VwGH 2010/15/0049

VwGH2010/15/004926.2.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der G GmbH in N, vertreten durch die Kastner & Schatz Steuerberatung GmbH in 3340 Waidhofen, Wiener Straße 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 5. Februar 2010, Zl. RV/0550-G/07, betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2003 und 2004, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §23 Z1;
EStG 1988 §23;
EStG 1988 §25 Abs1 Z1 lita;
EStG 1988 §25;
EStG 1988 §47 Abs2;
EStG 1988 §47;
EStG 1988 §23 Z1;
EStG 1988 §23;
EStG 1988 §25 Abs1 Z1 lita;
EStG 1988 §25;
EStG 1988 §47 Abs2;
EStG 1988 §47;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH betreibt ein Installationsunternehmen. Im Zuge einer Prüfung der lohnabhängigen Abgaben traf der Prüfer die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin an zwei der bei ihr im Dienstverhältnis als Installateure tätigen Personen Vermittlungsprovisionen (im Jahr 2003 Provisionen von insgesamt 1.332,29 EUR und im Jahr 2004 Provisionen von insgesamt 846,90 EUR) gezahlt und diese Entgelte nicht den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugeordnet und daher nicht dem Lohnsteuerabzug unterzogen habe. Die Provisionstätigkeit habe in einer (gelegentlichen) Geschäftsvermittlung für die Beschwerdeführerin bestanden und sei außerhalb der Arbeitszeit erbracht worden.

Nach Ansicht des Prüfers hingen diese Vermittlungen mit der beruflichen Tätigkeit als Installateure zusammen, weshalb eine Erfassung im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vorzunehmen sei.

Den Prüfungsfeststellungen folgend erließ das Finanzamt für die Jahre 2003 und 2004 Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und zog die Beschwerdeführerin zur Haftung für Lohnsteuer heran.

In den gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen verwies die Beschwerdeführerin darauf, dass die Installateure Provisionen nur dann ausbezahlt erhielten, wenn kumulativ drei Voraussetzungen erfüllt seien:

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Ein Steuerpflichtiger kann grundsätzlich ein und demselben Vertragspartner gegenüber als Arbeitnehmer und als Gewerbetreibender tätig sein, wenn sich die Tätigkeitsbereiche deutlich voneinander abheben. Besteht hingegen zwischen den Tätigkeitsbereichen eine gegenseitige Verbindung und Abhängigkeit, liegt das Verhältnis von Haupt- und Nebentätigkeit vor (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 47 Tz 5).

Es ist somit nicht ausgeschlossen, dass ein und dieselbe Person ein und derselben anderen Person im gleichen Zeitraum sowohl als Arbeitnehmer als auch als selbständig Erwerbstätiger gegenübertritt. Ein Arbeitnehmer erbringt seine Leistungen dem Arbeitgeber aber nicht schon deshalb außerhalb eines Dienstverhältnisses, weil der Arbeitgeber einen "Werkvertrag" behauptet. Es muss sich vielmehr die als selbständig zu beurteilende Tätigkeit des Arbeitnehmers deutlich von seinen gegenüber dem Arbeitgeber sonst erbrachten Leistungen abheben und für sich allein zumindest überwiegend die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit aufweisen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2010, 2007/15/0177, mwN).

Ist die Haupttätigkeit eine nichtselbständige, so ist eine selbständige Nebentätigkeit nur dann dieser Haupttätigkeit zuzuordnen, wenn eine tatsächliche funktionelle (inhaltliche) und zeitliche Überschneidung der gegenüber demselben Auftraggeber durchgeführten Tätigkeiten vorliegt (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 47 Tz 5). Andererseits sind, wenn die Haupttätigkeit des Abgabepflichtigen eine selbständige ist und gleichzeitig ein enger sachlicher, wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Nebentätigkeit besteht, die Einkünfte aus der Nebentätigkeit - mögen sie auch für sich allein betrachtet solche aus nichtselbständiger Arbeit sein - als Einkünfte aus der selbständigen Haupttätigkeit zu qualifizieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 1994, 92/15/0003).

Unter dem Aspekt von zusätzlichen Tätigkeiten, die ein Dienstnehmer dem Dienstgeber erbringt, hatte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. Februar 2012, 2008/13/0087, die Einkünfte einer in der Kanzlei eines Steuerberaters stets für die administrativen Angelegenheiten zuständigen Angestellten zu beurteilen, die zunächst im Rahmen ihres Dienstverhältnisses in der Kanzlei auch Buchhaltungsarbeiten durchführte, solche Buchhaltungsarbeiten (für denselben Steuerberater) aber ab einem bestimmten Zeitpunkt in ihrer eigenen Wohnung im "Werkvertrag" erbrachte. Der Verwaltungsgerichtshof hielt für maßgeblich, dass die von der Angestellten zu Hause durchgeführten Buchhaltungsarbeiten mit dem Arbeitsablauf in der Kanzlei des Steuerberaters koordiniert waren und der Steuerberater diese Arbeiten mit der Angestellten auch regelmäßig vorher besprach, sodass eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kanzlei angenommen werden konnte und die Angestellte bei ihren häuslichen Buchhaltungsarbeiten unter der Leitung des Steuerberaters tätig wurde. Sie hatte zudem die Erklärung abgegeben, dass sich ihre zu Hause ausgeübte Tätigkeit von derjenigen der übrigen Angestellten nur dadurch unterschied, dass sie im Rahmen eines "Werkvertrages" erbracht wird. Der Verwaltungsgerichtshof hielt es bei dieser Sachverhaltsgestaltung nicht für rechtswidrig, dass die belangte Behörde von einem einheitlichen Dienstverhältnis und damit insgesamt von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ausgegangen ist.

Im gegenständlichen Fall haben zwei Installateure, die im Installationsunternehmen der Beschwerdeführerin in einem Dienstverhältnis als Arbeiter Installationsarbeiten erbrachten, außerhalb ihrer Arbeitszeit in geringem Umfang gegen Provision der Beschwerdeführerin "Geschäfte" (Installationsaufträge) vermittelt. Unbestritten ist, dass gleichartige Geschäftsvermittlungen an die Beschwerdeführerin auch von Personen erbracht werden, die nicht deren Dienstnehmer sind.

Die belangte Behörde hat die Vermittlungstätigkeit der beiden Installateure ihrem Dienstverhältnis zugeordnet und damit für diese einheitlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit angenommen, weil eine Verbindung zwischen der Arbeitnehmertätigkeit der Installateure und deren Geschäftsvermittlungstätigkeit bestehe. Diese Verbindung hat sie darin gesehen, dass beide Bereiche den "Geschäftszweig" Installationsgewerbe betreffen. Außerdem hätten die Arbeiter ihre Haupttätigkeit als Installateure nicht ausüben können, wenn der Betrieb ihrer Arbeitgeberin keine Aufträge gehabt hätte. Die belangte Behörde stellte schließlich auch darauf ab, dass jeder Mitarbeiter beim Eintritt in das Dienstverhältnis darüber informiert wird, dass allgemein die Möglichkeit offen steht, gegen Provision Geschäfte zu vermitteln.

In der Beschwerde wird zutreffend aufgezeigt, dass sich die Tätigkeit eines Installateurs ("Schweißen und Verlegen von Rohren, Beseitigung von Verstopfungen usw.") klar von der Vermittlung von Geschäftsabschlüssen ("Ausfindig machen und Ansprechen von potentiellen Kunden, Leisten von Überzeugungsarbeit hinsichtlich Qualität von Produkt und Arbeit") unterscheidet.

Es liegt auf der Hand, dass ein Installationsunternehmern - wie andere Unternehmen auch - einer hinreichenden Auftragslage bedarf. Dennoch steht eine gelegentliche Vermittlung von Geschäftsabschlüssen, die auch von außenstehenden Personen erbracht werden kann und erbracht worden ist, nicht schon wegen des allgemeinen Bedarfs des Unternehmens an Aufträgen in einem solchen wirtschaftlichen Zusammenhang, dass die Geschäftsvermittlung Nebentätigkeit zur Tätigkeit eines nichtselbständigen Installateurs dieses Unternehmens würde.

Dass die Geschäftsvermittlung zu den Dienstpflichten der Installateure gehört hätte, hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Die Information der Dienstnehmer über die Möglichkeit der Provisionserzielung durch außerhalb der Dienstzeit zu erbringende Tätigkeiten bewirkt für sich auch keinen wirtschaftlichen Zusammenhang zum Dienstverhältnis.

Dass die konkreten Vermittlungstätigkeiten für sich die Voraussetzungen für die Einstufung als nichtselbständige Tätigkeiten erfüllt hätten, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt. Indem sie die Vermittlungsprovisionen mit der Begründung, es liege ein entsprechender Zusammenhang zu den im Dienstverhältnis ausgeübten Installateurtätigkeiten vor, den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugordnet hat, hat sie die Rechtslage verkannt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. Februar 2013

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