Normen
LStG NÖ 1999 §11 Abs3;
LStG NÖ 1999 §11;
VwRallg;
LStG NÖ 1999 §11 Abs3;
LStG NÖ 1999 §11;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde auf Grundlage einer rechtskräftigen Straßenbaubewilligung unter Bezugnahme auf einen Grundeinlösungsplan näher umschriebene Grundflächen der Beschwerdeführerin im Gesamtausmaß von 2.933 m2 zwecks Errichtung einer Landesstraße (Umfahrung von L) dauernd und lastenfrei zugunsten des Landes Niederösterreich enteignet und eine Enteignungsentschädigung (von EUR 4.695,47) festgesetzt.
Nach Darstellung des Verfahrensganges heißt es in der Bescheidbegründung im Wesentlichen, die mitbeteiligte Partei habe mit Schreiben vom 9. Juni 2004 die Enteignung dieser Grundflächen beantragt. Die Enteignungsverhandlung habe am 4. Juli 2007 stattgefunden; richtig sei zwar, dass in der Ladung versehentlich das Ausmaß der beanspruchten Fläche mit 2.321 m2 beziffert worden sei (statt mit 2.933 m2), dieses Versehen sei aber in der Enteignungsverhandlung richtiggestellt worden. Es handle sich dabei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht um einen wesentlichen Verfahrensmangel.
Die Beschwerdeführerin bestreite die Notwendigkeit dieser Umfahrungsstraße. Allerdings entfalte der rechtskräftige Straßenbaubewilligungsbescheid für das nachfolgende Enteignungsverfahren eine Bindungswirkung dahingehend, dass die Notwendigkeit des konkreten Vorhabens im Enteignungsverfahren nur mehr sehr eingeschränkt geprüft werden dürfe; im Enteignungsverfahren gehe es im Wesentlichen nur mehr darum, ob die Enteignung für die Realisierung des Straßenbauvorhabens im beantragten Umfang erforderlich sei. Der Straßenbaubewilligungsbescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Damit seien der Bedarf und die Notwendigkeit der Errichtung dieser Umfahrungsstraße im gegenständlichen Enteignungsverfahren nicht mehr zu hinterfragen.
Dass die zur Enteignung beantragten Teilflächen im beabsichtigten Ausmaß für die Realisierung des bewilligten Straßenbauvorhabens nicht erforderlich wären, sei von der Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren nicht behauptet worden. Der auch zum Bestandteil der Straßenbaubewilligung erklärte und mit einer Bezugsklausel versehene Grundeinlöseplan sei auch dem nunmehrigen Enteignungsverfahren zugrunde gelegt worden, und es seien nicht mehr Teilflächen zur Enteignung beantragt worden, als in diesem Grundeinlöseplan vorgesehen seien. Demnach seien die nun verfahrensgegenständlichen Grundflächen für den Bau der rechtskräftig bewilligten Umfahrungsstraße notwendig.
Die Beschwerdeführerin habe auch eingewendet, dass es keinen Bedarf für das Vorhaben gebe und daher die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens nicht gegeben sei. Diese Auffassung treffe nicht zu. Die Notwendigkeit im Sinne des Bedarfes eines rechtskräftig bewilligten Vorhabens sei im Enteignungsverfahren nicht mehr zu prüfen. Daher sei bei der Rücksichtnahme auf die Wirtschaftlichkeit eines Straßenbauvorhabens gemäß § 11 Abs. 3 Nö Straßengesetz 1999 lediglich zu prüfen, ob diese beim Umfang der Enteignung berücksichtigt worden sei. Dies treffe im Beschwerdefall zu, beim Straßenbauvorhaben sei der benötigte Fremdgrund minimiert worden.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 2. Dezember 2008, B 819/08-9, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Nö StraßenG 1999, LGBl. 8500-0 in der Fassung der ersten Novelle im Jahre 2002, LGBl. 8500-1 (im Folgenden: Nö StrG 1999), anzuwenden.
§ 11 leg. cit. lautet auszugsweise:
"§ 11
Enteignung
(1) Das Eigentum an Grundstücken und Bauwerken darf vom
Straßenerhalter durch Enteignung in Anspruch genommen werden
o für den Bau, die Umlegung, Umgestaltung und
Erhaltung einer Straße oder
o zur Umwandlung einer für den allgemeinen Verkehr
notwendigen Privatstraße nach § 7 in eine öffentliche Straße nach den §§ 5 und 6.
(2) Abs. 1 gilt auch für die dauernde Einräumung, Abtretung, Einschränkung oder Aufhebung von dinglichen Rechten. Werden Eisenbahngrundstücke für Zwecke nach Abs. 1 beansprucht, gelten hiefür die eisenbahnrechtlichen Vorschriften.
(3) Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang einer Enteignung nach Abs. 1 und 2 hat die Landesregierung zu entscheiden. Die Wirtschaftlichkeit des Straßenbauvorhabens ist zu berücksichtigen. In dem Bescheid ist auch die Höhe der Entschädigung festzusetzen.
…"
Zutreffend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf verwiesen, dass die rechtskräftig erteilte Straßenbaubewilligung Bindungswirkung für das nachfolgende Enteignungsverfahren dahingehend entfaltet, dass im Enteignungsverfahren nicht mehr die Notwendigkeit der Straße, sondern im Wesentlichen nur mehr die Frage zu prüfen ist, ob die Enteignung der für die Realisierung des Straßenbauvorhabens vorgesehenen Grundstücke im beantragten Umfang erforderlich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 2011, Zlen. 2010/06/0016 und 0017).
Allfällige Verfahrensmängel und unrichtige Rechtsauffassungen der Behörden im Straßenbaubewilligungsverfahren können entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin im Enteignungsverfahren nicht mehr releviert werden.
Die Beschwerdeführerin bestreitet die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens, weil die Umfahrungsstraße überhaupt nicht notwendig sei.
Richtig ist, dass § 11 Abs. 3 NÖ StrG 1999 das Kriterium der Wirtschaftlichkeit des Straßenbauvorhabens nennt.
Wirtschaftlichkeit in diesem Zusammenhang ist aber - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - von der Notwendigkeit der Straße getrennt zu sehen, weil diese Notwendigkeit bereits Gegenstand des Straßenbaubewilligungsbescheides ist. Unwirtschaftlichkeit im Sinne des § 11 Abs. 3 leg. cit. könnte daher etwa dann gegeben sein, wenn sich wegen der Höhe der (erst im Enteignungsverfahren festzusetzenden) Entschädigung die Realisierung des konkret bewilligten Straßenbauvorhabens als unwirtschaftlich erwiese (vgl. auch Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht7, S. 1465, FN 14). Derlei behauptet die Beschwerdeführerin nicht und ist auch nicht ersichtlich.
Welche konkreten Grundflächen Gegenstand des Enteignungsantrages waren, ergibt sich aus den Projektunterlagen. Daran hat sich im Zuge des Verfahrens nichts geändert. Richtig ist zwar, dass das Ausmaß der Flächen in der Ladung zur Enteignungsverhandlung unrichtig beziffert wurde, dieses Versehen wurde aber in der Enteignungsverhandlung richtiggestellt. Ein relevanter Verfahrensmangel kann darin, dass das Flächenmaß in der Ladung unrichtig angegeben war, nicht erblickt werden, die Beschwerdeführerin zeigt eine solche Relevanz, dass es nämlich bei Vermeidung des Verfahrensmangels zu einer inhaltlich anderen Entscheidung der belangten Behörde hätte kommen können, auch nicht auf. Soweit in der Beschwerde darauf hingewiesen wird, dass die Rechtsfolgen des § 41 Abs. 1 AVG nicht eintreten könnten, wenn der Gegenstand der Verhandlung in der Ladung unrichtig angeführt sei, ist dem zu entgegnen, dass die belangte Behörde ohnedies nicht von einer Präklusion des Vorbringens der Beschwerdeführerin ausgegangen ist.
Die Beschwerdeführerin rügt weiters, in der Enteignungsverhandlung vom 4. Juli 2007 sei von der Verhandlungsleiterin angekündigt worden, das verkehrstechnische Gutachten zur Notwendigkeit der Inanspruchnahme des in Aussicht genommenen Fremdgrundes werde später schriftlich erstattet. Ein solches Gutachten sei aber offenkundig nie erstattet worden.
Auch dieser Einwand vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die belangte Behörde hat nämlich im angefochtenen Bescheid dargelegt, die Beschwerdeführerin habe im gesamten Verwaltungsverfahren nicht behauptet, dass die zur Enteignung beantragten Teilflächen ihres Grundstückes im beabsichtigten Ausmaß für das bewilligte Straßenbauvorhaben nicht erforderlich seien. Der auch zum Bestandteil der Straßenbaubewilligung erklärte und mit einer Bezugsklausel versehene Grundeinlöseplan sei auch diesem Enteignungsverfahren zugrunde gelegt worden, und es seien nicht mehr Teilflächen zur Enteignung beantragt worden als in diesem Plan vorgesehen. Demgemäß seien die zur Enteignung beantragten Grundflächen für den Bau der Straße in diesem Umfang notwendig.
Auf Grundlage dieser - von der Beschwerdeführerin unbestrittenen - Ausführungen der belangten Behörde war die Aufnahme eines Sachverständigenbeweises über die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme der zu enteignenden Grundflächen nicht erforderlich. (Ein Amtssachverständiger hat zwar in der Folge ein Gutachten vom 24. Juli 2007 erstattet, das sich jedoch mit der Frage der Notwendigkeit des Straßenbauvorhabens an sich befasste, die im Enteignungsverfahren nicht neuerlich zu prüfen ist.)
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 6. Oktober 2011
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