VwGH 2009/09/0248

VwGH2009/09/024822.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des JK in R im O, vertreten durch Dr. Herbert Kofler - Dr. Edgar Pinzger, Rechtsanwälte in 6500 Landeck, Innstraße 1, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 10. Juni 2009, Zl. BMUKK-27.203/4-IV/3/2009, betreffend Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
DMSG 1923 §1 Abs1;
DMSG 1923 §1 Abs10;
DMSG 1923 §1 Abs2;
DMSG 1923 §1 Abs5;
DMSG 1923 §1;
DMSG 1923 §3;
DMSG 1923 §4 idF 1999/I/170;
DMSGNov 1999;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;
VwRallg;
AVG §52;
DMSG 1923 §1 Abs1;
DMSG 1923 §1 Abs10;
DMSG 1923 §1 Abs2;
DMSG 1923 §1 Abs5;
DMSG 1923 §1;
DMSG 1923 §3;
DMSG 1923 §4 idF 1999/I/170;
DMSGNov 1999;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines in R. im O. (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) situierten Wohnhauses (ehemals Widum) und Kornkastens. In der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu lesen:

"Dem erstinstanzlichen Bescheid lag ein Amtssachverständigengutachten von Dr. R R zugrunde. Demnach liege das im Kern aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammende, um 1900 neu fassadierte und geringfügig baulich veränderte ehemalige Pfarrhaus von R im O nordwestlich des Ortszentrums. Es sei ein über rechteckigem Grundriss errichteter zweigeschossiger gemauerter Bau mit allseitig vorkragendem Satteldach, giebelseitig aufgeschlüsseltem Mittelflurgrundriss und regelmäßiger Fassadengliederung durch jeweils drei Fensterachsen. Das Erdgeschoss sei mit einem sekundär aufgebrachten Spritzputz versehen, das Obergeschoss und der Kniestock würden noch die glatte barocke Putzoberfläche aufweisen. Den Zugang ins leicht erhöhte Erdgeschoss ermögliche eine giebelseitig vorgelagerte Freitreppe mit Podest, die durch ein Schmiedeeisengitter mit symmetrisch angelegtem, historisierendem Spiraldekor eingefasst werde. Das Rechteckportal werde von einer geputzten Fasche mit Keilsteinbekrönung gerahmt, die zweiflügelige Rahmenfüllungstüre sei im Bereich der rundbogig ausgeführten oberen Füllungen verglast und mit ornamental angelegten Schmiedeeisengittern versehen. Das Giebelfeld werde durch zwei querovale Fensteröffnungen akzentuiert. Südseitig sei dem Gebäude rechtwinklig ein der Lagerung der Vorräte dienender Kornkasten angebaut, der mit einem Satteldach versehen sei und kleine hochrechteckige Fensteröffnungen aufweise. In den Zwickel zwischen Speicher und Wohnhaus sei sekundär eine Treppe eingefügt worden, die einen weiteren Zugang ins Erdgeschoss ermögliche. Die unverputzte Rückseite des Gebäudes weise in der Mittelachse einen halbrund vorspringenden Treppenturm auf, der mit einem Pultdach gedeckt und mit querrechteckigen Fensteröffnungen versehen sei. Parallel dazu sei ein in Riegelbauweise aufgeführter, senkrecht verbretterter offener Abort angebaut. Noch aus der gotischen Bauphase datiere der im nordöstlichen Bereich situierte Keller des ehemaligen Widums, dessen Natursteinmauerwerk teilweise sichtbar sei und der durch einen Rundbogen unterteilt werde. Auf der Südseite des mit einem Tonnengewölbe versehenen Flures lägen eine Stube mit übertünchtem barockem Getäfel, Felderdecke und eingemauertem Jugendstilkachelofen sowie die von einer Tonne überwölbte Küche, auf der Nordseite eine weitere große Stube mit einfachem Rahmenfüllungsgetäfel aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts und gemauertem Stubenofen mit oktogonalem Aufsatz. Der von der Küche aus betretbare ehemalige Kornkasten weise ein Tonnengewölbe auf. Den Zugang ins Obergeschoss erschließe eine gemauerte, gewendelte Treppe, die in einen Nord-Süd verlaufenden Flur mit Tonnengewölbe münde, von dem aus vier Kammern (eine Kammer mit gemauertem Tonnenofen) mit einfachem Getäfel aus der Zeit um 1900 betreten werden können. Aus dem Barock stamme die zum Abtritt führende Rahmenfüllungstüre, die mit geschmiedeten Bändern versehen sei, während die meisten übrigen Türen aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts stammen und Kastenschlösser aufweisen würden.

Der ehemalige Widum von R zähle zu den ältesten Pfarrhöfen des Landes und sei im Laufe der Jahrhunderte - unter Wahrung seiner Grundstruktur - mehrfach umgebaut und verändert worden. Während die Fassade heute durch die historistische Umgestaltung aus der Zeit um 1900 geprägt werde, zeugten der angebaute Kornkasten, der Treppenturm und die Gewölbe im Inneren von spätgotischen Umbauten. Aus dem Barock hätten sich verschiedene Türen und aus dem 19. Jahrhundert die gemauerten Öfen erhalten. Der bis in die zweite Hälfte der Siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts bewohnte ehemalige Widum von R lege nicht nur Zeugnis von der historischen Bedeutung der Pfarre R ab, sondern verfüge auch über zahlreiche baukünstlerisch bemerkenswerte Details, die die bauliche Entwicklung und Wohnkultur vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert dokumentieren würden. Dem Objekt R Nr. 16 komme somit überregionale geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung zu.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung und brachte vor, er habe keine Gelegenheit gehabt, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen, da er die Verständigung vom 31. Mai 2007 nicht erhalten habe. Bereits im Mai 2007 habe er seine Absicht kundgetan, das Objekt zu verändern bzw. zu zerstören. Er ersuche um Zustimmung hiezu. Anlässlich des Ankaufs habe er in das Denkmalverzeichnis der Gemeinde R/O Einsicht genommen und darin einen Eintrag zu Haus Nr. 16 vorgefunden. Da die Unterschutzstellung jedoch nur kraft gesetzlicher Vermutung bestehe, beschränke sich diese auf das äußere Erscheinungsbild bzw. auf die Grundparzelle des gegenständlichen Objekts. Tatsächlich bestreite er dessen Bedeutung, die vorherrschende öffentliche Meinung spreche von einem Schandfleck. Zudem weise die Bausubstanz grobe Mängel auf, ein Abbruch sei die einzig sinnvolle, wirtschaftliche Lösung. Auch stöße die Verfügungsbeschränkung dort an ihre Grenzen, wo öffentliche Interessen aufgezwungen werden.

Die Berufungsbehörde führte am 27. Juni 2008 einen Augenschein durch, dessen Ergebnisse den Verfahrensparteien nachweislich mit Schreiben vom 4. Juli 2008, Zl. 27.203/0002- IV/3/2008, wie folgt zur Kenntnis gebracht wurden:

'Das gegenständliche Gebäude (ehem. Widum samt Kornkasten) wurde von außen und im Inneren eingehend besichtigt, wobei der Amtssachverständige in seinen Ausführungen auf das Gutachten des erstinstanzlichen Bescheides Bezug nahm. Er erklärte, dass das Wohnhaus in seinen Grundmauern aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts stamme. Diese Datierung könne aufgrund der noch im Keller sichtbaren Mauerstrukturen vorgenommen werden. Die noch heute vorhandene Raumstruktur, die Gewölbe und der Treppenturm stammen von einem spätgotischen Umbau. Teilweise hätten auch im Barock kleinere Umbauten stattgefunden. Die Fenster stammen vorwiegend aus dem 19. Jahrhundert.

Im Erdgeschoß habe sich in der Stube südlich des Flures die Pfarrkanzlei befunden. Der Kachelofen und die Vertäfelung stammen aus dem 19. Jahrhundert. Den Vertäfelungen in den übrigen Räumen könne keine künstlerische Bedeutung beigemessen werden. Der in der großen Stube befindliche gemauerte Ofen stamme, wie aufgrund seiner Form zu schließen sei, aus dem 18. Jahrhundert. Vom Erdgeschoss gelange man über einen kleinen Raum mit Tonnengewölbe in den gemauerten Kornkasten. Kornkästen seien regelmäßig wegen der Feuergefahr vom Hauptgebäude separat errichtet worden. Die Verbindung mit dem Gebäude stelle somit eine Besonderheit dar. Der Anbau sei im 16./17. Jahrhundert erfolgt. Grundsätzlich seien im Raum um Innsbruck nur mehr wenige Kornkästen erhalten.

Über eine gemauerte Stiege gelange man in das Obergeschoss, in welchem sich vier Kammern befinden. Zu der Ausstattung (Türen, Vertäfelung) erklärte der Amtssachverständige, dass sie überwiegend in das 19. Jahrhundert datiere. Von künstlerischer Bedeutung seien die barocken Türbeschläge. Eine Türe habe sich vollständig aus der Barockzeit erhalten. Das aufgehende Mauerwerk stamme noch aus dem Mittelalter.

Aufgrund des hohen Alters und der erhaltenen Bausubstanz sowie den auch künstlerisch wertvollen Ausstattungsdetails (z.B. barocke Beschläge, Kachelofen) sei das gegenständliche Gebäude von geschichtlicher, kultureller und künstlerischer Bedeutung. In Tirol hätten sich nur mehr wenige Pfarrhäuser aus dem Mittelalter erhalten.

...'"

Der Beschwerdeführer habe sich gegen das Gutachten des Amtssachverständigen gewandt und ausgeführt, dieses beruhe auf Annahmen, Vermutungen und aus anderen Objekten gewonnen Vergleichswerten, daher entspreche es nicht dem in § 1 Abs. 5 DMSG geforderten wissenschaftlichen Forschungsergebnissen. Der Beschwerdeführer habe ein Gutachten zur Statik und Bausubstanz des Baumeisters H.Z. vorgelegt, in welchem ausgeführt ist, dass das Gebäude seit ca. 1978 unbewohnt sei und sein Erhaltungszustand als stark vernachlässigt bezeichnet werden könne. Das Gebäude sei derzeit nicht bewohnbar und weise eine Reihe von Mängeln auf, so einen Riss vom Keller- bis zum Dachgeschoß. Die Instandsetzung des Objekts sei mit solch großen Veränderungen in der Substanz verbunden, dass dem Denkmal nach seiner Instandsetzung Dokumentationswert und Bedeutung als Denkmal nicht mehr in ausreichendem Maß zu gesprochen werden könne. Die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung seien daher gemäß § 1 Abs. 10 DMSG nicht gegeben.

Die belangte Behörde führte sodann zur Begründung ihres Bescheides weiter wie folgt aus:

"Da der Berufungswerber dem Gutachten des Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene nichts entgegenzusetzen hatte und insbesondere auch die vom Berufungswerber aufgezeigten vermeintlichen Widersprüche nicht die Bedeutung entkräften haben können, folgt die Berufungsbehörde den Ausführungen des Amtssachverständigen Dr. R sowie den Ergebnissen des Augenscheines.

Demnach handelt es sich bei dem gegenständlichen Objekt um das im Kern aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammende ehemalige Pfarrhaus von R im O. Der ehemalige Widum zählt zu den ältesten Pfarrhöfen des Landes. Davon zeugt die gotische Bausubstanz, welche im Keller anlässlich des Augenscheins besichtigt werden konnte. Auch aufgehendes Mauerwerk stammt noch aus dem Mittelalter. Es steht daher für die Berufungsbehörde fest, dass das Gebäude in seiner Substanz in das Mittelalter zurückreicht.

Auch die aus späteren Epochen stammenden Ausstattungsdetails wie die aus der Barockzeit vollständig erhaltene Tür mit geschmiedeten Bändern, der Jugendstilkachelofen oder der gemauerte Ofen mit oktogonalem Aufsatz in der nordseitigen Stube aus dem 18. Jahrhundert sind wesentliche Teile dieses Denkmals. Eine Besonderheit stellt überdies der gemauerte Kornkasten dar, welcher, nicht wie sonst üblich, wegen der Feuergefahr getrennt vom Haus errichtet, sondern in Verbindung mit diesem gebaut wurde.

Aufgrund der gut erhaltenen Bausubstanz, welche die historische Bedeutung der Pfarre R belegt und die bauliche Entwicklung und Wohnkultur vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert dokumentiert, stellt die Berufungsbehörde fest, dass dem Wohnhaus (ehem. Widum) und dem Kornkasten in R im O Nr. 16 hohe geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung zukommt.

Die Ansicht des Berufungswerbers, wonach es sich bei dem Gebäude um einen Schandfleck handle, ist für das Unterschutzstellungsverfahren nicht relevant, da die Bedeutung nicht für jedermann erkennbar sein muss (VwGH 19. März 1968, Zl. 155/67). Die Tatsache, dass an dem gegenständlichen Gebäude bereits Veränderungen durchgeführt wurden, hat nicht automatisch den Verlust der Denkmaleigenschaft zur Folge. ...

...

Das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines Denkmals ist gemäß § 1 Abs. 2 DMSG dann gegeben, wenn es sich aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.

Aufgrund der Ermittlungen steht fest, dass der ehemalige Widum von R zu den ältesten Pfarrhöfen des Landes zählt. In ganz Tirol haben sich nur mehr wenige Pfarrhäuser aus dem Mittelalter erhalten, auch Kornkästen sind im Raum Innsbruck selten. Da es sich bei dem gegenständlichen Widum samt Kornkasten um ein Beispiel eines mittelalterlichen Pfarrhofes und damit um ein regional seltenes Denkmal handelt, besteht ein öffentliches Interesse an seiner Erhaltung. Wesentlich ist überdies die Dokumentationsfunktion des Widums für die geschichtliche Bedeutung der Pfarre R."

Aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten ergebe sich - so die belangte Behörde weiter - keinesfalls eine Abbruchreife des gegenständlichen Objekts und die empfohlenen Sicherungsmaßnahmen stellten keine so großen Veränderungen in der Substanz dar, dass dem gegenständlichen Objekt dadurch die Bedeutung als Denkmal abzusprechen wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Ablehnung und Abtretung mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 22. September 2009, B 941/09-3, nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes (DMSG), BGBl. 533/1923 i.d.F. BGBl. I Nr. 170/1999, lauten:

"§ 1. (1) Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung ('Denkmale') Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Bedeutung kann den Gegenständen für sich allein zukommen, aber auch aus der Beziehung oder Lage zu anderen Gegenständen entstehen. 'Erhaltung' bedeutet Bewahrung vor Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland.

(2) Die Erhaltung liegt dann im öffentlichen Interesse, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.

...

(5) Ob ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Einzeldenkmals, eines Ensembles oder einer Sammlung besteht sowie ob oder wie weit es sich (auch) um eine Einheit handelt, die als einheitliches Ganzes zu erhalten ist, ist vom Bundesdenkmalamt unter Bedachtnahme auf diesbezügliche wissenschaftliche Forschungsergebnisse zu entscheiden. Bei der Auswahl der Objekte, die unter Denkmalschutz gestellt werden, ist die Bewertung in den vom Bundesdenkmalamt geführten bzw. verfassten Denkmalverzeichnissen zu berücksichtigen. Allgemein anerkannte internationale Bewertungskriterien können in die Beurteilungen mit einbezogen werden. Wenn eine ausreichende Erforschung von Denkmalen - wie insbesondere bei nicht ausgegrabenen Bodendenkmalen - noch nicht abgeschlossen ist, ist die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung der Denkmale nur dann zulässig, wenn die für die Unterschutzstellung erforderlichen Fakten auf Grund des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes wenigstens wahrscheinlich sind und die unversehrte Erhaltung der Denkmale andernfalls gefährdet wäre; eine solche Unterschutzstellung kann auch zeitmäßig begrenzt erfolgen.

(6) Die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Denkmals erfolgt stets in jenem Zustand, in dem es sich im Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens der Unterschutzstellung befindet.

...

(8) Werden nur Teile eines Denkmals geschützt (Teilunterschutzstellung), so umfasst dieser Schutz auch die übrigen Teile in jenem Umfang, als dies für die denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile notwendig ist.

(9) Durch die Unterschutzstellung eines Denkmals werden auch alle seine Bestandteile und das Zubehör sowie alle übrigen mit dem Denkmal verbundenen, sein überliefertes oder gewachsenes Erscheinungsbild im Inneren oder Äußeren mitprägenden oder den Bestand (die Substanz) berührenden Teile mit einbezogen. Dazu zählt auch die auf einen besonderen spezifischen Verwendungszweck des Denkmals ausgerichtete Ausstattung oder Einrichtung, soweit sie auf Dauer eingebracht wurde.

(10) Die Erhaltung kann nicht im öffentlichen Interesse gelegen sein, wenn sich das Denkmal im Zeitpunkt der Unterschutzstellung in einem derartigen statischen oder sonstigen substanziellen (physischen) Zustand befindet, dass eine Instandsetzung entweder überhaupt nicht mehr möglich ist oder mit so großen Veränderungen in der Substanz verbunden wäre, dass dem Denkmal nach seiner Instandsetzung Dokumentationswert und damit Bedeutung als Denkmal nicht mehr in ausreichendem Maße zugesprochen werden könnte. Ausgenommen sind Denkmale, denen auch als Ruinen Bedeutung im obigen Sinn zukommt."

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu den Abs. 1 und 2

des § 1 DMSG, 1769 BlgNR 20. GP, 37 f, lauten:

"Zu § 1:

Zu Abs. 1:

'Denkmale' im weitesten Sinn sind alle Objekte von mehr oder minder großer geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung. Bei weitem nicht alle sind schützenswert, dh., das Bundesdenkmalamt muss erst jene auswählen, deren Bedeutung derart ist, dass ihre Erhaltung im öffentlichen bzw. nationalen Interesse gelegen ist.

Das 'öffentliche' = (gemäß Abs. 11) 'nationale' Interesse umfasst auch Denkmale von 'nur' lokaler Bedeutung. Die Erhaltung und reale Dokumentation des gesamten kulturellen Reichtums Österreichs an geschichtlichem Erbe in all seiner Vielfalt ist das grundsätzliche Ziel des Denkmalschutzgesetzes.

Die Begriffe geschichtlich, künstlerisch und kulturell lassen gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Abgrenzung nach bestimmten rechtlich feststellbaren Merkmalen nicht zu, weshalb ihre Feststellung und Bewertung Sachverständiger (normalerweise: Amtssachverständiger) bedarf. (Siehe hiezu auch die ersten Absätze der Ausführungen im Allgemeinen Teil.)

Zu Abs. 2:

Nach dem bisherigen Gesetzestext ist die (juristische) Feststellung, dass ein 'öffentliches Interesse an der Erhaltung' eines Objektes gegeben ist, dann möglich, wenn dieses Interesse 'wegen dieser Bedeutung' vorliegt. Diese völlig undifferenzierte Bestimmung mag nicht zu befriedigen, die Frage 'wie groß' die Bedeutung nun einmal sein müsse, welcher konkreten Art sie sein müsse, um genug Gewicht zu haben, ist aus der geltenden Fassung des Gesetzes auch nicht einmal ansatzweise ersichtlich, doch hat die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in einer Reihe von Entscheidungen Anhaltspunkte entwickelt, die gewisse Richtlinien liefern, die als beispielhaft zu verstehen sind. Hiezu gehören Einmaligkeit oder Seltenheit genauso wie der Umstand, dass das Denkmal über ähnliche Objekte seiner Bedeutung deutlich hinausragt oder ein besonders gutes oder gut erhaltenes Beispiel einer bestimmten Art von Denkmalen darstellt. Als 'selten' beachtlich ist aber auch, ob ein bestimmtes Denkmal etwa für ein Bundesland eine Seltenheit darstellt, auch wenn es in anderen Bundesländern weit verbreitet ist. Die im Gesetzestext genannten Kriterien Qualität, Vielzahl, Vielfalt und Verteilung umfassen diese und ähnliche Umstände.

Die geschichtliche Dokumentation kann eine kunst- bzw. baugeschichtliche ebenso sein wie eine kulturelle durch die Dokumentation (das Zeugnis) einer Lebens- und Arbeitsweise der Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe.

Nicht zu vergessen sind alle jene Denkmale, denen geschichtliche Bedeutung deshalb zukommt, weil sich in diesen Objekten (auch wenn sie ihr Aussehen zwischenzeitig verändert haben sollten) geschichtliche Ereignisse zugetragen haben. Hiezu gehören auch etwa alle jene Denkmale, denen Bedeutung als Geburts- , Wohn-, Arbeits- und Sterbeort einer berühmten Persönlichkeit zukommt. Es handelt sich hiebei sicherlich oftmals um Denkmale, die auch als Gedenkstätten bezeichnet werden könnten."

Vor dem Hintergrund dieser Erläuterungen ist daher festzuhalten, dass nicht jedes Objekt von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung als Denkmal unter Schutz zu stellen ist. Voraussetzung für die Feststellung gemäß § 1 Abs. 2 und 5 DMSG, dass ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Denkmals besteht, ist vielmehr im Wesentlichen ein Mindestmaß an Seltenheit sowie der von den Denkmalbehörden festzustellende Umstand, dass dem Objekt ein Dokumentationscharakter im angeführten Sinne zukommt.

Jede Entscheidung über die Unterschutzstellung eines Denkmals nach § 3 iVm § 1 DMSG bewirkt im Hinblick auf die damit eintretenden Rechtsfolgen, insbesondere des Verbots der Zerstörung und jeder Veränderung gemäß § 4 leg. cit., einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Eigentums des betroffenen Eigentümers. Bereits bei einer Unterschutzstellung gilt "(d)er Grundsatz der geringstmöglichen Unterschutzstellung", die Unterschutzstellung darf "die unbedingt notwendige Eigentumsbeschränkung nicht überschreiten", und es "ist eine Teilunterschutzstellung in allen jenen Fällen, in denen sie fachlich ausreicht, anzuwenden" (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur DSMG-Novelle 1999, 1769 BlgNR, 20. GP, 39). Bereits dies entspricht dem in Art. 5 StGG und Art. 1 1. ZP EMRK grundgelegten Gedanken, dass eine Eigentumsbeschränkung nur dann und nur soweit zulässig ist, wenn sie zur Erreichung ihrer Ziele geeignet und erforderlich ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus § 1 Abs. 1 iZm § 3 DMSG aber, dass im Unterschutzstellungsverfahren die im öffentlichen Interesse stehende Erhaltungswürdigkeit ausschließlich nach der geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung des Gegenstandes zu prüfen ist, während die technische Möglichkeit der (weiteren) Erhaltung des Gegenstandes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit, die Kosten einer solchen Erhaltung und die Wirtschaftlichkeit der Aufwendung solcher Kosten in diesem Verfahren - anders als im Verfahren nach § 5 DMSG - grundsätzlich noch unbeachtlich sind; und ebenso auch eine Abwägung möglicherweise widerstreitender öffentlicher Interessen an der Erhaltung des Denkmales wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung gegenüber nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichteten Interessen noch nicht stattfindet (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1994, Zl. 93/09/0228, vom 20. November 2001, Zl. 2001/09/0072, vom 2. Juli 2010, Zl. 2007/09/0198, und vom 11. März 2011, Zl. 2010/09/0144).

Für die Lösung der Frage, ob es sich bei einer Sache um ein Denkmal im Sinne des § 1 Abs. 1 DMSG handelt, und ob dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, dass es sich also gemäß § 1 Abs. 2 DMSG um ein Denkmal handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde, ist die in der Fachwelt vorherrschende Meinung ausschlaggebend, wobei insbesondere auf den Wissens- und Erkenntnisstand sachverständiger Kreise Bedacht zu nehmen ist. Grundlage einer solchen Feststellung kann nur ein Fachgutachten sein, aus dem sich jene geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung und jener Dokumentationscharakter im Sinne des § 1 Abs. 2 DMSG näher dargelegt wird, aus dem der rechtliche Schluss gezogen werden kann, dass die Erhaltung des Denkmals im öffentlichen Interesse gelegen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. September 2004, Zl. 2003/09/0010, und zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2011, Zl. 2010/09/0064).

Der Begründung des angefochtenen Bescheides, in welchem Auszüge von Sachverständigenbeurteilungen wiedergegeben sind, lässt sich zusammengefasst entnehmen, dass die belangte Behörde das gegenständliche Gebäude als Denkmal und als Beispiel eines mittelalterlichen Pfarrhofes sowie damit als ein regional seltenes Denkmal und auch als Dokumentation für die geschichtliche Bedeutung der Pfarre R. i. O. bezeichnet hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat gegen diese durch einen Sachverständigen untermauerte Beurteilung keine Bedenken, zumal der Beschwerdeführer dieser Beurteilung nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten ist.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid weiters deswegen für rechtswidrig, weil der gegenständliche Pfarrhof samt Kornkasten in einem derartigen statischen und substanziellen Zustand sei, dass eine Instandsetzung nur mit derart hohen Kosten, nämlich EUR 925.980,-- möglich sei, einer Summe, die nahezu das Zehnfache des Kaufpreises betrage, dass von keiner wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit mehr ausgegangen werden könne und die Denkmaleigenschaft im Grunde des § 1 Abs. 10 DMSG zu verneinen sei.

Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Tatbestand dieser Bestimmung ist nämlich nur dann erfüllt, wenn der Zustand des Denkmals eine denkmalgerechte Erhaltung ausschließt, und nur dann gegeben, wenn jene besonders schweren Schäden gegeben sind, die von vornherein jede denkmalgerechte Erhaltungsmöglichkeit ausschließen, sodass das Denkmal bereits de facto zerstört ist und nur durch Rekonstruktion ersetzt werden kann (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. März 2009, Zl. 2008/09/0378, und vom 29. April 2011, Zl. 2010/09/0230). Um eine Ruine im Sinne des § 1 Abs. 10 DMSG handelt es sich beim gegenständlichen Gebäude jedoch offensichtlich nicht.

Soweit der Beschwerdeführer auf den durch den angefochtenen Bescheid bewirkten Eingriff in sein Recht auf Achtung des Eigentums hinweist, ist ihm auf den bereits aufgezeigten Umstand, dass die Berücksichtigung der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen zur Erhaltung und der Wirtschaftlichkeit der Aufwendungen solcher Kosten vor dem Hintergrund des Grundrechts auf Achtung des Eigentums im Verfahren nach § 5 Abs. 1 DMSG - nach der Aktenlage hat der Beschwerdeführer einen solchen Antrag offensichtlich schon mit Schriftsatz vom 13. August 2007 gestellt - zu berücksichtigen sind (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. März 2011, Zl. 2010/09/0144).

Die vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensfehler, wie insbesondere behauptete Widersprüche zwischen dem Ergebnis des Augenscheins einerseits und der Begründung des angefochtenen Bescheides andererseits vermögen an der grundsätzlichen Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass es sich beim gegenständlichen Objekt um ein Denkmal mit Beispielcharakter handelt, nichts zu ändern.

Die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit liegt sohin nicht vor, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 22. März 2012

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