VwGH 2009/17/0097

VwGH2009/17/009711.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, in der Beschwerdesache der G der M T S in V, vertreten durch Wiedenbauer Mutz Winkler Pramberger Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt, Gabelsbergerstraße 5, gegen den Gemeinderat der Stadt Villach, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Wiederaufnahme in Angelegenheiten der Kanalgebühr, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §311;
LAO Krnt 1991 §236 Abs2;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;
BAO §311;
LAO Krnt 1991 §236 Abs2;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Das Verfahren wird eingestellt.

Die Stadtgemeinde Villach hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen und den mit der Beschwerde vorgelegten Urkunden brachte die beschwerdeführende Partei am 22. April 2005 einen Wiederaufnahmeantrag bei der Abgabenbehörde erster Instanz ein. Sie begründete diesen Antrag damit, dass (ihr) mit Bescheid vom 5. Jänner 2005 Kanalbenützungsgebühren in der Höhe von EUR 2.426,90 jährlich vorgeschrieben worden seien. Nunmehr habe aber in Erfahrung gebracht werden können, dass auf Grund eines schriftlichen Vertrages zwischen der Stadt Villach und den K.u.K. Staatsbahnen aus dem Jahr 1904 (oder 1912) für dieses Objekt keine Kanalbenützungsgebühren zu entrichten wären.

Der Bürgermeister der Stadt Villach wies diesen Antrag mit Bescheid vom 30. Jänner 2008 als unbegründet ab.

Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung an den Stadtsenat der Stadt Villach. Diese wurde am 29. Februar 2008 der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Mit ihrem "Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG" vom 6. Oktober 2008 begehrte die beschwerdeführende Partei infolge Untätigkeit des Stadtsenates die Entscheidung der belangten Behörde, des Gemeinderates der Stadt Villach, über die eingebrachte Berufung.

Mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde macht die beschwerdeführende Partei die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Gemeinderat der Stadt Villach geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof leitete mit Verfügung vom 8. Juni 2009 das Vorverfahren gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ein und forderte die belangte Behörde auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift dieses Bescheides sowie eine Kopie des Nachweises über die Zustellung des Bescheides an die beschwerdeführende Partei dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Villach, datiert vom 16. September 2009 und zugestellt am 5. November 2009, wurde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den erstinstanzlichen Bescheid keine Folge gegeben. Der Bescheid des Stadtsenates der Stadtgemeinde Villach wurde dem Verwaltungsgerichtshof mit Schreiben vom 30. Oktober 2009 (eingelangt am 5. November 2009) vorgelegt, der Zustellnachweis mit Fax vom 12. November 2009 nachgereicht.

Die beschwerdeführende Partei legte mit Schreiben vom 17. November 2009 dem Verwaltungsgerichtshof eine von ihr an die Kärntner Landesregierung gegen den Bescheid des Stadtsenates erhobene Vorstellung vor.

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Nach § 27 Abs. 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im administrativen Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Die beschwerdeführende Partei (von deren Parteifähigkeit der Verwaltungsgerichtshof auf Grund der Aktenlage vorläufig ausgeht; vgl. zur Parteifähigkeit einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Hinblick auf die Kanalbenützungsgebühr etwa den hg. Beschluss vom 4. Juli 2001, Zl. 96/17/0450) macht mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde - wie erwähnt - Säumnis des Gemeinderates der Stadtgemeinde Villach geltend. Wie allerdings der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 18. Mai 2009, Zl. 2008/17/0170, näher dargelegt hat, ist ein Devolutionsantrag in einem Verfahren nach der Kärntner Landesabgabenordnung (diese hat hier zur Anwendung zu kommen) gegen die säumige Abgabenbehörde zweiter Instanz ausgeschlossen (vgl. § 236 Abs. 2 Kärntner Landesabgabenordnung). Der hier gegenständliche Devolutionsantrag an den Gemeinderat wäre daher nach der erwähnten Gesetzesbestimmung als unzulässig zurückzuweisen gewesen (vgl. wieder das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2009).

Auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach dieser auch dann eine Sachentscheidung nicht mehr treffen darf und das Verfahren über die Säumnisbeschwerde wegen Klaglosstellung einzustellen hat, wenn eine unzuständige Behörde den versäumten Bescheid erlassen hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 15. Dezember 2005, Zl. 2005/16/0155, mwN), wurde die beschwerdeführende Partei jedoch durch den Bescheid des (zuständigen) Stadtsenates der Stadtgemeinde Villach klaglos gestellt; wenn nach der erwähnten Rechtsprechung schon die Erlassung des Bescheides durch eine unzuständige Behörde zur Klaglosstellung führt, muss dies umso mehr dann gelten, wenn die zuständige Behörde den mit der Säumnisbeschwerde letztlich angestrebten Bescheid erlässt. Auch im vorliegenden Fall war daher das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff insbesondere auf § 56 erster Satz VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 11. Dezember 2009

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