Normen
AVG §68 Abs3;
GewO 1973 §360 Abs2;
GewO 1994 §360 Abs4;
MinroG 1999 §179 Abs2;
MinroG 1999 §2 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S. (BH) vom 22. Februar 2007 wurde über Antrag der Beschwerdeführerin der Gewinnungsbetriebsplan für die Erweiterung des Steinbruches A. (Granitabbau) gemäß u.a. § 116 MinroG genehmigt und der Beschwerdeführerin unter Punkt 18. der Auflagen vorgeschrieben, beim Anrainer D. (Grundstück Nr. 897/14 in X) näher genannte Messgeräte für die Dauer von mindestens 5 Monaten aufstellen und damit monatlich den Staubniederschlag messtechnisch erfassen zu lassen, sowie die Messergebnisse der Behörde zu übermitteln.
Eine (aus der Aktenlage ersichtliche) Nachbarbeschwerde des S. über starke Staubbelastungen führte zur Aufforderung der Beschwerdeführerin durch die BH, den unter Auflagenpunkt 18. vorgeschriebenen Messbericht vorzulegen. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2010 gab die Beschwerdeführerin bekannt, sie habe das erwähnte Grundstück Nr. 897/14 erworben, sodass ihres Erachtens durch die Vereinigung der Betriebsliegenschaft mit der erworbenen Liegenschaft der Auflagenpunkt 18. "obsolet und aus der Sicht der (Beschwerdeführerin) nicht mehr zu erfüllen" sei.
In der von der BH dazu eingeholten Stellungnahme des luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen vom 2. März 2011 wurde ausgeführt, dass zur Überprüfung der Einhaltung des Grenzwertes des IG-L und zur Validierung der vom Nachbarn S. behaupteten starken Staubbelastung die bislang vorgeschriebenen Staubmessungen nunmehr beim Nachbarn S. durchzuführen wären, wozu der Sachverständige eine entsprechende Auflage vorschlug.
Diesen Ausführungen des Sachverständigen folgend wurden der Beschwerdeführerin mit Bescheid der BH vom 8. April 2011 als erforderliche Sicherheitsmaßnahme gemäß § 179 Abs. 2 MinroG die Staubmessungen nunmehr beim Nachbarn S. aufgetragen. Die Auflage lautet:
"Beim Anrainer S. …, Grundstück Nr. …. , sind einmalig, beginnend im nächsten Mai für eine Dauer von mindestens 5 Monaten, von einem akkreditierten Institut oder Ziviltechniker zumindest drei Bergerhoff-Messgeräte aufzustellen. Der Staubniederschlag ist monatlich messtechnisch zu erfassen. Die Ergebnisse der Messungen sind in einem Messbericht zusammenzufassen, welcher der Behörde bis längstens drei Monate nach Beendigung der Messungen zu übermitteln ist."
In der Begründung stützte sich die BH auf die Ausführungen des Sachverständigen und meinte, dass der vormalige Auflagenpunktes 18. des Bescheides vom 22. Februar 2007 "im Hinblick auf die gegenständlich erfolgte Neuvorschreibung obsolet" sei.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem nun beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, der ursprüngliche Auflagenpunkt 18. habe als Messstandort das Anwesen des Nachbarn D. vorgesehen, weil dieses das zum gegenständlichen Steinbruch nächstgelegene Nachbargrundstück gewesen und damit für die anderen Nachbarn repräsentativ sei. Da dieses Grundstück durch die Beschwerdeführerin erworben worden und damit nicht mehr Nachbarliegenschaft sei, müsse zur Sicherstellung eines ausreichenden Nachbarschutzes die aktuelle nächstgelegene Nachbarliegenschaft für die Messung, somit jene des Nachbarn S., herangezogen werden. Zur Erforderlichkeit der Auflage verwies auch die belangte Behörde auf die erwähnten Ausführungen des Amtssachverständigen für Luftreinhaltung. Klarzustellen sei, so die belangte Behörde ergänzend, dass hier kein Fall des § 68 Abs. 1 AVG vorliege, da das Einschreiten der Behörde aufgrund der geänderten Verhältnisse erforderlich geworden und entsprechend der Konstruktion des § 179 Abs. 2 MinroG von Amts wegen erfolgt sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999 in der hier maßgeblichen
Fassung BGBl. I Nr. 21/2002, lautet auszugsweise:
"Anwendungsbereich
§ 2. (1) Dieses Bundesgesetz gilt
1. für das Aufsuchen und Gewinnen der bergfreien, bundeseigenen und grundeigenen mineralischen Rohstoffe,
…
§ 179. (1) …
(2) Werden durch die im § 2 Abs. 1 genannten Tätigkeiten das Leben oder die Gesundheit von fremden Personen oder fremde Sachen, besonders Gebäude, Straßen, Eisenbahnen, Wasserversorgungs- und Energieversorgungsanlagen, gefährdet oder ist eine Gefährdung zu befürchten oder werden durch die vorgenannten Tätigkeiten fremde Personen unzumutbar belästigt oder liegt eine über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Umwelt oder von Gewässern (§ 119 Abs. 5) vor, so hat die Behörde nach Anhörung der allenfalls berührten Verwaltungsbehörden dem Bergbauberechtigten, Fremdunternehmer oder Verwalter die Durchführung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen aufzutragen. Die Behörde hat in den vorgenannten Fällen Erhebungen durchzuführen, wenn dies der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie beantragt.
…"
1. 1. Die Beschwerdeführerin bringt gegen den angefochtenen Bescheid vor, die belangte Behörde habe bereits mit dem rechtskräftigen Bescheid vom 22. Februar 2007 den Gewinnungsbetriebsplan der Beschwerdeführerin genehmigt und in diesem Zusammenhang rechtskräftig die erwähnte Auflage 18. (Staubmessung beim ehemaligen Anrainer D.) vorgeschrieben, sodass die Abänderung dieser Auflage durch den angefochtenen Bescheid (Staubmessung beim Anrainer S.) nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen des § 68 Abs. 3 AVG zulässig sei. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung lägen gegenständlich aber nicht vor, die belangte Behörde habe sich damit auch nicht auseinander gesetzt.
Die Vorschreibung der gegenständlichen Auflage lasse sich nach Ansicht der Beschwerdeführerin nicht auf § 179 Abs. 2 MinroG stützen, weil diese Bestimmung jene Gefahrenmomente für die Gesundheit und das Leben von Personen erfasse, die erst nach der Betriebsgenehmigung sichtbar würden und daher bei der Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes noch nicht berücksichtigt werden können.
Die Vorschreibung der nunmehrigen Auflage stelle einen unzulässigen Eingriff in die Rechtskraft des Genehmigungsbescheides vom 22. Februar 2007 dar, da auch nicht von einem geänderten Sachverhalt ausgegangen werden könne. Die Anlage werde nämlich wie im Genehmigungsbescheid vorgeschrieben betrieben, neue Gefahrenmomente seien nicht hervorgekommen. Der Wegfall des ursprünglichen Messstandortes auf der Liegenschaft D. durch Wegfall der Nachbareigenschaft determiniere keine geänderten Verhältnisse, was jedoch in § 179 Abs. 2 MinroG vorausgesetzt werde. Das allfällige Gefahrenmoment des Staubniederschlages sei gegenständlich nicht vergrößert worden, sondern im Vergleich zum Zeitpunkt des Genehmigungsbescheides vom 22. Februar 2007 unverändert geblieben.
1.2. Unstrittig hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid eine Auflage betreffend Staubmessungen vorgeschrieben, obwohl der Beschwerdeführerin Staubmessungen bereits im erwähnten Genehmigungsbescheid vom 22. Februar 2007 vorgeschrieben worden waren.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Auflage 18. der Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes vom 22. Februar 2007 (durch welche Staubmessungen auf einer - der Grundstücksnummer nach näher bezeichneten - Liegenschaft vorgeschrieben wurden) schon deshalb "obsolet" wurde, nur weil die Beschwerdeführerin das Eigentum an dieser Liegenschaft erworben hat. Im vorliegenden Fall geht es nämlich nicht um die Frage des Entfalls der Auflage 18., sondern um die Zulässigkeit der neu vorgeschriebenen Auflage betreffend Staubmessungen am Grundstück des Anrainers S.
Der Einwand der Beschwerdeführerin, diese Vorschreibung hätte nur bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 68 Abs. 3 AVG erfolgen dürfen, nicht aber gemäß § 179 Abs. 2 MinroG, weil die letztgenannte Bestimmung Gefahrenmomente, die erst nach der Betriebsgenehmigung sichtbar würden, voraussetze, wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt:
Dieser Ansicht steht einerseits der Wortlaut des § 179 Abs. 2 MinroG entgegen, der die Behörde zur Vorschreibung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen bereits dann verpflichtet, wenn (abgesehen vom Fall der unzumutbaren Belästigung) eine Gefährdung der in dieser Bestimmung genannten Rechtsgüter (insbesondere des Lebens und der Gesundheit von Personen) durch eine in § 2 Abs. 1 MinroG genannte Tätigkeit "zu befürchten" ist. Bereits eine mögliche Gefährdung rechtfertigt somit ein Einschreiten der Behörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 2012, Zl. 2008/04/0158). Eine Tatbestandsvoraussetzung, dass das Gefahrenmoment erst nach der Erteilung der Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes sichtbar wurde, ist dem § 179 Abs. 2 MinroG hingegen nicht zu entnehmen. Daher hat die Behörde mit den erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 179 Abs. 2 MinroG auch dann vorzugehen, wenn die Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes (samt allfälliger Auflagen) schon rechtskräftig erteilt wurde (siehe auch das zur vergleichbaren Bestimmung des § 360 Abs. 2 GewO 1973 (nunmehr § 360 Abs. 4 GewO 1994) ergangene hg. Erkenntnis vom 6. März 1984, Zl. 83/04/0294, VwSlg. 11344 A/1984), und zwar unabhängig davon, wann die zu befürchtende Gefahr entstanden ist. Der Hinweis auf die Voraussetzungen des § 68 Abs. 3 AVG geht daher ins Leere.
2. 1. Die Beschwerde wendet weiter ein, die belangte Behörde hätte für ein Vorgehen nach § 179 Abs. 2 MinroG nähere Feststellungen betreffend eine allfällige Gefährdung von Personen oder Sachen treffen müssen. Die bloße Feststellung des Bedarfs einer Messung wie der vorgeschriebenen greife zu kurz und rechtfertige keine Sicherheitsmaßnahme nach dieser Bestimmung.
2.2. Der Beschwerdeführerin ist nach dem Gesagten zuzustimmen, dass die Anordnung einer Sicherheitsmaßnahme gemäß § 179 Abs. 2 MinroG zumindest die Befürchtung einer konkreten Gefährdung voraussetzt. Richtig ist auch, dass die belangte Behörde in diesem Zusammenhang nur auf die Stellungnahme des luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen vom 2. März 2011 verwies, der die Auflage zur Überprüfung der Einhaltung des Grenzwertes des IG-L und zur Validierung der vom Nachbarn S. behaupteten starken Staubbelastung für erforderlich hielt.
Dennoch ist der angefochtene Bescheid im Ergebnis rechtmäßig:
Die Aktenlage (Verhandlungsschrift vom 6. Februar 2007, Seite 28 ff) zeigt, dass bereits der Auflage 18. des Genehmigungsbescheides vom 22. Februar 2007 (vorgeschriebene Staubmessungen auf der Liegenschaft des Anrainers D.) die Prognose des Sachverständigen zugrunde lag, die möglichen Maximalbelastungen würden beim Betrieb des gegenständlichen Steinbruchs in Hinkunft über dem zulässigen Immissionsgrenzwert für Staub (PM10) nach dem IG-L liegen. Vor diesem Hintergrund ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, wenn die belangte Behörde von einer "Befürchtung der Gefährdung" der Gesundheit iSd § 179 Abs. 2 MinroG ausging und als erforderliche Maßnahme zunächst mit Auflage Staubmessungen vorgeschrieben hat, um im Falle einer tatsächlichen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung der nächstgelegenen Nachbarn durch Staub erforderlichenfalls weitere Sicherheitsmaßnahmen nach der genannten Bestimmung auftragen zu können. Da diese Beurteilung nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das zum Betriebsanlagenverfahren nach der GewO 1994 ergangene hg. Erkenntnis vom 2. Februar 2012, Zl. 2007/04/0119, mwN, dem, wie u.a. im hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2010, Zl. 2009/04/0297, ausgesprochen wurde, das Verfahren zur Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes nachgebildet ist) in Bezug auf den nächstgelegenen (den der Belastung am stärksten ausgesetzten) Nachbarn zu erfolgen hat, ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die Staubmessungen nunmehr (nachdem der bislang nächstgelegene Anrainer D. sein diesbezügliches Liegenschaftseigentum aufgegeben hat) auf der Liegenschaft des Nachbarn S. angeordnet hat.
3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 11. September 2013
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