VwGH 2005/01/0123

VwGH2005/01/012328.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Anträge 1. des S R, 2. der F R, 3. des mj. F R, 4. des mj. D R, und 5. des mj. A R, alle in R und vertreten durch Dr. Philipp E. Lettowskiy, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Getreidegasse 50, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ergänzung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 5. August 2004, Zl. 0/912-1842/5-2004, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.

Begründung

Mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 5. August 2004 wurden der Antrag des Erstantragstellers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft sowie die darauf bezugnehmenden Erstreckungsanträge der Zweit- bis Fünftantragsteller abgewiesen.

Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 30. November 2004, B 1220/04-6, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Mit Verfügung vom 3. Jänner 2005, dem Rechtsvertreter der Antragsteller zugestellt am 13. Jänner 2005, trug der Verwaltungsgerichtshof den Antragstellern auf, die abgetretene Beschwerde - hinsichtlich einzelner näher dargestellter Umstände - binnen vier Wochen gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zu ergänzen.

Die Beschwerdeergänzung wurde am 11. Februar 2005 zur Post gegeben und langte am 14. Februar 2005 beim Verwaltungsgerichtshof ein.

Mit Verfügung vom 16. Februar 2005, dem Rechtsvertreter der Antragsteller zugestellt am 25. Februar 2005, hielt der Verwaltungsgerichtshof den Antragstellern vor, dass dem Mängelbehebungsauftrag vom 3. Jänner 2005 nach der Aktenlage nicht fristgerecht entsprochen worden sei. Es wurde ihnen die Möglichkeit eingeräumt, zu diesem Sachverhalt binnen 14 Tagen Stellung zu nehmen.

Mit Schriftsatz vom 9. März 2005 (Postaufgabe 8. März 2005) beantragten die Antragsteller - unter gleichzeitiger Nachholung der aufgetragenen Mängelbehebung - die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist und brachten dazu im Wesentlichen vor, eine langjährige Mitarbeiterin ihres Rechtsvertreters habe das Ende der Mängelbehebungsfrist von vier Wochen ordnungsgemäß im Fristenbuch und auf dem Schriftstück selbst mit dem Datum 10. Februar 2005 vorgemerkt gehabt. Die Beschwerdeergänzung sei innerhalb der Frist verfasst und noch am 9. Februar 2005 unterschrieben worden. Am 10. Februar 2005 habe die Mitarbeiterin den Schriftsatz als Poststück nach Büroschluss um 17.45 Uhr mitgenommen, um dieses beim Postamt aufzugeben. Circa um 18.00 Uhr sei sie beim Postamt am Salzburger Residenzplatz eingetroffen. Auf Grund eines Stromausfalls im Postamt habe sie geglaubt, das Poststück an diesem Tag nicht mehr aufgeben zu können. Irrtümlich sei sie auch davon ausgegangen, dass ihr zur fristwahrenden Aufgabe auch noch der folgende Tag zur Verfügung stünde, weshalb sie beschlossen habe, das Schriftstück - wie dann auch tatsächlich geschehen - erst am nächsten Tag aufzugeben.

Dem Wiedereinsetzungsantrag wurde zunächst eine eidestättige Erklärung der Mitarbeiterin des Rechtsvertreters der Antragsteller angeschlossen, in der sie den behaupteten Sachverhalt im Wesentlichen gleichlautend bestätigte und darauf hinwies, dass sie seit fünf Jahren beim Parteienvertreter beschäftigt und ihr ein Fehler bei der "rechtzeitigen fristgebundenen Postaufgabe" noch nie passiert sei. Die Versäumung der Frist habe dem Parteienvertreter erst mit dem Eingang der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.2.2005 auffallen können. Bei der verspäteten Postaufgabe habe es sich ausdrücklich um ein Versehen ihrerseits gehandelt.

Weiters wurde eine Bestätigung der Österreichischen Post AG vorgelegt, wonach am 10. Februar 2005 von ca. 17.35 bis 17.45 Uhr im Postamt 5010 Salzburg, Residenzplatz 9, auf Grund eines Stromausfalles sämtliche PCs ausgefallen waren. Nach wiederholten Starts der PCs habe die Annahme von Sendungen nur eingeschränkt funktioniert, wodurch eine längere Wartezeit für die Postkunden entstanden sei. Diese sei nicht von allen Kunden akzeptiert und teilweise Sendungen am folgenden Tag aufgegeben worden. Es seien jedoch die Kunden (über die Dienststunden hinaus) bis 19.00 Uhr bedient und auch die gesamte angenommene Post um 19.10 Uhr weitergeleitet worden.

Der Verwaltungsgerichtshof erachtet auf Grund dieser Bescheinigungsmittel den im Wiedereinsetzungsantrag behaupteten Sachverhalt als bescheinigt.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Verschulden des Parteienvertreters an der Versäumung einer Frist einem Verschulden der Partei selbst gleich zu setzen. Das Versehen seiner Kanzleikraft hat ein Rechtsanwalt - und damit auch die von ihm vertretene Partei - jedoch nur dann zu vertreten, wenn er die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber seiner Mitarbeiterin unterlassen hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 15. Mai 2003, Zlen. 2002/01/0580, 0581).

Im vorliegenden Fall ist daher nicht das Verhalten der Mitarbeiterin des Parteienvertreters, sondern lediglich zu beurteilen, ob die Fristversäumnis im Verantwortungsbereich des bevollmächtigten Rechtsanwaltes der Antragsteller lag. Davon kann jedoch - unter Berücksichtigung des bescheinigten Vorbringens - nicht ausgegangen werden, zumal von diesem nach (rechtzeitiger) Übergabe des Poststückes zur Absendung an den Verwaltungsgerichtshof keine weiteren Kontrollmaßnahmen hinsichtlich der Durchführung dieses Auftrages erwartet werden konnten (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 24. Oktober 2001, Zl. 2001/20/0566, mwN).

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher Folge zu geben.

Wien, am 28. Juni 2005

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