VwGH 2008/22/0452

VwGH2008/22/045222.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der S, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Juni 2007, Zl. 316.053/2-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3;
FrG 1997 §19 Abs2 Z2;
NAG 2005 §19 Abs2;
NAGDV 2005 §11 Abs1;
AVG §13 Abs3;
FrG 1997 §19 Abs2 Z2;
NAG 2005 §19 Abs2;
NAGDV 2005 §11 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des "Amtes der Wiener Landesregierung" vom 1. August 2006 wurde der Beschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen, auf Grund ihres Antrages vom 21. Juli 2006 auf Verlängerung ihres Aufenthaltstitels, unter anderem für den Aufenthaltszweck "Aufenthaltsbewilligung-Künstler" eine "Aufenthaltsbewilligung-Künstler", gültig vom 1. August 2006 bis 1. August 2007, ausgestellt. (Auf dem der Antragstellung zugrunde liegenden Formular sind neben der Rubrik "Aufenthaltsbewilligung Künstler" auch jene für "Niederlassungsbewilligung unbeschränkt" und "Dokumentation Daueraufenthaltskarte" angekreuzt.)

Die fristgerecht dagegen eingebrachte Berufung mit dem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligungbeschränkt" wurde vom Bundesminister für Inneres (der belangten Behörde) mit dem angefochtenen Bescheid gemäß §§ 20 Abs. 1 und 45 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde unter Hinweis auf die §§ 81 Abs. 2, 2 Abs. 2 und Abs. 3, 20 Abs. 1 sowie 45 Abs. 1 NAG und § 11 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) im Wesentlichen aus, die der Beschwerdeführerin zuletzt erteilte Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Künstler gemäß § 19 Abs. 2 Z. 2 FrG" gelte nach dem Inkrafttreten des NAG am 1. Jänner 2006 gemäß § 11 Abs. 1 NAG-DV als Aufenthaltsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Künstler", gültig bis 1. August 2007. Eine Aufenthaltsbewilligung gelte gemäß § 2 Abs. 3 NAG nicht als Niederlassung im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit.. Die Behörde erster Instanz habe daher in Erledigung des Verlängerungsantrages der Beschwerdeführerin vom 21. Juli 2006 zu Recht eine "Aufenthaltsbewilligung-Künstler" ausgestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 3. Oktober 2007, B 1457/07, ablehnte und sie mit gesondertem Beschluss vom 8. November 2007 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Über die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 2 NAG ist im Antrag der Grund des Aufenthalts bekannt zu geben; dieser ist genau zu bezeichnen. Nicht zulässig sind Anträge, aus denen sich verschiedene Aufenthaltszwecke ergeben, das gleichzeitige Stellen mehrerer Anträge und das Stellen weiterer Anträge während eines anhängigen Verfahrens nach diesem Bundesgesetz. Nach den Gesetzesmaterialien (RV 952 XXII. GP) gilt, falls kein eindeutiger Antrag gestellt wird, § 13 Abs. 3 AVG uneingeschränkt.

Im vorliegenden Fall wurden auf dem der Antragstellung zugrunde liegenden Formular als Aufenthaltszweck sowohl "Aufenthaltsbewilligung Künstler" als auch "Niederlassungsbewilligung unbeschränkt" und "Dokumentation Daueraufenthaltskarte" angekreuzt. Aus dem Verwaltungsakt geht jedoch nicht hervor, dass die erstinstanzliche Behörde die Antragstellerin im Rahmen eines Mängelbehebungsauftrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert hätte, den tatsächlich beantragten Aufenthaltszweck zu konkretisieren. Vielmehr hat sie der Beschwerdeführerin - ohne Klärung des beantragten Aufenthaltszweckes - eine "Aufenthaltsbewilligung Künstler" erteilt.

In der Berufung bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe eine "Niederlassungsbewilligung beschränkt" (richtig: unbeschränkt) beantragt. Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich sei auf Dauer ausgerichtet, das habe sich auch nach dem 1. Jänner 2006, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des NAG, nicht geändert. Die ihr erteilte "Aufenthaltsbewilligung Künstler" verletze ihr Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK und sei eine deutliche rechtliche Schlechterstellung. So blieben der Beschwerdeführerin die Aufenthaltsverfestigung und eine Daueraufenthaltskarte EG sowie die damit verbundene rechtliche Besserstellung versagt. Die "Zurückstufung" verletze auch das Recht auf Gleichbehandlung von Fremden, da - mit Ausnahme der Künstler und Künstlerinnen - alle anderen Drittstaatsangehörigen, die im Besitz einer Niederlassungsbewilligung nach dem FrG 1997 gewesen seien, auch nach dem NAG wieder eine Niederlassungsbewilligung erhielten.

Auf dieses Berufungsvorbringen ist die belangte Behörde - wie die Beschwerde zutreffend rügt - in keiner Weise eingegangen. Daraus geht eindeutig hervor, dass die Beschwerdeführerin nicht die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, sondern einer Niederlassungsbewilligung anstrebt. Mit dem bereits im Antrag u.a. zum Ausdruck gebrachten und in der Berufung klargestellten Begehren auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung hat sich die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage jedoch nicht auseinander gesetzt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Hinsichtlich der Weitergeltung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Künstler gemäß § 19 Abs. 2 Z. 2 FrG" gemäß § 11 A Z. 8 NAG-DV als "Aufenthaltsbewilligung Künstler" nach dem NAG, wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Zl. 2008/22/0092, und vom 14. Mai 2009, Zl. 2008/22/0075, zu berücksichtigen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 22. September 2009

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