VwGH 2011/03/0173

VwGH2011/03/017319.12.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Fclub in W, vertreten durch Dr. Karl Krückl, Dr. Kurt Franz Lichtl und Dr. Christoph Huber, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Harrachstraße 14/I, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 15. Juni 2011, Zl Verk-820.005/282-2011- Vie/Eis, betreffend Ersatzvornahme in einer Angelegenheit nach dem LFG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
VVG §2 Abs1;
VVG §2;
VVG §4 Abs2;
VVG §4;
AVG §52;
VVG §2 Abs1;
VVG §2;
VVG §4 Abs2;
VVG §4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei ist Halterin des öffentlichen Zivilflugplatzes W. Ihr wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt W vom 30. Juni 2010 gemäß § 141 Abs 3 LFG zwecks Abwehr von Personen- und Sachschäden die Durchführung von näher konkretisierten Maßnahmen am Flugplatz (im Wesentlichen: Sanierungsmaßnahmen an Dachkonstruktion und Dachhaut des Hangars) aufgetragen. Nach der Begründung dieses Bescheids sei von beigezogenen Sachverständigen und im Rahmen eines Ortsaugenscheins festgestellt worden, dass gravierende Mängel an der Tragkonstruktion und der Eindeckung des Hangars bestünden. Die Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt erfordere deren Beseitigung, die von der Aufsichtsbehörde der beschwerdeführenden Partei als Halterin des Flugplatzes aufzutragen gewesen sei.

In der Folge veranlasste die beschwerdeführende Partei eine Beseitigung der dringendsten Mängel (im Wesentlichen an der Dachkonstruktion), während die Beseitigung der Mängel an der Dachhaut unterblieb. Daraufhin veranlasste die Erstbehörde (Bürgermeister der Stadt W) eine Kostenschätzung hinsichtlich der Ersatzvornahme der Mängelbehebung an der Dachhaut, die einen dafür notwendigen Betrag von EUR 19.264,04 ergab. Der in der Erledigung vom 10. Jänner 2011 angekündigten Vorgangsweise, von der beschwerdeführenden Partei die Vorauszahlung dieser Kosten im Rahmen der Ersatzvornahme mittels Bescheides zu verlangen, trat die beschwerdeführende Partei in ihrer Stellungnahme vom 28. Jänner 2011 im Wesentlichen mit dem Vorbringen entgegen, dass auf Grund einer vertraglichen Regelung zwischen ihr und der Stadt W diese die Verpflichtung zur Durchführung der Sanierungsmaßnahmen treffe.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt W vom 9. Februar 2011 wurde daraufhin der beschwerdeführenden Partei gemäß § 4 VVG aufgetragen, als Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme einen (näher aufgeschlüsselten) Betrag von EUR 19.264,04 zu erlegen. Begründend führte die Erstbehörde im Wesentlichen aus, die beschwerdeführende Partei sei dem mit Bescheid vom 30. September 2010 erteilten Auftrag nicht vollständig nachgekommen, weil die Mängel an der Dachhaut nicht behoben worden seien. Deshalb sei im Sinne des § 4 VVG mit Verständigung vom 11. November 2010 die Ersatzvornahme angedroht worden. Gemäß § 4 Abs 2 VVG könne die Vollstreckungsbehörde dem Verpflichteten, der seiner Verpflichtung gar nicht oder nicht vollständig nachgekommen sei, die Vorauszahlung der Kosten zur Bewerkstelligung der mangelnden Leistung gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Die einzelnen durchzuführenden Maßnahmen sowie die dafür angesetzten Beträge seien im Spruch des Bescheids detailliert aufgeschlüsselt und basierten auf der Kostenschätzung durch ein Fachunternehmen, die dem Verpflichteten zwecks Ermöglichung der Stellungnahme übermittelt worden sei. Die beschwerdeführende Partei habe gegen die Höhe der Kostenschätzung bzw die angeführten Maßnahmen selbst keine Einwände vorgebracht. Da gemäß § 141 Abs 3 LFG von der Aufsichtsbehörde dem Halter des Zivilflugplatzes die Durchführung jener Maßnahmen aufzuerlegen sei, die zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt erforderlich seien, berühre eine zivilrechtliche Vereinbarung in einem Bestandvertrag zwischen der beschwerdeführenden Partei und der Stadt W nicht die öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Zivilflugplatzhalters nach dem LFG. Allfällige Ansprüche der beschwerdeführenden Partei aus dem Vertrag mit der Stadt W wären bei den ordentlichen Gerichten geltend zu machen.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juni 2011 wurde der von der beschwerdeführenden Partei gegen den Erstbescheid erhobenen Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung gab die belangte Behörde nach einer zusammenfassenden Darstellung des Verfahrensgangs den wesentlichen Inhalt der Berufung wieder. Die beschwerdeführende Partei habe geltend gemacht, auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung treffe die Stadt W selbst die Verpflichtung, die in Rede stehenden Arbeiten in Auftrag zu geben und vorweg zu finanzieren, weshalb es willkürlich sei, von der beschwerdeführenden Partei gestützt auf ihre öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen die Zahlung zu verlangen. Überdies sei auch die Höhe der vorgeschriebenen Kosten unrichtig, weil die zugrunde liegende Kostenschätzung wesentlich überhöht sei. Die Behörde wäre verpflichtet gewesen, mehrere Kostenvoranschläge einzuholen, um dann die niedrigsten Kosten in den Bescheid aufzunehmen. Seitens der beschwerdeführenden Partei sei im Übrigen geplant, einen eigenen Kostenvoranschlag einzuholen und im Berufungsverfahren vorzulegen. Die beschwerdeführende Partei habe beantragt, ein Gutachten eines Amtssachverständigen zum Nachweis der Angemessenheit der Kosten einzuholen, und den zwischen ihr und der Stadt W geschlossenen Mietvertrag vorzulegen.

Dazu führte die belangte Behörde - zusammengefasst - aus, Vereinbarungen in einem zwischen der beschwerdeführenden Partei und der Stadt W geschlossenen Bestandvertrag über den Flugplatz berührten nicht die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen der beschwerdeführenden Partei als Halterin des Zivilflugplatzes. Der Bescheid vom 30. September 2010, mit dem der beschwerdeführenden Partei als Halterin des Zivilflugplatzes die Durchführung näher bezeichneter Maßnahmen aufgetragen worden sei, sei in Rechtskraft erwachsen. Mangels vollständiger Durchführung dieser Arbeiten sei von der Vollstreckungsbehörde gemäß § 4 Abs 2 VVG dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung aufzutragen gewesen. Die beschwerdeführende Partei habe es unterlassen, zu der ihr übermittelten Kostenschätzung im erstinstanzlichen Verfahren eine Äußerung abzugeben. Sie habe auch im Berufungsverfahren die angekündigte Vorlage eines eigenen Kostenvoranschlags unterlassen, weshalb die Einholung eines Amtssachverständigengutachtens zur Angemessenheit der Kosten entbehrlich gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Gemäß § 141 Abs 3 LFG hat die Aufsichtsbehörde den in § 141 Abs 2 erster Satz LFG bezeichneten Personen - also unter anderem den Haltern von Zivilflugplätzen - die Durchführung jener Maßnahmen aufzuerlegen, die zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt erforderlich sind.

Im Beschwerdefall ist nicht strittig, dass die beschwerdeführende Partei Halterin des Zivilflugplatzes W ist, dass ihr mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt W vom 30. September 2010 die Durchführung näher bezeichneter Arbeiten zwecks Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt auferlegt wurde und dass dieser Auftrag bislang noch nicht vollständig erfüllt worden ist.

2. Gemäß § 4 Abs 1 VVG kann, wenn der zu einer Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

Gemäß § 4 Abs 2 VVG kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen.

3. Aus dieser Bestimmung kann nicht abgeleitet werden, dass nur das voraussichtliche Mindestmaß des Vollstreckungsaufwands als Vorauszahlung aufgetragen werden könne, sondern eben der voraussichtlich erforderliche Betrag (vgl etwa VwGH vom 29. April 2005, 2003/05/0238, mwN). Das Schonungsprinzip des § 2 Abs 1 VVG bedeutet, dass kein höherer Kostenvorschuss verlangt werden darf als zur Bestreitung der Ersatzvornahme erforderlich wäre. Für Kostenvorauszahlungsaufträge gilt lediglich das Prinzip des Schutzes des Verpflichteten vor der Vorschreibung von Kosten, welche die tatsächlich mit der Ersatzvornahme zu erwartenden Kosten erkennbar relevant überschreiten würden. In diesem Fall wären die Kosten unverhältnismäßig. Eine Verpflichtung der Behörde, eine Ersatzvornahme für den Beschwerdeführer "so kostengünstig als möglich" zu gestalten, kann dem Gesetz aber nicht entnommen werden (vgl VwGH vom 21. März 2013, 2011/06/0151, mwN).

Zur Ermittlung der voraussichtlich anfallenden Kosten kann die Vollstreckungsbehörde anstelle eines Sachverständigengutachtens auch Anbote von Unternehmen einholen; bei beiden Vorgangsweisen handelt es sich um durchaus gleichwertige Methoden zur Bestimmung der voraussichtlichen Kosten (vgl VwGH vom 11. Jänner 2012, 2011/06/0156, vom 22. Mai 2013, 2011/03/0086, und vom 25. März 2010, 2009/05/0320, je mwN).

4. Die Erstbehörde hat sich, was die Höhe der erforderlichen Kosten anlangt, auf eine Kostenschätzung eines Fachunternehmens gestützt, die der beschwerdeführenden Partei zur Stellungnahme übermittelt worden war. Im erstinstanzlichen Verfahren hat die beschwerdeführende Partei bloß auf ihren Rechtsstandpunkt verwiesen, wonach nicht sie, sondern die Stadt W die Verpflichtung zur Beauftragung der Sanierungsmaßnahmen treffe, zur Höhe der Kosten aber nichts vorgebracht. Im Berufungsverfahren hat sie zwar - ohne jede inhaltliche Konkretisierung - behauptet, die Kostenschätzung sei wesentlich überhöht, die von ihr angekündigte Vorlage eines eigenen Kostenvoranschlags unterblieb jedoch.

Vor diesem Hintergrund zeigt das Beschwerdevorbringen, die Behörde wäre schon auf Grund des Schonungsprinzips nach dem VVG verpflichtet gewesen, zumindest einen Kontrollkostenvoranschlag einzuholen, um die niedrigsten Kosten in den Bescheid aufzunehmen, keinen relevanten Verfahrensmangel auf.

5. Im Übrigen vertritt die beschwerdeführende Partei - wie schon im Verwaltungsverfahren - die Auffassung, auf Grund des zwischen ihr und der Stadt W geschlossenen Bestandvertrags sei diese dazu verpflichtet, Instandsetzungs- und -haltungsarbeiten in Auftrag zu geben, weshalb eine Verpflichtung der beschwerdeführenden Partei zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme abzulehnen sei. Die Vorgangsweise der belangten Behörde, den erstinstanzlichen Bescheid zu bestätigen, sei daher willkürlich und greife zudem unzulässig in das Eigentumsrecht der beschwerdeführenden Partei ein.

Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Eine allfällige Verpflichtung der Stadt W auf Grund eines mit der beschwerdeführenden Partei geschlossenen Bestandvertrags (dieser wurde weder im Verwaltungs- noch im Beschwerdeverfahren vorgelegt) ändert nichts an der - im Bescheid vom 30. Juni 2010 konkretisierten - öffentlichrechtlichen Verpflichtung der beschwerdeführenden Partei als Halterin des Zivilflugplatzes. Im Übrigen können im Vollstreckungsverfahren keine Einwendungen mehr vorgebracht werden, die sich gegen den den Exekutionstitel bildenden Bescheid einer Verwaltungsbehörde richten (vgl dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, E 43 ff zu § 10 VVG zitierte hg Judikatur).

6. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Beschwerde insgesamt unbegründet ist.

Sie war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 19. Dezember 2013

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