VwGH 2009/10/0157

VwGH2009/10/015716.6.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der MG in V, vertreten durch Waldmüller, Baldauf, Wenzel, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 30. April 2009, Zl. uvs- 2008/11/1699-6, betreffend Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

GESG 2002 §8 Abs2 Z6;
LMSVG 2006 §69;
LMSVG 2006 §71 Abs3;
GESG 2002 §8 Abs2 Z6;
LMSVG 2006 §69;
LMSVG 2006 §71 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 30. April 2009 wurde der beschwerdeführenden Partei zur Last gelegt, sie habe es als gemäß § 9 VStG verantwortliche Beauftragte der M. GmbH zu verantworten, dass, wie eine Lebensmittelkontrolle und anschließende Untersuchung der dabei gezogenen Probe eines zum Verkauf bereit gehaltenen Lebensmittels durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit ergeben habe, die näher beschriebene Probe nicht der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung entsprochen habe: Das Kennzeichnungselement gemäß § 4 Abs. 1 Z. 7a (Menge einer Zutat oder Zutatenklasse) habe gefehlt; die Menge der Zutaten "Extra, Pikant, Krakauer" und "Mayonnaise" hätte deklariert werden müssen, zum einen, weil diese in der Sachbezeichnung genannt worden, zum anderen, weil sie von wesentlicher Bedeutung für die Charakterisierung der Ware seien. Die beschwerdeführende Partei habe daher eine Verwaltungsübertretung nach § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG iVm § 4 Abs. 1 Z. 7a lit. a Lebensmittelkennzeichnungsverordnung begangen. Über sie wurde eine Geldstrafe in Höhe von EUR 200,-- (zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Gleichzeitig wurden ihr die von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit geltend gemachten Untersuchungskosten in Höhe von EUR 65,-- vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, sah im Übrigen jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei wendet sich ausschließlich gegen die Vorschreibung der Untersuchungskosten: Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit habe lediglich die Kennzeichnung der Probe auf ihre Übereinstimmung mit den Vorschriften der Lebenskennzeichnungsverordnung beurteilt. Diese Beurteilung gehöre aber nicht zum Aufgabenbereich der Agentur, weil es sich dabei um keine Frage der Untersuchung und wissenschaftlichen Probenaufbereitung handle. Außerdem sei die Agentur lediglich für die Untersuchung und Begutachtung von Proben nach dem LMSVG und der unmittelbar anzuwendenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften der EU zuständig, nicht aber nach der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung. Das Einschreiten der Agentur sei daher im vorliegenden Fall weder durch das Gesetz gedeckt, noch notwendig gewesen. Es sei offensichtlich, dass sich die Agentur auf die Beurteilung beschränkt habe, ob eine Übertretung der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung vorliege. Solcherart sei eine von der Behörde vorzunehmende rechtliche Beurteilung unzulässiger Weise "ausgelagert" worden. Dennoch seien der beschwerdeführenden Partei die Kosten dafür vorgeschrieben worden.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:

Gemäß § 8 Abs. 2 Z. 6 Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz (GESG) hat die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Agentur) Untersuchungen und Begutachtungen von Proben nach dem LMSVG und den unmittelbar anzuwendenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften der EU vorzunehmen.

Wenn die Agentur bei ihrer Tätigkeit zur begründeten Auffassung gelangt, dass der Verdacht der Verletzung von lebensmittelrechtlichen Vorschriften gegeben ist, so hat sie das gemäß § 69 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) in ihrem Gutachten festzustellen und der jeweils zuständigen Behörde (oder dem zuständigen amtlichen Tierarzt) unverzüglich Mitteilung zu erstatten.

Gemäß § 71 Abs. 3 LMSVG ist im Verwaltungsstrafverfahren der zum Kostenersatz verpflichteten Partei der Ersatz der Kosten an die Agentur oder an die jeweilige Untersuchungsanstalt der Länder vorzuschreiben.

Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass die bei einer Lebensmittelkontrolle gezogene Probe von der Agentur untersucht und im abschließenden Gutachten dahin beurteilt wurde, die Kennzeichnung entspreche aus näher dargelegten Gründen nicht der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung. Unbestritten ist weiters, dass hiefür von der Agentur Gebühren in Höhe von EUR 65,--

im Wege des Verwaltungsstrafverfahrens beansprucht wurden.

Die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, die Agentur sei nicht befugt, die Kennzeichnung einer Lebensmittelprobe auf ihre Übereinstimmung mit der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung zu überprüfen, ist unzutreffend. Vielmehr ist die Agentur - wie dargelegt - gemäß § 69 LMSVG verpflichtet, von ihr festgestellte Verletzungen lebensmittelrechtlicher Vorschriften in ihrem Gutachten festzustellen und dies der Behörde mitzuteilen. Dass in diesem Zusammenhang nur Verstöße gegen das LMSVG, nicht aber auch Verstöße gegen die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung aufgegriffen werden dürften, hat im Gesetz keine Grundlage. Denn abgesehen davon, dass in § 69 LMSVG von der "Verletzung von lebensmittelrechtlichen Vorschriften" schlechthin die Rede ist, übersieht die Beschwerde, dass das Inverkehrbringen von der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung nicht entsprechenden Lebensmitteln eine Verletzung des LMSVG bedeutet.

Zu Recht hat die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei daher als Bestrafte zum Ersatz der entstandenen Kosten, deren Höhe von dieser gar nicht bestritten wurde, verpflichtet.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 16. Juni 2011

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte