VwGH 2010/08/0124

VwGH2010/08/012411.7.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller, den Hofrat Dr. Strohmayer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der J GmbH in S, vertreten durch Mag. Roland Schratter, Rechtsanwalt in 9400 Wolfsberg, Freidlgasse 12/I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 21. April 2010, Zl. 14-SV-3323/3/09, betreffend Beitragszuschlag gemäß § 113 ASVG (mitbeteiligte Partei: Kärntner Gebietskrankenkasse in 9021 Klagenfurt, Kempfstraße 8), zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §113 Abs1;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
AVG §38;
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §113 Abs1;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
AVG §38;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am 16. sowie am 18. Juni 2008 wurden bei einer Kontrolle durch Kontrollorgane illegaler Abeitnehmerbeschäftigung (KIAB) zwei Arbeitnehmer auf einer Baustelle der beschwerdeführenden Partei bei Installationsarbeiten angetroffen, ohne dass diese Personen zu Sozialversicherung angemeldet waren.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse schrieb der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid vom 22. September 2008 gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG die Leistung eines Beitragszuschlages in Höhe von EUR 1.800,- vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den dagegen erhobenen Einspruch als unbegründet ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass die beiden Arbeitnehmer zum Kontrollzeitpunkt nicht zur Sozialversicherung gemeldet gewesen seien und die Anmeldung trotz Aufforderung durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse bislang nicht durchgeführt worden sei. Die beschwerdeführende Partei habe sich damit verantwortet, dass die nicht angemeldeten Personen nicht als Dienstnehmer beschäftigt gewesen wären, sondern auf Basis eines Werkvertrages selbständige Tätigkeiten ausgeführt hätten. Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 5. Oktober 2009 sei jedoch festgestellt worden, dass diese beiden Personen hinsichtlich ihrer Beschäftigungsverhältnisse zur beschwerdeführenden Partei als Dienstgeberin in der Zeit vom 21. April 2008 bis zumindest 18. Juni 2008 der Pflichtversicherung in der Vollversicherung gemäß § 4 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit a AlVG unterlegen seien. Gegen diesen Bescheid sei kein Rechtsmittel eingebracht worden. Die Vorschreibung des Beitragszuschlages sei daher zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einem als Gegenschrift bezeichneten Schriftsatz die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat in einem ebenfalls als Gegenschrift bezeichneten Schriftsatz auf ihren Vorlagebericht an die belangte Behörde verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Höhe des festgesetzten Beitragszuschlags. Sie bestreitet aber das Vorliegen eines Dienstverhältnisses und verweist in diesem Zusammenhang insbesondere darauf, dass mit Berufungsbescheid des unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 19. Februar 2010 im Verwaltungsstrafverfahren rechtskräftig festgestellt worden sei, dass die beiden nicht angemeldeten Personen seit 21. April 2008 selbständige Unternehmer gewesen seien, die ein in der Rechtsform der OG betriebenes Unternahmen gegründet hätten, weshalb zwischen ihnen und der beschwerdeführenden Partei kein Dienstverhältnis, sondern ein Werkvertragsverhältnis bestanden habe. Somit habe nie eine Verpflichtung der beschwerdeführenden Partei bestanden, die Arbeitnehmer bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse anzumelden. Die Beitragszuschläge seien daher nicht zu Recht vorgeschrieben worden.

Die Beschwerde bestreitet aber nicht, dass die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse mit Bescheid vom 5. Oktober 2009 die Pflichtversicherung der beiden Dienstnehmer nach § 4 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG festgestellt hat und dagegen kein Rechtsmittel erhoben worden ist. Sie bringt nur vor, dass dieser Bescheid ohne gesetzmäßiges Ermittlungsverfahren erlassen worden sei. Selbst eine Mangelhaftigkeit des Bescheides würde aber nichts daran ändern, dass er in Rechtskraft erwachsen ist und die Feststellung der Pflichtversicherung daher für andere Behörden, die das Bestehen der Pflichtversicherung als Vorfrage zu beurteilen haben, bindend ist.

2. Für die Verpflichtung zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und damit auch für jene zur Entrichtung eines Beitragszuschlages, um den es im Beschwerdefall ausschließlich geht, ist die Frage, ob die betreffenden Dienstnehmer im fraglichen Zeitraum in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigt und demgemäß nach § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG vollversichert gewesen sind, eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 2001, Zl. 98/08/0263, mwN). Die belangte Behörde war daher an die (rechtskräftige) Entscheidung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse über diese Vorfrage gebunden. Vor diesem Hintergrund war sie entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht gehalten, zu dieser Frage weitere Ermittlungen durchzuführen.

Dem steht auch nicht entgegen, dass das Strafverfahren gegen den Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei wegen Übertretung des § 111 Abs. 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG mit Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 19. Februar 2010 eingestellt worden ist. Die Verwaltungsstrafbehörden hatten das Bestehen der Pflichtversicherung nämlich ihrerseits nur als Vorfrage zu beurteilen (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 16. März 2011, Zl. 2008/08/0040). Dass der unabhängige Verwaltungssenat eine Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit und demzufolge die Pflichtversicherung nach dem ASVG verneint hat, konnte daher für das Verfahren betreffend den Beitragszuschlag keine Bindungswirkung entfalten.

3. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das Mehrbegehren der belangten Behörde auf Ersatz von Schriftsatzaufwand war abzuweisen, weil sich die Gegenschrift darin erschöpft, auf die Begründung des angefochtenen Bescheides zu verweisen.

Wien, am 11. Juli 2012

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