VwGH 2008/22/0631

VwGH2008/22/06319.7.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der Dipl. Ing. Dr. G, vertreten durch Dr. Peter Ozlberger, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Trappelgasse 4/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. April 2008, Zl. 145.806/3-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §19 Abs2 Z3;
NAG 2005 §2 Abs2;
NAG 2005 §2 Abs3;
NAG 2005 §45 Abs1;
NAGDV 2005 §11 Abs1 litA Z9;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrG 1997 §19 Abs2 Z3;
NAG 2005 §2 Abs2;
NAG 2005 §2 Abs3;
NAG 2005 §45 Abs1;
NAGDV 2005 §11 Abs1 litA Z9;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EG" gemäß den §§ 26 und 45 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Die belangte Behörde ging dabei davon aus, dass die Beschwerdeführerin in den Jahren 2001 bis 2007 über Niederlassungsbewilligungen für den Aufenthaltszweck "vom AuslBG ausgenommener unselbstständiger Erwerb, § 19 Abs. 2 Z 3 FrG" verfügt habe. Die zuletzt am 4. Jänner 2005 erteilte derartige Niederlassungsbewilligung gelte seit dem 1. Jänner 2006 gemäß § 11 Abs. 1 lit. A Z 9 NAG-DV als "Aufenthaltsbewilligung - Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit".

Am 15. Jänner 2007 sei der Beschwerdeführerin ihre vom 4. Jänner 2007 bis 4. Juli 2008 gültige Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft (unselbständiger Erwerb) erteilt worden. Am 30. April 2007 habe sie die Erteilung des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EG" beantragt. Gemäß § 81 Abs. 2 NAG iVm § 11 Abs. 1 lit. A Z 9 NAG-DV sei der Fall der Beschwerdeführerin so zu beurteilen, als hätte sie bisher vom 28. Februar 2001 bis 3. Jänner 2007 über Aufenthaltsbewilligungen ("Aufenthaltsbewilligung - Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit") verfügt. Gemäß § 2 Abs. 3 NAG gelte ihr Aufenthalt auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung nach § 8 Abs. 1 Z 5 leg. cit. für einen vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet und nicht als Niederlassung im Sinn des § 2 Abs. 2 NAG. Niedergelassen sei die Beschwerdeführerin erst, seitdem sie hiefür eine gültige Bewilligung habe, also erst ab dem 4. Jänner 2007. Sie sei somit während der letzten fünf Jahre nicht ohne Unterbrechung zur Niederlassung berechtigt gewesen und erfülle daher die besonderen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 NAG nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage seitens der belangten Behörde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass im Blick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Rechtslage nach dem NAG vor der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 maßgeblich ist.

§ 45 Abs. 1 NAG ordnet - unter weiteren Voraussetzungen - an, dass Drittstaatsangehörigen, die in den letzten fünf Jahren ununterbrochen zur Niederlassung berechtigt waren, ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" erteilt werden kann.

Mit dem angefochtenen Bescheid verweigerte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin diesen Aufenthaltstitel im Wesentlichen mit der Begründung, dass diese die Voraussetzung der fünfjährigen Niederlassung nicht erbracht habe. Damit unterlag die belangte Behörde einem Rechtsirrtum.

Unbestritten verfügte die Beschwerdeführerin ab dem Jahr 2001 über eine Niederlassungsbewilligung für vom AuslBG ausgenommene unselbständig Erwerbstätige (§ 19 Abs. 2 Z 3 FrG), welche gemäß § 11 Abs. 1 lit. A Z 9 NAG-DV nach Inkrafttreten des NAG mit 1. Jänner 2006 als (bloße) Aufenthaltsbewilligung weiter gegolten hat. In der Folge wurde der Beschwerdeführerin eine Niederlassungsbewilligung erteilt. § 2 Abs. 3 NAG hält fest, dass der rechtmäßige Aufenthalt eines Fremden auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung nicht als Niederlassung im Sinn des § 2 Abs. 2 NAG gelte. Im Geltungsbereich des FrG hat die Beschwerdeführerin über eine Niederlassungsbewilligung verfügt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 14. Mai 2009, 2008/22/0075, mit näherer Begründung ausgesprochen, dass dem Gesetz mit Blick auf § 2 Abs. 2 und Abs. 3 NAG nicht unterstellt werden könne, bisher rechtmäßig niedergelassene Fremde trotz ihrer weiterhin bestehenden tatsächlichen Niederlassung als nicht (mehr) niedergelassen anzusehen, ohne ihnen die Möglichkeit einzuräumen, auch den rechtlichen Status der Niederlassung beizubehalten.

In solchen Konstellationen schadet es somit nicht, wenn im NAG für denselben Aufenthaltszweck nunmehr bloß eine Aufenthaltsbewilligung und nicht wie nach dem FrG eine Niederlassungsbewilligung vorgesehen ist. So gesehen hat die Beschwerdeführerin das Erfordernis der fünfjährigen rechtmäßigen Niederlassung erfüllt.

Bei diesem Ergebnis kann hier dahinstehen, ob mit § 45 NAG - wie vom Gesetzgeber ausdrücklich beabsichtigt (vgl. die ErläutRV 752 BglNR 22. GP 137) - die Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen auch für den Fall eines Fremden korrekt umgesetzt wurde, der über einen ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthalt von mindestens fünf Jahren (bloß) auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung verfügt.

Wegen des oben aufgezeigten Rechtsirrtums war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 9. Juli 2009

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