VwGH 2009/03/0016

VwGH2009/03/001625.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Ö AG in W, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission, Senat für Postregulierung, vom 9. Dezember 2008, Zl PR1/08-24, betreffend Aufsichtsmaßnahmen nach dem Postgesetz 1997, zu Recht erkannt:

Normen

31997L0067 Postdienste-RL Art12;
62006CJ0287 Deutsche Post VORAB;
AVG §59 Abs1;
PostG 1997 §10 Abs1;
PostG 1997 §10 Abs2;
PostG 1997 §27 Abs3;
PostG 1997 §9 Abs1;
PostG 1997 §9 Abs4;
PostG 1997;
VVG §4;
VwRallg;
31997L0067 Postdienste-RL Art12;
62006CJ0287 Deutsche Post VORAB;
AVG §59 Abs1;
PostG 1997 §10 Abs1;
PostG 1997 §10 Abs2;
PostG 1997 §27 Abs3;
PostG 1997 §9 Abs1;
PostG 1997 §9 Abs4;
PostG 1997;
VVG §4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gemäß § 27 Abs 3 iVm § 10 Abs 1 bis 3 sowie § 9 Abs 4 Postgesetz 1997, BGBl I Nr 18/1998 idgF (PostG 1997) Folgendes angeordnet:

"1. Die Ö AG hat der Telekom-Control-Kommission, Senat für Post-Regulierung, einen Antrag auf Genehmigung der von der Ö AG im Bereich des reservierten Postdienstes gewährten Sondertarife (im Folgenden auch als "Rabatte" bezeichnet) vorzulegen.

2. Die Ö AG hat die von ihr außerhalb des reservierten Postdienstes aber im Bereich des Universaldienstes gewährten Rabatte der RTR-GmbH anzuzeigen."

Die für die Umsetzung der Spruchpunkte 1 und 2 notwendigen Unterlagen seien der zuständigen Behörde bis zum 19. Jänner 2009, 12 Uhr, zu übermitteln.

2. Begründend führte die belangte Behörde nach einer Wiedergabe des Verfahrensgangs im Wesentlichen Folgendes aus:

Die Regulierung von Entgelten eines marktbeherrschenden Unternehmens sei eine wesentliche Maßnahme sektorspezifischer Wettbewerbsregulierung. Hauptziel dieser Entgeltregulierung sei dabei Transparenz als Basis zur Durchsetzbarkeit von Nichtdiskriminierung. Die Gewährung von Rabatten könne dann diskriminierend sein, wenn sie nur von bestimmten Kunden in Anspruch genommen werden dürfe, oder wenn Rabatte vergleichbaren Kunden in unterschiedlicher Höhe angeboten würden. Art 12 der Richtlinie 97/67/EG sehe vor, dass Tarife im Universaldienstbereich, der auch den reservierten Bereich mit einschließe, transparent und nicht diskriminierend sein müssten. Diese Bestimmung umfasse ausdrücklich auch die Sondertarife (Rabatte). Im österreichischen Postrecht seien die Rahmenbedingungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgelte in den §§ 9 ff PostG 1997 festgelegt. Demnach bestehe zwar keine Verpflichtung zur Gewährung von Sondertarifen; würden solche jedoch gewährt, unterlägen sie im Bereich des reservierten Postdienstes der Verpflichtung zur Genehmigung durch die Regulierungsbehörde sowie im Universaldienstbereich außerhalb des reservierten Bereiches der Anzeigepflicht.

Gemäß § 10 Abs 1 PostG 1997 seien die Entgelte für den reservierten Postdienst in den Geschäftsbedingungen zu regeln, wobei die Entgelte der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde bedürften. Nach dem Wortlaut des § 10 Abs 1 leg cit umfasse die Genehmigungsverpflichtung neben den Standardtarifen ausdrücklich auch Sondertarife. Bei "Entgelten" handle es sich im Allgemeinen um Standardtarife. Sondertarife seien Entgelte, die von den Standardtarifen abwichen und im allgemeinen österreichischen Sprachgebrauch als "Rabatte", mitunter auch als "Entgeltermäßigungen" bezeichnet würden.

Zur Auffassung der Beschwerdeführerin, eine gesetzliche Verpflichtung für eine Genehmigung von Rabatten lasse sich aus dem PostG 1997 nicht ableiten, könne man nur gelangen, wenn man Rabatte weder als Entgelte bzw Reduktion von Entgelten noch als Teil der Geschäftsbedingungen ansehe. Da Rabattregelungen aber ihrem wesentlichen Inhalt nach die Entgelte einer bestimmten Gruppe von Kunden beeinflussten und änderten, seien sie nach Auffassung der belangten Behörde eindeutig als Entgelte bzw Teil von Entgelten anzusehen. Die gegenteilige Auffassung führe nicht nur zu einem Verstoß gegen die ausdrückliche Bestimmung des § 10 Abs 1 PostG 1997, sondern hätte auch zur Folge, dass die Genehmigung von Standardentgelten ad absurdum geführt würde, weil die Beschwerdeführerin durch die beliebige Gewährung von Rabatten jegliche bereits genehmigte Standardentgelte "umgehen und bereits erfolgten Genehmigungen von Standardentgelten die Sinnhaftigkeit nehmen würde".

Rabatte (als Ermäßigung von Entgelten) unterlägen im reservierten Bereich des Universaldienstes also der Genehmigungspflicht, im übrigen Universaldienstbereich der Anzeigeverpflichtung.

Da die Beschwerdeführerin den dargestellten Verpflichtungen hinsichtlich der gewährten Sondertarife nicht nachgekommen sei, habe die Regulierungsbehörde gemäß § 27 Abs 3 PostG 1997 eine bescheidmäßige Anordnung zu treffen gehabt. Die Festsetzung der Leistungsfrist mit 19. Jänner 2009 gründe sich auf § 59 Abs 2 AVG. Da die Beschwerdeführerin schon mit Einleitung der Aufsichtsmaßnahmen am 15. April 2008 über den Missstand in Kenntnis gesetzt worden sei, und den Anordnungen aus wirtschaftlicher und technischer Sicht jedenfalls binnen der festgesetzten Frist nachkommen könne, sei die festgesetzte Leistungsfrist angemessen.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die maßgebenden Bestimmungen des Postgesetzes 1997, BGBl I Nr 18/1998 idF BGBl I Nr 67/2007 (PostG 1997), lauten:

"Kontrahierungszwang

§ 8. Der Betreiber ist verpflichtet, mit jedermann unter Einhaltung der Geschäftsbedingungen einen Vertrag über die Teilnahme am reservierten Postdienst und am Universaldienst abzuschließen.

Allgemeine Geschäftsbedingungen für den reservierten Postdienst und den Universaldienst

§ 9. (1) Für den reservierten Postdienst hat der Betreiber allgemeine Geschäftsbedingungen zu erlassen. Diese Geschäftsbedingungen bedürfen der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde. Sie sind der Behörde mindestens zwei Monate vor der beabsichtigten Veröffentlichung vorzulegen.

(2) Die Genehmigung ist zu verweigern, wenn

1. Nutzer- und Marktbedürfnisse nicht ausreichend gedeckt werden,

2. die Qualität des Dienstleistungsangebotes oder die Angemessenheit der Entgelte nicht ausreichend sichergestellt sind und

3. die Geschäftsbedingungen gegen zwingendes Recht verstoßen.

(3) Die Regulierungsbehörde ist berechtigt, Auskunft über alle Umstände zu verlangen, die für die Genehmigung von Geschäftsbedingungen erforderlich sind. Ihre Organe oder die von ihr Beauftragten sind berechtigt, zu diesem Zweck auch in die Geschäftsaufzeichnungen des Betreibers Einsicht zu nehmen.

(4) Der Universaldienstbetreiber hat in Entsprechung der Vorgaben dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen allgemeine Geschäftsbedingungen für den Universaldienst zu erlassen. In diesen sind die angebotenen Dienste zu regeln und die vorgesehenen Entgelte festzulegen. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Universaldienst sind der Regulierungsbehörde bei Veröffentlichung zu übermitteln. § 9 Abs. 3 gilt sinngemäß.

(5) Die allgemeinen Geschäftsbedingungen sind vom Betreiber in geeigneter Form zu veröffentlichen. Sie haben auch zu regeln, wann sie in Kraft treten. Die Nutzer nicht ausschließlich begünstigende Änderungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen und neu erlassene allgemeine Geschäftsbedingungen treten frühestens zwei Monate nach Veröffentlichung in Kraft.

Entgelte für den reservierten Postdienst und den Universaldienst, Kostenrechnungssystem

§ 10. (1) Die Entgelte für den reservierten Postdienst sind in den Geschäftsbedingungen zu regeln. Die Entgelte bedürfen der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde. Die Genehmigung kann auch in der Form der Festlegung von Tarifentwicklungen (price-cap-Verfahren) erteilt werden; es können auch Sondertarife vorgesehen werden.

(2) Die Entgelte für den reservierten Postdienst und den Universaldienst sind auf alle Nutzer in gleicher Weise anzuwenden. Die Anwendung eines einheitlichen Entgelts für den Universaldienst schließt nicht das Recht des Betreibers des Universaldienstes aus, mit Nutzern individuelle Preisabsprachen zu treffen. Die Kriterien für solche Preisabsprachen sind der Regulierungsbehörde anzuzeigen und in geeigneter Form zu veröffentlichen; sie sind auf alle Nutzer in gleicher Weise anzuwenden und haben dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung zu entsprechen.

(3) Die Entgelte für den reservierten Postdienst und den Universaldienst sind so zu gestalten, dass sie jedenfalls einheitlich, allgemein erschwinglich und kostenorientiert sind. Durch Verordnung kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie die näheren Bestimmungen über die Gestaltung dieser Entgelte festlegen.

(4) Universaldienstbetreiber haben in ihren internen Kostenrechnungssystemen getrennte Konten zumindest für jeden Dienst des reservierten Bereichs einerseits und für die nichtreservierten Dienste andererseits zu führen. Bei den Konten für die nichtreservierten Dienste ist eine eindeutige Unterscheidung zwischen zum Universaldienst gehörenden Diensten und anderen Diensten zu treffen. Die internen Kostenrechnungssysteme haben auf der Grundlage einheitlich angewandter und sachlich zu rechtfertigender Grundsätze der Kostenrechnung zu funktionieren.

(5) Durch Verordnung kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie die näheren Bestimmungen über die Gestaltung der Kostenrechnungssysteme gemäß Abs. 4 und über die Berichtspflichten an die Regulierungsbehörde festlegen.

(6) Universaldienstbetreiber haben den Jahresabschluss einem unabhängigen Rechnungsprüfer zur Prüfung vorzulegen und zu veröffentlichen.

Überprüfung nicht genehmigungspflichtiger Entgelte

§ 10a. (1) Werden der Regulierungsbehörde Tatsachen bekannt, die die Annahme rechtfertigen, dass nicht genehmigungspflichtige Entgelte eines Universaldienstbetreibers nicht den Maßstäben des § 10 entsprechen, hat sie eine Überprüfung der Entgelte einzuleiten und dies dem Universaldienstbetreiber mitzuteilen.

(2) Die Regulierungsbehörde ist berechtigt, Auskünfte über alle Umstände die Entgelte betreffend zu verlangen. Ihre Organe oder die von ihr Beauftragten sind zu diesem Zweck auch berechtigt, in die Geschäftsaufzeichnungen des Betreibers Einsicht zu nehmen.

(3) Stellt die Regulierungsbehörde fest, dass die Entgelte nicht den Maßstäben des § 10 entsprechen, hat sie den Universaldienstbetreiber aufzufordern, die Entgelte unverzüglich den genannten Maßstäben anzupassen. Diese Aufforderung ist auf der Homepage der Regulierungsbehörde zu veröffentlichen.

(4) Erfolgt eine nach Abs. 3 geforderte Anpassung nicht, hat die Regulierungsbehörde das beanstandete Verhalten zu untersagen und die Entgelte für unwirksam zu erklären.

Postbehörden

§ 25. (1) ...

(2) Regulierungsbehörde im Sinne der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität und im Sinne dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, ab 1. Jänner 2008 die Regulierungsbehörde gemäß § 25a; bis zu diesem Zeitpunkt kann die RTR-GmbH zur administrativen Unterstützung der Regulierungsbehörde gegen Kostenersatz herangezogen werden.

Regulierungsbehörde

§ 25a. (1) Regulierungsbehörde ist die Telekom-Control-Kommission (§ 116 TKG 2003) und die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH.

(2) Für Zwecke der Post-Regulierung wird bei der Telekom-Control-Kommission ein zweiter Senat gebildet, dem anstelle des Mitglieds mit einschlägigen technischen Kenntnissen (§ 118 Abs. 1 TKG 2003) ein Mitglied mit Kenntnissen im Postwesen angehört. Die Bestellung dieses Mitglieds und des entsprechenden Ersatzmitglieds hat gemäß den Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 2003 zu erfolgen und ist auf die Funktionsperiode der Telekom-Control-Kommission abzustimmen.

(3) Die RTR-GmbH hat unter der Leitung des Geschäftsführers für den Fachbereich Telekommunikation als Geschäftsapparat der Telekom-Control-Kommission in Postangelegenheiten zu fungieren und darüber hinaus sämtliche Aufgaben wahrzunehmen, die im Postgesetz und in den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen der Regulierungsbehörde übertragen sind, sofern hiefür nicht die Telekom-Control-Kommission zuständig ist. § 6 KOG gilt mit der Maßgabe, dass die Aufsicht über die Tätigkeit der RTR-GmbH im Postbereich dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie obliegt.

(4) Sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, gelten die Verfahrensvorschriften des Telekommunikationsgesetzes 2003, insbesondere § 121 Abs. 5 TKG 2003, auch für Verfahren der RTR-GmbH und der Telekom-Control-Kommission in Postangelegenheiten.

(5) Die Telekom-Control-Kommission ist zuständig für

1. die Genehmigung von Geschäftsbedingungen und Entgelten gemäß §§ 9 und 10

2. die Überprüfung nicht genehmigungspflichtiger Entgelte gemäß §§ 4 und 10a

3. das Setzen von Aufsichtsmaßnahmen nach § 27 und Maßnahmen gemäß § 10a.

Zuständigkeit

§ 26. …

(4) Die Regulierungsbehörde ist zuständig für

1. die Genehmigung von Geschäftsbedingungen und Entgelten gemäß §§ 9 und 10;

2. die Überprüfung nicht genehmigungspflichtiger Entgelte gem. § 10a;

3. die Veröffentlichung der Liste der angezeigten Postdienste gem. § 15 und

4. das Setzen von Aufsichtsmaßnahmen nach § 27 und Maßnahmen gem. § 4 und § 10a.

Aufsichtsmaßnahmen

§ 27. (1) Als Aufsichtsmaßnahmen kommen in Betracht:

1. Erhebungen und Untersuchungen zur Überprüfung des Universaldienstes;

2. bescheidmäßige Aufträge zur Behebung von Leistungsmängeln, die das Erbringen des Universaldienstes insgesamt aber auch in Einzelfällen beeinträchtigen; solche Aufträge können sich insbesondere beziehen auf die flächendeckende Versorgung, auf die Dichte an Abhol- und Zugangspunkten und auf die Abhol- und Zustellfrequenz; sie können auch nur hinsichtlich einzelner Universaldienstleistungen (Produkte) erlassen werden; für die Behebung solcher Mängel ist eine angemessene Frist zu setzen;

3. bescheidmäßige Untersagung geplanter oder bereits getroffener Maßnahmen insgesamt oder im Einzelfall, wenn zu befürchten ist, dass dadurch die Erbringung des Universaldienstes gefährdet ist;

4. bescheidmäßige vorläufige Untersagung geplanter Maßnahmen, wenn rund zur Annahme besteht, dass die Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz oder einer aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung nicht eingehalten werden;

5. bescheidmäßige Übertragung des reservierten Postdienstes an einen anderen Betreiber;

6. bescheidmäßige Untersagung der Erbringung eines Postdienstes, wenn die Verpflichtungen gemäß diesem Bundesgesetz trotz Aufforderung durch die Behörde nicht erfüllt werden; dabei hat die Behörde auf die Angemessenheit der Maßnahme im Hinblick auf deren wirtschaftliche Auswirkung auf den Erbringer des Postdienstes Bedacht zu nehmen.

(2) Der Universaldienstbetreiber und die Erbringer anderer Postdienste sind verpflichtet, der Regulierungsbehörde auf Verlangen die Auskünfte zu erteilen, die für den Vollzug dieses Gesetzes und der einschlägigen internationalen Vorschriften notwendig sind. Die Regulierungsbehörde oder die von ihr Beauftragten sind zu diesem Zweck auch berechtigt, in die Geschäftsaufzeichnungen Einsicht zu nehmen.

(3) Die Regulierungsbehörde kann bescheidmäßig Anordnungen zur Durchführung der ihr insbesondere auf Grund dieses Bundesgesetzes zukommenden Rechte und Pflichten treffen. Die Betroffenen sind verpflichtet, solche Anordnungen zu befolgen."

2.1. Die belangte Behörde vertritt, wie dargestellt, die Auffassung, von der Genehmigungs- bzw Anzeigepflicht für Entgelte seien auch einzelnen Kunden gewährte Sondertarife bzw "Rabatte" umfasst.

2.2. Demgegenüber steht die Beschwerdeführerin auf dem Standpunkt, "individuelle Preisabsprachen" zählten nicht zu den genehmigungs- (im Bereich des reservierten Postdienstes) bzw anzeigepflichtigen (im Bereich des übrigen Universaldienstes) Entgelten. Ihrer Auffassung nach sei also zwischen "allgemeinen Entgelten", die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen zu regeln seien, und Entgeltermäßigungen (Rabatten), die in Einzelvereinbarungen zu regeln seien, zu unterscheiden. Sie beruft sich dazu im Wesentlichen auf Erwägungen des (historischen) Gesetzgebers und versucht den Nachweis zu führen, dass teleologische und systematische Interpretation ihre Auffassung ebenso stützten wie eine "gemeinschaftskonforme Interpretation".

3. Ausgangspunkt für die Beantwortung der strittigen Frage hat der Wortlaut des Gesetzes zu sein.

3.1. Vom Betreiber sind "allgemeine Geschäftsbedingungen" sowohl für den reservierten Postdienst (§ 9 Abs 1 PostG 1997) als auch für den übrigen Universaldienst (§ 9 Abs 4 PostG 1997) zu erlassen.

Gemäß § 9 Abs 4 zweiter Satz leg cit sind in den allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Universaldienst "die angebotenen Dienste zu regeln und die vorgesehenen Entgelte festzulegen".

Gemäß § 10 Abs 1 erster Satz leg cit sind die Entgelte für den reservierten Postdienst (ebenfalls) in den Geschäftsbedingungen zu regeln.

3.2. Die Entgeltregelung hat also sowohl hinsichtlich des reservierten Bereichs (§ 10 Abs 1 leg cit) als auch hinsichtlich des übrigen Universaldienstbereichs (§ 9 Abs 4 leg cit) in den vom Betreiber zu erlassenden allgemeinen Geschäftsbedingungen zu erfolgen.

Während § 10 Abs 1 leg cit hinsichtlich der Entgelte für die Leistungen im reservierten Bereich die Vorabgenehmigung durch die Regulierungsbehörde fordert, verlangt § 9 Abs 4 leg cit (idF seit der Novelle BGBl I Nr 2/2006) - bloß - die Übermittlung der die Entgelte enthaltenden allgemeinen Geschäftsbedingungen an die Regulierungsbehörde.

Die Genehmigung der Entgelte kann gemäß § 10 Abs 1 dritter Satz leg cit "auch in der Form der Festlegung von Tarifentwicklungen (price-cap-Verfahren) erteilt" werden, und es können (letzter Halbsatz) "auch Sondertarife vorgesehen" werden.

3.3. Wenn man - entgegen dem nicht zwischen Standard- und Sondertarifen unterscheidenden Wortlaut ("die Entgelte") - die Auffassung vertreten wollte, die Verpflichtung zur Genehmigung des Entgelts beziehe sich nur auf Standardentgelte, verbietet sich dies jedenfalls schon wegen des ausdrücklichen Hinweises im letzten Halbsatz des § 10 Abs 1 leg cit, wonach auch Sondertarife vorgesehen werden können. Es leuchtet hervor, dass der letzte - nach einem Strichpunkt mit einem Kleinbuchstaben beginnende - Satzteil vom Regelungsgehalt der "Genehmigung" nicht trennbar ist. Nichts deutet darauf hin, dass das Gesetz, das die Genehmigungsbedürftigkeit der Entgelte für den reservierten Postdienst normiert und die Zulässigkeit von Sondertarifen anerkennt, diese von der Genehmigungspflicht ausnimmt.

3.4. Diese "Gleichbehandlung" von Standard- und Sondertarifen normiert das Gesetz auch hinsichtlich des übrigen Universaldienstbereiches:

Die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen festzulegenden (§ 9 Abs 4 PostG 1997) Entgelte sind "auf alle Nutzer in gleicher Weise anzuwenden" (§ 10 Abs 2 erster Satz leg cit), was aber das Recht des Betreibers, "mit Nutzern individuelle Preisabsprachen zu treffen" nicht ausschließt (§ 10 Abs 2 zweiter Satz leg cit).

Sollen derartige individuelle Preisabsprachen, die inhaltlich dem Gebot der Nichtdiskriminierung zu entsprechen haben (§ 10 Abs 2 letzter Halbsatz leg cit), getroffen werden, sind "die Kriterien" dafür der Regulierungsbehörde anzuzeigen (§ 10 Abs 2 dritter Satz leg cit idF seit der Novelle BGBl I Nr 2/2006).

Wenn nun gemäß § 9 Abs 4 leg cit in den allgemeinen Geschäftsbedingungen Leistung und Gegenleistung festzulegen ist, nämlich "die angebotenen Dienste zu regeln und die vorgesehenen Entgelte festzulegen", verbietet sich die Auffassung, die Anzeige der "Engeltseite", also der Höhe des Entgelts im Fall von individuellen Preisabsprachen, sei von Gesetzes wegen nicht erforderlich.

4.1. Einzugehen bleibt auf die historische Argumentation der Beschwerdeführerin. Sie macht diesbezüglich - zusammengefasst - geltend, auszugehen sei davon, dass schon in der Stammfassung des PostG 1997 (BGBl I Nr 18/1998) die Zulässigkeit individueller Preisabsprachen zwischen Betreiber des Universaldienstes und Nutzern anerkannt gewesen sei (§ 10 Abs 2 letzter Satz leg cit).

Die Neuformulierungen des § 10 Abs 2 PostG 1997 durch die Novellen BGBl I Nr 72/2003 und BGBl I Nr 2/2006 hätten diesbezüglich (so explizit die Materialien) nichts geändert. Neu geschaffen (durch die Novelle BGBl I Nr 2/2006) worden sei hingegen die Verpflichtung des Betreibers, die Kriterien für solche Preisabsprachen der Regulierungsbehörde anzuzeigen und in geeigneter Form zu veröffentlichen. Aus der expliziten Statuierung einer derartigen Verpflichtung erstmals durch die Novelle BGBl I Nr 2/2006 sei zu schließen, dass die schon früher bestandene Verpflichtung, die - in den allgemeinen Geschäftsbedingungen festzulegenden - Entgelte vorab anzuzeigen bzw genehmigen zu lassen, nicht auch die Rabatte umfasst habe. Zudem wäre die der Regulierungsbehörde durch § 27 Abs 2 PostG 1997 eröffnete, in den Materialien zur Novelle BGBl I Nr 72/2003 ausdrücklich angesprochene Aufsichtsmaßnahme, nähere Auskünfte über individuelle Preisabsprachen zu verlangen, um deren Gesetzmäßigkeit zu überprüfen, obsolet, wenn der Behörde die Rabatte ohnehin im Rahmen der Genehmigungs- bzw Übermittlungspflicht bekannt gegeben werden müssten.

4.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

4.2.1. Wie oben ausgeführt, ist die Auslegung der in Rede stehenden Bestimmung nach ihrem Wortlaut, ihrer Systematik und ihrem Zusammenhang mit anderen Normen eindeutig.

4.2.2. Selbst wenn man also die von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Texte in den Materialien - im Zusammenhalt mit früheren Gesetzesfassungen - als Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers deuten wollte, "Rabattkriterien" nicht dem für "Entgelte" bestehenden Regime (Genehmigungsbedürftigkeit im Bereich des reservierten Postdienstes, Veröffentlichung im Bereich des übrigen Universaldienstes) unterwerfen zu wollen, fehlt es an einem Anhaltspunkt im Wortlaut des Gesetzes. Eine korrigierende Auslegung ist keinesfalls möglich. Umgekehrt ist der Gesetzeswortlaut aber im völligen Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht.

4.2.3. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin bestätigt nämlich gerade der Blick auf das Gemeinschaftsrecht die Richtigkeit des von der belangten Behörde erzielten Auslegungsergebnisses:

Durch das PostG 1997 wurde die Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität, ABl Nr L 15 vom 21. Jänner 1998, innerstaatlich umgesetzt.

Die Erwägungsgründe 14 und 15 dieser Richtlinie lauten:

"14. Die Nutzer des Universaldienstes müssen angemessen über das Leistungsangebot, die Bereitstellungs- und Nutzungsbedingungen, die Qualität der erbrachten Dienstleistungen sowie die Tarife unterrichtet werden.

15. Die in dieser Richtlinie enthaltenen Bestimmungen über das Universaldienstangebot berührt nicht das Recht der Betreiber von Universaldiensten, Verträge mit den Kunden individuell auszuhandeln."

Art 12 der Richtlinie (in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2002/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002, ABl Nr L 176 vom 5. Juli 2002), lautet:

"Tarifierungsgrundsätze und Transparenz der Rechnungslegung

Artikel 12

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Tarife für die einzelnen Universaldienstleistungen folgenden Grundsätzen entsprechen:

4.2.4. Ohne Bekanntgabe der konkreten Preisabschläge kann aber auch keine Überprüfung der Einhaltung der Nichtdiskriminierung, der Transparenz und der Kostenorientierung erfolgen und wäre - worauf die belangte Behörde mit Recht hinweist - die vom Gesetz geforderte Genehmigung von Entgelten weitgehend wirkungslos, könnte doch der Betreiber durch beliebige Gewährung von Rabatten zuvor genehmigte Standardentgelte umgehen.

Vor dem dargestellten Hintergrund ist die Rechtsauffassung der belangten Behörde, im Fall der Gewährung von Sondertarifen seien diese von der Genehmigungs- bzw Übermittlungs- /Anzeigepflicht für Entgelte erfasst, zutreffend.

5. Die Beschwerdeführerin rügt weiter, dass die belangte Behörde sie verpflichtet habe, die Rabatte "anzuzeigen", obwohl § 9 Abs 4 PostG 1997 nur ein "Übermitteln" verlange. Sie legt aber nicht dar, inwiefern sie durch diese von der belangten Behörde gewählte Formulierung in Rechten verletzt sein könnte; solches ist auch für den Verwaltungsgerichtshof - mangels näherer Darlegung - nicht erkennbar.

Soweit die Beschwerdeführerin daran anknüpfend einen "unauflösbaren Wertungswiderspruch" (bei Annahme einer bloßen Anzeigeverpflichtung von Rabattkriterien im Bereich des reservierten Postdienstes und gleichzeitiger Verpflichtung zur Genehmigung von Rabattsätzen in diesem Bereich) beklagt, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten:

Wie oben dargestellt, gelten die Entgelte betreffenden Regelungen auch für "Sondertarife". Daraus folgt, dass die Regelungen für Sondertarife im reservierten Postdienst (als Teil der allgemeinen Geschäftsbedingungen) der Regulierungsbehörde mindestens zwei Monate vor der beabsichtigten Veröffentlichung vorzulegen sind (§ 9 Abs 1 iVm § 10 Abs 1 PostG 1997); entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin besteht im Bereich des reservierten Postdienstes also keine "bloße Anzeigeverpflichtung" für Rabattkriterien.

6. Die Beschwerdeführerin rügt weiters mangelnde Bestimmtheit des von der belangten Behörde erlassenen Bescheidspruchs, weil darin nicht näher ausgeführt werde, welche "notwendigen Unterlagen" sie vorzulegen habe.

Die von § 59 Abs 1 AVG geforderte Deutlichkeit bedeutet für Leistungsbefehle Bestimmtheit - nicht bloß Bestimmbarkeit - in dem Sinne, dass auf Grund des Bescheides, ohne Dazwischentreten eines weiteren Ermittlungsverfahrens und neuerlicher Entscheidung, eine Vollstreckungsverfügung ergehen kann (vgl das hg Erkenntnis vom 28. Februar 2007, Zl 2004/03/0210, mwN). Das Bestimmtheitsgebot verlangt, dass einerseits dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben wird, dem Leistungsauftrag zu entsprechen, und andererseits auch die Behörde ohne weiteres feststellen kann, ob die Verpflichtung erfüllt wurde. Die Vorlage von Unterlagen in der Art eine Urkundenvorlage stellt, wie die Beschwerdeführerin selbst einräumt, regelmäßig eine unvertretbare Handlung dar, weshalb diese Leistungsverpflichtung einer Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG nicht zugänglich ist.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, einen Antrag auf Genehmigung der von ihr im Bereich des reservierten Postdienstes gewährten Sondertarife vorzulegen (Spruchpunkt 1), sowie die von ihr im Bereich des übrigen Universaldienstes gewährten Rabatte anzuzeigen (Spruchpunkt 2).

Die Vorlageverpflichtung bezieht sich also auf von der Beschwerdeführerin selbst erstellte und von ihr im geschäftlichen Verkehr verwendete Unterlagen. Eine derartige Verpflichtung lässt sich nicht bis ins kleinste Detail umschreiben. Entscheidend ist, dass in einer für die Behörde und die Partei des Verfahrens unverwechselbaren Weise feststeht, was geschuldet wird (vgl das hg Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl 2003/05/0169).

Im Lichte der Beschwerdebehauptungen erweist sich der Bescheidspruch als hinreichend bestimmt, um bei verständiger Auslegung die notwendige Klarstellung des gebotenen Verhaltens zweifelsfrei zu erkennen, zumal die Beschwerdeführerin selbst nicht einmal konkret vorbringt, dass ihr unklar wäre, welche Unterlagen sie vorzulegen habe.

7. Der Beschwerde kann schließlich auch nicht darin gefolgt werden, dass die von der belangten Behörde angeordnete Aufsichtsmaßnahme mit § 27 PostG 1997 nicht vereinbar wäre:

Auszugehen ist auch diesbezüglich davon, dass der Betreiber zur Vorabvorlage der allgemeinen Geschäftsbedingungen zwecks Erwirkung deren Genehmigung (im Bereich des reservierten Postdienstes) bzw zur Übermittlung der allgemeinen Geschäftsbedingungen (im Bereich des übrigen Universaldienstes) verpflichtet ist. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, bleibt kein Raum für Zweifel daran, dass er von der Regulierungsbehörde, die gemäß § 27 Abs 3 PostG 1997 "bescheidmäßig Anordnungen zur Durchführung der ihr insbesondere auf Grund dieses Bundesgesetzes zukommenden Rechte und Pflichten treffen" kann, durch Bescheid zur Durchführung der geschuldeten Handlung zu verpflichten ist, ist es doch "die Regulierungsbehörde", die vom Gesetz zur Genehmigung der allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen ist bzw an die diese Unterlagen zu übermitteln sind.

8. Die Beschwerde war daher, da bereits ihr Inhalt erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine gesonderte Entscheidung des Berichters über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 25. Februar 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte