Normen
KVG 1934 §2 Z4;
KVG 1934 §2 Z4;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Folgender Sachverhalt ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unstrittig:
Die Stadt W ist Alleingesellschafterin der seit dem Jahr 1999 bestehenden Erstbeschwerdeführerin. In einer am 15. Dezember 2006 abgehaltenen Sitzung des Gemeinderates der Stadt W wurde unter anderem beschlossen, dass an die Erstbeschwerdeführerin (die damals anders firmierte) ein Gesellschafterzuschuss von EUR 6,000.000,-- geleistet wird, und zwar im Zusammenhang mit der Entwicklung des "W", insbesondere des Rplatzes. Wörtlich lautete der zitierte Gemeinderatsbeschluss (auszugsweise) wie folgt:
"... (2) Für einen Gesellschafterzuschuss an die S und P GmbH wird eine außerplanmäßige Ausgabe von 6 000 000 EUR genehmigt, die im Voranschlag 2006 auf Haushaltsstelle 1/2620 unter der neu zu eröffnenden Post 779, Investitions- und Tilgungszuschüsse zwischen Unternehmungen und marktbestimmten Betrieben der Gemeinde und der Gemeinde, zu verrechnen und in Mehreinnahmen auf Haushaltsstelle 2/2102/860 zu bedecken ist.
(3) Die MA 51 wird als Grundverwaltende Dienststelle der zum V gehörenden Fläche ermächtigt, einen Gesellschafterzuschuss in der Höhe von insgesamt 15 000 000 EUR an die S und P GmbH für die Entwicklung im W insbesondere betreffend Rplatz unter Zuhilfenahme einer zu gründenden Tochtergesellschaft einzubringen. Für das Verwaltungsjahr 2006 ist ein Betrag von 6 000 000 EUR vorgesehen, der auf Haushaltsstelle 1/2620/779 bedeckt ist. In den Folgejahren ist in den Voranschlägen entsprechend Vorsorge zu treffen."
Der Betrag von EUR 6,000.000,-- wurde in der Folge an die Erstbeschwerdeführerin überwiesen.
Am 1. Dezember 2006 fasste der Aufsichtsrat der Erstbeschwerdeführerin unter anderem einen Beschluss, der auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
"... Der Aufsichtsrat der s ermächtigt den Geschäftsführer
der s der Rgesellschaft in Gründung einen Betrag von insgesamt EUR 6.000.000,-- zur Verfügung zu stellen, wobei sofort nach Gründung derselben EUR 5.000.000,-- als Gesellschaftereinlage der Rgesellschaft anzuweisen sind und EUR 1.000.000,-- der Kapitalrücklage derselben zuzuführen sind ..."
Mit Errichtungserklärung vom 8. Jänner 2007 gründete die Erstbeschwerdeführerin die Zweitbeschwerdeführerin mit einem bar einzuzahlenden Stammkapital von EUR 5,000.000,--. Dieser Betrag wurde der Zweitbeschwerdeführerin am 5. Jänner 2007 zugeführt. Am 10. Jänner 2007 wurde der Zweitbeschwerdeführerin seitens der Erstbeschwerdeführerin ein weiterer Betrag von EUR 1,000.000,-- überwiesen, der der nicht gebundenen Kapitalrücklage zugeführt wurde. Für diese Zahlung verwendete die Erstbeschwerdeführerin jeweils Gelder, die ihr von der Stadt W überwiesen worden waren.
Am 18. Jänner 2007 wurde die Zweitbeschwerdeführerin im Firmenbuch des Handelsgerichtes W eingetragen. In dem zum 31. März 2007 erstellten Jahresabschluss der Erstbeschwerdeführerin wurde eine Beteiligung der Erstbeschwerdeführerin an der Zweitbeschwerdeführerin mit einem Wert von EUR 7,000.000,-- ausgewiesen.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern (im Folgenden kurz: Finanzamt) setzte mit Bescheid vom 8. Mai 2008 gegenüber der Erstbeschwerdeführerin für den Gesellschafterzuschuss von EUR 6,000.000,-- Gesellschaftsteuer fest, wogegen die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen mit der Begründung berief, es liege keine freiwillige Leistung vor, weil sie zur Weiterleitung des Betrages an die Zweitbeschwerdeführerin verpflichtet gewesen sei.
Am 14. Juni 2007 hatte die Erstbeschwerdeführerin betreffend einen an die Zweitbeschwerdeführerin (über den oben dargestellten Betrag von EUR 6,000.000,-- hinausgehenden) geleisteten Gesellschafterzuschuss von weiteren EUR 3,000.000,-- eine Gesellschaftsteuererklärung abgegeben. Die Zahlung dieses Betrages war in insgesamt vier Teilbeträgen in der Zeit zwischen 10. Jänner und 7. Mai 2007 erfolgt.
Dafür hatte das Finanzamt gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin mit Bescheid vom 26. Juni 2007 Gesellschaftsteuer festgesetzt.
Eine dagegen von der Zweitbeschwerdeführerin (mit der Behauptung, es lägen nicht der Gesellschaftsteuer unterliegende "Großmutterzuschüsse" vor) erhobene Berufung wurde vom Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 9. Jänner 2008 als unbegründet abgewiesen, wobei das Finanzamt insbesondere unter Bezugnahme auf den oben dargestellten Gemeinderatsbeschluss vom 15. Dezember 2006 die Meinung vertrat, der zitierte Gemeinderatsbeschluss stellte bloß einen Beweggrund dar, der gesellschaftsteuerrechtlich ohne Relevanz sei; es liege ein Zuschuss gem. § 2 Z. 4 lit. a KVG vor. Diese Berufungsvorentscheidung erwuchs in Rechtskraft.
Am 19. Juni 2008 beantragte die Zweitbeschwerdeführerin beim Finanzamt die Aufhebung der Berufungsvorentscheidung vom 9. Jänner 2008 gemäß § 299 BAO bzw. regte eine amtswegige Aufhebung der genannten Berufungsvorentscheidung an. Die Zuwendung des Betrages von EUR 3,000.000,-- an die Zweitbeschwerdeführerin im Wege der Erstbeschwerdeführerin als deren Mutter sei nur erfolgt, weil die Zweitbeschwerdeführerin zur Zeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 15. Dezember 2006 noch nicht im Firmenbuch eingetragen gewesen sei. Die Zuwendung an die Erstbeschwerdeführerin sei mit der ausdrücklichen Verpflichtung zur Weiterleitung an die Zweitbeschwerdeführerin erfolgt, weshalb ein gesellschaftsteuerfreier Großmutterzuschuss vorliege.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2008 wies das Finanzamt den Antrag der Zweitbeschwerdeführerin vom 19. Juni 2008 ab, wogegen die Zweitbeschwerdeführerin berief.
Mit den beiden nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen der beiden Beschwerdeführerinnen jeweils als unbegründet ab. Sie vertrat dazu im Kern ihrer Begründung jeweils die Rechtsmeinung, es liege in beiden Fällen eine freiwillige Leistung iSd § 2 Z. 4 lit. a KVG vor, weil der in Rede stehende Beschluss des Gemeinderates der Stadt W vom 15. Dezember 2006 weder eine Verpflichtung der Erstbeschwerdeführerin zur Weiterleitung der in Rede stehenden Beträge an die Zweitbeschwerdeführerin noch einen Rechtsanspruch der Zweitbeschwerdeführerin darauf begründet habe. Es habe sich bei dem genannten Gemeinderatsbeschluss nur um einen Akt der internen Willensbildung der Stadt W gehandelt.
Betreffend den von der Erstbeschwerdeführerin an die Zweitbeschwerdeführerin geleisteten Betrag von EUR 6,000.000,-- habe sich das Gesellschaftsvermögen der Erstbeschwerdeführerin um diesen Betrag erhöht. Der Teilbetrag von EUR 5,000.000,-- habe zwischen den beiden Beschwerdeführerinnen den Tatbestand des Ersterwerbs von Gesellschaftsrechten gem. § 2 Z. 1 KVG erfüllt. Die weiteren in Rede stehenden Zahlungen durch die Erstbeschwerdeführerin an die Zweitbeschwerdeführerin erfolgten nach den Feststellungen der belangten Behörde wie folgt: Ein Betrag von EUR 1,000.000,-- stammte aus einem Zuschuss der Stadt W an die Erstbeschwerdeführerin. Am 22. Jänner 2007 sei eine weitere Million geleistet worden; am 30. April 2007 ein Betrag von EUR 800.000,-- und am 7. Mai 2007 ein Betrag von EUR 200.000,--. Diese Beträge (insgesamt EUR 2,000.000,--) seien von der Zweitbeschwerdeführerin der nicht gebundenen Kapitalrücklage zugeführt worden. Die Summe von EUR 2,000.000,-- habe die Erstbeschwerdeführerin nicht von der Stadt W erhalten, sondern aus eigenem aufgebracht. Sie sei nicht im Zusammenhang mit dem Gemeinderatsbeschluss vom 15. Dezember 2006 gestanden und habe letzten Endes dem Erwerb der sogenannten "Gparzellen" gedient.
Gegen diese Berufungsbescheide richten sich die von beiden Beschwerdeführerinnen erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerden, je wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Erstbeschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, für den Betrag von EUR 6,000.000,-- keine Gesellschaftsteuer entrichten zu müssen; die Zweitbeschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Aufhebung der Berufungsvorentscheidung vom 9. Jänner 2008 verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 2 Z. 4 KVG lautet auszugsweise:
"Der Gesellschaftsteuer unterliegen:
...
4. folgende freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen:
a) Zuschüsse
..."
Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Kern des Beschwerdevorbringens ist in beiden Fällen einerseits das Argument, es habe sich nicht um freiwillige Leistungen gehandelt und andererseits die Behauptung, die Vorgänge dürften seit dem Beitritt Österreichs zu den Europäischen Gemeinschaften (jetzt zur Europäischen Union) schon deshalb nicht mehr der Gesellschaftsteuer unterworfen werden, weil der Steuersatz zum maßgeblichen Stichtag 1. Juli 1984 in Österreich nicht 1 v.H. betragen habe.
Nach ständiger hg. Judikatur ist die Frage der Freiwilligkeit einer Leistung allein danach zu beurteilen, ob die Leistung auf gesetzlichem oder gesellschaftsvertraglichem Zwang beruht oder auf einem anderen Rechtsgrund (siehe dazu das zuletzt gefällte hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2010, Zl. 2008/16/0090, und die dort zitierte hg. Vorjudikatur).
Da im vorliegenden Fall weder eine gesetzliche noch eine aus der Satzung der Erstbeschwerdeführerin sich ergebende Verpflichtung der Erstbeschwerdeführerin zur Leistung der in Rede stehenden Zahlung an die Zweitbeschwerdeführerin vorlag (solche Verpflichtungen werden von den Beschwerdeführerinnen auch gar nicht behauptet) durfte die belangte Behörde in beiden Fällen im Ergebnis frei von Rechtswidrigkeit vom Vorliegen freiwilliger Leistungen ausgehen, weil der von den Beschwerden ins Treffen geführte Beschluss des Gemeinderates der Stadt W vom 15. Dezember 2006 weder eine gesetzliche noch eine gesellschaftsvertragliche Pflicht begründen konnte. Im vorstehenden Zusammenhang ist betreffend die Bedeutung eines Beschlusses des Gemeinderates der Stadt W insbesondere auch auf die hg. Erkenntnisse vom 18. September 2007, Zl. 2006/16/0154, und vom 28. Juni 2007, Zl. 2007/16/0027, zu verweisen.
Zur zweiten, von den Beschwerden relevierten Frage, nämlich ob es Österreich seit dem Beitritt zur Europäischen Union überhaupt weiter gestattet ist, Gesellschaftsteuer zu erheben, ist darauf zu verweisen, dass diese Frage durch die hg. Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt wurde. Dazu wird zur Vermeidung weitwendiger Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG insbesondere auf die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 2008, Zl. 2005/16/0008, und vom 18. Oktober 2005, Zl. 2004/16/0243, verwiesen. Auch die jetzt von den beiden Beschwerden vorgetragenen Argumente, die letzten Endes im Postulat enden, wonach die beste Lösung im Ergebnis die Abschaffung der Gesellschaftsteuer wäre, bieten keinerlei Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen bzw. ein Vorabentscheidungsverfahren beim Gerichtshof der Europäischen Union einzuleiten.
Aus diesem Grund erweisen sich beide angefochtenen Bescheide als frei von Rechtswidrigkeit; insbesondere hatte die belangte Behörde auch keinerlei Anlass, die vom Finanzamt vorgenommene Abweisung des auf § 299 BAO gegründeten Antrags der Erstbeschwerdeführerin zu beanstanden.
Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlungen konnte aus dem Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 16. Dezember 2010
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