VwGH 2009/16/0323

VwGH2009/16/032321.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerden 1. des Mag. S in T und 2. der BS in W, beide vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler und Dr. Gerd Grebenjak, Rechtsanwälte in 8700 Leoben, Hauptplatz 12/II, gegen die Bescheide der Präsidentin des Landesgerichtes Leoben 1.) vom 10. November 2009, GZ. 1 Jv 2625/09 i-33, und 2.) vom 25. November 2009, GZ. 1 Jv 2941/09 k-33, 1 Jv 2942/09 g-33 und 1 Jv 2943/09 d-33, jeweils betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

WFG 1984 §53 Abs3;
WFG 1984 §53 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 10. November 2003 beglaubigte das Bezirksgericht Leoben die Unterschrift der beschwerdeführenden Parteien auf zwei Schuldscheinen und einer Pfandurkunde. Die beschwerdeführenden Parteien entrichteten dafür die Gebühr nach TP 11 Anm. 7a GGG in Höhe von insgesamt EUR 39,--. Im Hinblick auf die geltend gemachte Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 Wohnbauförderungsgesetz 1984 (WFG) wurden weitere Gerichtsgebühren nicht eingehoben.

Mit weiteren Gesuchen jeweils vom 24. März 2004 beantragten die beschwerdeführenden Parteien ob einer in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft die Einverleibung diverser Pfandrechte und eines Veräußerungsverbotes zu Gunsten des Landes Steiermark und einer näher genannten Bank. Die Eintragungen wurden je am 30. März 2004 bewilligt und noch am selben Tag im Grundbuch des Bezirksgerichtes Leoben vollzogen. Da sich auf den Gesuchen der Vermerk "gebührenfrei gemäß Wohnbauförderungsgesetz" befand, unterblieb eine Vorschreibung der Gerichtsgebühren.

Als Folge einer Nachprüfung der Gebühren und Kosten durch die Revisorin wurde die Einhebung der Beglaubigungsgebühren sowie der Eingaben- und Eintragungsgebühren angeordnet, weil die Wohnnutzfläche des Einfamilienhauses der beschwerdeführenden Parteien 130 m2 übersteige.

Nach Ergehen von Zahlungsaufforderungen schrieb die Kostenbeamtin den beschwerdeführenden Parteien mit Zahlungsauftrag vom 29. September 2009 Gebühren nach TP 11 lit. a Z 1 GGG sowie eine Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG in Höhe von insgesamt EUR 238,-- zur Zahlung vor.

Mit weiteren Zahlungsaufträgen jeweils vom 22. Oktober 2009 schrieb die Kostenbeamtin den beschwerdeführenden Parteien Eingabengebühren nach TP 9 lit. a und TP 9 lit. b Z 4 GGG und die Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG in Höhe von insgesamt EUR 3.109,-- vor.

In ihren dagegen erhobenen "Einwendungen" brachten die beschwerdeführenden Parteien jeweils im Wesentlichen übereinstimmend vor, dass der Kellerraum nicht zur Wohnnutzfläche zähle, zumal es sich im überwiegenden Ausmaß um eine Waschküche handle. Aus den übermittelten Lichtbildern sei ersichtlich, dass darin eine Waschmaschine sowie eine Bügelvorrichtung aufgestellt worden sei und sich dort auch technische Anlagen (Heizung, Boiler etc.) befänden. Hingegen befinde sich dort kein WC. Es würden dort weder Kleidung und Wäsche aufbewahrt noch Gegenstände gelagert, die dem Schlafen, Kochen, Essen und der Unterbringung dienten. Es seien dort nur Gartenmöbel, Gartengeräte, Werkzeug und Fahrräder gelagert. Da der Keller keine Eignung zur Befriedung menschlicher Wohnbedürfnisse aufweise, liege die Wohnnutzfläche des Hauses jedenfalls unter 130 m2.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde den als Berichtigungsanträge gewerteten "Einwendungen" nicht stattgegeben und zur Begründung - im Wesentlichen übereinstimmend - ausgeführt, die (den von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegten Lichtbildern zu entnehmende) bauliche Ausstattung (Laminatboden, Bodenleisten, ausgemalte Wände, Stromanschlüsse, Beleuchtungskörper und - laut Parteienvorbringen - Heizkörper) bewirke, dass der Keller jedenfalls als für Wohnzwecke geeignet anzusehen und daher der Wohnnutzfläche hinzuzurechnen sei. Im Beschwerdefall ergebe sich nach ergänzender Einsichtnahme in den genehmigten Bauplan eine Wohnnutzfläche von 115,32 m2, wobei 58,62 m2 auf das Erdgeschoß und 56,69 m2 auf das Dachgeschoß entfielen. Unter Berücksichtigung des in Rede stehenden Kellerraumes mit 35,25 m2 werde die für die Zuerkennung der Gebührenbefreiung erforderliche Wohnnutzfläche von 130 m2 überschritten.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in welcher die beschwerdeführenden Parteien inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen.

Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in ihrem Recht, nach § 53 Abs. 3 Wohnbauförderungsgesetz von den Gerichtsgebühren befreit zu sein, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 53 Abs. 3 und 4 Wohnbauförderungsgesetz 1984 (WFG 1984), BGBl. Nr. 482/1984, haben folgenden Wortlaut:

"(3) Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlasst sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, sind von den Gerichtsgebühren befreit. Bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, dass die Nutzfläche 130 m2, bei mehr als fünf in gemeinsamem Haushalt lebenden Personen 150 m2 nicht übersteigt.

(4) Für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach Abs. 3 ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem gemäß § 2 des Gerichtsgebührengesetzes die Gebührenpflicht begründet würde. Fällt aber eine dieser Voraussetzungen innerhalb von fünf Jahren ab diesem Zeitpunkt weg, so entfällt damit auch die Gebührenbefreiung nach Abs. 3."

Nach ständiger hg. Judikatur ist der Begriff der Nutzfläche iSd § 53 Abs. 3 WFG 1984 ungeachtet des Umstandes, dass § 2 WFG 1984 nicht mehr dem Rechtsbestand angehört, nach § 2 Z 7 WFG 1984 in der ursprünglichen Fassung auszulegen. Nach dieser Bestimmung war als Nutzfläche die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines Geschäftsraums abzüglich der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen) anzusehen; Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind, Treppen, offene Balkone, Terrassen sowie für landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke spezifisch ausgestattete Räume innerhalb einer Wohnung sind bei der Berechnung der Wohnnutzfläche nicht zu berücksichtigen. Kellerräume, die ihrer Ausstattung nach für Wohnzwecke geeignet sind und - wie etwa bei einem Einfamilienhaus - nur von einer Familie oder deren Gästen oder Mietern benützt werden, sind bei der Wohnnutzfläche zu berücksichtigen. Räume, die der Entlastung des Wohnraumes im engeren Sinn dienen (Raum zur Aufbewahrung von Gegenständen) zählen zur Nutzfläche. Bei der Ermittlung der Nutzfläche kommt es nicht auf die Bezeichnung des Raumes im Bauplan an, sondern immer auf die tatsächliche Ausstattung im Zeitpunkt, in dem die Gebührenschuld entstanden ist oder entstanden wäre (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. Oktober 2009, 2008/16/0050, mwN).

Strittig ist im Beschwerdefall, ob ein Raum im Keller des Hauses der beschwerdeführenden Parteien im Ausmaß von 35,25 m2 zur Nutzfläche desselben zu zählen ist. Die beschwerdeführenden Parteien bestreiten nicht die Richtigkeit der Feststellungen der belangten Behörde über die Beschaffenheit und Ausstattung dieses Raumes. Sie wenden sich aber gegen die Einbeziehung dieses Raumes in die Nutzflächenermittlung mit dem Vorbringen, dass dieser Kellerraum mit einem (nur auf dem Estrich aufgebrachten) billigen Laminatboden und billigen Randleisten ausgestattet worden sei. Dazu ist aber anzumerken, dass es nicht darauf ankommt, welche Kosten die Anschaffung der Böden und der sonstigen Ausstattung verursacht hat. Dass die behauptete Beschaffenheit des Bodenbelags dem Kellerraum die Eignung genommen hätte, Wohnzwecken zu dienen, haben die beschwerdeführenden Parteien damit nicht dargetan. Solches ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien im Verwaltungsverfahren. Nach der ständigen hg. Rechtsprechung obliegt es aber der Partei, die eine Gebührenbefreiung geltend macht, die für das Vorliegen der Befreiung sprechenden Umstände selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels darzulegen (vgl. wieder das Erkenntnis vom 12. Oktober 2009, 2008/16/0050, mwN).

Das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien über die Ausstattung als Waschküche und das Vorhandensein technischer Anlagen (Heizung, Boiler usw.) betrifft nicht den in Rede stehenden Kellerraum, sondern den anderen in dem von den beschwerdeführenden Parteien mit Schriftsatz vom 22. November 2008 dem Bezirksgericht vorgelegten Plan enthaltenen Kellerraum.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführenden Parteien durch die angefochtenen Bescheide in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 21. März 2012

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