VwGH 2010/18/0175

VwGH2010/18/01758.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des Z Z in W, geboren am 19. Dezember 1981, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. März 2010, Zl. E1/18.732/2010, betreffend Ausweisung nach § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §44 Abs3;
NAG 2005 §44 Abs4;
NAG 2005 §44b Abs3;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §44 Abs3;
NAG 2005 §44 Abs4;
NAG 2005 §44b Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 26. März 2010 wurde der Beschwerdeführer, ein chinesischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, aus Österreich ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 7. Oktober 2002 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, der am 5. Juni 2009 zweitinstanzlich rechtskräftig abgewiesen worden sei.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt vom 17. März 2005 sei die Adoption des Beschwerdeführers durch seine Tante und seinen Onkel bewilligt worden. Ein daraufhin gestellter Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sei rechtskräftig zurückgewiesen worden. Ein weiterer, am 27. Oktober 2009 eingebrachter Antrag sei zweitinstanzlich abgewiesen worden.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei daher unrechtmäßig, weshalb die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmungen des § 66 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG gegeben seien.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten, familiäre Bindungen bestünden zu den Adoptiveltern, bei denen der Beschwerdeführer auch wohnhaft bzw. gemeldet sei. Es sei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dieser sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiete des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses hohe öffentliche Interesse verstoße jedoch gravierend, wer illegal in das Bundesgebiet einreise, hier einen Asylantrag stelle, der sich nicht als berechtigt erweise, und auch anschließend das Bundesgebiet nicht mehr verlasse. Zu Ungunsten des Beschwerdeführers trete hinzu, dass dieser im Asylverfahren - offenbar wahrheitswidrig - angegeben habe, mit einem von einem Schlepper zur Verfügung gestellten Pass nach Österreich eingereist zu sein, einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels jedoch den bereits am 29. August 2000 ausgestellten Reisepass beigelegt habe.

Was die privaten Interessen des Beschwerdeführers anlange, so sei dieser nicht als schwerwiegend integriert zu bezeichnen. Er sei lediglich auf Grund des Asylantrags zum vorläufigen Aufenthalt berechtigt. Den Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt habe er durch die vorgenommene Adoption erwirkt. Angesichts des Mangels sonstiger familiärer Bindungen (außer zu den Adoptiveltern) oder geltend gemachter integrationsbegründender Umstände wögen die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers daher nicht schwer. Der Beschwerdeführer sei überdies längst volljährig, und die Adoption sei zu einem Zeitpunkt vorgenommen worden, als der Beschwerdeführer mit einem ständigen Weiterverbleib im Bundesgebiet nicht habe rechnen dürfen. Auch sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen dem Beschwerdeführer ein Verlassen des Bundesgebietes bzw. eine allfällige Heimreise nicht möglich sein sollte. In seiner Heimat lebten seine leiblichen Eltern; selbst wenn der Beschwerdeführer - wie behauptet - zu diesen keinerlei Kontakt habe, werde es ihm wohl zumutbar sein, diesen wieder herzustellen. Darüber hinaus sei er ein erwachsener, offenbar gesunder Mann im arbeitsfähigen Alter, weshalb auch nicht nachvollziehbar sei, aus welchen Gründen ihm eine Reintegration in seiner Heimat nicht möglich sein sollte.

Insgesamt wögen die privaten Interessen des Beschwerdeführers keinesfalls derart schwer, dass demgegenüber das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens in den Hintergrund zu treten hätte. Die Erlassung der Ausweisung erweise sich daher auch im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG als zulässig.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass der Beschwerdeführer am 7. Oktober 2002 in das Bundesgebiet gelangt, der von ihm gestellte Asylantrag am 5. Juni 2009 zweitinstanzlich rechtskräftig abgewiesen worden sei und seine Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln rechtskräftig zurück- bzw. abgewiesen worden seien. Im Hinblick darauf begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhalte und somit die Tatbestandsvoraussetzung des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2. Die Beschwerde wendet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 1 FPG vorgenommenen Interessenabwägung und bringt dazu vor, der Beschwerdeführer halte sich seit siebeneinhalb Jahren in Österreich auf und sei familiär, sozial und beruflich integriert. Die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer am 30. Juni 2004 von seinem Onkel und seiner Tante, beide österreichische Staatsbürger, an Kindes statt angenommen und diese Adoption mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 17. März 2005 auch bewilligt worden sei. Der Beschwerdeführer sei bereits seit dem Jahr 2005 ununterbrochen beim gleichen Dienstgeber beschäftigt und leiste dadurch einen wertvollen Beitrag zur Gemeinschaft.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG den auf Grund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zwischen Oktober 2002 und Juni 2009 berücksichtigt. In Anbetracht der Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers und seiner familiären Bindung zu seinen Adoptiveltern hat die belangte Behörde - zutreffend - einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben iSd § 66 Abs. 1 FPG angenommen. Das Gewicht seiner daraus resultierenden persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet wird jedoch dadurch relativiert, dass sein Aufenthalt nur auf Grund eines Asylantrages, der sich als unbegründet erwiesen hat, vorläufig berechtigt war und seit 6. Juni 2009 unberechtigt ist. Weiters hat der Beschwerdeführer das Familienleben mit seinen Adoptiveltern zu einem Zeitpunkt begründet, als ihm bewusst sein musste, dass sein Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet unsicher ist (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 31. März 2008, Zl. 2008/18/0094, mwN, und vom 9. November 2009, Zl. 2007/18/0202). Zusätzlich sind zwei vom Beschwerdeführer gestellte Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln zurück- bzw. abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer durfte auch deshalb nicht darauf vertrauen, auf Dauer ein Familienleben in Österreich führen zu können. Auch die Berufstätigkeit des Beschwerdeführers vermag seine Interessen nicht wesentlich zu stärken, hält er sich doch seit Juni 2009 ohne einen die Erwerbstätigkeit erlaubenden Aufenthaltstitel im Bundesgebiet auf.

Diesen nicht besonders ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass er durch seinen Aufenthalt seit der rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, gravierend beeinträchtigt hat.

Damit müssen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich gegenüber den genannten öffentlichen Interessen in den Hintergrund treten. Im Hinblick darauf ist die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und gemäß § 66 Abs. 1 FPG zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 2009, Zl. 2007/18/0657).

3. Soweit die Beschwerde darauf verweist, dass der Beschwerdeführer auch einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs. 3 NAG eingebracht habe, hinsichtlich dessen derzeit ein Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sei, ist ihr zu erwidern, dass auch im Inland gestellte Anträge nach § 44 Abs. 3 und 4 NAG gemäß § 44b Abs. 3 NAG kein Aufenthalts- und Bleiberecht begründen und nichts an einem im Übrigen unrechtmäßigen Aufenthalt und an der Zulässigkeit der Ausweisung im Grund des § 53 Abs. 1 FPG ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2009, Zl. 2009/18/0217).

Wenn der Beschwerdeführer weiter vorbringt, die Ausweisung sei auch aus Gründen des Umweltschutzes und der damit verbundenen enormen CO2-Belastung abzulehnen, macht er damit nicht geltend, inwiefern dies für seine persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet relevant ist; öffentliche Interessen sind nach der ständigen hg. Rechtsprechung bei der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG nicht zu Gunsten des Fremden zu berücksichtigen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2010, Zl. 2009/18/0429).

Der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe mit ihrer Auffassung, der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Adoption bereits volljährig gewesen, die Rechtslage verkannt, ist nicht nachvollziehbar.

4. Im Übrigen sind weder aus der Aktenlage noch aus der Beschwerde besondere Umstände ersichtlich, die die Behörde zu einer Abstandnahme von der Ausweisung im Rahmen des ihr gemäß § 53 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessens hätten veranlassen müssen.

5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 8. Juni 2010

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