VwGH 2009/10/0115

VwGH2009/10/011529.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des K M in S, vertreten durch Dr. Nikolaus Rinner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 29, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 25. Februar 2009, Zl. IIIa1-F- 10.061/2, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Forstgesetz 1975, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §472;
AVG §8;
ForstG 1975 §62;
ForstG 1975 §63 Abs2;
VwRallg;
ABGB §472;
AVG §8;
ForstG 1975 §62;
ForstG 1975 §63 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (in der Folge: BH) vom 7. Februar 2006 wurde der Marktgemeinde St., der Agrargemeinschaft St. und dem Tourismusverband W u.a. gemäß § 62 Abs. 1 lit. c Abs. 2 und 3 Forstgesetz 1975 (ForstG) die forstrechtliche Bewilligung zur Errichtung bzw. Ausführung des Projektes "Forststraße/Radroute St./S." nach Maßgabe der vorgelegten Projektsunterlagen unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Der Beschwerdeführer war dem Verfahren als "Wassernutzungsberechtigter" einer Quelle, die sich auf dem vom Vorhaben betroffenen, im Eigentum der der Österreichischen Bundesbahnen stehenden Waldfläche Grundstück Nr. 1118/1, GB St. befindet, ohne Einräumung einer Parteistellung beigezogen worden.

Mit Bescheid der BH vom 27. Oktober 2008 wurde die Forststraße gemäß § 62 Abs. 4 2. Satz ForstG für überprüft erklärt (Spruchpunkt I) und die Einwendungen des Beschwerdeführers, die sich gegen die in Spruchpunkt II näher ausgeführten Änderungen von Nebenbestimmungen des ursprünglichen Bescheides richteten, als unbegründet abgewiesen.

In der dagegen eingebrachten Berufung führte der - anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass ihm durch die Änderung in der Ausführung der Forststraße erhebliche Nachteile in Bezug auf die Nutzung der Quelle entstanden seien.

Mit Schreiben vom 29. Jänner 2009 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, unter Erbringung eines Nachweises bekannt zu geben, ob zu seinen Gunsten eine dingliche Berechtigung zur Nutzung der auf dem Grundstück Nr. 1118/1, GB St., befindlichen Quelle "im Sinne des § 19 Abs. 4 Z. 2 ForstG" vorliege.

Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers teilte der belangten Behörde hiezu mit Eingabe vom 13. Februar 2009 mit, dass es sich um eine uralte Dienstbarkeit handle, welche mit der Südbahngesellschaft vereinbart worden sei. Zum Nachweis dieser Vereinbarung legte er eine Quittung aus dem Jahr 1893 vor, aus der ersichtlich sei, dass das Wasserrecht näher genannten Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers eingeräumt worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unzulässig zurück. Begründend führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges aus, der Beschwerdeführer habe lediglich eine Vereinbarung über die Berechtigung an der Nutzung der Quelle vorgelegt, jedoch keinen Nachweis über die Eintragung dieses Rechts im Lastenblatt der dienenden Liegenschaft Grst. Nr. 1118/1, GB St., erbracht. Vielmehr sei dem Vorbringen des Beschwerdeführers sowie den vorgelegten Unterlagen lediglich eine obligatorische Berechtigung zu entnehmen. Der Beschwerdeführer habe sohin den Nachweis seiner dinglichen Berechtigung für die Nutzung der Quelle nicht erbringen können, weshalb er gemäß § 8 AVG und § 19 Abs. 4 Z. 2 ForstG nicht als Partei des Verfahrens zu qualifizieren und die Berufung daher mangels Parteistellung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 40/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 59/2002 (ForstG), lauten auszugsweise:

"Rodungsverfahren

§ 19. …

(4) Parteien im Sinne des § 8 AVG sind:

2. der an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich Berechtigte,

Bewilligungspflichtige Bringungsanlagen

§ 62. (1) Die Errichtung folgender Bringungsanlagen bedarf der Bewilligung der Behörde (Errichtungsbewilligung):

c) Forststraßen, wenn sie durch ein Arbeitsfeld der Wildbach- und Lawinenverbauung oder durch Schutzwald oder Bannwald führen,

(1a) …

(3) In der Errichtungsbewilligung sind bei Bringungsanlagen gemäß Abs. 1 lit. a und b die vom Standpunkt der Sicherheit und Ordnung des Betriebes der Anlage, bei Bringungsanlagen gemäß Abs. 1 lit. c und d die zur Wahrung der angeführten Interessen zusätzlich beantragten und erforderlichen Vorkehrungen vorzuschreiben. …

(4) Die Fertigstellung und die beabsichtigte Inbetriebnahme von bewilligungspflichtigen Bringungsanlagen ist der Behörde binnen vier Wochen vor der Inbetriebnahme anzuzeigen. Diese hat die Einhaltung der in der Errichtungsbewilligung enthaltenen Vorschreibungen zu überprüfen und hierüber einen Bescheid zu erlassen. Erforderlichenfalls hat die Behörde die Inbetriebnahme zu untersagen oder an die Einhaltung bestimmter Vorschreibungen zu binden.

Bewilligungsverfahren

§ 63. (1) …

(2) Dem Verfahren sind als Partei auch die Eigentümer solcher Liegenschaften beizuziehen, die durch die Bringungsanlage in Nutzung oder Produktionskraft beeinträchtigt werden können. Soweit eine Bringungsanlage über eine Bergbauanlage oder unmittelbar an dieser entlang geführt werden soll, ist auch der Bergbauberechtigte dem Verfahren als Partei beizuziehen.

…"

Die belangte Behörde hat im Beschwerdefall eine allfällige Parteistellung des Beschwerdeführers als dinglich Berechtigter im Sinne des § 19 Abs. 4 Z. 2 ForstG in Erwägung gezogen, das Vorliegen eines dinglichen Rechts (Dienstbarkeit) an der erwähnten Quelle jedoch verneint und dem Beschwerdeführer demgemäß die Parteistellung abgesprochen.

Dahin gestellt bleiben kann, ob der Beschwerdeführer - wie in der Beschwerde behauptet - ein dingliches Recht an dieser Quelle im Wege der Ersitzung erworben hat.

Da dem Beschwerdefall nämlich kein Rodungsverfahren nach § 19 ForstG sondern ein Verfahren zur Errichtung bzw. Inbetriebnahme einer bewilligungspflichtigen Bringungsanlage (Forststraße) im Sinne des § 62 ForstG zu Grunde liegt, ist die Parteistellung des Beschwerdeführers fallbezogen - entgegen der Annahme der belangten Behörde - nicht nach § 19 Abs. 4 Z. 2 ForstG zu beurteilen, sodass es auf die Rechtsstellung als dinglich Berechtigter nach Maßgabe dieser Bestimmung nicht ankommt.

Gemäß § 63 Abs. 2 ForstG sind Parteien im Verfahren nach § 62 ForstG - neben den antragstellenden Liegenschaftseigentümern - lediglich die Eigentümer jener Grundstücke, auf denen die Bringungsanlage errichtet werden soll oder die durch die Anlage in Nutzung oder Produktionskraft beeinträchtigt werden können sowie gegebenenfalls der Bergbauberechtigte; hingegen haben Servitutsberechtigte nach § 63 Abs. 2 ForstG keine Parteistellung, da sie nicht Liegenschaftseigentümer sind (vgl. Brawenz/Kind/Reindl, ForstG3 (2005) S. 380; VwSlgNF 9561 A/1978).

Der Beschwerdeführer ist unstrittig weder Eigentümer noch Bergbauberechtigter des in Rede stehenden Grundstückes Nr. 1118/1, GB St. Seine Berufung und seine Parteistellung gründet er auf eine auf diesem Grundstück behauptetermaßen lastende Servitut. Selbst für den Fall, dass diese Servitut (im Sinne einer dinglichen Berechtigung) tatsächlich bestehen sollte, käme dem Beschwerdeführer daher im gegenständlichen Bewilligungsverfahren keine Parteistellung zu.

Daran ändert im Übrigen auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer dem erstinstanzlichen Verfahren nach § 62 Abs. 4 ForstG fälschlich als Partei zugezogen wurde; wird nämlich eine Person im Verfahren zu Unrecht als Partei behandelt (einschließlich der Zustellung des Bescheids) begründet dies allein nicht die Parteistellung (vgl. Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht9 (2011) Rz. 121 und die dort zitierte hg. Rechtsprechung).

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Parteistellung des Beschwerdeführers verneint und die Berufung als unzulässig zurückgewiesen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 29. Februar 2012

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