VwGH 2009/04/0285

VwGH2009/04/028517.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Denk & Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Teinfaltstraße 4/8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom 11. September 2009, Zl. BMWFJ- 311.746/0004-I/9/2009, betreffend Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: Z in Y), zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §63 Abs1;
VwGG §63 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Zur Vorgeschichte wird auf die drei hg. Erkenntnisse vom 17. April 1998, Zl. 97/04/0217, vom 6. April 2005, Zl. 2000/04/0067, und vom 28. März 2007, Zl. 2006/04/0228, verwiesen.

Im zuletzt genannten Erkenntnis stützte der Verwaltungsgerichtshof die neuerliche Aufhebung des eine Änderung der Betriebsanlage des Mitbeteiligten genehmigenden Bescheides der belangten Behörde auf folgende Erwägungen:

"Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG war die belangte Behörde bei der Erlassung des nunmehr angefochtenen Ersatzbescheides an die vom Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis geäußerte Rechtsanschauung gebunden (vgl. die bei Mayer, B-VG3 (2002) Anm. II. zu § 63 VwGG wiedergegebene hg. Judikatur).

Da die belangte Behörde, wie die wörtliche Wiedergabe der Begründung des angefochtenen Bescheides zeigt, neuerlich die Auffassung vertreten hat, es sei bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Belästigungen des Beschwerdeführers zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer im Wissen um den Bestand der Betriebsanlage an seiner nunmehrigen Adressen angesiedelt habe, hat sie gegen § 63 VwGG verstoßen. Schon deshalb war der angefochtene Bescheid aufzuheben.

In diesem Zusammenhang ist aber auch darauf hinzuweisen, dass, wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt, die im unterinstanzlichen Verfahren erstatteten medizinischen Gutachten vom 5. April 1994 und vom 26. Mai 1994, auf die die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zurückgreift, mit näherer Begründung zum Ergebnis gelangten, es komme durch die Änderung der Betriebsanlage zu unzumutbaren Belästigungen der Nachbarn. Schon im Hinblick darauf durfte die belangte Behörde die gegenständliche Anlagenänderung nicht ohne Einholung eines neuen medizinischen Gutachtens bewilligen.

Bei der Beauftragung des ärztlichen Sachverständigen im fortgesetzten Verfahren wird außerdem zu beachten sein, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Auswirkungen der zu genehmigenden Betriebsanlage bzw. der zu genehmigenden Änderung einer genehmigten Betriebsanlage unter Zugrundelegung jener Situation zu beurteilen sind, in der die Immissionen für die Nachbarn am ungünstigsten, d.h. am belastendsten sind (vgl. aus vielen das Erkenntnis vom 24. Mai 2006, Zl. 2004/04/0072, mwN). Dazu führt der Beschwerdeführer aus, er habe schon in der Stellungnahme vom 20. Mai 1996 dargestellt, dass sich die Lärmmesswerte im gewerbetechnischen Gutachten vom 7./8. Mai 1996 deutlich, und zwar zu seinen Ungunsten, von den gemessenen Werten der Vorinstanzen unterscheiden. Wie eingangs dargestellt hat die belangte Behörde zwar festgestellt, dass sich die Messergebnisse der Vorinstanzen durch die Lärmmessungen im Rahmen der erwähnten Augenscheinsverhandlung bestätigt hätten. Aus dem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen gewerbetechnischen Gutachten (das den Akten nicht angeschlossen ist) lässt sich dies jedoch nicht ableiten. Die belangte Behörde hat somit schlüssige (erforderlichenfalls auf einer technischen Stellungnahme zu den Behauptungen des Beschwerdeführers beruhende) Feststellungen zur tatsächlichen Lärmsituation unterlassen.

Was schließlich das Vorbringen des Beschwerdeführers betrifft, die im Spruch des angefochtenen Bescheides bezeichneten Pläne seien im Widerspruch zu den eingangs zitierten Vorerkenntnissen weiterhin nicht datumsmäßig präzisiert, so lässt sich dieser Einwand vom Verwaltungsgerichtshof deshalb nicht überprüfen, weil die belangte Behörde (entgegen ihren Behauptungen in der Gegenschrift) mit den Verwaltungsakten - die im Übrigen das ministerielle Verfahren nicht umfassen - die Pläne nicht vorgelegt hat."

Zu der angesprochenen datumsmäßigen Präzisierung der Pläne finden sich in den eingangs zitierten Vorerkenntnissen folgende Aussagen:

"Davon ausgehend" (gemeint § 59 Abs. 1 AVG) "sind der Genehmigung gemäß § 81 GewO 1994 zugrundeliegende, Projektbestandteile enthaltende Pläne und Beschreibungen im Spruch des Bescheides so eindeutig zu bezeichnen, daß eine Nachprüfung in Ansehung eines eindeutigen normativen Abspruches möglich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1984, Zl. 84/04/0020, Slg. Nr. 11.456/A).

Diesem Erfordernis wird der angefochtene Bescheid allerdings schon deshalb nicht gerecht, weil durch die Übernahme der im zweitinstanzlichen Bescheid erfolgten Bezugnahme auf nicht näher beschriebene 'sonstige Unterlagen' der Inhalt der solcherart erteilten Genehmigung offen bleibt.

Daß diese Unterlagen spruchgemäß 'einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides' bilden, vermag daran nichts zu ändern, fehlt doch jeglicher Anhaltspunkt, um welche Unterlagen es sich dabei handle (selbst ein Genehmigungsvermerk), sodaß eine eindeutige Zuordnung eines oder mehrerer Schriftstücke ausgeschlossen ist."

(hg. Erkenntnis vom 17. April 1998, Zl. 97/04/0217).

"Die belangte Behörde hat es auch nunmehr unterlassen, das für den jeweiligen Abspruch nötige Bestimmtheitserfordernis zu erfüllen. Wie in der Beschwerde zutreffend gerügt wird, fehlt eine datumsmäßige Individualisierung (worauf etwa im hg. Erkenntnis vom 12. Juli 2000, Zl. 2000/04/0022, als entscheidend abgestellt wird), wobei hinzukommt, dass - wie in der Beschwerde weiters gerügt und in der Gegenschrift der belangten Behörde gar nicht bestritten wird - 'im derzeit bei der BH Innsbruck befindlichen Akt sich keine Pläne mit Genehmigungsvermerk des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten auf der Rückseite befinden'."

(hg. Erkenntnis vom 6. April 2005, Zl. 2000/04/0067).

2. Mit dem angefochtenen Ersatzbescheid genehmigte die belangte Behörde die Änderung der Betriebsanlage des Mitbeteiligten (LKW-Abstellplatz) nach Maßgabe der vorgelegten Pläne und wies die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers erneut ab.

Die Pläne (es handelt sich nach der Beschreibung im Spruch des angefochtenen Bescheides um einen Grundrissplan des Abstellplatzes, einen Grundrissplan des Erdgeschosses M 1:100, einen Lageplan M 1:500, alle aufgelegt am Gemeindeamt R vom 19. November 1992 bis 2. Dezember 1992, sowie einen Plan mit Lage und Höhe der Erdwälle vom 8. Mai 1996) wurden dahingehend näher bezeichnet, als es sich um "jeweils auf der Rückseite mit dem Genehmigungsvermerk des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 2.2.2000, Zl. 311.746/1-III/A/9/2000, versehene Pläne" handle.

Weiters enthält der Spruch folgende (offenbar als Auflage zu verstehenden) Ausführungen:

"Die Erdwälle sind derart auszuführen, dass sie an der den Störlärmquellen zugewandten Seite schallabsorbierend sind (Erde mit dichtem Bewuchs). Zudem sind die Wälle auf der dem Beschwerdeführer abgewandten Seite aber den Störquellen zugewandten Seite mit einer Hangneigung von mindestens 45 Grad zur Horizontalen auszuführen."

3. Begründend stützte sich die belangte Behörde zunächst auf die im ersten Rechtsgang durchgeführte Augenscheinsverhandlung vom

7. und 8. Mai 1996 und das in dieser Verhandlung vom gewerbetechnischen Sachverständigen erstellte Gutachten, das im angefochtenen Bescheid wiedergegeben wird.

3.1. Sodann gab die belangte Behörde das im (nunmehrigen) vierten Rechtsgang eingeholte gewerbetechnische Gutachten vom 15. Juni 2007 wieder.

In diesem führte der gewerbetechnische Amtssachverständige auf das Wesentlichste zusammengefasst aus, es seien sowohl von der Vorinstanz als auch von der belangten Behörde Schallpegelmessungen durchgeführt worden. Die im vorinstanzlichen Verfahren eingenommenen Immissionspunkte bzw. der "ho. Rechenpunkt" seien als akustisch gleichwertig anzusehen, es seien jeweils Störgeräusche und die Umgebungsgeräusche, allerdings zu unterschiedlichen Tageszeiten erhoben worden. Die Unterschiedlichkeit der Messzeit habe jedoch nur für die Erhebung der Umgebungsgeräuschsituation, nicht aber für die messtechnische Beobachtung der Störgeräuschsimulationen Bedeutung. Die Umgebungsgeräuschsituation sei nun für den überwiegenden Teil des Tages, auch für den Zeitraum vor Beginn der Nacht, erhoben, weshalb die Messungen der Vorinstanz und die ho. vorgenommenen als einander ergänzend angesehen werden könnten. Hinsichtlich der Störgeräuschwerte sei "von ho." eine umfangreichere Messung durchgeführt und eine größere Anzahl von Einzelgeräuscharten erhoben worden. Andererseits könne es auf Grund der von Fall zu Fall unterschiedlichen Durchführung zu deutlichen Unterschieden in der Schallemission und daher auch in der Schallimmission kommen. Es sei keine weitere technische Befundaufnahme und keine weitere technische Begutachtung erforderlich.

3.2. Weiters wird im angefochtenen Bescheid das im vierten Rechtsgang eingeholte ärztliche Gutachten vom 16. März 2009 wiedergegeben.

In diesem wird im Wesentlichen ausgeführt, aus den verschiedenen, im Laufe des Verfahrens durchgeführten Messungen lasse sich ableiten, dass die betriebskausalen Störgeräusche beim

Beschwerdeführer nachfolgende Werte erreichten:

"Schallpegelspitzen:

Lkw-Zu- und Abfahrten sowie Rangieren auf der Betriebsanlage:

Motorgeräusche

38-44 dB

Bremsen

47-49

Starten

41-52

Zuschlagen der Fahrerkabinentür

44-51

Auf- und Abnahme von Zusatzgeräten (Ladekran, Streugerät)

45-60"

Die durchschnittlichen Schallpegel dieser Vorgänge (Leq) seien mit Werten zwischen 33 und 42 dB beziffert worden.

Die angeführten Immissionswerte lägen damit deutlich unterhalb des für eine Gesundheitsschädigung relevanten Bereichs (66-70 dB).

Hinsichtlich der Beeinträchtigung des Wohlbefindens sei zu untersuchen, ob die Lärmimmissionen zu einer signifikanten Veränderung der Umgebungsgeräuschsituation führten. Nach der Aktenlage befinde sich bereits seit 1947 eine Kraftwageneinstellhalle für drei Lkw am verfahrensgegenständlichen Standort. Dieser Betrieb gehe mit dem Zu- und Abfahren von Lkw und den damit zusammenhängenden Geräuschen wie Motorenlärm, Bremsen, Starten, Zuschlagen der Fahrerkabinentüren etc. einher. Auch die Verwendung von Anbaugeräten wie Ladekräne und Schneepflüge sei im Transportgewerbe schon seit Jahrzehnten üblich, daher könnten Geräuschimmissionen nicht ohne weiteres als durch die Änderung erst herbeigeführte Lärmereignisse angesehen werden. Weiters ergebe sich aus dem Akt keinerlei Frequenzsteigerung in Bezug auf die Betriebstätigkeit. Die Anzahl der abzustellenden Lkw sei unverändert geblieben. Auch unter Bezugnahme auf die sonstigen Umgebungsgeräusche seien keine gravierenden Unterschiede festzustellen.

Sowohl der durchschnittliche Umgebungsgeräuschpegel (Leq 38- 41 dB) als auch die Spitzen der Umgebungslärmimmissionen (30-57 dB) lägen in einem den betrieblich verursachten Lärmimmissionen vergleichbaren Bereich, sodass in Bezug auf die Intensität keine signifikanten Unterschiede bestünden. Allenfalls die Charakteristik mancher Betriebsgeräusche im Zusammenhang mit der Montage und Demontage von Anbaugeräten finde keine Entsprechung im sonstigen Umgebungslärm. In Anbetracht der bestehenden gewerberechtlichen Genehmigungen seien sie allerdings nicht als ortsunüblich zu bezeichnen.

Zusammenfassend werde festgestellt, dass durch die verfahrensgegenständliche Betriebsanlagenänderung unter Berücksichtigung der Betriebszeiten (6-22 Uhr) keine Lärmimmissionen hervorgerufen würden, die zu einer Gefährdung der Gesundheit oder einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens führten.

3.3. Sodann gibt der angefochtene Bescheid das zu den Einwendungen des Beschwerdeführers im Parteiengehör eingeholte Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen vom 18. Juni 2009 wieder.

Dieser führt aus, zu den Einwendungen des Beschwerdeführers bezüglich der Abweichungen der vorinstanzlichen von den im Rahmen der Augenscheinsverhandlung am 7./8. Mai 1996 durchgeführten Schallpegelmessungen sowie zu den Gründen für die Messpunktwahl habe er bereits in seinem Gutachten vom 15. Juni 2007 Stellung genommen.

Zur Einwendung des Beschwerdeführers, durch den Gutachter seien durch starke Windböen verursachte Spitzenwerte während der Lärmmessung ausgeschieden worden, führte der Sachverständige aus, diese Schallpegel-Messwerte seien deshalb auszuscheiden, da stärkerer Wind die Messungen durch direktes Rauschen am Mikrophon oder durch zusätzlich erzeugte Geräusche (z.B. Blätterrauschen) verfälsche.

Die vom Beschwerdeführer befürchteten Schallreflexionen an den in der Betriebsanlage "schräg angeschütteten" Erdwällen könnten durch eine schallabsorbierende Ausführung auf der den Störlärmquellen zugewandten Seite dieser Wälle (z.B. Erde mit dichtem Bewuchs) minimiert werden. Zudem werde empfohlen, diese Wälle auf der dem Einschreiter abgewandten, aber den Störquellen zugewandten Seite mit einer Hangneigung von mindestens 45 Grad zur Horizontalen auszuführen, um die eher bodennah entstehenden Störgeräusche nicht in Richtung zur Liegenschaft des Einschreiters zu reflektieren.

Zur Einwendung des Beschwerdeführers, die Messungen seien durch völlig untypische Spitzen beeinflusst gewesen, führte der Sachverständige aus, dieser Einwand sei nicht nachvollziehbar, weil nicht ersichtlich sei, welche Spitzenwerte des Umgebungsgeräusches vom Einschreiter als untypisch bezeichnet würden. Angemerkt werde, dass der Grundgeräuschpegel im Rahmen der Messungen am 7. Mai 1996 wegen kaum eintretender Umgebungsruhe nicht klar feststellbar gewesen sei und daher die "niedrigsten Werte" des Umgebungsgeräusches angegeben worden seien.

Eine neuerliche Erstellung eines technischen Gutachtens auf Grund der vom Beschwerdeführer gemachten Einwendungen sei nicht erforderlich.

3.4. Anschließend an diese Wiedergaben der Gutachten führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht dahingehend aus, dass sie die rechtliche Begründung des bereits mit dem zitierten hg. Erkenntnis vom 28. März 2007, Zl. 2006/04/0228, aufgehobenen Bescheides vom 5. Oktober 2006 zum Großteil wortident wiederholt. Lediglich der im Bescheid vom 5. Oktober 2006 enthaltene Satz, wonach sich der Beschwerdeführer im Wissen um eine derartige Betriebsanlage in seiner unmittelbaren Nachbarschaft und seiner nunmehrigen Adresse angesiedelt habe, findet sich im nunmehr angefochtenen Bescheid nicht mehr.

Weiters wurde die Wiedergabe der Begründung des Bescheides vom 5. Oktober 2006 um folgende Begründung ergänzt:

"Die nach dem zuletzt aufhebenden Erkenntnis weiter beschäftigten Sachverständigen kamen zu keinem anderen Ergebnis als bisher.

Die diesbezüglichen Gutachten waren schlüssig, klar und eindeutig.

Auf Grund der Empfehlung des technischen Sachverständigen wurde die Ausführung der Wälle im Spruch des gegenständlichen Bescheides genauer spezifiziert, sodass nun mit keiner wie immer gearteten Beeinträchtigung des Nachbarn zu rechnen ist."

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das vorliegende Beschwerdeverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass nunmehr schon zwei Ersatzbescheide der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben werden mussten. Zuletzt musste die Aufhebung im hg. Erkenntnis vom 28. März 2007, Zl. 2006/04/0228, mit einem Verstoß gegen § 63 VwGG begründet werden.

2. Der Beschwerdeführer wendet nunmehr gegen den im vierten Rechtsgang ergangenen angefochtenen Ersatzbescheid ein, auch dieser erfülle entgegen § 63 VwGG nicht die Vorgaben des zuletzt ergangenen Vorerkenntnisses.

3. Die nach § 63 Abs. 1 VwGG eingetretene Bindung besteht nicht nur für die belangte Behörde, sondern auch für den Verwaltungsgerichtshof selbst bei Prüfung des Ersatzbescheides. Einen gemäß § 63 Abs. 1 VwGG erlassenen Ersatzbescheid kann der Verwaltungsgerichtshof (über neuerliche Beschwerde) daher nur dahin prüfen, ob er der im vorangegangenen aufhebenden Erkenntnis geäußerten Rechtsanschauung entspricht. Eine solche Bindung wird in der Rechtsprechung auch hinsichtlich jener Fragen angenommen, die der Verwaltungsgerichtshof nicht ausdrücklich behandelt hat, die aber eine notwendige Voraussetzung seines aufhebenden Erkenntnisses bilden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. März 2008, Zl. 2007/09/0336, mwN).

4. Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die belangte Behörde vertrete im nunmehr angefochtenen Bescheid weiterhin jene unrichtige Rechtsauffassung, welche zur Aufhebung des zuletzt angefochtenen Bescheides mit hg. Erkenntnis vom 28. März 2007, Zl. 2006/04/0228, geführt habe.

In dem zitierten Erkenntnis erkannte der Verwaltungsgerichtshof einen Verstoß gegen § 63 VwGG, weil die belangte Behörde im (dortigen) Bescheid vom 5. Oktober 2006 neuerlich die Auffassung vertreten habe, es sei bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Belästigungen des Beschwerdeführers zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer im Wissen um den Bestand der Betriebsanlage an seiner nunmehrigen Adresse angesiedelt habe. Dies leitete der Verwaltungsgerichtshof aus der wörtlichen Wiedergabe der Begründung des angefochtenen Bescheides ab.

Nun ist dem Beschwerdeführer zuzugestehen, dass sich die Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides von jener des mit dem zitierten hg. Erkenntnis aufgehobenen Bescheides vom 5. Oktober 2006 nur marginal unterscheidet. Damit widerspricht zwar die rechtliche Begründung, in der (unverändert wie im Bescheid vom 5. Oktober 2006) ausgeführt wird, dass von der Einholung eines neuerlichen medizinischen Gutachtens abgesehen wird, dem Umstand, dass von der belangten Behörde im vierten Rechtsgang ein neuerliches medizinisches Gutachten eingeholt wurde, dies führt aber noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat nämlich den Zumutbarkeitsmaßstab in Beachtung der Vorerkenntnisse nunmehr beachtet:

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Zumutbarkeitsmaßstab im Vorerkenntnis vom 6. April 2005, Zl. 2000/04/0067, darauf hingewiesen, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 81 GewO 1994 keine anderen seien als jene, an die das Gesetz im § 77 GewO 1994 die Errichtung einer Anlage knüpfe und dass dem § 81 GewO 1994 eine den § 79 Abs. 2 GewO 1994 vergleichbare Sonderregelung für neu hinzukommende Nachbarn fremd sei.

Dass bei der Beurteilung, ob Belästigungen der Nachbarn zumutbar sind, auf die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse abzustellen ist, ergibt sich bereits aus § 77 Abs. 2 GewO 1994.

Eine solche Beurteilung hat die belangte Behörde vorgenommen:

5. Was die im zuletzt ergangenen Vorerkenntnis vom 28. März 2007 angeführte Notwendigkeit der Einholung eines neuerlichen medizinischen Gutachtens und die Notwendigkeit von schlüssigen, erforderlichenfalls auf ein gewerbetechnisches Gutachten gestützten Feststellungen zu den Unterschieden der gemessenen Lärmwerte anlangt, ist festzuhalten, dass die belangte Behörde in Entsprechung des § 63 VwGG das Ermittlungsverfahren ergänzte und entsprechende Gutachten eingeholt hat.

Der gewerbetechnische Sachverständige kommt in seinem Gutachten in einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Weise auf das Wesentlichste zusammengefasst zum Ergebnis, die von den Vorinstanzen und der belangten Behörde vorgenommenen Lärmmessungen seien aus fachlicher Sicht als ausreichend und als einander ergänzend anzusehen und hinsichtlich der Störgeräuschwerte sei von der belangten Behörde eine umfangreichere Messung durchgeführt worden.

Der medizinische Sachverständige kommt aufbauend auf diese Messungen im Wesentlichen zum Ergebnis, durch die vorliegende Betriebsanlagenänderung würden keine Lärmimmissionen hervorgerufen, die zu einer Gefährdung der Gesundheit oder einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens führten.

Diesen nicht als unschlüssig zu erkennenden Sachverständigenausführungen tritt der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen.

Die Sachverständigen bezogen dabei den Umstand, dass sich bereits seit dem Jahr 1947 eine Kraftwageneinstellhalle für drei Lkw am verfahrensgegenständlichen Standort befinde, dahingehend in ihre Überlegungen mit ein, als die durch diesen Betrieb verursachten Geräuschimmissionen nicht als durch die projektierte Änderung herbeigeführte Lärmereignisse angesehen werden könnten.

Im Zusammenhang mit der Feststellung der belangten Behörde, dass im Jahr 1947 bereits die Errichtung einer Lkw-Garage bzw. eines Lkw-Abstellplatzes genehmigt worden sei, können diese Ausführungen dahingehend verstanden werden, dass sie dem Gegenstand eines Verfahrens nach § 81 Abs. 1 GewO 1994 folgend jenes Maß an Emissionen feststellen, um welches die von der bereits genehmigten Betriebsanlage ausgehenden Immissionen erhöht werden, sowie gegenüber der genehmigten Betriebsanlage allfällig neu auftretende Immissionen bestimmen (vgl. hiezu die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung3 (2011), Seite 902 f Rz. 14 zu § 81 GewO 1994 wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Die somit von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung der Auswirkung der Änderung der Betriebsanlage ist daher - nach dem maßgeblichen Maßstab des § 63 VwGG - nicht als rechtswidrig zu erkennen.

6. Soweit der Beschwerdeführer nunmehr behauptet, die belangte Behörde habe bei der Genehmigung der Betriebsanlagenänderung die bereits genehmigten Anlagenteile in keiner Weise berücksichtigt und er sei von der Betriebsanlage unzumutbar durch Staub, Rauch und Geruch belästigt, kann er - vor dem Hintergrund der zitierten Vorerkenntnisse und § 63 VwGG - eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dartun.

7. Der Beschwerdeführer rügt jedoch weiters, die belangte Behörde würde ein weiteres Mal dem Erfordernis einer datumsmäßigen Präzisierung der im Spruch des angefochtenen Bescheides bezeichneten Pläne nicht Rechnung tragen. Der Beschwerdeführer bringt in diesem Zusammenhang vor, der angefochtene Bescheid verweise wiederum auf Pläne, die angeblich am Gemeindeamt R aufgelegen seien. Im erstinstanzlichen Verfahren seien vom Mitbeteiligten am 5. November 1992 ein völlig ungenauer Lageplan und in der Verhandlung vom 8. Mai 1996 ein bloß ungenau handschriftlich skizzierter Lageplan über die Lage der Erdwälle vorgelegt worden. Wie bei einer Akteneinsicht am 20. November 2011 festgestellt habe werden können, hätten sich in den Akten des Amtes der Tiroler Landesregierung drei Pläne mit Erdwällen befunden, die sich inhaltlich unterschieden und datumsmäßig nicht identifizierbar wären.

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass sich die im Spruch des nunmehr angefochtenen Bescheides enthaltene Aufzählung und somit vorgenommene Individualisierung der Pläne nicht von jener im Spruch des zuletzt mit dem Vorerkenntnis vom 28. März 2007 aufgehobenen Bescheides vom 5. Oktober 2006 unterscheidet. Diese Pläne sind im Spruch unverändert dahingehend individualisiert, dass sie mit einem Genehmigungsvermerk der belangten Behörde vom 2. Februar 2000 versehen seien.

Derartige wie im Spruch des angefochtenen Bescheides umschriebene, mit einem Genehmigungsvermerk der belangten Behörde vom 2. Februar 2000 versehene Pläne liegen aber wiederum nicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten auf.

Damit ist es dem Verwaltungsgerichtshof wiederum nicht möglich zu überprüfen, ob die im Spruch des angefochtenen Bescheides bezeichneten Pläne entgegen dem oben wiedergegebenen Vorbringen des Beschwerdeführers das genehmigte Projekt ausreichend konkretisieren (vgl. hiezu nochmals das zitierte Vorerkenntnis vom 17. April 1998).

8. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 17. April 2012

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