Normen
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art4 Abs2 idF 31985L0303;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art7 Abs1 idF 31985L0303;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art7 Abs2 idF 31985L0303;
31985L0303 Nov-31969L0335;
KVG 1934 §2 Z4 litc idF 1994/629;
KVG 1934 §8 idF 1994/629;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art4 Abs2 idF 31985L0303;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art7 Abs1 idF 31985L0303;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art7 Abs2 idF 31985L0303;
31985L0303 Nov-31969L0335;
KVG 1934 §2 Z4 litc idF 1994/629;
KVG 1934 §8 idF 1994/629;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin erhielt am 11. Februar 1991 seitens einer Sparkasse einen Darlehensbetrag von ATS 5 Mio. und am 28. Juni 1991 seitens einer anderen Sparkasse einen Darlehensbetrag von ATS 12 Mio. zugezählt. Die beiden Darlehensgeberinnen wurden dann jeweils danach, und zwar am 28. Februar 1991 bzw. am 30. September 1991, Gesellschafterinnen der Beschwerdeführerin, indem sie Geschäftsanteile an der Beschwerdeführerin von einer vorherigen Gesellschafterin (nämlich der XXX GmbH) übernahmen. Diesem Geschäftsanteilserwerb lagen jeweils schon vor den Darlehensgewährungen an die Beschwerdeführerin mit der Überträgerin der Geschäftsanteile geschlossene Vereinbarungen zu Grunde, in denen festgelegt worden war, dass die (später zu gewährenden) Gesellschafterdarlehen unverzinslich zu sein haben. Die Gesellschafterdarlehen wurden dabei ausdrücklich als "verdecktes Stammkapital" bezeichnet.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien setzte dafür Gesellschaftsteuer mit 1 % der Bemessungsgrundlage für freiwillige Gesellschafterleistungen gem. § 2 Z. 4 KVG betreffend die zinsenlose Nutzung von Kapital in den Jahren 1995 bis 1997 fest.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin, wobei sie sich im Berufungsverfahren insbesondere auf den Standpunkt stellte, der in Rede stehende Vorgang dürfe gar nicht besteuert werden, weil der Steuersatz dafür in Österreich am 1. Juli 1984 nicht einheitlich 1 % betragen habe; die österreichische Rechtslage finde in Art. 4 Abs. 2 der Kapitalverkehrsrichtlinie 69/335/EWG keine Deckung.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung im Wesentlichen mit dem Argument als unbegründet ab, die Bestimmung des Art. 4 Abs. 2 der von der Berufung zitierten Richtlinie sei dahin auszulegen, dass es nur darauf ankomme, dass der Steuersatz zum Stichtag 1. Juli 1984 zumindest 1 % betragen habe. Nur für Vorgänge, die damals mit einem geringeren Steuersatz besteuert oder überhaupt befreit waren, dürfe nach der Richtlinie keine Gesellschaftsteuer mehr erhoben werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, wobei sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Steuerfreiheit zufolge Nichtanwendbarkeit des § 2 Z. 4 lit. c KVG wegen Verstoßes gegen die Kapitalansammlungsrichtlinie verletzt erachtet.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird. Die Beschwerdeführerin replizierte auf die Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Mit dem Beitritt zur EU hat die Republik Österreich die Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 in der im Zeitpunkt des Beitritts anzuwendenden Fassung in seinen Rechtsbestand übernommen. Die genannte Richtlinie in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 hat in Art. 4 Abs. 2 Einleitungssatz und letzter Satz sowie Art. 7 Abs. 1 und 2 nachstehenden Inhalt:
Artikel 4 Abs. 2 Einleitungssatz:
"Soweit sie am 1. Juli 1984 der Steuer zum Satz von 1 v.H.
unterlagen, können die folgenden Vorgänge auch weiterhin der Gesellschaftsteuer unterworfen werden:"
Artikel 4 Abs. 2 letzter Satz:
"Jedoch legt die Republik Griechenland fest, auf welche der vorstehend angeführten Vorgänge sie die Gesellschaftsteuer erhebt."
Artikel 7 Abs. 1 und 2 lauten:
"(1) Mit Ausnahme der in Artikel 9 genannten Vorgänge befreien die Mitgliedstaaten von der Gesellschaftsteuer die Vorgänge, die am 1. Juli 1984 steuerfrei waren oder einem Gesellschaftsteuersatz von 0,50 v.H. oder weniger unterlagen. Für die Befreiung gelten die zu diesem Zeitpunkt anwendbaren Bedingungen für die Gewährung der Befreiung oder gegebenenfalls für die Anwendung eines Steuersatzes von 0,50 v.H. oder weniger. Die Republik Griechenland bestimmt die Vorgänge, die sie von der Gesellschaftsteuer befreit.
(2) Die Mitgliedstaaten können entweder alle anderen als die in Absatz 1 bezeichneten Vorgänge von der Gesellschaftssteuer befreien oder darauf die Steuer mit einem einheitlichen Satz von höchstens 1 v.H. erheben."
Die Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einem den Wert nicht erreichenden Gegenleistung unterlag gem. § 2 Z. 3 lit. b KVG idF vor der Novelle BGBl. 1994/629 als freiwillige Leistung eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft der Gesellschaftsteuer, und zwar damals gem. § 9 Abs. 1 leg. cit. zum Steuersatz von 2 v.H.
Nach geltendem dem im Beschwerdefall anzuwendenden Recht unterliegt ein derartiger Vorgang der Gesellschaftsteuer gemäß § 2 Z. 4 lit. c KVG, wobei gem. § 8 leg. cit. der Steuersatz einheitlich 1 % der Bemessungsgrundlage beträgt.
Dass ein unverzinsliches Darlehen an sich unter den zuletzt zitierten Gesellschaftsteuertatbestand fällt, bestreitet die Beschwerde nicht (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1995, Zl. 95/16/0195 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die Beschwerdeführerin stellt in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde ausdrücklich außer Streit, von zwei Minderheitsgesellschafterinnen unverzinsliche Darlehen erhalten zu haben und betont gleich zu Beginn der Rechtsausführungen ihrer Beschwerde, dass es ihr einzig um die Klärung der Frage geht, ob Art. 4 Abs. 2 der RL 69/335/EWG Österreich überhaupt gestattet, Gesellschaftsteuer einzuheben; wörtlich führt die Beschwerde dazu aus: "Andere Fragen stellen sich in diesem Verfahren nicht."
Damit ist das Schicksal der Beschwerde aber bereits entschieden. Den umfangreichen Beschwerdeausführungen ist nämlich entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18. Oktober 2005, Zl. 2004/16/0243, unter ausführlicher Darlegung der Rechtslage erkannt hat, dass es nicht darauf angekommen ist, dass bereits am 1. Juli 1984 nach der nationalen Rechtslage ein Steuersatz von genau 1 % normiert war. Wörtlich führte der Verwaltungsgerichtshof dazu unter anderem folgendes aus:
"Entscheidend war vielmehr, dass der im Beschwerdefall besteuerte Vorgang keinem ermäßigten Steuersatz von unter 1 % unterlag, weil ein solcher Vorgang nach der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 zu befreien war. Dies galt jedoch nicht für Steuersätze über 1 % und somit auch nicht für den damals nach den nationalen Bestimmungen anzuwendenden Steuersatz von 2 %. Eine Auslegung, nach der nur dann die Gesellschaftsteuer ab dem Beitritt der Republik Österreich zur EU weiterhin erhoben werden dürfe, wenn am 1. Juli 1984 der Steuersatz genau 1 % betragen habe und eine Erhebung im Fall eines damals höheren Steuersatzes ausgeschlossen sei, ist mit den Richtlinienbestimmungen nicht vereinbar, weil mit der zuletzt genannten Richtlinie nur die damals ermäßigten Steuersätze von unter 1 % wegfallen sollten, der 'Normalsteuersatz' der im Anwendungsbereich der Richtlinie 1 % betragen hat, belassen werden konnte. Daher ist die Formulierung in der Richtlinie: 'soweit sie am 1. Juli 1984 der Steuer zum Satz von 1 v.H. unterlagen', nur so zu verstehen, dass damit eine Abgrenzung zu den ermäßigten Steuersätzen erfolgte, keineswegs aber eine Festschreibung eines Steuersatzes von 1 % mit der Folge, dass damit beim Beitritt der Republik Österreich zur EU ein höherer 'Normalsteuersatz' zum Wegfall der Berechtigung zur Erhebung der Gesellschaftsteuer führen sollte.
In Österreich war für den im Beschwerdefall besteuerten Vorgang bereits am 1. Juli 1984 Gesellschaftsteuerpflicht mit dem Normalsteuersatz von damals 2 v.H. gegeben. Somit sind die Richtlinienvorgaben erfüllt und Österreich kann weiterhin auch nach dem Beitritt zur EU für diese Vorgänge Gesellschaftsteuer mit einem Steuersatz von 1 % vorschreiben (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 19. Februar 1998, Zl. 97/16/0405, und vom 29. Juli 2004, Zl. 2003/16/0470)."
An dieser Rechtsprechung hielt der Verwaltungsgerichtshof in der Folge fest; siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2007, Zl. 2004/16/0118.
Auf die beiden zitierten Erkenntnisse wird aus Gründen der Begründungsökonomie gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Aus all dem folgt, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. II 333/2003.
Wien, am 15. Dezember 2008
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