VwGH 2010/06/0230

VwGH2010/06/023027.1.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde des Ing. R M in X, vertreten durch Mag. Robert Peisser, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Templstraße 5b, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 2. Juni 2010, Zl. I-Präs- 00165e/2010, betreffend Bewilligung gemäß § 44 TBO 2001 (mitbeteiligte Partei: S D in X, weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Tir 2001 §24;
BauO Tir 2001 §25;
BauO Tir 2001 §44;
BauRallg;
AVG §8;
BauO Tir 2001 §24;
BauO Tir 2001 §25;
BauO Tir 2001 §44;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Stadtmagistrat Innsbruck erteilte der Mitbeteiligten mit Bescheid vom 28. Jänner 2010 die Baubewilligung für den Abbruch einer Gartenhütte und die Aufstellung von Containern befristet auf die Dauer von fünf Jahren auf dem Grundstück Nr. 1220/2, KG.A.

Die belangte Behörde wies die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG mangels Parteistellung des Beschwerdeführers in diesem Verfahren zurück. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass eine Bewilligung nach § 44 TBO 2001 - wie generell im Bauverfahren - mit schriftlicher Eingabe zu beantragen sei. Ansonsten unterscheide sich das Bauverfahren nach § 44 TBO 2001 als solches wesentlich von einem regulären Bauverfahren nach § 24 TBO 2001. So müssten etwa Pläne nicht unbedingt vorgelegt werden, wenn dies der Behörde verzichtbar erscheine. Ebenfalls sehe das Gesetz keine Beteiligung von Nachbarn als Parteien vor. § 25 TBO 2001 regle die Parteistellung im Bauverfahren. Diese Regelung beziehe sich nur auf das durch ein Bauansuchen eingeleitete Bauverfahren gemäß § 24 TBO 2001, nicht jedoch auf die anderen in der TBO geregelten Verfahren. So habe der Nachbar weder im Verfahren über die Erledigung einer Bauanzeige noch im Verfahren auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages Parteistellung, auch nicht im Verfahren über die Erteilung einer Benützungsbewilligung. Für das Bauverfahren gemäß § 44 TBO 2001 sei eine Beteiligung von Nachbarn als Parteien ebenfalls nicht vorgesehen. Der Beschwerdeführer sei als Miteigentümer des benachbarten Grundstückes Nr. 1221, KG.A., jedenfalls Nachbar im Sinne des § 25 TBO 2001. Da allerdings in einem Bauverfahren nach § 44 TBO 2001 den Nachbarn ex lege keine Parteistellung zukomme, sei die Berufung unzulässig und eine inhaltliche Überprüfung des erstinstanzlichen Bescheides der belangten Behörde nicht möglich.

Der Verfassungsgerichtshof hat die dagegen zunächst bei ihm erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 20. September 2010, B 962/10- 3, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof unter einem zur Entscheidung abgetreten. In diesem Beschluss führte der Verfassungsgerichtshof insbesondere aus, dass § 44 TBO 2001 mit dem Ausschluss der Parteistellung des Nachbarn einem "Unterschied im Tatsächlichem" zwischen Bauten dauernden und solchen vorübergehenden Bestandes Rechnung trägt, indem für letztere ein weniger aufwendiges Verfahren gelten soll, sofern sichergestellt ist, dass den maßgebenden bautechnischen Erfordernissen und insbesondere dem Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen sowie der Sicherheit von Sachen etwa durch anderweitige Vorkehrungen Rechnung getragen wird.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall kommt die Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94, in der Fassung LGBl. Nr. 40/2009 zur Anwendung.

Das in der TBO 2001 als Bauverfahren bezeichnete Verfahren wird gemäß § 24 TBO 2001 mit einem Bauansuchen gemäß § 21 TBO eingeleitet, mit dem um die Erteilung der Baubewilligung rechtlich anzusuchen ist.

§ 25 TBO regelt die Parteistellung im Bauverfahren insbesondere für den Nachbarn und bezieht sich damit auf das in § 24 TBO vorgesehene "Bauverfahren".

Im 8. Abschnitt der TBO 2001 betreffend sonstige Verfahren ist in § 44 für bauliche Anlagen, die auf Grund ihres besonderen Verwendungszweckes nur für einen vorübergehenden Bestand bestimmt sind, geregelt (Abs. 1), dass für derartige bauliche Anlagen anstelle eines Bauansuchens nach § 21 oder einer Bauanzeige nach § 22 um die Erteilung einer befristeten Bewilligung angesucht werden kann.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung kann die Behörde bei der Erteilung der Bewilligung nach Abs. 1 unter Bedachtnahme insbesondere auf die Lage und den Verwendungszweck der betreffenden baulichen Anlage von der Einhaltung bestimmter bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften absehen, wenn sichergestellt ist, dass

  1. a) den maßgebenden bautechnischen Erfordernissen und
  2. b) den durch diese Vorschriften geschützten Interessen, insbesondere dem Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen und der Sicherheit von Sachen,

    durch anderweitige Vorkehrungen hinreichend entsprochen wird. Zu diesem Zweck kann die Bewilligung weiters mit Auflagen oder unter Bedingungen erteilt werden, soweit das Bauvorhaben dadurch nicht in seinem Wesen verändert wird.

    Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung ist die Bewilligung befristet auf einen Zeitraum, der dem voraussichtlichen Bedarf an der betreffenden baulichen Anlage entspricht, längstens jedoch auf die Dauer von fünf Jahren ab dem Eintritt der Rechtskraft der Bewilligung zu erteilen. Auf Antrag des Inhabers der Bewilligung kann diese einmal um höchstens zwei Jahre erstreckt werden, wenn die betreffende bauliche Anlage weiter benötigt wird und die Voraussetzungen nach Abs. 3 weiterhin vorliegen.

    Abs. 6 enthält abgesehen von den Regelungen in § 44 TBO 2001 selbst einen Verweis auf andere Bestimmungen der TBO 2001, auf § 25 TBO 2001 (die Regelung der Parteistellung im Bauverfahren) wird nicht verwiesen.

    Der Beschwerdeführer macht geltend, es seien keinerlei Feststellungen darüber getroffen worden, aus welchen Grund der bewilligte Doppelcontainer nur für einen vorübergehenden Bestand bestimmt sei, wie dies § 44 Abs. 1 TBO 2001 als Voraussetzung normiere. Gerade weil der bewilligte Doppelcontainer anstatt des bereits bestehenden Gartenhauses aufgestellt werden solle und auch worden sei, wären Feststellungen dahingehend zu treffen gewesen, ob der in § 44 TBO geforderte besondere Verwendungszweck nur für einen vorübergehenden Bestand vorliege. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Hätte die Erstbehörde Ermittlungen getätigt, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass gegenständlich ein gemäß § 25 TBO 2001 bewilligungspflichtiges Bauverfahren vorgelegen sei, in dem dem Beschwerdeführer Parteistellung zu gewähren gewesen wäre. Dem Beschwerdeführer sei die Möglichkeit gemäß § 25 Abs. 3 TBO 2001 genommen worden, Einwendungen im Bauverfahren gemäß dieser Bestimmung zu erheben. Er habe auch keine Gründe für die Unzulässigkeit des Verfahrens gemäß § 44 TBO 2001 geltend machen können. Die Behörde hätte von einem Verfahren gemäß § 21 TBO ausgehen müssen.

    Gerade zur Frage, ob das richtige Verfahren angewendet werde, und zwar nicht das gemäß § 44 TBO 2001, sondern das gemäß § 21 TBO 2001, hätte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer als Nachbarn Parteistellung einräumen müssen (Hinweis auf das Erkenntnis vom 28. März 2006, Zl. 2005/06/0279). Dazu, ob ein Doppelcontainer mit WC-Abteil als Garten-, Hobby- und Freizeitraum lediglich für einen vorübergehenden Bestand bestimmt sei, wäre dem Beschwerdeführer Parteistellung einzuräumen gewesen.

    Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden. Die Parteistellung des Nachbarn ist gemäß §§ 24 und 25 TBO 2001 im Bauverfahren vorgesehen, das betrifft Verfahren, die mit Bauansuchen gemäß § 21 TBO für bewilligungspflichtige Bauvorhaben eingeleitet werden.

    § 44 TBO 2001 enthält dem gegenüber für bauliche Anlagen vorübergehenden Bestandes eigene Regelungen vor. Dabei wird eine Parteistellung von Nachbarn nicht vorgesehen. Aus den Regelungen der TBO 2001 (§§ 24, 25, 44) kann auch nicht abgeleitet werden, dass einem Nachbarn zu der Frage, ob zu Recht ein Bauverfahren gemäß § 44 TBO durchgeführt wurde, Parteistellung zukommt. Entscheidend ist, dass diese Bewilligung nur befristet erteilt werden kann. Daher geht auch der Hinweis auf das zur Wr. BauO ergangene hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2005/05/0335 fehl. Der Verfassungsgerichtshof hat im Übrigen in seinem Ablehnungsbeschluss zum Ausdruck gebracht, dass er gegen den Ausschluss der Parteistellung eines Nachbarn in einem Verfahren gemäß § 44 TBO 2001 keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt. Eine verfassungskonforme Auslegung einer Regelung über die Parteistellung in einem baurechtlichen Verfahren, wie sie in dem hg. Erkenntnis vom 31. März 2008 für geboten erachtet wurde, kommt daher im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Auch aus dem hg. Erkenntnis vom 28. März 2006, Zl. 2005/0670279, das ein Verfahren betreffend die Verlängerung der Wirksamkeit einer Baubewilligung gemäß § 27 TBO 2001 betroffen hat, kann für den vorliegenden Fall nichts gewonnen werden, weil es dabei um eine Baubewilligung geht, die in einem Bauverfahren gemäß § 24 TBO 2001 erteilt wurde (wenn auch um eine Verlängerung einer in einem solchen Bauverfahren erteilten Baubewilligung).

    Die Berufung des Beschwerdeführers wurde daher zu Recht mangels Parteistellung des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

    Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

    Wien, am 27. Jänner 2011

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