Normen
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich (LH) vom 24. Juni 1999 wurde der Wassergenossenschaft T die wasserrechtliche Bewilligung erteilt, eine bestehende Nassbaggerung auf den Grst. Nrn. 6/1 und 886, beide KG. T, als nichtöffentlichen Badeteich im Rahmen der auf den angeführten Grundstücken zu errichtenden Badeteichsiedlung zu nutzen.
Mit Bescheid des LH vom 18. September 2001 wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 aufgetragen, bis spätestens 31. Dezember 2001 die konsenslos durchgeführte Nassbaggerung und teilweise Wiederaufhöhung auf den Grst. Nrn. 6/1 und 886, KG. T, in den im beiliegenden Lageplan, welcher einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildete, kariert und schraffiert gekennzeichneten Bereichen durch näher angeführte Maßnahmen zu beseitigen.
Auszugsweise heißt es im Bescheid des LH vom 18. September 2001 wie folgt:
"1. Das im kariert markierten Bereich (=jener Bereich, welcher bis zu 1,5 m unter HGW abgebaut wurde und ca. 1.200 m2 umfasst) bereits zur Aufhöhung bzw. Verfüllung verwendete Material (im wesentlichen bestehend aus Zwischenboden, welcher im Zuge der Herstellung des Grundwasserteiches anfiel) ist nachweislich zur Gänze aus diesem Bereich zu entfernen.
2. Das im schraffiert gekennzeichneten Bereich (d.i. der nördliche im Ausmaß von ca. 12.000 m2 anschließende Bereich, welcher bis zu 1 m unter HGW abgegraben wurde) verwendete Aufhöhungs- bzw. Verfüllmaterial ist zur Gänze nachweislich zu entfernen, soferne nicht für den Bereich bis HGW eine Materialqualität der Eluatklasse I c sowie darüber der Eluatklasse I a gemäß ÖNORM S 2072 nachweislich verwendet wurde.
…
3. Die Aufhöhung hat mit ausschließlich grubeneigenem Material in der natürlichen Zusammensetzung (Gemenge aus Kies, Sand, Schluff, Ton), welches in der natürlichen Schichtung eben im Bereich des Schwankungsbereiches anzutreffen ist, ohne grundwasserbeeinträchtigende Anteile und ohne Humus (frei von fäulnisfähigen, organischen oder anderen gewässerbeeinträchtigenden Substanzen) bis 2 m über HHGW zu erfolgen. Im Endzustand muss die Grubensohle nach erfolgter Aufhöhung mit grubeneigenem Material auf 186,5 m ü.A. zu liegen kommen.
…"
Begründend führte der LH in diesem Bescheid unter anderem aus, dass sich die in der Natur ermittelte räumliche Lage der beschriebenen Materialentnahme außerhalb des mit Bescheid des LH vom 24. Juni 1999 bewilligten Projektes befinde.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung an die belangte Behörde.
Der wasserbautechnische Amtssachverständige führte in seinem Gutachten vom 25. März 2002 auf Befragen der belangten Behörde unter anderem aus, dass die von der beschwerdeführenden Partei ausgeführten Arbeiten im mit Bescheid des LH vom 24. Juni 1999 bewilligten Projekt nicht enthalten seien. Es zeige sich unzweifelhaft, dass durch die von der beschwerdeführenden Partei durchgeführten Materialentnahmen bzw. Wiederverfüllungen im Bereich der östlich an die Nassbaggerung angrenzenden Grundstücke Flächen in Anspruch genommen worden seien, die nicht Gegenstand der wasserrechtlichen Bewilligung vom 24. Juni 1999 wären. Um einen hinreichenden Schutz des Grundwassers weiterhin sicherzustellen, sei eine Wiederherstellung einer ausreichenden Überdeckung des Grundwassers zu fordern.
Mit Bescheid des LH vom 17. August 2006 wurde der Wassergenossenschaft T die Erweiterung des bestehenden Grundwassersees auf den Grst. Nrn. 6/1 und 886, KG. T, durch Gewinnung von Sand und Kies in Form einer Nassbaggerung im Ausmaß von 1 ha mit einer Abbautiefe von mindestens 3 m unter NGW (=182,5 m ü. A.) bewilligt. Zudem wurde die Folgenutzung als "nicht öffentlicher Badeteich" in Erweiterung des LH-Bescheides vom 24. Juni 1999 genehmigt.
Mit Bescheid des LH vom 5. Oktober 2007 wurde unter anderem festgestellt, dass die mit Bescheid des LH vom 17. August 2006 wasserrechtlich bewilligte Erweiterung des Grundwassersees auf den Grst. Nrn. 6/1 und 886, KG. T, im Ausmaß von 1 ha projekts- und bedingungsgemäß ausgeführt worden sei.
In seinem Gutachten vom 15. Oktober 2007 hielt der wasserbautechnische Amtssachverständige auf Befragen durch die belangte Behörde fest, dass das dem Bescheid des LH vom 17. August 2006 zugrundeliegende Operat nicht alle Flächen abdecke, die Gegenstand des wasserpolizeilichen Auftrages des LH vom 18. September 2001 gewesen seien. Flächen nördlich der Erweiterung Nord auf Grst. Nr. 6/1, KG. T, und südlich der Erweiterung Süd auf Grst. Nr. 886, KG. T, seien durch das mit Bescheid des LH vom 17. August 2006 bewilligte Projekt nicht abgedeckt.
In diesem Gutachten führte der wasserbautechnische Amtssachverständige auch aus, dass die mit Bescheid des LH vom 18. September 2001 angeordnete Entfernung von eingebrachtem Verfüllmaterial als erfüllt anzusehen sei. Offen sei weiterhin die unter Punkt 3. des LH-Bescheides vom 18. September 2001 angeordnete Aufhöhung der angeführten Flächen.
In seinem Gutachten vom 26. Februar 2008 hielt der wasserbautechnische Amtssachverständige auf neuerliches Befragen durch die belangte Behörde zusammenfassend fest, es gehe auch aus den nunmehr ergänzend vorgelegten Unterlagen klar hervor, dass die gemäß Punkt 3. des gewässerpolizeilichen Auftrages des LH vom 18. September 2001 angeordnete Aufhöhung von zu tief abgebauten Flächen bis auf eine Höhenquote von 186,5 m ü. A. noch nicht zur Gänze durchgeführt worden sei.
In einer weiteren Stellungnahme vom 25. November 2008 hielt der wasserbautechnische Amtssachverständige erneut fest, aus den vorgelegten Unterlagen gehe klar hervor, dass die gemäß Punkt 3. des gewässerpolizeilichen Auftrages des LH vom 18. September 2001 angeordnete Aufhöhung von zu tief abgebauten Flächen bis auf eine Höhenkote von 186,5 m ü. A. noch nicht zur Gänze durchgeführt worden sei.
In einem weiteren Gutachten vom 6. August 2010 führte der wasserbautechnische Amtssachverständige aus, die fachliche Überprüfung der nunmehr vorliegenden Unterlagen zeige, dass eine nördlich der gegenständlichen Nassbaggerung gelegene Fläche im Ausmaß von in etwa 3.000 m2, die gemäß dem Bescheid des LH vom 18. September 2001 aufzuhöhen und nicht vom Bescheid des LH vom 17. August 2006 umfasst sei, eine Höhenlage aufweise, die unter der normierten Kote von 186,5 m ü. A. zu liegen komme. Diese Fläche sei in der Ausfertigung 1 des Planoperates mit einem rosa Leuchtstift kenntlich gemacht.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid des LH vom 18. September 2001 "gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen".
Die Erfüllungsfrist wurde mit 1. April 2011 gemäß § 59 Abs. 2 AVG neu festgesetzt.
In der Begründung ihres angefochtenen Bescheides verwies die belangte Behörde auf die Gutachten ihres wasserbautechnischen Amtssachverständigen. Diese seien "widerspruchsfrei, folgerichtig, in sich schlüssig und mängelfrei". Die Argumentation der beschwerdeführenden Partei sei nicht auf gleicher fachlicher Ebene vorgebracht worden. Im Rahmen des der beschwerdeführenden Partei eingeräumten Parteiengehörs sei diese dem Gutachten nicht in wirksamer Weise begegnet, weshalb sich die belangte Behörde "zweifelsfrei auf die erstatteten Gutachten" stützen könne.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens habe die beschwerdeführende Partei ihr Vorbringen auf bereits während des anhängigen Berufungsverfahrens durchgeführte Maßnahmen gestützt. Ein solches Vorbringen könnte den wasserpolizeilichen Auftrag jedoch nicht abwenden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Bestimmungen der §§ 32 und 138 WRG 1959 samt
Überschriften lauten auszugsweise:
"Bewilligungspflichtige Maßnahmen.
§ 32. (1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere
…
c) Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,
…
Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes.
§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten
a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,
…"
Die belangte Behörde hält zutreffend fest, dass die von der beschwerdeführenden Partei vorgenommenen "Nassbaggerungen" einer wasserrechtlichen Bewilligung nach § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 bedürfen (vgl. die bei Bumberger/Hinterwirth, WRG Wasserrechtsgesetz2, 2013, unter E 30 zu § 32 zitierte hg. Judikatur).
Wie sich aus den im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde eingeholten Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen ergibt, erfüllte die beschwerdeführende Partei als Verursacherin der eigenmächtigen Neuerungen während des anhängigen Berufungsverfahrens zum Teil die im Bescheid des LH vom 18. September 2001 erlassenen wasserpolizeilichen Aufträge.
Mit der Herstellung eines Zustandes, der einem erlassenen, im Instanzenzug angefochtenen wasserpolizeilichen Auftrag entspricht, ist keine von der Berufungsbehörde zu beachtende Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes zu erblicken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1994, Zl. 91/07/0098, mwN). Insoweit konnte die belangte Behörde zutreffend eine Abweisung der Berufung der beschwerdeführenden Partei vornehmen.
Ungeachtet dieses Umstandes erweisen sich die Beschwerdeausführungen im Ergebnis als zutreffend.
In seinem Gutachten vom 15. Oktober 2007 stellte der wasserbautechnische Amtssachverständige fest, dass das dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid des LH vom 17. August 2006 zugrundeliegende Operat nicht alle Flächen abdecke, die Gegenstand des wasserpolizeilichen Auftrages des LH vom 18. September 2001 gewesen seien.
In seinem Gutachten vom 6. August 2010 führte der wasserbautechnische Amtssachverständige in diesem Zusammenhang aus, "dass die Ergebnisse der durchgeführten fachlichen Prüfung der nunmehr vorliegenden Unterlagen zeigen, dass eine nördlich der gegenständlichen Nassbaggerung gelegene Fläche im Ausmaß von rund 3.000 m2 die gemäß des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 18. Dezember 2001 aufzuhöhen ist und nicht vom Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 17. August 2006 (7) umfasst und eine Höhenlage aufweist, die unter der normierten Kote von 186,50 m ü. A. zu liegen kommt. Diese Fläche wurde in der Ausfertigung 1 des Planoperates (13) mit einem rosa Leuchtstift kenntlich gemacht".
Dieses vom Amtssachverständigen angesprochene Planoperat befindet sich unter den vorgelegten Verwaltungsakten.
Damit differenziert der wasserbautechnische Amtssachverständige zwischen Flächen, die Gegenstand des wasserpolizeilichen Auftrages vom 18. September 2001 sind, für die durch den Bescheid des LH vom 17. August 2006 eine wasserrechtliche Bewilligung vorliegt, und solchen Flächen, die von diesem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 17. August 2006 nicht umfasst sind.
Angesichts dieser "sachverständig untermauerten" Feststellungen erweist sich das Vorgehen der belangten Behörde als nicht in Übereinstimmung mit der Rechtslage.
Ein rechtskräftiger wasserrechtlicher Bewilligungsbescheid betreffend eine bestimmte Einwirkung auf Gewässer derogiert nämlich einem sachgleichen wasserpolizeilichen Auftrag betreffend die Unterbindung der genannten Einwirkung materiell (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1997, Zl. 96/07/0105, und den hg. Beschluss vom 11. Dezember 2003, Zl. 2002/07/0158, jeweils mwN).
Damit ergab sich - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - durch den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 17. August 2006 während des anhängigen Berufungsverfahrens sehr wohl eine Änderung der Sachlage, die von der belangten Behörde zu berücksichtigen gewesen wäre. Jedenfalls konnte die belangte Behörde angesichts der dargestellten materiellen Derogation die Berufung der beschwerdeführenden Partei nicht mehr zur Gänze als unbegründet abweisen.
Schon deshalb erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 28. November 2013
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