VwGH 2010/05/0137

VwGH2010/05/013730.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie den Senatspräsidenten Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerden

1. des Dr. M W in Wien (Beschwerde Zl. 2010/05/0137) und 2. der

V GmbH & Co in Wien (Beschwerde Zl. 2010/05/0140), beide vertreten durch die Prof. Dr. Strigl Dr. Horak Mag. Stolz Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1010 Wien, Tuchlauben 8, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Juni 2008, Zl. BOB - 684, 686 und 687/07, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (weitere Partei in beiden Verfahren: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Parteien in beiden Verfahren 1. Dr. G S in P und

2. G Verwaltungsgesellschaft m.b.H. in Wien, beide vertreten durch Dr. Gerhard Benn-Ibler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 13), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §134a;
BauRallg;
VwRallg;
BauO Wr §134a;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 305,30 und den mitbeteiligten Parteien zusammen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 305,30 und den mitbeteiligten Parteien zusammen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligten Parteien sind Eigentümer eines Grundstücks samt dem darauf errichtetem Gebäude im 1. Wiener Gemeindebezirk, das mit seiner vorderen Seite an die öffentliche Verkehrsfläche K-Gasse grenzt. Der Erstbeschwerdeführer ist Miteigentümer eines seitlich unmittelbar angrenzenden, bebauten Grundstückes, die Zweitbeschwerdeführerin ist Eigentümerin eines in der Tiefe unmittelbar angrenzenden, ebenfalls bebauten Grundstückes.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung (im Folgenden: MA) 37/V - Baupolizei, Vermessungsdezernat, vom 28. Dezember 2004, wurden der Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Parteien für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft folgende Bebauungsbestimmungen (Bebauungsplan, Plandokument 5991) bekanntgegeben:

"Die Baulinie ist durch die Linie a-b-c-d für die variabel breite K…gasse gegeben.

Aus dem Bebauungsplan ergibt sich für die Liegenschaft an der K…gasse:

Die durch den Bebauungsplan festgesetzte Grenzlinie ist im beiliegenden Plan festgehalten.

Gemischtes Baugebiet, Bauklasse V (fünf) und die geschlossene Bauweise.

Die Liegenschaft liegt in einer Schutz- u. Wohnzone gem.

Art. IV Abs. 3 BO f. Wien.

Es bestehen folgende Bebauungsbeschränkungen:

- BB1: An der Straßenfront wird die Gebäudehöhe mit + 32,3m über Wr. Null festgesetzt. …"

Mit dem bei der Behörde am 22. Dezember 2005 eingelangten Bauansuchen beantragte die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Parteien die baubehördliche Bewilligung zur Herstellung eines Dachgeschoßzubaues samt Höherführung des bestehenden Stiegenhauses am gegenständlichen Gebäude in Wien. Der im Verwaltungsakt einliegenden Baubeschreibung (Stand: 20. Dezember 2005) zufolge werde der bestehende Dachboden unter Beibehaltung der barocken Gaupen zur K-gasse hin dreigeschossig ausgebaut und die bestehende Firsthöhe um 1,75 m angehoben. Die denkmalgeschützte Fassade zur Kgasse bleibe unberührt, während im Hof, neben dem Stiegenhaus, eine behindertengerechte Liftanlage mit Zugängen vom Erdgeschoß bis in die Terrassenebene (4. Dachgeschoß) eingebaut werde.

Die Behörde erster Instanz führte Bauverhandlungen am 3. Mai und 9. August 2006 durch; die Beschwerdeführer erhoben Einwendungen gegen das Bauvorhaben hinsichtlich der Gebäudehöhe, der Lichtverhältnisse und des Stadtbildes.

Mit Bescheid vom 20. November 2007 erklärte der Bauausschuss der Bezirksvertretung für den 1. Bezirk gemäß § 69 Abs. 1 lit. f Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) nachstehende Abweichungen von den Bebauungsvorschriften für zulässig:

"Durch den Dachgeschoßzubau darf der höchste Punkt des Daches um max. 0,85 m höher als 7,50 m über der gassenseitig höchstzulässigen Gebäudehöhe von + 32,30 über Wr. Null liegen."

(Dazu ist zu bemerken, dass laut Plan die Fußbodenoberkante Erdgeschoß (= +/- 0,00) 17,48 m über Wr. Null liegt, sodass die genannte Festlegung eine gassenseitige Gebäudehöhe von 14,46 m erlaubt).

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37/1, vom 26. November 2007, wurde der Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Parteien die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

Die erstinstanzliche Behörde führte in ihrer Begründung zu den erhobenen Einwendungen der Beschwerdeführer betreffend die Störung des Stadtbildes aus, dass die vorgebrachten Anregungen keine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten iSd § 134a BO darstellten und somit nicht zu berücksichtigen gewesen seien und verwies auf die positive gutachterliche Stellungnahme der MA 19 vom 20. Juni 2006. Weiters stellte die Behörde fest, dass laut Bekanntgabe der maßgeblichen Bebauungsbestimmungen vom 28. Dezember 2004 für die gesamte Liegenschaft die Widmung Gemischtes Baugebiet, Bauklasse V (fünf) sowie die geschlossene Bauweise und an der Straßenfront die Gebäudehöhe mit + 32,30 m über Wiener Null festgesetzt sei. Daraus ergebe sich, dass die höchstzulässige Gebäudehöhe gemäß § 75 Abs. 2 BO für die gesamte Liegenschaft 26,00 m entsprechend der Bauklasse V (fünf) betrage und lediglich an der Straßenfront auf + 32,30 m über Wiener Null beschränkt sei. Da durch das gegenständliche Bauvorhaben diese höchstzulässigen Gebäudehöhen straßen- und hofseitig nicht überschritten würden, seien sämtliche diesbezüglichen Einwände nicht weiter zu berücksichtigen.

In den gegen diesen Bescheid und jenen des Bauausschusses vom 20. November 2007 erhobenen Berufungen wendeten sich die Beschwerdeführer, soweit für das Beschwerdeverfahren wesentlich, gegen die Gebäudehöhe und machten geltend, dass die für die gesamte Liegenschaft geltende Bauhöhe mit 32,30 m ab Wiener Null festgesetzt worden sei und das gegenständliche Bauvorhaben diese jedenfalls einzuhaltende Bauhöhe um 8,35 m, wie auch die unbedingt einzuhaltende Maximalhöhe des Dachfirstes von 7,50 m um mindestens 85 cm überschreite. Überdies führe die Bauführung insbesondere dazu, dass den Wohnungen in den Gebäuden der Beschwerdeführer die natürliche Belichtung weitestgehend entzogen würde. Zudem würde die geplante Bauführung sowohl erhebliche Nachteile sowie gravierende Belästigungen mit sich bringen. Durch den klotzigen, überhöhten Baukörper würde nicht nur eine gravierende visuelle Beeinträchtigung für die Bewohner der Nachbarliegenschaften, sondern auch eine unzumutbare Einschränkung der Belichtung der Wohnungen bewirkt werden.

Im Zuge des Berufungsverfahrens änderte die Bauwerberin mit Eingabe vom 8. April 2008 (samt Einreichplänen und Baubeschreibung) das Bauvorhaben dahingehend ab, dass die Höhe das Dachfirstes auf 7,49 m gemessen ab der zulässigen Gebäudehöhe an der Straßenfront des gegenständlichen Gebäudes reduziert wurde. Laut Baubeschreibung (Stand 17. März 2008) werde der bestehende Dachboden nunmehr zweigeschossig mit Galerieebene ausgebaut und die maximal zulässige Firsthöhe um 1 cm unterschritten. Dies wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. April 2008 zur Kenntnis gebracht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den 1. Bezirk gemäß § 66 Abs. 4 AVG (ersatzlos) behoben. Im Übrigen wurden die Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und der angefochtene Bescheid der erstinstanzlichen Baubehörde mit der Maßgabe bestätigt, dass der zweite Absatz des Spruches wie folgt laute:

"Zwecks Schaffung von zwei Wohnungen sollen die bestehende Dachkonstruktion abgetragen und zwei neue Dachgeschoße zugebaut werden, wobei die künftige gassenseitige Dachneigung 45 Grad betragen und das Gebäude hofseitig aufgestockt werden soll. Dabei sollen hofseitig im Bereich des zweiten Dachgeschoßes Loggien angeordnet sowie eine Dachterrasse hergestellt werden. Weiters soll das bestehende Stiegenhaus bis zur Dachterrasse höhergeführt sowie die angrenzend an das Stiegenhaus, mit einem Abstand von 0,87 m zur hinteren Grundgrenze, ein vom Erdgeschoß bis auf die Dachterrasse führender Aufzugsschacht samt Verbindungsgänge zugebaut werden."

Soweit für das weitere Verfahren wesentlich, hielt die belangte Behörde begründend fest, dass für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft entsprechend der vorliegenden Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vom 28. Dezember 2004 - aus Gründen der Erhaltung eines einheitlichen Stadtbildes - an der Straßenfront ausdrücklich eine Gebäudehöhe von 32,30 m über Wiener Null festgesetzt sei, während für den Rest der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft Bauklasse V gelte. Aus den vorliegenden Einreichplänen gehe eindeutig hervor, dass die Gebäudehöhe an der Front zur K-Gasse exakt 32,30 m über Wiener Null betrage und im Übrigen in diesem Bereich durch das in Rede stehende Projekt auch nicht abgeändert werde. Zusätzlich sei festzuhalten, dass auch im Bereich des Innenhofes die zulässige Gebäudehöhe, welche in der Bauklasse V 26,00 m betrage, nicht überschritten werde und das eingereichte Projekt diesbezüglich als bewilligungsfähig erscheine.

Zur gerügten Beeinträchtigung des Stadtbildes durch das gegenständliche Projekt verwies die belangte Behörde auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Bestimmungen, welche auf das örtliche Stadtbild abstellten, ausschließlich dem Schutz öffentlicher Interessen dienten und daher hieraus Nachbarrechte nicht abgeleitet werden könnten.

Dem Vorbringen, die bewilligte Bauführung würde zu einer weiteren Verbauung der Liegenschaft führen und insbesondere die Belichtung auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers einschränken, sei entgegenzuhalten, dass für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft ohnehin die geschlossenen Bauweise angeordnet sei und im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan keine Einschränkungen der Bebaubarkeit des Bauplatzes festgesetzt seien. Darüber hinaus halte das gegenständliche Projekt die Bestimmungen über die Gebäudehöhe ein. Weiters könnten Immissionen, welche sich aus der Benutzung eines Gebäudes zu Wohnzwecken ergäben, nicht als Nachbarrechte geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen den abweislichen Teil des angefochtenen Bescheides zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, der nach Durchführung eines Vorverfahrens deren Behandlung mit Beschlüssen vom 7. Juni 2010, B 1519/08-9 (betreffend den Erstbeschwerdeführer), bzw. B 1514/08-9 (Zweitbeschwerdeführerin), ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In den Ablehnungsbeschlüssen führte der Verfassungsgerichthof im Wesentlichen (wortgleich) aus:

"Dass die taxative Aufzählung des § 134a Abs. 1 WBO kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf Einhaltung der Vorschriften über die Statik des Bauprojekts schlechthin einräumt, ist unbedenklich (vgl. die Rechtsprechung zur Regelung der Parteistellung, VfSlg. 15.274/1998, 15.581/1999).

(…)

Wie aus dem Verordnungsakt ersichtlich ist, wurden bereits zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Plandokumentes 5991 im Jahre 1989 detaillierte Untersuchungen durchgeführt, die im Wesentlichen jenen entsprechen, die vom nunmehrigen § 2 Abs. 1 WBO ausdrücklich gefordert werden. Weiters ergibt sich, dass im vorliegenden Plandokument zahlreiche Ziele aus dem Inhalt der Festlegungen nachvollzogen werden können, die sinngemäß Zielen aus dem Katalog des § 1 Abs. 2 WBO idF der Novelle LGBl. 10/1996 entsprechen. Das von der Beschwerde aufgeworfene Bedenken, das Plandokument 5991 stütze sich auf eine unzureichende Grundlagenforschung, trifft demnach nicht zu.

Zudem ist die Festlegung, nach der 'an den Straßenfronten der mit BB1 bezeichneten (…) Liegenschaften Höhenkoten über Wiener Null als Gebäudehöhen festgelegt' werden, hinreichend bestimmt. Die vom Beschwerdeführer begehrte Auslegung, wonach die Höhenbeschränkung der Gebäudehöhe mit 32,30 m auf die gesamte Liegenschaft anzuwenden sei, widerspricht dem klaren Wortlaut der Festlegung."

In den über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes verbesserten (ergänzten), soweit hier erheblich, inhaltsgleichen Beschwerden machen die Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat für beide Beschwerdeverfahren die Verwaltungsakten vorgelegt und eine gemeinsame Gegenschrift erstattet, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt wird. Die mitbeteiligten Parteien (Rechtsnachfolger der ursprünglichen Bauwerberin) haben (gesonderte) Gegenschriften ebenfalls mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der jeweiligen Beschwerde erstattet (im Beschwerdeverfahren Zl. 2010/05/0140 hatte zunächst die ursprüngliche Bauwerberin eine Gegenschrift erstattet, in der Folge sind die nunmehrigen Mitbeteiligten an ihrer Stelle in das Beschwerdeverfahren eingetreten).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen der Bauordnung für Wien in der auf Grund der zeitlichen Lagerung des Verwaltungsverfahrens anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 41/2005 (im Folgenden: BO), lauten:

"Inhalt der Bebauungspläne

§ 5. …

(4) Über die Festsetzungen nach Abs. 2 und 3 hinaus können die Bebauungspläne zusätzlich enthalten:

h) Bestimmungen über die Gebäudehöhe, im Bauland bei Festsetzung einer Bauklasse nur bis zu deren Grenzen, ferner über die Höhe von sonstigen Baulichkeiten, sowie über die höchstens zulässige Zahl der Geschosse, die zur Gänze oder zu einem Teil über dem anschließenden Gelände liegen;

Ansuchen um Baubewilligung

§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken;

e) Änderungen an Gebäuden in Schutzzonen, die die äußere Gestaltung, den Charakter oder den Stil eines Gebäudes beeinflussen.

Bauklasseneinteilung, zulässige Gebäudehöhe

§ 75. (1) Die Bauklasseneinteilung setzt die Gebäudehöhe für Wohngebiete und gemischte Baugebiete fest.

(2) Die Gebäudehöhe hat, soweit sich nicht nach den Bestimmungen des Abs. 4 bis 6 und des § 81 sowie des Bebauungsplanes eine andere Gebäudehöhe ergibt, zu betragen:

in Bauklasse V mindestens 16 m, höchstens 26 m.

(6) In Schutzzonen gilt unabhängig vom Abstand der Fluchtlinien die im Bebauungsplan gemäß § 5 Abs. 4 oder durch die Bauklasse festgesetzte Gebäudehöhe.

Gebäudehöhe und Gebäudeumrisse; Bemessung

§ 81. (1) Bei Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie gilt bis zu einer Gebäudetiefe von 15 m als Gebäudehöhe der lotrechte Abstand von der festgesetzten Höhenlage der Verkehrsfläche bis zur obersten Schnittlinie der zulässigen Außenwandfläche der Straßenfront ohne Berücksichtigung vorspringender Gebäudeteile wie Gesimse, Erker und dergleichen mit der Oberfläche des Daches; nichtraumbildende Gebäudeteile und Dachaufbauten gemäß Abs. 6 bleiben daher außer Betracht. Zur Straßenfront gerichtete Giebelflächen zählen bei der Ermittlung der Gebäudehöhe mit. Weiters darf die zulässige Gebäudehöhe um höchstens 1,50 m überschritten werden, wenn diese Überschreitung innerhalb derselben Front flächenmäßig ausgeglichen wird; § 75 Abs. 4 ist ein zuhalten. Dasselbe gilt für Gebäude an Verkehrsflächen, deren festgesetzte Höhenlage an der der Gebäudefront nicht einheitlich ist. Der oberste Abschluss aller anderen Fronten darf den der Straßenfront nicht überschreiten, doch bleiben die der Dachform entsprechenden Giebelflächen an diesen anderen Fronten außer Betracht, und der oberste Abschluss des Daches darf keinesfalls höher als 7,5 m über der zulässigen Gebäudehöhe liegen, sofern der Bebauungsplan nichts anderes bestimmt.

(3) Ist im Bebauungsplan die Gebäudehöhe als absolute Höhe über Wiener Null festgesetzt, darf keine oberste Schnittlinie einer Außenwandfläche mit der Oberfläche des Daches über dieser absoluten Höhe liegen. Die der Dachform entsprechenden Giebelflächen bleiben außer Betracht und der oberste Abschluss des Daches darf keinesfalls höher als 7,5 m über der zulässigen Gebäudehöhe liegen, sofern der Bebauungsplan nicht anders bestimmt."

Gemäß § 134 BO sind die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften dann Parteien, wenn der geplante Bau oder dessen Widmung ihre im § 134a BO erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie in näher festgelegter Weise Einwendungen iSd § 134a BO gegen die geplante Bauführung erheben. Vorliegend ist unstrittig, dass die Beschwerdeführer Miteigentümer bzw. Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft sind.

Gemäß § 134a Abs. 1 BO werden subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, durch auszugsweise folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutz dienen, begründet:

"…

b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;

e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden; …"

Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist somit in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Im § 134a BO sind die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte taxativ aufgezählt. Die hier genannten Nachbarrechte werden durch die Tatbestandsvoraussetzung "sofern sie ihrem" (gemeint: der Nachbarn) "Schutze dienen" eingeschränkt. Dies bedeutet, dass trotz objektiven Verstoßes gegen eine unter § 134a BO subsumierbare baurechtliche Vorschrift die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Nachbarn dann nicht vorliegt, wenn nach der Situierung des bewilligten Bauvorhabens schon der Lage nach in subjektive Rechte des Nachbarn nicht eingegriffen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. September 2012, Zl. 2010/05/0142, mwH.).

Die Beschwerdeführer machen in Bezug auf die Gebäudehöhe zusammengefasst geltend, dass die im Bebauungsplan festgelegte Höhenbeschränkung für die Straßenfront gemäß § 81 BO die gesamte Liegenschaft und nicht nur deren Straßenfront betreffe. Die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, für ein einheitliches Gebäude völlig unterschiedliche Gebäudehöhen aus der Anordnung im Bebauungsplan zu erschließen, überschreite die Grenzen einer zulässigen Auslegung. So sehe § 75 Abs. 2 BO für die Bauklasse V auch nur eine Mindesthöhe und eine Höchsthöhe von 26 m vor, die Festsetzung einer Grenze unter Berufung auf Wiener Null im Bebauungsplan bedeute aber eine eindeutige Grenzziehung, möge sie auch nur für die Straßenfront zum Ausdruck gebracht worden sein. Zudem werde im hier anwendbaren letzten Satz des § 81 Abs. 1 BO bestimmt, dass der oberste Abschluss aller anderen Fronten den der Straßenfront nicht übersteigen dürfe. In Abs. 3 des § 81 BO werde weiters bestimmt, dass dann, wenn im Bebauungsplan die Gebäudehöhe als absolute Höhe über Wiener Null festgesetzt sei, keine oberste Schnittlinie einer Außenwandfläche mit der Oberfläche des Daches über der absoluten Höhe liegen dürfe.

Die beschwerdegegenständliche Liegenschaft liegt unbestritten in einer Schutzzone. Für diese Gebiete ist § 75 Abs. 6 BO maßgeblich, § 81 BO spielt, entgegen den Beschwerdeausführungen, für die Festlegung der Gebäudehöhe insoweit keine Rolle. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ergibt sich die zulässige Höhe des projektierten Gebäudes im Beschwerdefall im Hinblick auf die Straßenfront gemäß § 5 Abs. 4 lit. h BO somit ausschließlich aus dem Bebauungsplan (der eine Festlegung nur für diese Front vorgenommen hat), betreffend die übrigen Fronten aus dem Bebauungsplan iVm § 75 Abs. 2 BO. Zutreffend hat die belangte Behörde demnach auch angenommen, dass sich die in Rede stehende Höhenbeschränkung im Bebauungsplan von + 32,30 m über Wiener Null nur auf die straßenseitige Gebäudefront bezieht, während für das übrige Gebäude gemäß § 75 Abs. 4 BO als Bauklasse V eine maximale Gebäudehöhe von 26,00 m zulässig ist. Dies ist aus dem eindeutigen Wortlaut der diesbezüglichen Bestimmung des Bebauungsplans abzuleiten, wie auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 7. Juni 2010 ausgesprochen hat ("Die vom Beschwerdeführer begehrte Auslegung, wonach die Höhenbeschränkung der Gebäudehöhe mit 32,30 m auf die gesamte Liegenschaft anzuwenden sei, widerspricht dem klaren Wortlaut der Festlegung.").

Sofern der Erstbeschwerdeführer - wie schon in seiner Berufung - eine Verringerung der Belichtung seiner Wohnungen "bis auf Null", insbesondere durch die "vorgeschriebenen Rauchfangkehrerstege bzw. die Anlage für den zweiten Rettungsweg", und auch die Zweitbeschwerdeführerin eine Beeinträchtigung der Belichtung ihres Gebäudes monieren, ist ihnen - im Einklang mit den diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid - entgegenzuhalten, dass allein eine behauptete Beeinträchtigung des Lichteinfalls durch eine bauliche Anlage auf dem Nachbargrundstück keine Einwendung iSd §134a BO darstellt. Ein allgemeines subjektivöffentliches Nachbarrecht auf Wahrung des Licht- und Sonneneinfalles ist, abgesehen von Abstands- und Höhenbestimmungen, nicht vorgesehen (s. das hg. Erkenntnis vom 16. September 2009, Zl. 2007/05/0189, mwH.). Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen zur ebenfalls gerügten Gebäudehöhe vermögen die Beschwerdeführer somit auch hier keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Ebenso verhält es sich mit dem auf den Schutz des Stadtbildes abzielenden Vorbringen, "durch den klotzigen, überhöhten Baukörper würde …eine gravierende visuelle Beeinträchtigung für die Bewohner der Nachbarliegenschaft …bewirkt werden". Den Nachbarn kommt gemäß § 134a BO im Hinblick auf das örtliche Stadtbild nämlich ebenfalls kein Mitspracherecht zu (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. November 2007, Zl. 2006/05/0169, und vom 24. Juni 2009, Zl. 2007/05/0018).

Davon abgesehen, dass die Frage der Statik und die Tragfähigkeit des Bauvorhabens erstmals in den Beschwerden thematisiert wird und damit eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung darstellt, gehen die Beschwerdeführer zutreffend davon aus, dass dem Anrainer diesbezüglich kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht eingeräumt wird (vgl. die hg. Rechtsprechung vom 15. November 2011, Zl. 2010/05/0113, mwH). Die in den Beschwerden in Zweifel gezogene Unbedenklichkeit dieser Einschränkung durch die taxative Aufzählung des § 134a Abs. 1 BO wurde im erwähnten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2010 unterstrichen.

Soweit die Beschwerdeführer auch vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend machen, der Bebauungsplan sei nach einer nicht gesetzmäßigen Grundlagenforschung entstanden und daher gesetzwidrig, ist ihnen zu entgegnen, dass sie ihre Bedenken bereits erfolglos an den Verfassungsgerichtshof herangetragen haben (siehe dessen Ausführungen im wiedergegebenen Teil des Ablehnungsbeschlusses). Die Beschwerdeausführungen veranlassen den Verwaltungsgerichtshof nicht, diese Frage erneut an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

Auch mit dem Vorbringen, bezüglich der dem Erstbeschwerdeführer gehörigen Eigentumswohnungen sei im Grundbuch eine Beschränkung der Verbauung der Grundflächen durch eine Servitut gegeben, ist für den Beschwerdestandpunkt nichts zu gewinnen, weil ein Nachbarrecht auf Beibehaltung einer Servitut im uneingeschränkten und unveränderten Ausmaß in den erschöpfend aufgezählten Nachbarrechten des § 134 a BO nicht enthalten ist. Dabei handelt es sich um die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche, die im Zivilrechtsweg durchzusetzen sind (vgl. Moritz4, S. 250, und das hg. Erkenntnis vom 7. März 2000, Zl. 99/05/0234).

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, dass zum einen die personelle Zusammensetzung "des entscheidenden Senates" der belangten Behörde in der BO gesetzlich nicht determiniert sei, zum anderen ihnen nicht ersichtlich sei, welche Mitglieder der belangten Behörde an der Sitzung teilgenommen hätten, in der über die Berufung entschieden worden sei. Dadurch sei ihnen die Möglichkeit der Überprüfung entzogen worden, ob einzelne Mitglieder des entscheidenden Senats der belangten Behörde allenfalls befangen oder ausgeschlossen seien oder Ablehnungsgründe vorlägen.

Hiezu sind die Beschwerdeführer zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides nicht erkennbar sein muss, welche Organwalter bei der Entscheidung der Bauoberbehörde mitgewirkt haben (vgl. die bei Moritz, Bauordnung für Wien4, S. 378, zitierte Rechtsprechung). Im Übrigen wurde die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan (zur Relevanz einer möglichen Befangenheit siehe beispielsweise die Ausführungen in Hengstschläger / Leeb, AVG, Rz 20 ff zu § 7 AVG). (Im Übrigen hat auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf verwiesen, dass es den Beschwerdeführern möglich gewesen wäre, sich jederzeit, etwa auf der Website der Stadt Wien, über die personelle Zusammensetzung der belangten Behörde zu informieren.)

Die Beschwerden erweisen sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.

Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht. In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 2010, Zl. 2009/05/0160, mwN).

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In den vorliegenden Beschwerden wurden keine Rechtsfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2006/05/0288, mwN). Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen und die Entscheidung im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Da die Aktenvorlage für beide Verfahren erfolgte und die belangte Behörde auch eine gemeinsame Gegenschrift erstattet hat, wurde der Bundeshauptstadt Wien in jedem Beschwerdeverfahren die Hälfte des Vorlage- und des Schriftsatzaufwandes zuerkannt.

Wien, am 30. April 2013

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