Normen
AVG §17;
AVG §19;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
B-VG Art131 Abs1;
B-VG Art144 Abs1;
B-VG Art144 Abs3;
GBK/GAW 1979 §1 Abs1;
GBK/GAW 1979 §14 Abs4;
GBK/GAW 1979 §16;
GBKGO 2004 §11 Abs3;
GBKGO 2004 §5;
GBKGO 2004 §6;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §17;
AVG §19;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
B-VG Art131 Abs1;
B-VG Art144 Abs1;
B-VG Art144 Abs3;
GBK/GAW 1979 §1 Abs1;
GBK/GAW 1979 §14 Abs4;
GBK/GAW 1979 §16;
GBKGO 2004 §11 Abs3;
GBKGO 2004 §5;
GBKGO 2004 §6;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Begründung
In einem über Verlangen der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt geführten Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission stellte der Beschwerdeführer mit Schreiben seiner Rechtsvertreterin vom 27. Oktober 2009 (eingelangt am 29. Oktober 2009) an diese den Antrag, die Gleichbehandlungskommission möge ihm Akteneinsicht gewähren und "sämtliche anderen Verfahrensbestandteile, insbesondere Protokolle, Zeugenvernehmung und die mit dem Antrag übersendeten Urkunden in Kopie unter Kostenbekanntgabe übermitteln".
Der Senat I der Gleichbehandlungskommission richtete daraufhin folgendes Schreiben vom 3. November 2009 an die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers (anonymisiert):
"Sehr geehrte Frau (Rechtsvertreterin)!
Zum Antrag Ihres Mandanten, Herrn (Beschwerdeführer), im Fall '(…)' vom 29.Oktober 2009 darf wie folgt Stellung genommen werden:
Der beantragten Akteneinsicht, der Übermittlung der mit dem Antrag übersendeten Urkunden sowie dem Antrag bei der Vernehmung aller Auskunftspersonen anwesend zu sein, kann auf Grund der Vertraulichkeit und Nichtöffentlichkeit der Senatssitzungen gemäß §14 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 98/2008) und § 5 der Gleichbehandlungskommissions-Geschäftsordnung (GBK-GO, BGBl. II Nr. 396/2004) nicht entsprochen werden.
Befragten Auskunftspersonen sowie deren Rechtsvertretern ist auf Verlangen gemäß § 6 GBK-GO nur das Protokoll der befragten Auskunftsperson zu übermitteln. Die Übermittlung der Aussagen anderer Auskunftspersonen ist nicht zulässig. Die Aussage des von Ihnen vertretenen Antragsgegners, Herrn (Beschwerdeführer), wird Ihnen nach dessen Befragung selbstverständlich übermittelt.
Zur Einbringung einer Stellungnahme zum Verlangen der Gleichbehandlungsanwaltschaft für Frau (N.) stehen Ihnen gemäß § 11 Abs. 3 GBK-GO drei Wochen zur Verfügung. …"
Mit Schreiben seiner Rechtsvertreterin vom 10. November 2009 (eingelangt am 12. November 2009), bezeichnet als "nochmaliger Antrag auf Akteneinsicht durch Übersendung aller Aktenbestandteile sowie auf Übersendung einer ungeschwärzten Ausfertigung des Antrags der Gleichbehandlungsanwältin, Antrag auf bescheidmäßige Fertigung für den Fall der Nichtentsprechung", stellte der Beschwerdeführer den Antrag, der Senat der Gleichbehandlungskommission möge, "sofern seinem Antrag auf Übersendung des gesamten ungeschwärzten Akteninhaltes und Ladungen zu allen Befragungen nicht entsprochen wird, über diesen Antrag bescheidmäßig negativ entscheiden".
Der Senat I der Gleichbehandlungskommission richtete daraufhin folgendes Schreiben vom 18. November 2009 an die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers (anonymisiert):
"Sehr geehrte Frau (Rechtsvertreterin)!
Zu den Anträgen Ihres Mandanten, Herrn (Beschwerdeführer), im Fall '(…)' vom 5. und 12. November 2009 darf wie folgt Stellung genommen werden:
I. Es wird höflichst auf das Schreiben vom 3. November 2009 verwiesen.
II. Es ist Ihnen unbenommen an der Befragung Ihres Mandanten, Herrn (Beschwerdeführer), teilzunehmen.
III. Der bescheidmäßigen Erledigung des Antrages kann mangels einer Rechtsgrundlage nicht entsprochen werden. Die §§ 56ff AVG betreffend die Erlassung von Bescheiden sind beim Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission nicht anzuwenden. Der Gleichbehandlungskommission kommt, obwohl sie auf Grund ihrer Eingliederung in die staatliche Organisation zweifellos ein Verwaltungsorgan ist (vgl. VfSlg. 14.713/1996), die Erlassung von Bescheiden (allenfalls abgesehen von der Erlassung von Ladungsbescheiden nach dem für anwendbar erklärten § 19 AVG) nicht zu. Es wurden mit § 16 des GBK/GAW-Gesetzes nur 'jene grundsätzlichen Verfahrensvorschriften des AVG' für anwendbar erklärt, die 'ein rasches und eindeutiges Verfahren sichern'. Von der Gleichbehandlungskommission ist daher weder ein förmliches Verfahren durchzuführen, noch kommt Antragsteller/innen und Antragsgegner/innen Parteistellung zu, zudem ist die Gleichbehandlungskommission keine Verwaltungsbehörde. …"
Gegen die Erledigungen vom 3. und vom 18. November 2009 erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art 144 Abs 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 8. Dezember 2009, B 1481-1482/09-15, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof abtrat, wobei er begründend hervorhob, dass er die Beschwerde "nicht auf sämtliche Prozessvoraussetzungen (insbesondere hinsichtlich des Prozessgegenstandes) hin" geprüft habe.
Die Beschwerden sind unzulässig.
1. Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof im Falle der Abtretung einer Beschwerde gemäß Art 144 Abs 3 B-VG das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen selbständig zu prüfen hat (vgl etwa den hg Beschluss vom 31. März 2006, Zl 2005/12/0096, mwN).
2. Die Gleichbehandlungskommission (GBK) ist gemäß § 1 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft, BGBl Nr 108/1979 (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I Nr 98/2008) beim Bundeskanzleramt eingerichtet und mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet (gemäß § 16 leg cit hat sie ua § 19 AVG anzuwenden). Entgegen der in der angefochtenen Erledigung vertretenen Rechtsauffassung der belangten Behörde kommt ihr daher auch die Fähigkeit und (bei Verweigerung der gewünschten Akteneinsicht) die Pflicht zu, über den an sie gerichteten Antrag des Beschwerdeführers (auf Akteneinsicht) bescheidmäßig abzusprechen.
3. Die vorliegenden Erledigungen sind jedoch nicht als "Bescheide" zu qualifizieren:
3.1. Die angefochtenen Erledigungen sind nicht als Bescheid bezeichnet, sie sind auch nicht nach Spruch und Begründung gegliedert.
3.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Wiedergaben einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinn des § 58 Abs 1 AVG gewertet werden (vgl zB den hg Beschluss vom 7. September 2005, Zl 2005/12/0141, mwN).
3.3. In der erstangefochtenen Erledigung vom 3. November 2009 wird zwar ausgeführt, dass dem - näher umschriebenen - Antrag des Beschwerdeführers "nicht entsprochen werden" könne, diese Auffassung wird allerdings nach einem Einleitungsabsatz bekanntgegeben, in dem zum Ausdruck gebracht wird, dass der Senat I der Gleichbehandlungskommission zu dem am 29. Oktober 2009 eingelangten Schreiben des Beschwerdeführers nur Stellung nimmt. Die Erledigung lässt nach ihrem gesamten Erscheinungsbild nicht zweifelsfrei erkennen, dass damit ein normativer Abspruch im Sinne der erwähnten hg Judikatur erfolgen sollte. Sie ist daher nicht als Bescheid zu qualifizieren.
3.4. Nicht anders verhält es sich mit der zweitangefochtenen Erledigung vom 18. November 2009. In dieser wird überdies explizit ausgeführt, dass sich der Senat I der Gleichbehandlungskommission für eine behördliche Entscheidung durch Bescheid im vorliegenden Fall gar nicht befugt erachtet. Auch bei dieser Erledigung handelt es sich daher nach ihrem gesamten Erscheinungsbild nicht um einen Bescheid.
4. Da es den Beschwerden an einem tauglichen Beschwerdegegenstand iSd Art 131 Abs 1 B-VG mangelt, waren sie - in einem gemäß § 12 Abs 3 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 17. März 2011
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