Normen
FrPolG 2005 §53 Abs1;
NAG 2005 §44 Abs4;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
NAG 2005 §44 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 22. Dezember 2009 wurde der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei eigenen Angaben im Asylverfahren zufolge am 29. Juli 2002 illegal nach Österreich eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, der im Instanzenzug rechtskräftig am 29. Dezember 2008 abgewiesen worden sei. Seither halte sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.
Mit Schreiben vom 2. März 2009 sei dem Beschwerdeführer die Ausweisung avisiert worden. Die an ihn gerichteten Fragen, deren Beantwortung eine gerechte Einschätzung im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG ermöglichen hätte sollen, habe der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme im Wesentlichen jedoch nicht beantwortet.
Am 2. April 2009 habe der Beschwerdeführer einen Erstantrag auf Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen (§ 44 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG) gestellt, der ihm aber per se kein Aufenthaltsrecht verschaffen könne. Eine Erledigung sei noch nicht erfolgt, "zumal sich die Sicherheitsdirektion für Wien in der Stellungnahme vom 3.8.2009 dagegen ausgesprochen hat".
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde unter Hinweis auf §§ 53 Abs. 1 und 66 FPG sowie Art. 8 Abs. 2 EMRK im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer nicht mehr Asylwerber sei und sich seit ca. einem Jahr unrechtmäßig in Österreich aufhalte. Die Ausweisung stehe unter dem Vorbehalt des § 66 FPG, wonach diese im Fall des Eingriffs in das Privat- oder Familienleben nur zulässig sei, wenn sie zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei. Die belangte Behörde habe daher bei ihrer Ermessensentscheidung gemäß § 53 Abs. 1 FPG in Erwägung zu ziehen gehabt, ob und wenn ja, welche bestimmten Umstände im Einzelfall vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung für und gegen eine Ausweisung des Beschwerdeführers sprächen, und sich dabei insbesondere von den Vorschriften des FPG leiten lassen. Art. 8 Abs. 2 EMRK nenne an öffentlichen Interessen: die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
Im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG sei maßgeblich gewesen, dass
- der Beschwerdeführer etwas über sieben Jahre im Bundesgebiet aufhältig sei, der Aufenthalt aber zunächst nur auf einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz beruht habe und in den letzten zwölfMonaten überhaupt unrechtmäßig sei;
- ein maßgebliches Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich nicht vorliege;
- der Beschwerdeführer strafrechtlich und verwaltungsstrafrechtlich unbescholten sei;
- eine berufliche Integration nicht vorliege. Der beschäftigungsrechtliche "Vorvertrag" sei vom Beschwerdeführer nicht unterfertigt worden. Laut Versicherungsdatenauszug vom 21.Dezember2009 sei der Beschwerdeführer zu keiner Beschäftigung gemeldet. Eine sonstige integrative Maßnahme sei allerdings durch den Besuch eines neunwöchigen Deutschkurses nachgewiesen;
- Bindungen zum Heimatstaat nicht mehr gegeben sein dürften.
Die so vorzunehmende Abwägung falle zum Nachteil des Beschwerdeführers aus. Es komme nämlich der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie der geordneten Abwicklung des Fremdenwesens (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Die Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremden- und Aufenthaltswesens sei unter Berücksichtigung aller genannten Umstände von solchem Gewicht, dass die vorhandenen gegenläufigen privaten Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Der unrechtmäßige Aufenthalt eines Fremden in Österreich stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar, weil er den Gesetzen (FPG und NAG), die diese Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens schützen wollten, widerspreche. Die durch den unrechtmäßigen Aufenthalt empfindlich verletzte öffentliche Ordnung und das damit verbundene öffentliche Interesse an der "Außerlandschaffung" des Beschwerdeführers seien über seine persönlichen bzw. privaten Interessen am weiteren inländischen Aufenthalt zu stellen.
Besondere Umstände, die über obige Erwägungen hinausgehend eine für den Beschwerdeführer positive Ermessensübung durch die Behörde zugelassen hätten, hätten weder erkannt werden können, noch seien sie vorgebracht worden. Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer in Österreich im Rahmen der Kephas-Gemeinde habe taufen lassen, sei im Rahmen der Ermessensübung nicht beachtlich. Es handle sich bei dieser Gemeinde auch um keine staatlich anerkannte Kirche.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Verletzung subjektiver Rechte aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer im Juli 2002 illegal nach Österreich eingereist ist, sein Asylantrag im Dezember 2008 rechtskräftig abgewiesen wurde und sich der Beschwerdeführer seither unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Im Hinblick darauf begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.
2. Soweit der Beschwerdeführer auf einen nach § 44 Abs. 4 NAG gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung verweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass im Inland zu stellende Anträge nach den §§ 43 Abs. 2 sowie 44 Abs. 3 und 4 NAG gemäß § 44b Abs. 3 NAG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründen und somit an der Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers und der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG nichts zu ändern vermögen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 2009, Zl. 2009/18/0324, mwN). Davon ist die in dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Beschluss vom 14. September 2009, AW 2009/21/0149, aufgeworfene Frage zu trennen, ob während dieses bei der Niederlassungsbehörde anhängigen Verfahrens eine zwangsweise Durchsetzung des Ausreisebefehls zulässig ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2009, Zl. 2009/22/0301). Ein diesbezüglich geltend gemachter Verfahrensfehler liegt somit nicht vor.
3. Die Beschwerde wendet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommenen Interessenabwägung und bringt dazu im Wesentlichen vor, der Beschwerdeführer halte sich seit beinahe acht Jahren im österreichischen Bundesgebiet auf, sei massiv integriert und habe seine Deutschkenntnisse sowie seine soziale Integration entsprechend nachgewiesen. Dass der arbeitsrechtliche Vorvertrag irrtümlich vom Beschwerdeführer nicht unterschrieben worden sei, könne ihm nicht zur Last gelegt werden, er habe jedenfalls einen Arbeitsplatz in Aussicht. Wenn die belangte Behörde ausführe, dass ein maßgebliches Familienleben in Österreich nicht vorliege, werde dies einer gesetzeskonformen Abwägung im Lichte des Art. 8 EMRK nicht gerecht, weil dieser Artikel auch das Privatleben schütze.
Damit zeigt die Beschwerde keine Umstände auf, die im angefochtenen Bescheid nicht bereits berücksichtigt worden wären. Die belangte Behörde geht - zutreffend - von einem Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch die Ausweisung aus, anderenfalls wäre eine Berücksichtigung der im § 66 Abs. 2 FPG genannten Kriterien überhaupt nicht erforderlich gewesen. Die belangte Behörde hat sowohl die Dauer des inländischen Aufenthaltes von sieben Jahren, den Mangel an familiären Bindungen, die strafrechtliche und verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, den Nachweis eines neunwöchigen Deutschkurses, das Fehlen von Bindungen zum Heimatstaat sowie das Nichtvorliegen einer beruflichen Integration berücksichtigt. Dass der Beschwerdeführer über einen "Vorvertrag" verfügt, vermag seine Interessen nicht wesentlich zu stärken. Die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht insoweit zu relativieren, als dieser Aufenthalt nur auf Grund eines Asylantrages, der in der Folge rechtskräftig abgewiesen wurde, erlaubt war und seit nunmehr zwölf Monaten unrechtmäßig ist.
Den - somit relativierten - persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass er sich trotz rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages - unrechtmäßig - weiterhin im Bundesgebiet aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften darstellt, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 9. November 2009, mwN). Bei Abwägung des angeführten großen öffentlichen Interesses und der gegenläufigen, wie oben dargestellt, relativierten Interessen des Beschwerdeführers begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, keinen Bedenken. Daran vermag auch das Vorbringen, dass die Kephas-Gemeinde eine staatlich anerkannte Christengemeinde sei, nichts zu ändern.
Der in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verfahrensmangel, insbesondere der Vorwurf der mangelhaften Bescheidbegründung, geht daher ins Leere.
4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 25. Februar 2010
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