Normen
BAO §276 Abs1;
VwRallg;
BAO §276 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer zumindest während des beschwerdegegenständlichen Zeitraumes, nämlich in den Jahren 2002, 2003, 2004, 2005 und in den Monaten Jänner bis April 2006, Eigentümer des in der Bundesrepublik Deutschland mit dem behördlichen Kennzeichen X zugelassenen PKW Mercedes Benz E 200 war und in dieser Zeit in E seinen Hauptwohnsitz hatte.
Mit Bescheid vom 28. Februar 2007 schrieb das Finanzamt Salzburg-Land gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 lit. a KfzStG Kraftfahrzeugsteuer im Betrag von EUR 2.736,-- vor, wogegen der Beschwerdeführer Berufung einbrachte. Er brachte vor, das Kraftfahrzeug in Deutschland gekauft und am 21. März 1997 dort angemeldet zu haben, da er zu dieser Zeit seinen Wohnsitz in F, jedoch keinen Wohnsitz in Österreich gehabt habe. Im August 1997 habe er seine Wohnung in E gemietet und seinen deutschen Wohnsitz von F nach A verlegt. Er habe seinen Mercedes primär in Deutschland verwendet, weiters für Langstreckenfahrten oder Urlaubsfahrten nach Italien. Für kurze Strecken in Österreich sei nahezu ausschließlich ein anderer PKW verwendet worden. Am 14. November 2003 habe er dann einen Mercedes Benz C 200, (österreichisch) Kennzeichen Y, gekauft, den er bis dato fahre. Ab diesem Datum sei der verfahrensgegenständliche Mercedes Benz E 200 auf dem Gebrauchtwagenplatz der Firma M in F und R sowie zeitweise bei der Firma A in F zum Verkauf gestanden, weiters bei einem Händler in L, und sei ab diesem Datum bis zum Verkauf des Fahrzeuges am 26. April 2006 "überhaupt nicht mehr gefahren" worden.
Mit Erledigung vom 9. Mai 2007 ersuchte die Abgabenbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer um Vorlage von Bestätigungen bezüglich seiner Berufungsbehauptung, der gegenständliche Mercedes sei ab November (richtig wohl:) 2003 bis zu seinem Verkauf im April 2006 in der BRD zum Verkauf gestanden und nicht mehr gefahren worden.
Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2007 legte der - anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer eine Bestätigung der Firma S GmbH & Co. KG, L, vor, wonach das gegenständliche Fahrzeug im Zeitraum von Juni 2003 bis April 2006 bei ihnen auf dem Gebrauchtwagenplatz in F zum Verkauf im Auftrag des Beschwerdeführers gestanden sei.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 4. Juli 2007 hob die Abgabenbehörde erster Instanz ihren Erstbescheid auf, weil eine zusammengefasste Festsetzung mehrerer Abgaben innerhalb derselben Abgabenart nach § 201 Abs. 4 BAO für mehr als ein Kalenderjahr nicht zulässig sei. Mit mehreren jeweils als "Berufungsvorentscheidung" bezeichneten Bescheiden vom 13. August 2007 wurde die Kraftfahrzeugsteuer für die Jahre 2002, 2003, 2004, 2005 und Jänner bis April 2006 neuerlich festgesetzt.
In seinem Schriftsatz vom 18. September 2007 beantragte der Beschwerdeführer hinsichtlich dieser "Berufungsvorentscheidungen" die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, in eventu für den Fall, dass die genannten "Berufungsvorentscheidungen" vom 13. August 2007 rechtlich keine solche darstellten, sondern neue Bescheide über die Festsetzung der jeweiligen Kraftfahrzeugsteuer, Berufung, in der er seinen eingangs dargestellten Standpunkt näher ausführte.
Mit mehreren Bescheiden vom 8. Oktober 2007 wurden die Bescheide vom 13. August d.J. nach § 299 Abs. 1 BAO aufgehoben, weil - so die Begründung - diese Bescheide fälschlicherweise als Berufungsvorentscheidung betitelt gewesen seien.
Mit Bescheiden vom 8. Oktober 2007 schrieb die Abgabenbehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer - getrennt nach Kalenderjahren - Kraftfahrzeugsteuer für die Jahre 2002, 2003, 2004, 2005 und für die Monate Jänner bis April 2006 vor. Laut vorliegender Fahrzeug-Historie der Firma G AG in S - so die gleich lautenden Begründungen dieser Bescheide - seien in den Jahren Mai 2001 bis Juni 2005 insgesamt sieben Reparaturen am gegenständlichen Fahrzeug durchgeführt worden. Die in diesem Zeitraum erbrachte Kilometerleistung betrage über 26.000 km. Es habe somit nachgewiesen werden können, dass die Aussagen des Beschwerdeführers wie auch die vorgelegte Bestätigung des Händlers S, das Fahrzeug wäre von Juni 2003 bis April 2006 am Gebrauchtwagenplatz gestanden, jeglicher Grundlage entbehrten.
Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 8. November 2007 Berufung, in der er seinen bisherigen Standpunkt aufrecht erhielt und u.a. die Einvernahmen seiner Person sowie von M G. beantragte.
Die belangte Behörde vernahm am 18. März 2008 M G. und am 29. Juni 2009 den Beschwerdeführer ein.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung vom 29. März 2007 gegen die Bescheide vom 28. Februar 2007 als unbegründet ab. Begründend erwog sie nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens, Zitierung aus dem KfzStG und Erörterung des Abgabenverfahrens erster Instanz "zur Frage der vorgeschriebenen Kraftfahrzeugsteuer ("Bw." = Beschwerdeführer):
"Das Finanzamt begründete die Vorschreibung damit, dass nachgewiesen sei, dass das ggstl. Fahrzeug im Zeitraum Mai 2001 bis Juni 2005 insgesamt 7 mal in S repariert wurde und die in diesem Zeitraum erbrachte Kilometerleistung 26.000 km betrug, folglich könne die vorgelegte Bestätigung, dass das Fahrzeug im Zeitraum Juni 2003 bis April 2006 an einem Gebrauchtwagenplatz gestanden sei, nicht stimmen.
Dazu wird ausgeführt:
Die Beweisanträge hinsichtlich des Zeitraums 26.8.1997 bis 01.08.1997 werden abgelehnt, da diese Zeitpunkte nicht verfahrenserheblich sind, ebenso für den 24.4.1998. Die Beweisanträge hinsichtlich des Kaufes des Fahrzeugs, Anmeldung des Fahrzeugs und Nichtvorhandensein eines Wohnsitzes am 21.3.1997 werden ebenfalls abgelehnt, da dieser Zeitpunkt nicht verfahrenserheblich ist.
Für den Zeitraum ab 20.10.2000 bis Herbst 2003 wurde Frau M G. durch die Berufungsbehörde einvernommen. Für den Zeitraum danach konnte durch die Zeugin keine Aussage getroffen werden, da sie darüber nicht Bescheid wusste. Für die anderen Beweisthemen wurde der Bw. einvernommen, da sie verfahrenserheblich sind.
Soweit der Bw. darauf verweist, dass er zum Zeitpunkt der Zulassung des ggstl. Fahrzeuges am 21. März 1997 keinen Wohnsitz in Österreich gehabt habe, ist auszuführen, dass dieser Zeitpunkt vom Finanzamt ohnehin nicht herangezogen wurde. Diesem Einwand kommt aus diesem Grunde keine verfahrenserhebliche Bedeutung zu.
Auch dem Vorbringen hinsichtlich der Jahre 1997 und Folgejahre kommt keine verfahrenserhebliche Bedeutung zu, da die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer erstmalig für das Jahr 2002 erfolgte. Das Vorbringen des Bw. in der Berufungsschrift, dass das genannte Fahrzeug im Zeitraum 14.11.2003 bis 26.4.2006 überhaupt nicht gefahren wurde und im genannten Zeitraum bei Händlern in Deutschland gestanden sein soll, ist in diesem Verfahren aber von Bedeutung, da es sich um einen Zeitraum nach dem 01/2002 handelt.
Die - ursprünglich vorgebrachte - Behauptung, dass das Fahrzeug, so wörtlich: 'überhaupt nicht gefahren wurde', ist nicht nur nicht nachweisbar, sondern im Gegenteil: Die Abgabenbehörde erster Instanz hat nachgewiesen, dass das Fahrzeug im Zeitraum 21.3.2002 bis 22.6.2005 insgesamt knapp 26.000 km bewegt wurde und in diesem Zeitraum auch mehrere Reparaturen bei der M in S durchgeführt wurden. Von einem Nichtbewegen des Fahrzeugs kann folglich nicht die Rede sein und diese Behauptung widerspricht diametral dem Ermittlungsergebnis und - was den Standort betrifft - auch den vorgebrachten Beweismitteln des Bw. selbst, wie noch zu zeigen sein wird. Auch wenn in späterer Folge, nämlich mit der diesem Verfahren zugrunde liegenden Berufung nunmehr eingeräumt wird, dass das Fahrzeug tatsächlich doch bewegt wurde, aber eingeschränkt wurde, dass nur Urlaubs- und Langstreckenfahrten vorgenommen wurden, bleiben eine Reihe von Indizien, die darauf hindeuten, dass das Fahrzeug mit einer großen Regelmäßigkeit in Österreich verwendet wurde, nicht nur aufgrund des Umstandes, dass sich der Bw. eine Jahresvignette für die Autobahn gekauft habe. Auch wurden nachweislich nach Aussage der Zeugin (bis zum Herbst 2003) - auch Fahrten bzw. Urlaube in die Steiermark, nach Kärnten unternommen. Wie der Bw. auch selbst zugibt, habe er Fahrten nach G zum Grab der Eltern oder einen regelmäßiger Besuch von Einkaufszentren; auch Wochenendfahrten nach W habe er unternommen (mit Ausnahme: 2002, wie der Rechtsvertreter betont). Überdies entspricht es nicht logischen Denkgesetzen und kann überdies als unwahrscheinlich gelten, dass der Bw. trotz seiner Berufstätigkeit das ggstl. Fahrzeug - in einem Zeitraum von wenigen Jahren - 26.000 km benützt hat, ohne nicht auch in einem gewissen Zeitraum in Österreich. Auch die regelmäßig stattgefundenen mehrmaligen Reparaturen in Österreich entsprechen diesem Schluss. Der Bw. hingegen widerspricht sich überdies in seiner Aussage: Während er nämlich zunächst eine Bestätigung vorbringt, dass das Fahrzeug im gesamten Zeitraum Juni 2003 bis April 2006 nicht bewegt wurde (so noch in der Berufung vom 29.3.2007: 'wurde das Fahrzeug überhaupt nicht mehr gefahren' oder das Fahrzeug wurde 'vom November 2003 bis zum Verkauf im April 2006 niemals im Bundesgebiet eingesetzt') wird danach vorgebracht, dass es doch teilweise verwendet wurde. Und der Abgabepflichtige selbst räumt ein, dass er das Fahrzeug im ggstl. Zeitraum doch benutzt hat.
Der UFS kommt in freier Beweiswürdigung zum Schluss, dass es bewiesen ist, dass die Nutzung des Fahrzeugs überwiegend im Inland erfolgte. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Ort sowie die Art und Weise der Verwendung der Fahrzeuge im Rahmen der dabei erforderlichen Gesamtbetrachtung überwiegend Deutschland zugeordnet werden könnte. Die Nutzung des Fahrzeugs erfolgt ohne Zweifel überwiegend in Österreich.
Soweit der Bw. auf Buchungsmitteilungen etc. verweist, ist fest zu halten, dass diese nicht Gegenstand des Verfahrens sind. Konkrete Zustellungsfehler konnten nicht glaubhaft gemacht werden und konnten - bezüglich der angefochtenen Bescheide - auch nicht erkannt werden, da der Bw. selbst angibt, dass die Bescheide ordnungsgemäß der Kanzlei zugestellt wurden und auf eine Zustellvollmacht erst mit Schreiben vom 15.5.2007 hingewiesen wurde. Alle darauf folgenden Bescheide wurden zu Handen des Parteienvertreters zugestellt.
Aus den o.a. Gründen war der Berufung der Erfolg zu versagen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird; der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, für sein in Deutschland zugelassenes Fahrzeug nicht mit Kraftfahrzeugsteuer belastet zu werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid explizit über die Berufung vom 29. März 2007 gegen die Bescheide der Abgabenbehörde erster Instanz vom 28. Februar 2007 entschieden, obwohl bereits die Abgabenbehörde erster Instanz mit ihrer Berufungsvorentscheidung vom 4. Juli 2007 über diese Berufung rechtskräftig abgesprochen hatte.
Gemäß § 276 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung durch Berufungsvorentscheidung erledigen. Gegen einen solchen Bescheid, der wie eine Entscheidung über die Berufung wirkt, kann innerhalb eines Monates der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt werden. Eine Berufungsvorentscheidung beendet vollwirksam ein Rechtsmittelverfahren und ist - falls der Berufungswerber es bei dieser Entscheidung belässt und keinen "Vorlageantrag" stellt -
wie jeder andere Bescheid der Rechtskraft fähig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. August 1992, Zl. 92/13/0103, mwN, sowie Ritz, BAO3, Rz. 2 zu § 276 BAO). Die Berufungsvorentscheidung stellt eine Entscheidung der Behörde in der Sache dar, die - ebenso wie eine Sachentscheidung der Berufungsbehörde - an die Stelle des mit Berufung angefochtenen Bescheides tritt und diesen - im Umfang, in dem er angefochten wurde - daher zur Gänze ersetzt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 2009, Zl. 2005/10/0222, mwN, zur Wirkung einer Berufungsvorentscheidung nach § 64a AVG).
Da die belangte Behörde die Wirkung der Berufungsvorentscheidung vom 4. Juli 2007 verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der vorliegenden Beschwerde gemäß § 30 Abs. 2 VwGG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 29. September 2010
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