Normen
BAO §23 Abs2;
EStG 1988 §19;
EStG 1988 §2 Abs3 Z4;
EStG 1988 §2 Abs3;
EStG 1988 §25 Abs1 Z1 lita;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war im Streitzeitraum Leiter einer Bankfiliale und bezog aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Wegen des Verdachts, er habe Vorteile aus diesem Dienstverhältnis durch die Veruntreuung von Kundengeldern gezogen, wurde für die Jahre 1999 bis 2006 eine Außenprüfung durchgeführt. Nach den Prüfungsfeststellungen laut der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 24. Juni 2008 habe der Beschwerdeführer auf Grund seiner Stellung als Leiter der Bankfiliale ab 1999 vom Wertpapierkonto der Bankkunden A und B ohne deren Zustimmung und Wissen sukzessive 250.000 EUR behoben. Weiters habe er von den Sparbüchern der Kunden C und D insgesamt rund 150.000 EUR und vom Sparbuch des Kunden E 40.000 EUR behoben. Durch diese Geldabhebungen sei der Bank ein Vermögensnachteil von zumindest 400.000 EUR entstanden, wie sich aus dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes K vom 24. Jänner 2008 (im Folgenden auch nur: Gerichtsurteil) ergebe. Diese Vorteile, die sich der Beschwerdeführer unter Ausnützung seiner dienstlichen Stellung gegen den Willen des Arbeitgebers verschafft habe, seien im Veranlagungsweg als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen. Die zu Unrecht behobenen Beträge seien dem Beschwerdeführer auch zugeflossen. Von einem Teil des veruntreuten Geldes habe er über verschiedene Wertpapierdepots hochspekulative Aktien erworben, woraus letztendlich ein Spekulationsverlust von 80.000 EUR entstanden sei. 20.000 EUR habe der Beschwerdeführer zur Finanzierung eines Urlaubes und privater Anschaffungen verwendet. Darüber hinaus habe er in seiner Funktion als Filialleiter der Bank verschiedenen Personen Kredite gewährt, die teilweise nicht ordnungsgemäß bedient worden seien. Zur Verheimlichung der entstandenen Kreditverluste habe er u.a. das vom Wertpapierkonto der Kunden A und B behobene Geld zur Abdeckung der Kreditkonten und einzelner überzogener Girokonten verwendet. Mit den beschriebenen Vermögensverwendungen habe der Beschwerdeführer frei über seine Einnahmen verfügen können. Der Zufluss an Dritte im Zuge der Einkommensverwendung ändere nichts an der Zurechnung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Allfällige Rückzahlungsverpflichtungen seien in diesem Zusammenhang nicht relevant und könnten erst in späteren Jahren zu Werbungskosten führen. Da eine genaue zeitliche Zuordnung der Beträge nicht möglich gewesen sei, sei im Schätzungsweg eine gleichmäßige Verteilung der veruntreuten 400.000 EUR auf den Prüfungszeitraum vorgenommen worden.
Der Ansicht der Prüfung folgend erließ das Finanzamt Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2006, in denen jährliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von jeweils 50.000 EUR hinzugerechnet wurden.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe sich nicht Vermögenswerte des Dienstgebers, sondern Vermögenswerte von Kunden, also von Dritten, angeeignet, weshalb es sich keinesfalls um Leistungen auf Grund des Dienstverhältnisses handeln könne. In diesem Sinne habe auch der Oberste Gerichtshof in einem Urteil vom 24. Juni 2004, 15 Os 64/04, ausgesprochen, dass eine kriminelle Geldbeschaffung (durch Veruntreuung oder Untreue) unter Ausnützung einer dem Täter durch seine Berufstätigkeit als Rechtsanwalt gebotenen Gelegenheit keine Einkünfte aus der Berufstätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes begründe. Die Zueignungen des Beschwerdeführers seien daher ebenfalls nicht der Einkommensbesteuerung zu unterziehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung - nach einem ergänzenden Vorhalteverfahren - keine Folge.
Zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt ging die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon aus, der Beschwerdeführer sei ab 1998 Leiter der Bankfiliale gewesen und habe in dieser Funktion über Kundengelder verfügen können. Ab dem Jahr 1999 habe er von verschiedenen Sparbüchern und Wertpapierdepots ohne Wissen und Zustimmung der Kunden im Zeitraum 1999 bis 2006 Beträge in der Gesamthöhe von mindestens 400.000 EUR (Schadenssumme für den Dienstgeber laut dem Gerichtsurteil vom 24. Jänner 2008) behoben. Die behobenen Beträge habe der Beschwerdeführer verwendet, "um mit Aktien zu spekulieren in der Hoffnung mit Gewinnen aus diesen Anlagen sein eigenes Vermögen zu erhöhen, für private Aufwendungen und lt. Gerichtsurteil des (Landesgerichtes K) insgesamt EUR 238.219,69 zur Abdeckung notleidender Kredite bzw. Überziehungsrahmen anderer Kunden". Eine konkrete zeitliche Zuordnung sei mangels entsprechender Aufzeichnungen des Beschwerdeführers nicht möglich und auch der Dienstgeber sei nicht in der Lage gewesen, die genauen Beträge nachzuvollziehen, "da die zu Unrecht behobenen Beträge zum Teil wieder auf die Konten zurückflossen bzw. damit unberechtigte Behebungen auf anderen Konten abgedeckt wurden oder andere Kundenkonten bedient wurden". Das Gericht sei daher - nach Abzug der rückgeflossenen Beträge - von einer Gesamtschadenssumme von mindestens 400.000 EUR ausgegangen. Die belangte Behörde schließe sich diesen Feststellungen an.
Zu den Vorteilen aus einem Dienstverhältnis im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 gehörten nach der Rechtsprechung auch solche, die sich ein Arbeitnehmer ohne Willensübereinstimmung mit dem Arbeitgeber aneigne. Dabei sei es nicht relevant, ob die gegen den Willen des Dienstgebers angeeigneten Beträge in dessen Eigentum stünden oder diesem nur zur Verwaltung (treuhändig) übergeben worden seien. Auch sei zu beachten, dass der Dienstgeber gegenüber den Kontoinhabern haftbar und somit indirekt auch eine Schädigung des Dienstgebers eingetreten sei. Der in den Jahren 1999 bis 2006 im Schätzungsweg angenommene Zufluss von jeweils 50.000 EUR ergebe sich "klar aus der unstrittig erfolgten Disposition über fremde Gelder". Der Aufteilung der Gesamtschadenssumme auf jährlich 50.000 EUR habe der Beschwerdeführer auch zugestimmt. Bei dieser Verteilung werde daher von einer "Nettoschadenssumme" ausgegangen, sodass etwaige schadensmindernde Rückführungen bereits berücksichtigt seien.
Als Werbungskosten könnten gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 nur Rückzahlungen von Einnahmen an den Dienstgeber berücksichtigt werden, nicht jedoch die Verwendung von veruntreuten Geldbeträgen zu Gunsten Dritter. Im Beschwerdefall habe der Beschwerdeführer Geldbeträge von Kunden entwendet und "verfügte dergestalt über diese Beträge, dass er sie freiwillig anderen Kunden zur Verfügung stellte". Die Motivation dieses Vorgehens - Verschleierung einer zu großzügigen Kreditvergabepolitik - sei dabei nicht von Bedeutung. Freiwillige Zuwendungen seien gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 auch dann nicht abziehbar, wenn sie durch berufliche Erwägungen mitveranlasst seien. Die Weiterleitung der veruntreuten Gelder an andere Kunden desselben Bankinstitutes stelle lediglich eine steuerlich unbeachtliche Verwendung bereits zugeflossener Einnahmen dar. Rückzahlungen oder Rückforderungen durch den Dienstgeber bei anderen Bankkunden hätten bereits mindernd auf die Schadenssumme gewirkt, wobei letztlich ein Betrag von 400.000 EUR ungedeckt verblieben sei. Die nach Tatentdeckung stattfindenden Rückzahlungen an den Dienstgeber, der gegenüber den Kunden für die Veruntreuungen haftbar gemacht worden sei, stellten nachträgliche Werbungskosten dar und wären gemäß § 32 iVm § 16 EStG 1988 abziehbar. Ein Hinweis darauf, dass im Streitzeitraum derartige Zahlungen erfolgt wären, ergebe sich weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vorbringen im bisherigen Verfahren.
In der dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht "auf ordnungsgemäße und richtige Berechnung und Festsetzung der Einkommensteuer bzw. Nichtfestsetzung der Einkommenssteuer mangels Vorliegen des gesetzlichen Tatbestandes sowie auf Nichtfestsetzung von Anspruchszinsen aus der Einkommensteuer bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen zur Festsetzung von Anspruchszinsen verletzt".
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 zählen Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Zur Herstellung des Veranlassungszusammenhanges mit nichtselbständigen Einkünften genügt es, wenn die Einnahmen ihre Wurzel im Dienstverhältnis haben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. November 1991, 91/13/0183; auch so genanntes Entgelt von dritter Seite zählt zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2009, 2006/13/0136, VwSlg. 8498/F). Es steht gemäß § 23 Abs. 2 BAO der Erhebung einer Abgabe nicht entgegen, wenn dem Steuerpflichtigen die Einnahmen auf Grund einer strafbaren Tätigkeit zufließen (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1995, 95/15/0080).
Wenn ein Dienstnehmer eine ihm durch das Dienstverhältnis gebotene Gelegenheit nutzt, um sich zu bereichern, und solcherart Vorteile erzielt, liegen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 1999, 94/14/0001, VwSlg. 7348/F, und vom 26. November 2002, 99/15/0154, VwSlg. 7766/F). Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählen nicht nur die im Dienstvertrag vereinbarten Entgelte, sondern auch alle anderen Vorteile, zu denen auch solche gehören, auf die kein Rechtsanspruch besteht und die sich der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers - etwa durch Veruntreuung oder Untreue - verschafft (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 16. Jänner 1991, 90/13/0285, vom 25. Februar 1997, 95/14/0112, und vom 30. Juni 2005, 2002/15/0087). Für andere Einkunftsarten gilt im Übrigen Entsprechendes (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 28. Mai 1998, 96/15/0114, vom 30. Jänner 2001, 95/14/0043, VwSlg. 7578/F, und vom 28. April 2011, 2008/15/0259).
Nach dem auch dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Gerichtsurteil vom 24. Jänner 2008 wurde der Beschwerdeführer schuldig gesprochen, er habe im Zeitraum 1999 bis 31. März 2007 die ihm als Filialleiter der (näher bezeichneten) Bank durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, dadurch wissentlich missbraucht und der genannten Bank einen 50.000 EUR übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, dass er ohne Wissen und Willen bestimmter Kunden der Bank von deren Sparbüchern, Wertpapierdepots und Bankkonten insgesamt mindestens 400.000 EUR behoben habe (er habe dadurch das Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB begangen).
Vor dem Hintergrund der oben skizzierten Rechtslage kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die vom Beschwerdeführer unter Nutzung seiner Stellung als Filialleiter erfolgte Veruntreuung von Kundengeldern den Tatbestand des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 erfüllte (vgl. beispielsweise dazu nochmals das bereits erwähnte, ebenfalls den Filialleiter einer Bank betreffende, hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1995). Dass die Zueignungen - wie in der Beschwerde vorgebracht wird - Vermögenswerte von Kunden, "also von Dritten", betroffen hätten (die nach den Feststellungen im Gerichtsurteil allerdings letztendlich ohnedies auch "die Aktiven" der Bank verminderten), beseitigt nicht den maßgeblichen Veranlassungszusammenhang mit den nichtselbständigen Einkünften.
An dem nach § 19 EStG 1988 relevanten Zufluss von Einnahmen (durch die inkriminierten Geldbehebungen) änderte sich durch die Weitergabe (Verwendung) der vereinnahmten Gelder an Dritte nichts (vgl. in diesem Zusammenhang z.B. Doralt, EStG10, § 19 Tz 10). Dass der Beschwerdeführer insgesamt Beträge "in Höhe von EUR 238.219,69 zur Abdeckung notleidender Kredite bzw. Überziehungsrahmen anderer Kunden" aufgewendet habe, bedeutet somit entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht nicht, dass diese Beträge "keinesfalls als zu besteuerndes Einkommen des Beschwerdeführers anzusehen seien". Weshalb der Beschwerdeführer mit den erwähnten Kontoabdeckungen der Bank eine "wirtschaftliche Dienstleistung" erwiesen hätte, ist in diesem Zusammenhang im Übrigen nicht erkennbar, geht doch das Gerichtsurteil selbst unter Berücksichtigung dieser Abdeckungen (mit denen die Verluste auch nur vorläufig verschleiert worden seien) von einem der Bank entstandenen Vermögensschaden von (zumindest) 400.000 EUR aus.
Die Beschwerde erweist sich somit, soweit sie die geltend gemachte Rechtsverletzung im Zusammenhang mit der Festsetzung der Einkommensteuer betrifft, als unbegründet. Zur "Nichtfestsetzung von Anspruchszinsen" zeigt sie schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil dieser nicht über Anspruchszinsen absprach.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 31. Juli 2013
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)