Normen
FrG 1997 §47 Abs1;
FrG 1997 §47 Abs3;
FrG 1997 §49 Abs1;
FrG 1997 §47 Abs1;
FrG 1997 §47 Abs3;
FrG 1997 §49 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen, vom 17. Jänner 2005 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Zweck "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei mit einem von der Österreichischen Botschaft Belgrad ausgestellten Visum C, gültig vom 10. Dezember 2004 bis 10. Februar 2005, nach Österreich eingereist und sei seither bei ihrer Mutter in Wien aufhältig.
Die Bundespolizeidirektion Wien habe festgestellt, dass es sich bei der Ehe der Mutter der Beschwerdeführerin mit einem österreichischen Staatsbürger um eine Scheinehe handle und daraufhin gegen die Mutter mit Bescheid vom 19. April 2005 eine Ausweisung erlassen. Die Beschwerdeführerin könne auf Grund der Scheinehe ihrer Mutter die Vergünstigungen des § 47 iVm § 49 Fremdengesetz 1997 (FrG) nicht in Anspruch nehmen und sei daher verpflichtet gewesen, die Entscheidung über den vorliegenden Antrag im Ausland abzuwarten. Auch nach Inkrafttreten des NAG am 1. Jänner 2006 könne sie kein Aufenthaltsrecht vom Zusammenführenden, ihrem österreichischen Stiefvater, gemäß § 47 NAG ableiten, weshalb die allgemeinen Bedingungen für die Antragstellung und Erteilung eines Aufenthaltstitels gültig seien. Da die Beschwerdeführerin noch nie über einen Sichtvermerk, eine Aufenthaltsbewilligung oder eine Niederlassungsbewilligung für die Republik Österreich verfügt habe, sei ihr nunmehriger Antrag vom 17. Jänner 2005 als Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu werten. Bei Erstanträgen sei § 21 Abs. 1 und 2 NAG zu beachten.
Für die belangte Behörde stehe fest, dass der gegenständliche Antrag durch einen Familienangehörigen am 17. Jänner 2005 im Inland eingebracht worden und die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung im Inland aufhältig gewesen sei. Dieser Umstand werde vor allem durch die Tatsache bekräftigt, dass die Beschwerdeführerin seit 5. August 2004 in Österreich polizeilich aufrecht gemeldet sei; weiters bekräftige sie auch in ihrem Berufungsschreiben ihren Aufenthalt im Bundesgebiet. Die Beschwerdeführerin habe somit den Antrag im Inland gestellt und sich vor, während und nach der Antragstellung in Österreich aufgehalten.
Unter Hinweis auf die §§ 72 und 74 NAG führte die belangte Behörde weiters aus, dass im konkreten Fall das berechtigte Interesse an einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation durch die Auswanderung nach Österreich festgestellt worden sei, aber keine humanitären Gründe für die Erteilung eines diesbezüglichen Aufenthaltstitels vorlägen. Die Inlandsantragstellung werde daher nicht zugelassen. Die Beschwerdeführerin hätte die Entscheidung über ihren Antrag im Ausland abwarten müssen. Dies gelte im Übrigen auch für die "Vorläuferbestimmung" des § 14 Abs. 2 FrG.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde erwogen:
Vorweg ist anzumerken, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falls mit Blick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach der Rechtslage des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 99/2006 richtet.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, ihre Mutter habe den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels am 17. Jänner 2005 während der Geltungsdauer des der Beschwerdeführerin ausgestellten Visums C eingebracht. Die Inlandsantragstellung sei daher auch bei rückwirkender Anwendung des NAG gemäß § 21 Abs. 2 Z. 1 NAG rechtmäßig gewesen. Nach der Rechtslage vor dem 1. Jänner 2006 seien Familienangehörige von österreichischen Staatsbürgern jenen von EWR-Bürgern gleichgestellt gewesen und hätten gemäß § 49 Abs. 1 FrG Niederlassungsfreiheit genossen. Die Beschwerdeführerin halte sich somit auch nach Ablauf des Visums rechtmäßig als begünstigte Drittstaatsangehörige in Österreich auf; dem Aufenthaltstitel komme nur konstitutive (gemeint wohl: deklaratorische) Wirkung zu.
Dem ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen nach dem FrG für begünstigte Drittstaatsangehörige bereits ausgesprochen hat, dass nach der (damaligen) Rechtslage des FrG außerhalb des Anwendungsbereiches des Gemeinschaftsrechts dem begünstigten Drittstaatsangehörigen nicht schon bereits auf Grund seiner Eigenschaft als Angehöriger eines Österreichers ein Aufenthaltsrecht zukam. Er bedurfte nach dem FrG für die Rechtmäßigkeit seiner Niederlassung einer (rechtsbegründenden) Niederlassungsbewilligung, wenn sich das Aufenthaltsrecht nicht schon unmittelbar aus gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ergab. Nur in letzterem Fall war die Erteilung des Aufenthaltstitels nicht als rechtsbegründende Handlung, sondern bloß als deklaratorisch wirkende Urkunde zu betrachten. Dafür, dass im gegenständlichen Fall das Gemeinschaftsrecht unmittelbar ein Aufenthaltsrecht der Beschwerdeführerin begründet hätte, gibt es jedoch keine Hinweise. Derartiges wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet. Somit unterlag sie gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 1 FrG der Sichtvermerkspflicht. Da der Beschwerdeführerin unstrittig kein Aufenthaltstitel erteilt worden ist, kam ihr nicht nur ab Inkrafttreten des NAG, sondern auch schon vor dem 1. Jänner 2006 - nämlich seit Ablauf ihres Visum mit 10. Februar 2005 - kein Aufenthaltsrecht zu (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 22. September 2009, 2008/22/0064, mwN).
Soweit darauf hingewiesen wird, dass der Beschwerdeführerin am 17. Jänner 2005 eine Bestätigung über die erfolgte Antragstellung ausgestellt worden sei, in der weiters ausgeführt werde, dass gemäß § 31 Abs. 4 FrG die im Betreff genannte Person bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet der Republik Österreich berechtigt sei, ist zu erwidern, dass es sich damit um ein neues Vorbringen (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) handelt.
Auch mit dem Hinweis auf drei Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Mit hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, 2007/21/0040, wurde der angefochtene Bescheid aufgehoben, weil die belangte Behörde unzulässigerweise die mit dem NAG neu geschaffene Formalvoraussetzung der persönlichen Antragstellung gemäß § 19 Abs. 1 NAG der Antragabweisung zu Grunde gelegt hat. In den beiden Erkenntnissen vom 14. Oktober 2008, 2008/22/0118 und 2008/22/0790, lag der Aufhebung der angefochtenen Bescheide jeweils zu Grunde, dass die belangte Behörde keine Feststellungen darüber getroffen hat, ob sich die antragstellende Partei zum Zeitpunkt der Antragstellung im Inland aufgehalten habe. Beide Aufhebungsgründe wurden der gegenständlichen Entscheidung von der belangten Behörde nicht zu Grunde gelegt.
Die Beschwerde bestreitet nicht, dass es sich bei dem gegenständlichen Antrag um einen Erstantrag handelt und die Beschwerdeführerin die Entscheidung über diesen Antrag entgegen § 21 Abs. 1 NAG nach dem Inkrafttreten des NAG am 1. Jänner 2006 nicht im Ausland abgewartet hat. Dazu wäre die Beschwerdeführerin allerdings verpflichtet gewesen.
Das Recht, den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung im Inland stellen und die Entscheidung darüber hier abwarten zu dürfen, kommt daher fallbezogen nur gemäß § 74 NAG in Betracht. Liegen die Voraussetzungen des § 72 NAG vor, so ist die in § 74 NAG ausnahmsweise vorgesehene Antragstellung im Inland zuzulassen, wobei diese Zulassung im Rechtsweg erzwungen werden kann. § 72 NAG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltsbewilligung zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn dieser Bestimmung dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK direkt abzuleitender Anspruch (hier: auf Familiennachzug) besteht.
Unter dem Blickwinkel eines aus Art. 8 EMRK abzuleitenden Anspruchs macht die Beschwerdeführerin geltend, sie lebe seit August 2004 mit ihrer Mutter und einem österreichischen Staatsbürger im gemeinsamen Haushalt und besuche regelmäßig die Schule. Sie habe sich in gutem Glauben auf ihren rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich integriert, erziele beste Noten und spreche fließend und akzentfrei Deutsch.
Dem ist zunächst zu entgegnen, dass gegen die Mutter der Beschwerdeführerin - unbestritten - bereits im April 2005 eine Ausweisung erlassen wurde, weil diese eine sog. "Scheinehe" eingegangen ist. Entgegen der Beschwerdeansicht ist aus dem im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde etwa zwei Jahre währenden Aufenthalt im Inland, ihren - entsprechend relativierten - familiären Bindungen, ihrem Schulbesuch und den erworbenen Deutschkenntnissen keine derartige Verdichtung ihrer Interessen abzuleiten, dass es Art. 8 EMRK gebieten würde, vom Grundsatz der Auslandsantragstellung abzusehen.
Somit kann bei Gesamtbewertung des vorliegenden Sachverhaltes nicht davon ausgegangen werden, es würde ein im Hinblick auf Art. 8 EMRK besonders berücksichtigungswürdiger Fall vorliegen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 15. April 2010
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