VwGH 2010/21/0250

VwGH2010/21/025026.8.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, in der Beschwerdesache des O, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen die Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 13. Juli 2010, Zl. Sich41-179-2009, betreffend den Abschiebetermin, den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §10;
AsylG 2005 §12a Abs3;
AVG §56;
B-VG Art 130 Abs1 lita;
FrPolG 2005 §67 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
AsylG 2005 §10;
AsylG 2005 §12a Abs3;
AVG §56;
B-VG Art 130 Abs1 lita;
FrPolG 2005 §67 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach dem Inhalt der Beschwerde wurde der vom Beschwerdeführer, einem nigerianischen Staatsangehörigen, im August 2006 gestellte Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz im Instanzenzug mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 10. September 2008 rechtskräftig abgewiesen; unter einem wurde die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Nigeria verfügt. Weiters besteht gegen den Beschwerdeführer ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot vom 12. November 2008, das im Hinblick auf vom Beschwerdeführer begangene Straftaten erlassen worden war. Nach Verbüßung einer über ihn verhängten Strafhaft wurde der Beschwerdeführer am 14. Juli 2010 zur Sicherung seiner Abschiebung in Schubhaft genommen.

In einem an den Beschwerdeführer gerichteten, seinem Rechtsvertreter per Telefax übermittelten und mit 13. Juli 2010 datierten Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis wurde unter der fettgedruckten Überschrift "INFORMATION ÜBER DIE BEVORSTEHENDE ABSCHIEBUNG" Folgendes mitgeteilt:

"Gegen Sie besteht eine durchsetzbare Ausweisung.

Es wird Ihnen (gemäß § 67 Abs. 4 FPG) mitgeteilt, dass Sie am 18.07.2010 abgeschoben werden.

Die Außerlandesbringung erfolgt mittels Flugzeug von Wien-Schwechat über Frankfurt/D nach Lagos/Nigeria in Begleitung von drei Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

Die Ankunft ist für 17.55 Uhr in Aussicht genommen.

Mit freundlichen Grüßen!

Für den Bezirkshauptmann

eh. Unterschrift

St. S."

Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende Beschwerde, über deren Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gegenstand eines Bescheidbeschwerdeverfahrens gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG kann nur ein Bescheid sein (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 26. November 2003, Zl. 2003/20/0485). Es ist daher hier von Bedeutung, ob dem wiedergegebenen Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 13. Juli 2010 Bescheidqualität zukommt oder nicht.

Der Beschwerdeführer verweist dazu auf (in einer näher bezeichneten Kommentarstelle zu § 56 AVG zitierte) Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und Literatur, wonach jede Erledigung einer Verwaltungsbehörde, mit der ein individuelles Rechtsverhältnis gestaltet oder festgestellt werde, als Bescheid zu verstehen sei. Die hier angefochtene Erledigung verweise auf die durchsetzbare Ausweisung und stelle den Tag der Abschiebung fest, sodass dieser Bescheid in das subjektiv-öffentliche Recht des Beschwerdeführers eingreife, gemäß § 50 Abs. 1 FPG nicht nach Nigeria abgeschoben zu werden, zumal der Beschwerdeführer - wie näher begründet wird - in Nigeria unbehandelt an Darmkrebs erkranken und versterben müsste.

Entgegen diesen Ausführungen kommt dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis auf Grundlage der u.a. in den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Mai 2001, Zlen. 2001/08/0046, 0047, vom 24. April 2003, Zl. 99/20/0182, und vom 17. September 2003, Zl. 99/20/0116, dargestellten Rechtsprechung kein Bescheidcharakter zu. Der gegenständlichen Erledigung fehlen die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid wie auch die Gliederung in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung. In diesem Fall könnte auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus der Erledigung eindeutig ergäbe, dass die Behörde einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt und normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden hat (vgl. dazu auch den schon erwähnten Beschluss vom 26. November 2003, Zl. 2003/20/0485, und das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2006, Zl. 2005/12/0098).

Nach dem wiedergegebenen Inhalt des vorliegend zu beurteilenden Schreibens besteht kein Zweifel, dass der Beschwerdeführer damit lediglich über den Termin der geplanten Außerlandesbringung informiert werden sollte. Ein normativer Abspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung ist ihm nicht zu entnehmen. Der auch ausdrücklich nur als "Information" bezeichneten Erledigung kommt daher keine Bescheidqualität zu.

Dieses Ergebnis bestätigt sich auch bei einem Blick auf den im gegenständlichen Schreiben als Rechtsgrundlage genannten § 67 Abs. 4 FPG, wonach die Behörde Fremde, gegen die eine durchsetzbare Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 erlassen wurde, ehestmöglich ab Vorliegen der dafür erforderlichen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen nachweislich über den bereits festgelegten Abschiebetermin zu informieren (und davon auch das Bundesasylamt in Kenntnis zu setzen) hat, und auf die dazu ergangenen Gesetzesmaterialien (RV 330 BlgNR 24. GP 31 f), die - auszugsweise - wie folgt lauten:

"Abs. 4 normiert wie Abs. 3 eine Informationspflicht für die Behörde. Der Fremde, gegen den eine Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 erlassen wurde, ist ehestmöglich ab Vorliegen der dafür erforderlichen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen nachweislich über den bereits festgelegten Abschiebetermin zu informieren. Diese Bestimmung stellt auch eine Voraussetzung für § 12a Abs. 3 AsylG 2005 dar. Dementsprechend ist auch das Bundesasylamt über die ergangene Information in Kenntnis zu setzen. (...) Diese Information entfaltet im Hinblick auf die Bestimmungen des FPG keine normative Wirkung, sondern stellt vielmehr eine objektive Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendbarkeit des § 12a Abs. 3 AsylG 2005 dar.

Abs. 5 bestimmt, dass die Informationen gemäß Abs. 3 und 4 den Fremden auf jede geeignete Art und Weise, insbesondere mit Formblättern, gegeben werden können. Formblätter sind demnach nur eine Möglichkeit zur Information. Diese wird ua. auch mündlich, dokumentiert durch einen Aktenvermerk, oder im Rahmen einer Einvernahme erfolgen können. (...)"

Auch die wiedergegebenen Erläuterungen machen somit deutlich, dass es sich bei der hier bekämpften Mitteilung des - schon zuvor festgelegten - Abschiebetermins um eine bloße Information und um keinen anfechtbaren Bescheid mit einem normativen Inhalt handelt. An dieser Beurteilung ändert nichts, dass die nachweisliche Information über den Abschiebetermin unter anderem Voraussetzung dafür ist, dass dem Fremden gemäß § 12a Abs. 3 AsylG 2005 bei allfälliger Stellung eines Folgeantrages auf Gewährung von internationalem Schutz kein faktischer Abschiebeschutz zukommt.

Die Beschwerde war daher schon wegen des Fehlens der Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - mit Beschluss zurückzuweisen, sodass sich die - in der Beschwerde ausgeblendete -

Frage der Erschöpfung des Instanzenzuges nicht mehr stellt.

Wien, am 26. August 2010

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