Normen
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §66;
EMRK Art8;
VwGG §41 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §66;
EMRK Art8;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein auf acht Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei im Jahr 1997 mit seinen Eltern nach Österreich gelangt und bis 2002 im Besitz einer Legitimationskarte gewesen. Ein im Jahr 2001 gestellter Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "selbständige Erwerbstätigkeit" sei abgewiesen worden. In den Jahren 2003 und 2004 sei ihm insgesamt dreimal von der österreichischen Botschaft in Belgrad ein Reisevisum erteilt worden. Zwischen September 2004 und 31. März 2006 habe der Beschwerdeführer über Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausbildung bzw. des Studiums verfügt. Am 31. August 2005 habe er die österreichische Staatsbürgerin CM. geheiratet und daraufhin einen Verlängerungsantrag mit Zweckänderung zur Aufrechterhaltung des Familienlebens mit seiner Ehefrau eingebracht. Zwischen April 2006 und April 2007 sei ihm eine quotenfreie Niederlassungsbewilligung als Familienangehöriger erteilt worden. Am 17. April 2007 habe er einen weiteren Verlängerungsantrag zum Zweck der Familiengemeinschaft eingebracht, wobei er seinen Wohnsitz zunächst in Wien 15., K-Gasse, angegeben und noch während des erstinstanzlichen Verfahrens, nämlich am 21. Mai 2007, auf Wien 18., G-Straße (bei seiner damaligen Lebensgefährtin und nunmehrigen Ehefrau NS.), geändert habe.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hinsichtlich des Verdachtes auf Vorliegen einer Aufenthaltsehe sei hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau nur in der Zeit zwischen 4. Juli und 6. Oktober 2005 und vom 3. April bis 4. Mai 2006 (somit auch im Zeitpunkt der Erstantragstellung) an einer gemeinsamen Adresse gemeldet gewesen sei. Die Ehe des Beschwerdeführers mit seiner österreichischen Ehefrau sei mit Beschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 24. September 2007 einvernehmlich gemäß § 55a Ehegesetz geschieden worden, weil nach übereinstimmenden Angaben der Parteien die eheliche Gemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben und die Ehe unheilbar zerrüttet sei. Bei der Vernehmung der Eheleute am 14. November 2007 bzw. am 22. Jänner 2008 hätten sich zahlreiche - im angefochtenen Bescheid näher dargestellte - Widersprüche u. a. zu einem gemeinsamen Wohnsitz der Eheleute, zur Frage der Haushaltsführung oder zu gemeinsamen Aufenthalten in Serbien ergeben. Der Beschwerdeführer habe auch das Geburtsdatum seiner geschiedenen Ehefrau sowie den Namen ihres Sohnes nicht richtig nennen können.
In der Berufung habe der Beschwerdeführer sowohl das Vorliegen einer Aufenthaltsehe als auch die Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid, wonach zum Zeitpunkt des Einbringens des Verlängerungsantrages der Entschluss, sich scheiden zu lassen, bereits festgestanden wäre, er sich aber dennoch auf die Ehe berufen habe, bestritten; er habe vom Vorhaben seiner damaligen Ehefrau, sich scheiden zu lassen, erst im August 2007 erfahren.
Aus dem angeforderten Außerstreitakt des Bezirksgerichtes Fünfhaus - so die belangte Behörde - ergebe sich, dass die Ehescheidung von CM. als klagende Partei am 2. Mai 2006 eingeleitet worden sei. Aus einem Protokoll des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 3. Juli 2007 auf Grund einer persönlichen Vorsprache von CM. gehe hervor, dass sie mit dem Beschwerdeführer keinen Kontakt aufnehmen könne, weil er weder an seinem Arbeitsplatz anzutreffen sei noch das Telefon abhebe.
Am 5. Mai 2008 habe der Beschwerdeführer die serbische Staatsangehörige NS. geheiratet, die am 2. August 2009 den gemeinsamen Sohn L geboren habe. NS., die die Zuerkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft beantragt habe, sei zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch serbische Staatsangehörige. Sie habe im Rahmen einer Vernehmung am 11. Dezember 2008 angegeben, bereits seit zwei Jahren mit dem Beschwerdeführer zusammenzuleben. Am 10. März 2010 habe sie gegenüber der belangten Behörde telefonisch ihre Absicht bekanntgegeben, sich vom Beschwerdeführer scheiden zu lassen.
In rechtlicher Hinsicht gelangte die belangte Behörde zu der Ansicht, dass der Beschwerdeführer die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossen und sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Ehe berufen habe, ohne mit seiner (mittlerweile geschiedenen) Ehefrau ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK geführt zu haben. Beweiswürdigend stützt sie sich dabei auf die bei der niederschriftlichen Vernehmung der Eheleute hervorgekommenen gravierenden Widersprüche insbesondere im persönlichen Umfeld (Schulbildung, Name des Kindes bzw. der Mutter der geschiedenen Ehefrau) und bei Dingen des täglichen Lebens. Dass durchaus (wenn auch wenige) gleichlautende Angaben getätigt worden seien, liege im Wesen einer Aufenthaltsehe, bei der versucht werde, durch gleichlautende Angaben ein gemeinsames Ehe- und Familienleben wahrheitswidrig glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer habe auch keine glaubwürdige und nachvollziehbare Begründung zur Auflösung der Widersprüche geben können und keine Zeugen namhaft gemacht, die ein gemeinsames Ehe- und Familienleben hätten bestätigen können. Dass der Beschwerdeführer bei Einbringen des letzten Verlängerungsantrages noch versucht habe, die Ehe zu retten, sei nicht glaubwürdig und als Schutzbehauptung zu werten. Es sei davon auszugehen, dass er seit zumindest 2006 mit seiner nunmehrigen Ehefrau eine Lebensgemeinschaft in der gemeinsamen Wohnung geführt habe.
Der Missbrauch des Rechtsinstitutes der Ehe zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Rechte stelle eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar, die die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertige.
Selbst wenn man das Vorliegen einer Aufenthaltsehe nicht als erwiesen ansähe, wäre der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG erfüllt, weil sich der Beschwerdeführer zumindest beim letzten Verlängerungsantrag auf die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin gestützt habe, obwohl ein Familienleben auf Grund des dargestellten Erhebungsergebnisses nicht mehr geführt worden sei und eine Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme eines ehelichen Zusammenlebens auch nicht habe geplant gewesen sein können.
Die Voraussetzung zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 61 und 66 FPG - im Grunde des § 60 Abs. 1 FPG gegeben.
Im Rahmen der gemäß § 66 FPG durchzuführenden Interessenabwägung gelangte die belangte Behörde unter Berücksichtigung des Familienlebens des Beschwerdeführers mit seiner serbischen Ehefrau und dem gemeinsamen serbischen Kind - diese hielten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf - und der zeitweisen Berufstätigkeit des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und zur Verhinderung von Aufenthaltsehen dringend geboten und auch zulässig sei.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerde wendet sich gegen die Annahme der belangten Behörde hinsichtlich des Vorliegens einer Aufenthaltsehe und bringt dazu vor, CM. habe bei ihrer Vernehmung am 22. Jänner 2008 etwa zur Reihenfolge der gemeinsamen Wohnsitze oder zur Frage, ob sie die Wäsche selbst wasche, falsche Angaben gemacht, sodass ihre Angaben dem Verfahren nicht zu Grunde gelegt werden könnten.
Damit gelingt es der Beschwerde jedoch nicht, eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde aufzuzeigen. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Aussage von NJ. am 11. Dezember 2008, wonach diese bereits seit zwei Jahren - somit seit etwa Dezember 2006 - mit dem Beschwerdeführer zusammenlebe. Diese Aussage wird dadurch gestützt, dass der Beschwerdeführer selbst am 21. Mai 2007 im Rahmen des Verfahrens zur Verlängerung des Aufenthaltstitels die Adresse von NJ. in der G-Straße als seine Wohnanschrift angegeben hat. Soweit der Beschwerdeführer trotz der getrennten Wohnsitze mit CM. und dem gemeinsamen Wohnsitz mit seiner späteren Ehefrau und Mutter des gemeinsamen Kindes die tatsächliche Existenz eines Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK mit CM. behauptet, führt er keinen konkreten Lebenssachverhalt an, der dafür spräche. Er hat zum Nachweis dafür auch im Verwaltungsverfahren keine Beweise vorgelegt oder diesbezügliche Beweisanträge gestellt.
Wenn die belangte Behörde daher auf Grund der Ermittlungsergebnisse in ihrer Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Beschwerdeführer mit der österreichischen Staatsbürgerin CM. seit zumindest Dezember 2006 kein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK mehr geführt hätten, begegnet dies im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis keinen Bedenken.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine Ehe geschlossen und sich für die Erteilung bzw. Beibehaltung seiner Aufenthaltstitel auf die Ehe berufen hat, obwohl er mit seiner Ehefrau ein gemeinsames Familienleben nicht geführt hat. Angesichts des hohen Stellenwertes, welcher diesen die Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zukommt, ist auch die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, unbedenklich.
Soweit die Beschwerde auf das Vorbringen in der Berufung verweist, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Verweis auf Schriftsätze in anderen Verfahren - wie etwa dem Verwaltungsverfahren - nicht als ausreichendes Beschwerdevorbringen zu qualifizieren ist, weshalb darauf nicht näher einzugehen war (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2007, Zl. 2004/12/0079, mwN). Auch der Beschwerdehinweis, in der Berufung sei die ergänzende Vernehmung des Beschwerdeführers beantragt worden, ist nicht zielführend, weil im fremdenrechtlichen Administrativverfahren vor der Sicherheitsdirektion kein Recht darauf besteht, von der Behörde mündlich gehört zu werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. April 2011, Zl. 2008/18/0137, mwN). Im Übrigen hatte der Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit, sich in seiner Stellungnahme zur Mitteilung vom Ergebnis von der Beweisaufnahme und in der Berufung Parteiengehör zu verschaffen.
Wenn die Beschwerde - erkennbar mit Blick auf die gemäß § 66 FPG durchzuführende Interessenabwägung - vorbringt, NJ. und dem gemeinsamen Kind - alle serbische Staatsangehörige - sei es nicht möglich, nach Serbien zu ziehen, handelt es sich dabei um eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässige Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Die von der belangten Behörde durchgeführte Interessenabwägung begegnet keinem Einwand und es genügt, auf die - unbestrittenen - Ausführungen im angefochtenen Bescheid zu verweisen.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 20. Oktober 2011
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