VwGH 2011/03/0145

VwGH2011/03/014521.10.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über den Antrag des H Z in S, vertreten durch Urbanek & Rudolph Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Europaplatz 7, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Niederösterreich vom 6. Oktober 2010, Zl E1/6060/2008, betreffend eine Waffenangelegenheit, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.

Begründung

Gegen den oben genannten Bescheid der belangten Behörde, der nach den Beschwerdeangaben am 13. Oktober 2010 zugestellt wurde, erhob der Beschwerdeführer am 25. November 2010 eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, mit der er einen Eventualantrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof verband.

Mit Beschluss vom 21. Februar 2010, B 1543/10-3 (dem Beschwerdeführervertreter zugestellt am 16. März 2011), wies der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde als verspätet zurück, weil die Beschwerdefrist am 24. November 2010 abgelaufen sei.

Mit einem am 30. März 2011 zur Post gegebenen Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist und holte die versäumte Prozesshandlung unter einem nach. Zur Begründung führte er - zusammengefasst - aus, die eintägige Verspätung sei darauf zurückzuführen gewesen, dass die erfahrene und sonst untadelige Kanzleimitarbeiterin des Beschwerdeführervertreters die gegenständliche Sendung am letzten Tag der Beschwerdefrist versehentlich nicht eingeschrieben aufgegeben, sondern mit der "normalen" Post in den Briefkasten im Postgebäude geworfen habe. Mit diesem - auf Arbeitsüberlastung zurückzuführenden - Fehlverhalten der sonst zuverlässigen und gut geschulten Mitarbeiterin habe der Beschwerdeführervertreter nicht rechnen können. Der Fehler sei erst durch die Zurückweisung der Beschwerde bemerkt und aufgeklärt worden.

Zur Bescheinigung schloss der Beschwerdeführer dem Antrag insbesondere eine dieses Vorbringen bestätigende eidesstättige Erklärung der betroffenen Kanzleimitarbeiterin an.

Mit Beschluss vom 2. Mai 2011, B 1643/10-6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde - ohne auf das Vorliegen aller Prozessvoraussetzungen und daher auch auf den Wiedereinsetzungsantrag einzugehen - ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte bzw verbesserte der Beschwerdeführer den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Beschwerde mit Schriftsatz vom 24. Juni 2011.

Der Verwaltungsgerichtshof erachtet auf Grund des vorgelegten Bescheinigungsmittels den im Wiedereinsetzungsantrag behaupteten Sachverhalt als bescheinigt.

Gemäß § 46 Abs 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Verschulden des Parteienvertreters an der Versäumung einer Frist einem Verschulden der Partei selbst gleich zu setzen. Das Versehen seiner Kanzleikraft hat ein Rechtsanwalt - und damit auch die von ihm vertretene Partei - jedoch nur dann zu vertreten, wenn er die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber seiner Mitarbeiterin unterlassen hat (vgl etwa die hg Beschlüsse vom 28. Juni 2005, Zl 2005/01/0123, mwN, und vom 25. August 2010, Zl 2010/03/0091).

Im vorliegenden Fall ist daher nicht das Verhalten der Mitarbeiterin des Parteienvertreters, sondern lediglich zu beurteilen, ob die Fristversäumnis im Verantwortungsbereich des bevollmächtigten Rechtsanwaltes des Antragstellers lag. Davon kann jedoch - unter Berücksichtigung des bescheinigten Vorbringens - nicht ausgegangen werden, zumal von diesem nach (rechtzeitiger) Übergabe des Poststückes zur Absendung an den Verwaltungsgerichtshof keine weiteren Kontrollmaßnahmen hinsichtlich der Durchführung dieses Auftrages erwartet werden konnten (vgl dazu etwa den hg Beschluss vom 24. Oktober 2001, Zl 2001/20/0566, mwN).

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher Folge zu geben.

Wien, am 21. Oktober 2011

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