VwGH 2010/03/0091

VwGH2010/03/009125.8.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über den Antrag der A Ö GmbH in W, vertreten durch Dr. Johannes P. Willheim, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rockhgasse 6/4, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 2. Juni 2010, GZ 611.123/0001- BKS/2009, betreffend die Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der A G Privatradio GmbH gemäß § 3 Abs 1 und 2 sowie den §§ 5, 6 und 13 Abs 1 Z 3 Privatradiogesetz iVm § 54 Abs 3 Z 1 und 5 Telekommunikationsgesetz 2003 die Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms für das Versorgungsgebiet "G 8 (Eberg) 1 MHz" für die Dauer von zehn Jahren erteilt. Gleichzeitig wurde der Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin auf Zuteilung dieser Frequenz gemäß § 6 Abs 1 Z 1 Privatradiogesetz abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2010 (hg persönlich überreicht am 27. Juli 2010) beantragte die Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid und erhob gleichzeitig Beschwerde, die zu hg Zl 2010/03/0092 protokolliert worden ist.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags brachte sie vor, der angefochtene Bescheid sei der Beschwerdeführerin am 7. Juni 2010 zugestellt worden; die Frist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof habe daher am 19. Juli 2010 geendet. Nach entsprechender Beauftragung durch die Beschwerdeführerin habe der anwaltliche Vertreter rechtzeitig die Bescheidbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vorbereitet. Die Endredaktion sei am Nachmittag des 19. Juli 2010 durchgeführt worden. Danach habe die Kanzleiangestellte des Beschwerdeführervertreters die Einkuvertierung der Beschwerde samt Beilagen vorgenommen. Auf Grund der Menge der zu versendenden Unterlagen habe sie nicht - wie üblich - das Fensterkuvert der Kanzlei verwendet (bei dem die Adresse des Adressaten, die auf dem Schriftsatz aufschien, erkennbar gewesen wäre), sondern sie habe die Unterlagen in ein größeres Kuvert gegeben und dabei übersehen, dass es sich nicht um ein Fensterkuvert handelte. Dementsprechend habe sie es auch verabsäumt, den Verwaltungsgerichtshof als Adressaten am Kuvert noch einmal anzuführen. In der Folge sei die Bescheidbeschwerde noch am 19. Juli 2010 bei der Postfiliale Fleischmarkt 19, 1010 Wien, mit dem vom anwaltlichen Vertreter persönlich überprüften Aufgabeschein aufgegeben worden. Auch dem Angestellten der Post sei nicht aufgefallen, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht auch als Adressat auf der Postsendung angeführt worden sei. Erst nachträglich (nämlich am 21. Juli 2010) habe sich herausgestellt, dass das Kuvert ohne Adressat gewesen sei, weshalb eine Zustellung an den Absender (demnach an die Rechtsanwaltskanzlei des anwaltlichen Vertreters selbst) vorgenommen worden sei. Durch dieses unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis sei die Beschwerdeführerin an der rechtzeitigen Einbringung der Bescheidbeschwerde gehindert worden. Die Versäumung sei jedenfalls auf kein Verschulden des anwaltlichen Vertreters zurückzuführen, da er das zur Versendung vorbereitete Fensterkuvert sowie den für Sendungen per Einschreiben erforderlichen Aufgabeschein persönlich überprüft gehabt habe.

Dieses Vorbringen bescheinigte die Beschwerdeführerin durch eidesstättige Erklärungen des Beschwerdeführervertreters und seiner Kanzleikraft sowie (ua) durch Vorlage eines Aufgabescheins der Post.

Auf Grund der vorgelegten Bescheinigungsmittel erachtet der Verwaltungsgerichtshof den im Wiedereinsetzungsantrag behaupteten Sachverhalt als bescheinigt.

Gemäß § 46 Abs 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof ist ein Verschulden des Rechtsvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen. Wenn einem Angestellten des Rechtsvertreters im Zusammenhang mit der Einhaltung einer Frist ein Fehler unterläuft, hat das die Partei nur dann nicht zu vertreten, wenn ihr Rechtsvertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Angestellten nachgekommen ist. Rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann ein Rechtsanwalt aber ohne nähere Beaufsichtigung einer verlässlichen Kanzleikraft überlassen. (vgl dazu etwa den hg Beschluss vom 24. Oktober 2001, Zl 2001/20/0566, mwN).

Im vorliegenden Fall ist die Versäumung der Beschwerdefrist darauf zurückzuführen, dass die - sonst verlässliche - Kanzleikraft der Rechtsanwaltskanzlei des Beschwerdeführervertreters die Beschwerde - anders als ursprünglich gedacht - in ein Kuvert ohne "Adressfenster" gegeben und die Adresse des Verwaltungsgerichtshofes nicht noch einmal auf das Kuvert geschrieben hatte. Dadurch konnte es geschehen, dass die Sendung irrtümlich wieder an die Kanzlei des Beschwerdeführervertreters (als Absender) zurückgesandt wurde, obwohl sie am letzten Tag der Beschwerdefrist bei der Post aufgegeben worden war. Eine Verletzung der Kontrollpflichten des Beschwerdeführervertreters ist bei dieser Sachlage nicht zu erkennen, weshalb im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben war.

Wien, am 25. August 2010

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