Normen
VwGG §48 Abs2 Z1;
VwGG §48 Abs2 Z1;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je EUR 305,30 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin. Beide haben am 6. November 2007 persönlich beim Landeshauptmann von Wien Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln "Daueraufenthalt - EG" eingebracht, die von der erstinstanzlichen Behörde jeweils mit Bescheid vom 26. März 2008 gemäß den §§ 45 Abs. 1 und 20 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG abgewiesen wurden.
Die dagegen fristgerecht eingebrachten Berufungen wurden von der belangten Behörde mit den angefochtenen Bescheiden gemäß den §§ 21 Abs. 1 und 20 Abs. 4 NAG abgewiesen.
Der Erstbeschwerdeführerin sei am 21. März 2000, der Zweitbeschwerdeführerin am 25. Mai 2000 jeweils eine unbefristete Niederlassungsbewilligung erteilt worden. Laut Niederschrift vom 4. Dezember 2007 habe die Erstbeschwerdeführerin - auch in Vertretung der Zweitbeschwerdeführerin - angegeben, sie hätten sich vom 20. November 2003 bis 18. Oktober 2007 in der Dominikanischen Republik aufgehalten, da die Erstbeschwerdeführerin krank gewesen sei und einen Ortswechsel gewollt habe.
Die belangte Behörde führte unter Hinweis auf die §§ 82 Abs. 1, 11 Abs. 3, 20 Abs. 4, 21 Abs. 1, 72 und 74 NAG aus, die Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" der Beschwerdeführerinnen seien mit Inkrafttreten des NAG mit 1. Jänner 2006 erloschen, da sie am 20. November 2003 das österreichische Bundesgebiet verlassen und sich dann vier Jahre außerhalb des EWR aufgehalten hätten. Auf Grund der nunmehr geltenden Rechtslage seien die Anträge vom 6. November 2007 somit als Erstanträge jeweils auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EG" - wenngleich dieser einer Erstantragstellung nicht zugänglich sei - zu werten. Erstanträge seien vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen; die Entscheidung sei im Ausland abzuwarten.
Es stehe fest, dass die gegenständlichen Anträge am 6. November 2007 persönlich im Inland eingebracht worden seien und sich die Beschwerdeführerinnen zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung im Inland aufgehalten hätten. Dieser Umstand werde vor allem durch die Tatsache bekräftigt, dass seit 23. Oktober 2007 durchgehende polizeiliche aufrechte Meldungen in Österreich vorlägen. Darüber hinaus hätten die Beschwerdeführerinnen ihren Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet auch in ihren Berufungsschreiben bekräftigt.
Für die belangte Behörde stehe daher eindeutig fest, dass die Beschwerdeführerinnen die Anträge im Inland gestellt und sich vor, während und nach der Antragstellung in Österreich aufgehalten hätten.
Im Inland gestellte Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels seien abzuweisen, wenn kein "besonders berücksichtigungswürdiger Fall" aus humanitären Gründen im Sinn des § 72 NAG vorliege. In den vorliegenden Fällen sei festgestellt worden, dass keine besonders berücksichtigungswürdigen humanitären Aspekte gegeben seien. Vielmehr sei die von den Beschwerdeführerinnen gewählte Vorgangsweise als Umgehung der Einwanderungsbestimmungen zu sehen.
Eine Inlandsantragstellung bzw. die daraus resultierende Entgegennahme der Aufenthaltstitel im Inland würde daher gemäß § 74 NAG von Amts wegen für die Beschwerdeführerinnen nicht zugelassen.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorweg ist anzumerken, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach der Rechtslage des NAG vor der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 richtet.
Nach den Übergangsbestimmungen des § 81 Abs. 2 erster Satz NAG gelten vor dem Inkrafttreten des NAG, somit vor dem 1. Jänner 2006, erteilte Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer und ihres Gültigkeitszwecks insoweit weiter, als sie nach dem Zweck des Aufenthaltes den Bestimmungen des NAG entsprechen.
Gemäß § 11 Abs. 3 NAG-DV entsprach die unbefristete Niederlassungsbewilligung der Beschwerdeführerinnen dem Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG".
Gemäß § 20 Abs. 4 des mit 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen NAG erlischt ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG", wenn sich der Fremde länger als 12 Monate außerhalb des Gebietes des EWR aufhält. Aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, wie einer schwerwiegenden Erkrankung, der Erfüllung einer sozialen Verpflichtung oder der Leistung eines der allgemeinen Wehrpflicht oder dem Zivildienst vergleichbaren Dienstes, kann sich der Fremde bis zu 24 Monaten außerhalb des Gebietes des EWR aufhalten, wenn er dies der Behörde vorher mitgeteilt hat.
Die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach die Beschwerdeführerinnen am 21. März 2003 das österreichische Bundesgebiet verlassen hätten, in die Dominikanische Republik gereist seien und sich vier Jahre lang außerhalb des Gebietes des EWR aufgehalten hätten, blieben unbestritten.
Die Beschwerde bringt jedoch unter Hinweis auf die §§ 81 Abs. 2 iVm 20 Abs. 4 NAG vor, weder aus der Übergangsbestimmung noch aus der zweitgenannten Bestimmung ergebe sich, dass die im § 20 Abs. 4 NAG festgelegte Frist der 12-monatigen Abwesenheit vom Gebiet des EWR auch rückwirkend, also auf den Zeitraum vor dem 1. Jänner 2006 anzuwenden sei. Die genannte Frist sei erst ab 1. Jänner 2006 zu berechnen. Da die Anträge auf Ausstellung des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EG" am 6. November 2007 persönlich eingebracht worden seien, sei die 12-monatige Frist nach § 20 Abs. 4 NAG nicht "verwirklicht".
Dabei übersehen die Beschwerdeführerinnen, dass das NAG (in verfassungskonformer Weise) kein Rückwirkungsverbot in dem Sinn enthält, dass Sachverhalte, die sich vor dem 31. Dezember 2005 ereignet haben, in die Beurteilung von Tatbeständen des NAG nicht einbezogen werden dürfen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2009, 2008/22/0863). Im Übrigen wäre für sie auch aus dieser Argumentation nichts zu gewinnen, da die 12-monatige Frist - selbst wenn sie erst ab dem 1. Jänner 2006 zu berechnen wäre - zum Zeitpunkt der Wiedereinreise der Beschwerdeführerinnen in das österreichische Bundesgebiet im Oktober 2007 jedenfalls abgelaufen wäre. Daran vermag auch das - nicht näher substantiierte - Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführerinnen hätten sich "zwischenzeitig in Spanien aufgehalten", nichts zu ändern. Dem Verwaltungsakt sind Kopien von Flugtickets, lautend auf die Namen der beiden Beschwerdeführerinnen, von Santo Domingo nach Madrid und weiter nach Barcelona für den 17. bzw. 18. September 2007 - somit etwa viereinhalb Jahre nach dem Verlassen des österreichischen Bundesgebietes - zu entnehmen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Aufenthaltstitel der Beschwerdeführerinnen jedoch längst ex lege erloschen. Der behauptete Verfahrensmangel, Ermittlungen über Zeitpunkt und Dauer des Aufenthaltes seien unterblieben, kann daher nicht entscheidungsrelevant sein.
Aus dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe ihre amtswegige Ermittlungspflicht verletzt bzw. die angefochtenen Bescheide nicht ausreichend begründet, da sie zu den von der Erstbeschwerdeführerin vorgebrachten gesundheitlichen Problemen keinerlei Ermittlungen durchgeführt und das Vorliegen humanitärer Gründe ohne näheres Eingehen auf diese gesundheitlichen Probleme pauschal verneint habe, ist für die Beschwerdeführerinnen ebenfalls nichts zu gewinnen. Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerinnen die aus ihrer Sicht besonders berücksichtigungswürdigen Gründe nicht - wie in § 20 Abs. 4 letzter Satz NAG gefordert - der belangten Behörde vorher mitgeteilt haben und das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung auch lediglich behauptet und in keiner Weise nachgewiesen wurde, könnte das Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Gründe bestenfalls dazu führen, dass sich die Beschwerdeführerinnen bis zu 24 Monate zulässigerweise außerhalb des Gebietes des EWR aufhalten dürften. Die zwischen November 2003 und - unter Berücksichtigung einer allfälligen Einreise der Beschwerdeführerinnen nach Spanien - September 2007 währende Abwesenheit der Beschwerdeführerinnen übersteigt jedenfalls auch den maximal für 24 Monate zulässigen Zeitraum. Auch diesem geltend gemachten Verfahrensmangel kann somit keine Relevanz zukommen.
Vor diesem Hintergrund wurden die Berufungen der Beschwerdeführerinnen mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht abgewiesen; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das als Schriftsatzaufwand verzeichnete, über den Pauschalsatz der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 hinausgehende Begehren war ebenso abzuweisen, wie der doppelt verzeichnete Vorlageaufwand, der nur einfach zuzusprechen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2001, 2000/11/0233).
Wien, am 22. September 2009
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