VwGH 2010/22/0156

VwGH2010/22/01565.10.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Mag. Robert Igali-Igalffy, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 34, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 28. Juli 2010, Zl. 315.136/9-III/4/10, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §47 Abs1;
NAG 2005 §47 Abs3;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §47 Abs1;
NAG 2005 §47 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 28. Juli 2010 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines serbischen Staatsangehörigen, vom 16. Juli 2002 "auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Familiengemeinschaft" gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer die Familienzusammenführung mit seiner Adoptivmutter, einer österreichischen Staatsbürgerin, beantragt habe. Im ersten Rechtsgang sei der Antrag gemäß § 21 Abs. 1 NAG abgewiesen worden. Diesen Bescheid habe der Verwaltungsgerichtshof (mit Erkenntnis vom 17. Dezember 2009, 2008/22/0310) als rechtswidrig aufgehoben, weil keine Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK vorgenommen worden sei. Nun sei die Wahlmutter des Beschwerdeführers am 18. September 2009 verstorben. Aus diesem Grund und dem daraus resultierenden Fehlen einer tragfähigen Haftungserklärung könne dem Beschwerdeführer der Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 NAG nicht erteilt werden. Beim Fehlen einer besonderen Erteilungsvoraussetzung sei keine Abwägung gemäß Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3 NAG) erforderlich.

Der Beschwerdeführer könne auch keine Berechtigung aus der Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG geltend machen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er die Zusammenführung mit seiner Adoptivmutter beantragt hat, dass diese bereits verstorben ist und er weiterhin die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach § 47 Abs. 3 NAG anstrebt.

§ 47 NAG idF BGBl. I Nr. 135/2009 lautet auszugsweise:

"§ 47. (1) Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 sind Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr gemeinschaftsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

(3) Angehörigen von Zusammenführenden im Sinne des Abs. 1 kann auf Antrag eine quotenfreie 'Niederlassungsbewilligung - Angehöriger' erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

1. Verwandte des Zusammenführenden, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen tatsächlich Unterhalt geleistet wird;

2. Lebenspartner sind, die das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweisen und ihnen tatsächlich Unterhalt geleistet wird; oder

3. sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind,

a) die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben;

b) die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben und Unterhalt bezogen haben oder

c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.

Unbeschadet eigener Unterhaltsmittel hat der Zusammenführende jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben."

Aus dem Tod der Adoptivmutter hat die belangte Behörde zutreffend gefolgert, dass mangels Angehörigeneigenschaft im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine besondere Erteilungsvoraussetzung für die begehrte Niederlassungsbewilligung als Angehöriger fehlt (vgl. zum Wegfall der Angehörigeneigenschaft durch den Tod des Zusammenführenden das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 2007, 2007/18/0209). Das Beschwerdeargument, der Beschwerdeführer sei nicht mehr als Minderjähriger anzusehen, ist in seiner Bezugnahme auf die relevante Rechtsfrage der Angehörigeneigenschaft nicht nachvollziehbar.

Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass bei Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung § 11 Abs. 3 NAG nicht anzuwenden ist und daher eine Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK nicht stattzufinden hat (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 22. September 2009, 2009/22/0169). Da somit den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich keine Relevanz zukommt, ist der diesbezüglichen Mängelrüge der Boden entzogen und es geht das Beschwerdevorbringen, mit dem auf das inländische Familienleben des Beschwerdeführers, auf seine festen und regelmäßigen Einkünfte und auf das Fehlen von Bindungen zum Heimatstaat Bezug genommen wurde, ins Leere.

Soweit der Beschwerdeführer mit dem Inhalt des im ersten Rechtsgang ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes und dem darin enthaltenen Auftrag zur Vornahme einer Interessenabwägung argumentiert, ist dieses Vorbringen deswegen nicht zielführend, weil damals eine auf § 21 Abs. 1 NAG gestützte Antragsabweisung zu beurteilen war und nicht - wie nunmehr - eine Antragsabweisung wegen des Fehlens einer besonderen Erteilungsvoraussetzung.

Letztlich besteht entgegen der Beschwerdemeinung im fremdenrechtlichen Administrativverfahren vor der belangten Behörde kein Recht auf eine Berufungsverhandlung und auch kein Recht, von der Behörde mündlich gehört zu werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 2010, 2008/22/0438).

Da somit bereits dem Inhalt der Beschwerde zu entnehmen ist, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 5. Oktober 2010

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