VwGH 2009/06/0036

VwGH2009/06/003631.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des T R in X, vertreten durch Dr. Günther Retter, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Enzersdorferstraße 25/6, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Wien vom 22. Februar 2008, 2 Vk 194/07, betreffend eine Angelegenheit nach dem Strafvollzugsgesetz (weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §60;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
StVG §126;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;
AVG §60;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
StVG §126;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in der (ergänzten) Beschwerde des angefochtenen Bescheides und den vorliegenden Verwaltungsakten geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer verbüßt in der Justizanstalt X eine Freiheitsstrafe; im verfahrensgegenständlichen Zeitraum befand er sich in der Justizanstalt Y (zuvor in der Justizanstalt Z). Der Leiter der Justizanstalt Y lehnte zwei Ausgangsansuchen des Beschwerdeführers für den 1. und den 13. Dezember 2007 ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde keine Folge gegeben. Zur Begründung heißt es, gemäß § 99a StVG sei einem im Sinne des § 99 Abs. 1 StVG nicht besonders gefährlichen Strafgefangenen auf sein Ansuchen höchstens zweimal im Vierteljahr zu gestatten, die Anstalt in der Dauer von höchstens 12 Stunden am Tag zu verlassen, wenn die voraussichtlich noch zu verbüßende Strafzeit drei Jahre nicht übersteige und der Strafgefangene den Ausgang zu einem der in § 93 Abs. 2 genannten Zwecke benötige. Soweit es nach dem Zweck des Ausganges unter Bedachtnahme auf allfällige Reisebewegungen notwendig erscheine, dürfe die Dauer der Abwesenheit bis zu 48 Stunden betragen. § 126 Abs. 2 StVG normiere, dass dem Strafgefangenen im Strafvollzug in gelockerter Form eine oder mehrere Lockerungen, unter anderem gemäß Z 4 ein oder zwei Ausgänge im Sinne des § 99a leg. cit. im Monat auch zu anderen als den dort genannten Zwecken zu gewähren seien.

Der Beschwerdeführer sei am 22. November 2007, nachdem der Anstaltsleiter ihm am 21. November 2007 den gelockerten Vollzug widerrufen hatte, von der Justizanstalt Z in die Justizanstalt Y überstellt worden. Das Ausgangsansuchen gemäß § 126 Abs. 2 Z 4 StVG für den 1. Dezember 2007, gestellt in der Justizanstalt Y, sei mit der Begründung "gesetzliche Voraussetzungen nicht gegeben" abgelehnt worden, weil er sich zu diesem Zeitpunkt nicht im gelockerten Vollzug befunden habe. Dem zweiten Ausgangsansuchen für den 13. Dezember 2007 sei unter Hinweis auf ein gegen den Beschwerdeführer beim Landesgericht für Strafsachen A anhängiges Gerichtsverfahren nicht stattgegeben worden.

Da sich der Beschwerdeführer vom 21. November bis zum 17. Dezember 2007 nicht im gelockerten Vollzug befunden habe, sei die abschlägige Behandlung seines gemäß § 126 Abs. 2 Z 4 StVG gestellten Ausgangsansuchens nicht zu beanstanden. Das zweite Ansuchen für den 13. Dezember 2007 habe er nicht konkret nach § 126 Abs. 2 Z 4 StVG gestellt, was insoweit keine Folgewirkungen entfalte, als auch ein Ausgang nach § 99a StVG mit Blick darauf, dass er im 4. Quartal des Jahres 2007 bereits die beiden möglichen Ausgänge nach dieser Gesetzesstelle in Anspruch genommen habe (nämlich konkret am 26. Oktober und 9. November 2007) hätte verwehrt werden müssen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 29. Jänner 2009, B 443/08-17, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie (mit den Verwaltungsakten) dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Begründung dieses Beschlusses heißt es unter anderem, soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Verfassungswidrigkeit des § 11g Z 2 und § 121 Abs. 3a StVG sowie die Gesetzwidrigkeit der Verordnung des Bundesministers für Justiz BGBl. II Nr. 276/2002, mit der eine Geschäftsordnung der Vollzugskammern erlassen werde, behauptet werde, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Präjudizialität von Rechtsvorschriften (beispielsweiser Hinweis auf VfSlg. 14078/1995, 15634/1999 und 15673/1999) sowie im Hinblick darauf, dass Fragen der Gewährung von Vergünstigungen während des Strafvollzuges (wie im Beschwerdefall die Entscheidung über ein Ausgangsersuchen) weder unter dem Blickwinkel eines "civil right" noch unter jenem einer strafrechtlichen Anklage in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fielen, im vorliegenden Fall die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung von einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als sowenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes verbesserten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem ihm nach § 60 AVG zukommenden Recht auf nachvollziehbare und überprüfbare Begründung einer bescheidmäßigen Erledigung sowie im Recht auf Durchführung eines den Bestimmungen des § 126 StVG entsprechenden Verfahrens verletzt. Hiezu bringt er vor, der bekämpfte Bescheid selbst enthalte keine ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen. Dadurch, dass das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers (gemeint wohl: mangels mündlicher Verhandlung vor der belangten Behörde) nicht gewahrt worden sei, habe auch der tatsächliche, für eine richtige rechtliche Beurteilung erforderliche Sachverhalt nicht festgestellt werden können. Insbesondere hätte die belangte Behörde begründen müssen, weshalb das zweite Ausgangsansuchen für den 13. Dezember 2007 abgelehnt worden sei. Der bloße Hinweis auf ein zu diesem Zeitpunkt beim Landesgericht für Strafsachen A anhängiges Gerichtsverfahren stelle jedenfalls keine ausreichende Begründung für die Nichtstattgebung des zweiten Ausgangsansuchens dar.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (Dezember 2007) maßgebliche Rechtslage nach dem Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969, in der Fassung BGBl. I Nr. 113/2006, wurde bereits im hg. Erkenntnis vom 8. Mai 2008 (betreffend ein Ausgangsansuchen des Beschwerdeführers für den September 2007) dargelegt; die nachfolgende Änderung durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2008, BGBl. I Nr. 109/2007, ab 1. Jänner 2008 hat keine Rückwirkungen auf den Beschwerdefall.

Generell-abstrakt selbständig verfolgbare subjektivöffentliche Verfahrensrechte, wie sie hier geltend gemacht werden, gibt es nicht (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S 417, Mitte, wiedergegebene hg. Judikatur, ua. das hg. Erkenntnis vom 16. November 1974, Slg. Nr. 8713/A). Das Vorbringen, die belangte Behörde habe sich bei der Ablehnung des zweiten Ausgangsansuchens für den 13. Dezember 2007 lediglich auf ein anhängiges Strafverfahren bezogen, ist, wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, unzutreffend. Aus welchen konkreten Gründen die Argumentation der belangten Behörde unzutreffend sein soll, trägt der Beschwerdeführer nicht vor.

Wesentlich erscheint überdies Folgendes: Die Ausgangsansuchen betreffen längst verstrichene Zeiträume. Im Hinblick hierauf hat der Verwaltungsgerichtshof bei Erteilung des Verbesserungsauftrages den Beschwerdeführer (zu Handen seines Vertreters) um Bekanntgabe ersucht, weshalb der Angelegenheit angesichts des Zeitablaufes und der Änderung der Umstände mehr als bloß theoretische Bedeutung zukommen solle (Hinweis auf eine sogenannte "überholende Gegenstandslosigkeit"). Ein entsprechendes Vorbringen enthält die ergänzte Beschwerde aber nicht. Es ist auch nicht erkennbar, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (anders als in dem den Beschwerdeführer betreffenden Fall, der dem hg. Erkenntnis vom 8. Mai 2008, Zl. 2008/06/0035, zu Grunde lag) mehr als bloß theoretische Bedeutung, vielmehr Bedeutung für künftige Fälle vergleichbarer Anträge zukäme.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (in diesem Sinne die hg. Beschlüsse vom 4. September 1996, Zl. 96/20/0389, vom 21. November 1996, Zl. 96/20/0668, und vom 11. Dezember 1997, Zl. 97/20/0643).

Wien, am 31. März 2009

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