblick auf sämtliche Aussagen" von A. V. im Zusammenhang mit der Annahme einer Scheinfirma respektive "Briefkastenfirma" Aktenwidrigkeit vor. Gemäß § 35 ASVG gelte derjenige als Dienstgeber, für dessen Rechnung der Betrieb geführt werde, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis stehe. In diesem Zusammenhang hätte die belangte Behörde die "Existenz des Kundenstockes der W. Ltd" sowie die Zahlungsströme von und an die W. Ltd feststellen müssen, die Basis für die Besteuerung der englischen Gesellschaft in England gewesen sei. Die W. Ltd

"hatte daher ein Unternehmen, das einen Transportbetrieb und einen Personalverleihungsbetrieb umfasste und für Rechnung der W. Ltd geführt wurde. Für Zwecke der wirtschaftlichen Betrachtungsweise war daher die W. Ltd der Dienstgeber der 44 Lkw-Fahrer und anderer hier nicht streitgegenständlicher Dienstnehmer aus anderen EU-Ländern sowie Inhaberin eines eigenständigen Transportunternehmens".

Die belangte Behörde habe "notwendige Nachforschungen im Zusammenhang mit den Buchhaltungsunterlagen, die die Abrechnung aller Verträge belegt, offensichtlich nicht getätigt". Ebenso sei die Einsichtnahme in die "Steuerunterlagen" der W. Ltd unterlassen worden. Die U. KG habe Dienste der W. Ltd in Anspruch genommen. Dadurch, dass sie nun zusätzlich zum Entgelt für die Überlassung auch zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Österreich angehalten werde, obwohl für die überlassenen Arbeitnehmer von der W. Ltd Sozialversicherungsbeiträge auf Grundlage einer Vollversicherungspflicht in England entrichtet worden seien, werde die Inanspruchnahme von Dienstleistungen aus jenen Ländern verhindert, in denen Sozialversicherungsbeiträge niedriger lägen als in Österreich. Dies verletze Art. 56 AEUV.

3.2. Auch mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde nicht im Recht:

Unter einem Beschäftigungsverhältnis iSd § 4 Abs. 2 ASVG ist das dienstliche Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit des Dienstnehmers iSd § 4 Abs. 2 ASVG zu dem Dienstgeber iSd § 35 Abs. 1 ASVG zu verstehen. Ob jemand in einem Beschäftigungsverhältnis iSd § 4 ASVG steht, ist immer nur in Bezug auf eine andere Person, nämlich - vom Fall der Indienstnahme durch Mittelspersonen abgesehen - den Dienstgeber zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 2005, Zl. 2005/08/0096).

Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) ausgeführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs-(Lehr-)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgeltes verweist. Für die Dienstgebereigenschaft ist wesentlich, wer nach rechtlichen (und nicht bloß tatsächlichen) Gesichtspunkten aus den im Betrieb getätigten Geschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet wird, wen also das Risiko des Betriebes im Gesamten unmittelbar trifft (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg. Nr. 12.325/A).

Beim Begriff des Betriebes iSd § 35 Abs. 1 ASVG kann - wie auch zur Umschreibung dieses Begriffes in allen arbeitsrechtlichen Zusammenhängen - auf die Rechtsprechung zu § 34 Abs. 1 ArbVG zurückgegriffen werden. Gemäß § 34 Abs. 1 ArbVG gilt jede Arbeitsstätte als Betrieb, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb derer eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2005, Zl. 2002/08/0220).

Die wesentlichen Bestandteile des Betriebs, in dem die mitbeteiligten Dienstnehmer organisatorisch eingebunden waren und ihre Tätigkeit entfalteten, waren die Büroräumlichkeiten, die Lkw-Parkplätze, die Lkws (die in den fraglichen Zeiträumen im Eigentum der U. KG standen oder von dieser von der R. GmbH angemietet wurden) sowie die für die Durchführung von Transportaufträgen notwendige Infrastruktur in K., wo auch die erforderlichen Mitarbeiter (Disponenten, Fuhrparkleiter etc.) tätig waren.

Dieser Betrieb ist der U. KG wirtschaftlich zuzurechnen, wenn er auf ihre Rechnung und Gefahr betrieben worden ist, wenn also die U. KG aus den in diesem Zusammenhang getätigten Umsatzgeschäften berechtigt und verpflichtet wurde. Wer berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die auf Grund rechtlicher Gegebenheiten (z.B. Eigentum am Betrieb) beantwortet werden kann, wobei eine Änderung dieser Zuordnung durch Rechtsakte möglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2007, Zl. 2004/08/0127).

Den Feststellungen zufolge hat die (auch) bei der U. KG angestellte H. U. sowie der ebenfalls bei der U. KG angestellte Fuhrparkleiter W. H. die Einstellungsgespräche mit den mitbeteiligten Lenkern zum Großteil geführt. Die Lenker benützten die Kraftfahrzeuge der U. KG, stellten diese auch auf dem Parkplatz der U. KG ab und wurden im Wesentlichen von der U. KG disponiert. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang die Feststellung bestreitet, dass die W. Ltd (alle) Aufträge an die U. KG weitergegeben habe, und darauf hinweist, dass die W. Ltd "Kunden hatte, die Aufträge erteilten", so zeigt sie keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung auf, steht doch fest, dass der W. Ltd mit ihrem einzigen Angestellten A. V. in seiner Privatwohnung als Büro in England nicht über die für die Durchführung der Aufträge erforderliche Infrastruktur verfügte, sondern diese ausschließlich mit Betriebsmitteln der U. KG erfolgten. Die vertraglichen Konstrukte, die eine Verlagerung dieser Betriebskapazitäten weg von der U. KG hin zur W. Ltd untermauern sollten, hat die belangte Behörde in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu Recht als nicht maßgeblich angesehen.

In rechtlicher Hinsicht kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie vor dem Hintergrund der festgestellten Vorgänge bei der U. KG und der W. Ltd die "auf dem Papier bestehenden" vertraglichen Vereinbarungen (Personalbereitstellungsvertrag, Dienstverträge, Mietverträge) zwischen der U. KG und der W. Ltd, die eine Änderung der wirtschaftlichen Zurechnung des dargestellten Betriebes weg von der U. KG hin zur W. Ltd in England bewirken sollten, in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als nicht ausschlaggebend erachtet hat.

Zutreffend hat die belangte Behörde die gegenständlichen Dienstverhältnisse daher der U. KG als Dienstgeberin iSd § 35 ASVG zugeordnet. Zusätzlich führte sie an, es habe zwischen der U. KG und der W. Ltd eine derart enge Zusammenarbeit vorgelegen, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit den Gesellschafterinnen U. KG und W. Ltd. anzunehmen sei. Umstände, die gegen das Vorliegen eines einheitlichen Betriebes sprechen, wurden in der Beschwerde nicht dargetan. Dieser einheitliche Betrieb wurde jedenfalls auch auf Rechnung der U. KG geführt. Auch dies führt zur Dienstgebereigenschaft der U. KG iSd § 35 Abs. 1 ASVG. Gegen diese Rechtsansicht wendet sich die Beschwerde nicht. Ob die mitbeteiligten Lkw-Lenker ihr Entgelt direkt von der U. KG aus bezahlt erhielten oder von der W. Ltd (über ihr Konto bei der Sparkasse im Waldviertel), ist für die Beurteilung der Dienstgebereigenschaft iSd § 35 Abs. 1 ASVG nicht von Relevanz (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2012, Zl. 2009/08/0254).

Nach Art. 14 Abs. 2 lit. a der auf die gegenständlichen Zeiträume anzuwendenden Verordnung EWG Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 unterliegt eine Person, die als Mitglied des fahrenden Personals eines Unternehmens - hier der U. KG - beschäftigt wird, das für Rechnung Dritter oder für eigene Rechnung im internationalen Verkehrswesen die Beförderung von Gütern im Straßenverkehr durchführt und seinen Sitz im Gebiet des Mitgliedstaates hat, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates. Von daher hat die belangte Behörde die Anwendung des österreichischen Sozialversicherungsrechtes und die Zuständigkeit der österreichischen Sozialversicherungsträger für die vorliegenden Beschäftigungsverhältnisse zutreffend bejaht. Dass auch in England eine sozialversicherungsrechtliche Zuständigkeit und das Vorliegen versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse angenommen wurden, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und kann keine Verletzung des Art. 56 AEUV bewirken.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 15. Juli 2013

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