Normen
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2011:2009030163.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.717,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war Inhaberin einer am 4. Juni 2002 ausgestellten Waffenbesitzkarte Nr A-02 und eines am 17. Juni 2003 ausgestellten Waffenpasses Nr A-01.
Mit Mandatsbescheid vom 15. April 2005 verhängte die Bundespolizeidirektion Wien (BPD Wien) über die Beschwerdeführerin ein Waffenverbot. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin, rechtsfreundlich vertreten durch den nunmehrigen Beschwerdeführervertreter, mit Schriftsatz vom 28. April 2005 eine Vorstellung und beantragte gleichzeitig, in der "rubrizierten Rechtssache" (III-W-334/AB/81 "wegen Waffenverbot") "alle Zustellungen von nun an den ausgewiesenen Vertreter vorzunehmen". Mit Bescheid vom 6. März 2006 hob die im Devolutionsweg zuständig gewordene belangte Behörde das Waffenverbot auf. Die behördlich hinterlegten waffenrechtlichen Dokumente wurden der Beschwerdeführerin in weiterer Folge über Antrag ihres Rechtsvertreters vom 30. März 2006 (bei der BPD Wien eingelangt am 3. April 2006) wieder ausgefolgt.
Im Februar 2008 veranlasste die Bundespolizeidirektion Wien eine waffenrechtliche Überprüfung der Beschwerdeführerin gemäß § 25 Waffengesetz 1996 (WaffG), die am 18. März 2008 stattfand. Im Zuge dessen wurde der Beschwerdeführerin nach der Aktenlage ein Formular mit der Aufforderung zur Beibringung des Schulungsnachweises ausgefolgt. Mit Schreiben vom 24. September 2008 wurde die Beschwerdeführerin neuerlich aufgefordert, einen Schulungsnachweis (insbesondere durch Vorlage einer gültigen Jagdkarte) zu erbringen. Diese Aufforderung langte nach Hinterlegung beim zuständigen Postamt unbehoben an die Behörde zurück.
Mit Schreiben vom 4. November 2008 verständigte die BPD Wien die Beschwerdeführerin davon, dass beabsichtigt sei, ihre waffenrechtlichen Dokumente mangels nachgewiesener Verlässlichkeit zu entziehen, und gab ihr Gelegenheit, dazu binnen einer Woche Stellung zu nehmen. Auch diese Sendung wurde beim zuständigen Postamt hinterlegt und langte unbehoben an die Behörde zurück.
Mit gesonderten Bescheiden jeweils vom 21. Jänner 2009 entzog die BPD Wien der Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 6 WaffG die Waffenbesitzkarte und den Waffenpass. Diese Bescheide (sie trugen jeweils das Aktenzeichen III-W-334/AB/81 und nannten im Betreff: "Entziehung der Waffenbesitzkarte" bzw "Entziehung des Waffenpasses") wurden - wie schon die vorangegangenen behördlichen Schreiben im Überprüfungsverfahren - an die Beschwerdeführerin persönlich adressiert und nach einem erfolglosen Zustellversuch am 28. Jänner 2009 beim zuständigen Postamt hinterlegt. Beginn der Abholfrist war der 29. Jänner 2009.
Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2009 beantragte die Beschwerdeführerin, vertreten durch den Beschwerdeführervertreter, die Zustellung der Entziehungsbescheide an den Rechtsvertreter. Sie wies darauf hin, dass die Bescheide an sie persönlich gerichtet worden seien, obwohl ihr Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 28. April 2005 das Vollmachtsverhältnis bekannt gegeben und ausdrücklich beantragt habe, alle Zustellungen von nun an ihn vorzunehmen. Aus "advokatorischer Vorsicht" erhob die Beschwerdefüherin überdies gegen die Entziehungsbescheide Berufung und stellte in eventu den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Berufungsfrist. Dazu brachte sie vor, sie habe sich in der Zeit vom 4. Februar bis 10. Februar 2009 in stationärer Behandlung im Krankenhaus befunden. Dem Krankenhausaufenthalt seien schwere Koliken, schwere Schmerzen, Untersuchungen und dadurch ausgelöster Stress vorausgegangen. Sie sei daher gehindert gewesen, Berufung zu erheben.
Mit Bescheid vom 26. Februar 2009 wies die BPD Wien den Antrag auf neuerliche Zustellung der Entziehungsbescheide und den Wiedereinsetzungsantrag ab.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung, die der belangten Behörde (gemeinsam mit den Berufungen der Beschwerdeführerin gegen die Entziehungsbescheide) vorgelegt wurde.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid (hg Zl 2009/03/0163) wies die belangte Behörde die Berufung gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid betreffend den Waffenpass gemäß § 66 Abs 4 iVm § 63 Abs 5 AVG als verspätet zurück.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid (hg Zl 2009/03/0164) erging eine gleichlautende Entscheidung in Bezug auf den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid betreffend die Waffenbesitzkarte.
Mit dem drittangefochtenen Bescheid (hg Zl 2009/03/0165) gab die belangte Behörde der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 26. Februar 2009 (Abweisung des Zustellantrages und des Wiedereinsetzungsantrages) keine Folge.
Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der erstinstanzliche Bescheid sei der Beschwerdeführerin am 29. Jänner 2009 wirksam zugestellt worden. Die Vollmachtsbekanntgabe des Rechtsvertreters vom 28. April 2005 habe sich nur auf das Verfahren zur Erlassung eines Waffenverbots bezogen, das im Frühjahr 2006 beendet worden sei. Am 3. April 2006 sei der Rechtsfreund der Beschwerdevertreterin mit einem Antrag auf Ausfolgung von waffenrechtlichen Dokumenten und Waffen letztmals im Verfahren "Waffenverbot" eingeschritten. Erst im Februar 2008 habe die Erstbehörde ein neues Verwaltungsverfahren (Überprüfung gemäß § 25 WaffG) eingeleitet, das mit den Entziehungsbescheiden geendet habe. Auf dieses habe sich die Vollmacht nicht bezogen, zumal eine "Generalvollmacht" für alle künftig anfallenden Verfahren unzulässig sei. Dem Antrag auf "gesetzeskonforme Zustellung" der Entziehungsbescheide an den Rechtsvertreter komme deshalb keine Berechtigung zu. Die Berufungsfrist habe infolge wirksamer Zustellung am 29. Jänner 2009 daher am 12. Februar 2009 geendet, weshalb die erst am 24. Februar 2009 erhobenen Berufungen verspätet gewesen seien. In Bezug auf den Wiedereinsetzungsantrag habe es die Beschwerdeführerin verabsäumt, einen Nachweis dafür zu bringen, dass sie bereits vor ihrem Krankenhausaufenthalt nicht in der Lage gewesen sei, die Postsendung abzuholen oder mit ihrem Rechtsvertreter in Kontakt zu treten. Darüber hinaus wäre der Beschwerdeführerin auch nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus noch Zeit für eine Berufung geblieben. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs 1 Z 1 AVG lägen daher nicht vor.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Antrag, sie wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerden kostenpflichtig (verzeichnet wurde ein dreifacher Vorlage- und Schriftsatzaufwand) abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde macht geltend, die belangte Behörde räume ein, dass am 3. April 2006 (sohin nach rechtskräftiger Beendigung des Waffenverbotsverfahrens) der Rechtsfreund der Beschwerdeführerin wegen Ausfolgung von waffenrechtlichen Dokumenten eingeschritten sei. Bereits aus diesen Ausführungen der belangten Behörde müsse klar sein, dass das Vollmachtsverhältnis nicht nach der rechtskräftigen Behebung des Mandatsbescheides im Verfahren betreffend das Waffenverbot beendet gewesen sei. In der Vollmachtsbekanntgabe vom 28. April 2005 sei ausdrücklich die Geschäftszahl der Erstbehörde (III-W-334/AB/81) genannt und ausgeführt worden, dass in dieser Rechtssache Vollmacht erteilt wurde. Wesentlich sei nun, dass die erstinstanzlichen Bescheide vom 21. Jänner 2009, mit denen die Waffenbesitzkarte und der Waffenpass entzogen worden seien, unter dem angegebenen Aktenzeichen (III-W-334/AB/81) der Erstbehörde erlassen worden seien. Genau in diesem Verfahren sei aber Vollmacht gelegt und ausdrücklich beantragt worden, dass Zustellungen von nun an den ausgewiesenen Vertreter vorgenommen werden mögen. Eine "Generalvollmacht" für alle künftig anfallenden Verfahren habe die Beschwerdeführerin nicht behauptet, sondern es sei eine Vollmacht betreffend ein nach der Aktenzahl umschriebenes Verfahren gelegt und die Zustellung in diesem Verfahren an den einschreitenden Rechtsvertreter beantragt worden. Dass in der Vollmachtsbekanntgabe als Betreff "Waffenverbot" angegeben worden sei, habe nur der Information der Behörde gedient. Bei Zweifel hinsichtlich des Bestehens der Vollmacht hätte der Beschwerdeführerin eine Verbesserung aufgetragen werden müssen.
Darauf ist Folgendes zu erwidern:
Gemäß § 10 Abs 1 AVG können sich Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens grundsätzlich von Bevollmächtigten vertreten lassen. Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich gemäß § 10 Abs 2 AVG nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs 3 AVG von Amts wegen zu veranlassen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesen Bestimmungen ist die Behörde aufgrund der Vorlage einer allgemeinen Vollmacht in einem bestimmten Verfahren nicht berechtigt, die Partei auch im Verfahren über eine andere bereits schwebende oder erst später anhängig werdende Rechtsangelegenheit ebenfalls als durch den einmal ausgewiesenen Gewalthaber vertreten zu behandeln, es sei denn, die Partei hat ihren Willen, sich auch in diesem weiteren Verfahren eben dieses Vertreters zu bedienen, unmissverständlich zu erkennen gegeben. Dazu reicht die Tatsache alleine, dass in der einen Rechtssache eine Vollmacht vorgelegt worden ist, die eine Ermächtigung zur Vertretung "in allen Angelegenheiten" beurkundet, nicht aus. Die Erteilung einer "Generalvollmacht" für alle (anhängigen oder künftig anfallenden) Verfahren ist unzulässig. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Vollmacht auch für ein anderes Verfahren als erteilt anzusehen ist, ist vielmehr entscheidend, ob ein so enger Verfahrenszusammenhang besteht, dass von derselben Angelegenheit oder Rechtssache gesprochen werden kann. Ist dies nicht der Fall, dann kommt es darauf an, ob eine Parteienerklärung vorliegt, die so gedeutet werden kann, dass auch das jeweilige weitere oder andere Verfahren von der Vertretungsbefugnis des für das Erstverfahren Bevollmächtigten erfasst sein soll (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom 18. Juni 1990, Slg 13221/A, vom 25. März 1996, Zl 95/10/0052 und vom 3. Juli 2001, Zl 2000/05/0115, sowie zur Unzulässigkeit der "Generalvollmacht" etwa die hg Erkenntnisse vom 19. Juni 1991, Zl 90/03/0198, und vom 19. Oktober 1994, Zl 94/03/0121).
Die Beschwerdeführerin hat in dem gegen sie geführten Verfahren wegen eines Waffenverbots dem Beschwerdeführervertreter Vollmacht erteilt und dies der Waffenbehörde mitgeteilt. Dieses Verfahren wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. März 2006 rechtskräftig abgeschlossen.
Davon ist das (knapp) zwei Jahre später begonnene, der Sache nach nicht idente gegenständliche Verfahren zur Überprüfung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit der Beschwerdeführerin nach § 25 WaffG zu unterscheiden, das letztlich mit der Entziehung ihrer waffenrechtlichen Urkunden geendet hat. Nach dem Verfahrensgegenstand kann daher kein enger Zusammenhang mit dem Waffenverbotsverfahren gesehen werden, der die dort erteilte Vollmacht auch im gegenständlichen Fall anwendbar machte. Auch lag den Waffenbehörden vor der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 24. Februar 2009 keine Parteienerklärung vor, die so gedeutet werden hätte können, dass von der Vertretungsbefugnis des im Waffenverbotsverfahren Bevollmächtigten auch das nunmehrige Verfahren umfasst sei. Es trifft zwar zu, dass die Waffenbehörde den Waffenakt der Beschwerdeführerin nur unter einer Aktenzahl geführt und die Beschwerdeführerin diese Aktenzahl im Rubrum ihrer Vollmachtsbekanntgabe vom 28. April 2005 auch angegeben hat. Ungeachtet dessen bezog sich diese Vollmachtsbekanntgabe aufgrund der zusätzlich vorgenommenen Präzisierung ("wegen Waffenverbot") eindeutig nur auf das Waffenverbotsverfahren. Auch aus dem Antrag vom 30. März 2006 auf Ausfolgung der im Waffenverbotsverfahren behördlich einbehaltenen waffenrechtlichen Urkunden lässt sich nicht entnehmen, dass die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsfreund damit für das gegenständliche Überprüfungsverfahren nach § 25 WaffG (das zum damaligen Zeitpunkt auch noch gar nicht eingeleitet war) Vollmacht erteilt hätte. Umstände, die Zweifel über den Umfang der seinerzeit erteilten Vollmacht erwecken hätten können und die Grund für einen Verbesserungsauftrag gegeben hätten, lagen bei dieser Sachlage nicht vor.
Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie von der Rechtmäßigkeit der Zustellungen an die Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Überprüfungsverfahren nach § 25 WaffG ausgegangen ist. Demzufolge erfolgte die Zurückweisung ihrer Berufungen gegen die erstinstanzlichen Bescheide vom 21. Jänner 2009 wegen Verspätung und die im Instanzenzug ergangene Abweisung ihres Antrages vom 24. Februar 2009 auf "gesetzeskonforme" Zustellung dieser Bescheide an den Bevollmächtigten zu Recht.
2. Zur Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages führt die Beschwerdeführerin aus, dass die Wiedereinsetzung selbst bei leichter Fahrlässigkeit der Beschwerdeführerin zu bewilligen sei. Da sie unter schweren Koliken und Schmerzen zu leiden gehabt habe, Untersuchungen über sich ergehen habe lassen müssen und aufgrund ihrer Krebserkrankung auch im höchsten Stress gewesen sei, stelle es keine Sorgfaltswidrigkeit dar, unmittelbar vor bzw nach einem Spitalsaufenthalt eine Briefsendung der Behörde nicht abgeholt zu haben. Selbst wenn man dies als Nachlässigkeit werte, könne das Maß dieser Nachlässigkeit wohl nur mit ganz geringer Fahrlässigkeit klassifiziert werden. Soweit die belangte Behörde ausführe, dass die Beschwerdeführerin keinen Nachweis für ihre Behauptungen erbracht habe, sei darauf zu verweisen, dass sie im Antrag als Beweismittel ausdrücklich ihre Parteienvernehmung angeboten habe, die von der belangten Behörde nicht durchgeführt worden sei. Hätte die belangte Behörde die beantragte Einvernahme durchgeführt, wäre ohne jeden Zweifel erkannt worden, dass die Beschwerdeführerin sich vom 4. Februar bis 10. Februar 2009 in stationärer Behandlung im Krankenhaus befunden habe und dem Krankenhausaufenthalt schwere Koliken, schwere Schmerzen, Untersuchungen und dadurch ausgelöster Stress vorausgegangen seien.
Darauf ist zu erwidern, dass § 71 Abs 1 Z 1 AVG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist (hier: der Berufungsfrist gegen die erstinstanzlichen Bescheide vom 21. Jänner 2009) dann vorsieht, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten, und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens an der Versäumung trifft.
Nach der hg Rechtsprechung erfüllt eine krankheitsbedingte Säumnis die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann, wenn die Krankheit zu einer Dispositionsunfähigkeit des Betroffenen geführt hat oder die Dispositionsfähigkeit so stark beeinträchtigt hat, dass das Unterbleiben der fristwahrenden Handlung in einem milderen Licht - nämlich als bloß minderer Grad des Versehens - zu beurteilen ist (vgl dazu etwa das hg Erkenntnis vom 22. Juli 2004, Zl 2004/20/0122, mwN). Es wurde auch bereits erkannt, dass es für die Wiedereinsetzung nicht ausreicht, wenn die Partei gehindert war, die fristwahrende Handlung selbst zu setzen. Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt nur vor, wenn die Partei auch gehindert war, der Fristversäumung durch andere geeignete Dispositionen - im Besonderen durch Beauftragung eines Vertreters -
entgegen zu wirken (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 29. November 2007, Zl 2007/21/0308) bzw ihr auch insofern nur ein leicht fahrlässiges Fehlverhalten vorgeworfen werden könnte.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde nicht in Zweifel gezogen, dass sich die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom
4. bis 10. Februar 2009 wegen der Behandlung ihrer Krebserkrankung in stationärer Spitalsbehandlung befand. Sie hat der Beschwerdeführerin aber entgegen gehalten, dass sie in der Zeit davor und danach die Möglichkeit zu fristwahrendem Verhalten gehabt hätte. Nur in diesem Zusammenhang hat sie auch damit argumentiert, dass die Beschwerdeführerin für die behaupteten gesundheitlichen Probleme (Koliken, Schmerzen, Untersuchungen) keine ärztlichen Nachweise vorgelegt habe.
Der Beschwerde ist zuzustimmen, dass die Beschwerdeführerin "zum Beweis" ihres diesbezüglichen Vorbringens auch die Parteienvernehmung angeboten hat, die von den Waffenbehörden nicht durchgeführt worden ist. Es lässt sich auch nicht ohne Weiteres ausschließen, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Einvernahme die vorgebrachten gesundheitlichen Probleme insbesondere im Vorfeld des Spitalsaufenthalts bescheinigen hätte können. Unter Zugrundelegung ihres behaupteten Sachverhalts erweist sich die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags im Ergebnis dennoch als richtig:
Fallbezogen darf nämlich nicht übersehen werden, dass die Beschwerdeführerin bereits seit März 2008 (also seit jenem Zeitpunkt, zu dem ihr das Überprüfungsverfahren nach § 25 WaffG nach der Aktenlage bekannt war) davon in Kenntnis war, dass die Waffenbehörde ihre waffenrechtliche Verlässlichkeit einer Überprüfung unterzieht. Im Zuge des weiteren Verfahrens hat die BPD Wien mehrfach versucht, die Beschwerdeführerin schriftlich zur Mitwirkung zu veranlassen bzw mit den vorläufigen Beweisergebnissen zu konfrontieren. Deshalb konnte es für die Beschwerdeführerin nicht überraschend kommen, dass ihr mit den erstinstanzlichen Bescheiden vom 21. Jänner 2009 die waffenrechtlichen Urkunden mangels Verlässlichkeit entzogen wurden. Selbst unter Berücksichtigung ihrer Erkrankung war bei dieser Sachlage zu erwarten, dass sie für ihre Vertretung im waffenrechtlichen Verfahren Vorsorge trifft. Hinzu kam, dass die Beschwerdeführerin vom Beschwerdeführervertreter schon im Waffenverbotsverfahren vertreten worden war und dieser - folgt man dem Beschwerdevorbringen - sie auch in weiteren waffenrechtlichen Verfahren vertreten sollte, weil der Auftrag an ihn auch diese umfasste. Es hätte daher ausgereicht, den Rechtsvertreter zeitgerecht zum Einschreiten im Überprüfungsverfahren nach § 25 WaffG aufzufordern bzw ihn nach Kenntnis von der vorgenommenen Hinterlegung der erstinstanzlichen Bescheide vom 21. Jänner 2009 darüber zu informieren und so zu veranlassen, dass er die rechtlichen Belange der Beschwerdeführerin wahrnimmt. Da die Beschwerdeführerin die - auch unter Berücksichtigung ihrer Erkrankung - im Umgang mit der Waffenbehörde zumutbare Sorgfalt somit nicht aufwandte, kann die Versäumung der Berufungsfrist im gegenständlichen Fall nicht als minderer Grad des Versehens beurteilt werden.
Die Beschwerde ist deshalb unbegründet und gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455. Da die belangte Behörde nur einen (einheitlichen) Waffenakt in Bezug auf sämtliche angefochtenen Bescheide vorgelegt hat, gebührt der Vorlageaufwand nur einmal.
Wien, am 27. Jänner 2011
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)