VwGH 2010/22/0007

VwGH2010/22/000718.2.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des Vl und der Va, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres vom 26. November 2009, Zlen. 137.476/4-III/4/09 und 137.476/5-III/4/09, jeweils betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

FremdenrechtsNov 2009;
NAG 2005 §19 Abs2;
NAG 2005 §21 Abs3 idF 2009/I/029;
NAG 2005 §21;
VwRallg;
FremdenrechtsNov 2009;
NAG 2005 §19 Abs2;
NAG 2005 §21 Abs3 idF 2009/I/029;
NAG 2005 §21;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit den zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Anträge der Beschwerdeführer, eines Ehepaares ukrainischer Staatsangehörigkeit, auf Erteilung jeweils einer Niederlassungsbewilligung "Angehöriger" gemäß § 21 Abs. 1 und 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Zur Begründung führte sie in den beiden Bescheiden annähernd gleichlautend aus, dass die Beschwerdeführer am 9. Oktober 2006 mit einem Visum eingereist seien und die gegenständlichen Anträge im Inland gestellt hätten. Seither seien sie durchgehend im Bundesgebiet aufhältig.

Gemäß § 21 Abs. 1 NAG hätten die Beschwerdeführer die Entscheidung über ihre Anträge im Ausland abwarten müssen. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 am 1. April 2009 seien die Berufungen anhängig gewesen, weshalb gemäß § 81 Abs. 8 NAG auch in diesem Verfahrensstadium ein Antrag gemäß § 21 Abs. 3 NAG hätte gestellt werden können. Darüber seien die Beschwerdeführer belehrt worden. Mit Schreiben vom 25. Mai 2009 hätten die Beschwerdeführer lediglich mitgeteilt, dass die Tochter auf Grund eines anhängigen Scheidungsverfahrens die entsprechenden Unterhaltsnachweise erst ab 20. August 2009 nachbringen könne. Mit Schreiben vom 20. August 2009 hätten die Beschwerdeführer ausgeführt, dass sämtliche Kontoauszüge der Tochter nachgereicht würden. Weiters seien diverse ärztliche Befunde und eine Auflistung über die Krankenhausaufenthalte der Beschwerdeführer vorgelegt worden.

Weder im Schreiben vom 25. Mai 2009 noch in der Eingabe vom 20. August 2009 sei ein "dezidierter Antrag" gemäß § 21 Abs. 3 NAG gestellt worden. Somit stehe § 21 Abs. 1 NAG mit dem Erfordernis der Auslandsantragstellung der Bewilligung der gegenständlichen Anträge entgegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde erwogen:

§ 21 NAG idF BGBl. I Nr. 29/2009 lautet:

"§ 21. (1) Erstanträge sind vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.

(2) Abweichend von Abs. 1 sind zur Antragstellung im Inland berechtigt:

1. Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr gemeinschaftsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

2. Fremde bis längstens sechs Monate nach Ende ihrer rechtmäßigen Niederlassung im Bundesgebiet, wenn sie für diese Niederlassung keine Bewilligung oder Dokumentation nach diesem Bundesgesetz benötigt haben;

3. Fremde bis längstens sechs Monate nach Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft, oder der Staatsangehörigkeit der Schweiz oder eines EWR-Staates;

4. Kinder im Fall des § 23 Abs. 4 binnen sechs Monaten nach der Geburt;

5. Fremde, die an sich zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt sind, während ihres erlaubten sichtvermerksfreien Aufenthalts, und

6. Fremde, die eine Aufenthaltsbewilligung als Forscher (§ 67) beantragen, und deren Familienangehörige.

(3) Abweichend von Abs. 1 kann die Behörde auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist:

1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls oder

2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).

Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren.

(4) Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 3 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(5) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Staatsangehörige bestimmter Staaten durch Verordnung zur Inlandsantragsstellung zuzulassen, soweit Gegenseitigkeit gegeben ist oder dies im öffentlichen Interesse liegt.

(6) Eine Inlandsantragstellung nach Abs. 2 Z 1 und Z 4 bis 6, Abs. 3 und 5 schafft kein über den erlaubten sichtvermerksfreien oder sichtvermerkspflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht. Ebenso steht sie der Erlassung und Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen nicht entgegen und kann daher in fremdenpolizeilichen Verfahren keine aufschiebende Wirkung entfalten."

§ 21 Abs. 3 leg. cit. ermöglicht nunmehr die Zulassung der Antragstellung im Inland in den genannten Fällen. Voraussetzung ist, dass gleichzeitig oder vorher ein Erstantrag gestellt wird. Das "Doppelantragsverbot" gemäß § 19 Abs. 2 NAG gilt hier nicht (vgl. die ErläutRV 88 BlgNR 24. GP, 9).

Die Beschwerdeführer stellen nicht in Abrede, dass sie Anträge nach § 21 Abs. 3 NAG nicht gestellt haben. Solange ein eindeutiger Antrag der Partei nicht vorliegt, ist die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes inhaltlich rechtswidrig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1997, 95/21/0515, mwN). Die Beschwerdeführer missverstehen die genannte Bestimmung, wenn sie meinen, ihnen wäre wegen ihrer Krankheit eine "Antragstellung in unserem Heimatland" nicht zumutbar gewesen. Ausgangslage für einen Antrag nach § 21 Abs. 3 NAG ist ein inländischer Aufenthalt des Fremden, wäre doch ansonsten bei einer Antragstellung im Ausland dem Erfordernis des § 21 Abs. 1 NAG ohnehin entsprochen und ein Antrag nach § 21 Abs. 3 NAG nicht erforderlich.

Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass die belangte Behörde eine Belehrung im Sinn des § 21 Abs. 3 NAG erteilt hat. Eine nochmalige Anleitung war nicht erforderlich, auch wenn die "bisherige Vertreterin" der Beschwerdeführer "rechtlich nicht geschult" ist und daher gemäß dem Beschwerdevorbringen auf die Aufforderung der belangten Behörde (nur) durch Urkundenvorlage reagiert hat.

Die Beschwerde meint, dass die belangte Behörde von Amts wegen Aufenthaltstitel aus "berücksichtigungswürdigen Gründen" hätte erteilen müssen.

Niederlassungsbewilligungen sind gemäß § 43 Abs. 2 und § 44 Abs. 3 NAG im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen aus Gründen des Art. 8 EMRK von Amts wegen dann zu erteilen, wenn eine Ausweisung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 10 AsylG 2005 oder gemäß § 66 FPG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde (§ 44a NAG). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird von den Beschwerdeführern nicht behauptet. Die belangte Behörde ist somit wegen des Fehlens eines Antrags nach § 21 Abs. 3 NAG und der Voraussetzungen des § 44a NAG im Recht, wenn sie sich nicht in der Lage gesehen hat, einerseits vom Erfordernis der Auslandsantragstellung abzusehen bzw. andererseits von Amts wegen eine Niederlassungsbewilligung im Sinn der §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 3 NAG zu erteilen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 18. Februar 2010

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