Normen
EMRK Art8;
NAG 2005 §19 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §74;
VwGG §42 Abs2 Z1;
EMRK Art8;
NAG 2005 §19 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §74;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Bangladesch, auf Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung unter Heranziehung der §§ 19 Abs. 1 und 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) keine Folge.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 20. November 1998 unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist. Am 24. November 1998 habe er die Gewährung von Asyl beantragt. Dieser Asylantrag sei im Instanzenzug vom unabhängigen Bundesasylsenat rechtskräftig (mit 20. Juni 2001) "gemäß §§ 7 und 8 AsylG abgewiesen" worden. Die Behandlung einer dagegen gerichteten Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 4. November 2004 (Zl. 2003/20/0224) abgelehnt worden. Am 24. Jänner 2005 habe der Beschwerdeführer (noch während der Geltung des am 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen Fremdengesetzes 1997 - FrG) durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter "schriftlich per Post" einen Erstantrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "jeglicher Aufenthaltszweck, § 13 Abs. 2 FrG" gestellt.
Auf Grund der nunmehr geltenden Rechtslage des NAG - so die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung - sei der Antrag als Erstantrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" zu werten. Der Antrag sei vom rechtsfreundlichen Vertreter im Inland per Post eingebracht worden. Der Beschwerdeführer habe sich zu dieser Zeit im Bundesgebiet aufgehalten, was auch im Entscheidungszeitpunkt immer noch so sei. Er hätte allerdings den Antrag vor der Einreise in das Bundesgebiet persönlich bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einbringen und die Entscheidung darüber im Ausland abwarten müssen. Besonders berücksichtigungswürdige Gründe im Sinne des § 72 Abs. 1 NAG, nach denen die Inlandsantragstellung gemäß § 74 NAG hätte zugelassen werden müssen, habe der Beschwerdeführer während des gesamten Verfahrens nicht releviert. Der langjährige Aufenthalt im Bundesgebiet als Asylwerber, die auf Grund des "unrechtmäßigen Aufenthalts nur scheinbare" Integration in Österreich, und die aufrechte Beschäftigung stellten keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe dar, um die Erteilung eines "humanitären Aufenthaltstitels" rechtfertigen zu können. Sohin werde die Inlandsantragstellung und die Entgegennahme des Aufenthaltstitels im Inland nicht von Amts wegen zugelassen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 5. März 2008, B 2035/07-6, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Über die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach der Rechtslage des NAG vor der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 richtet.
Zutreffend macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, dass § 19 Abs. 1 erster Satz NAG im vorliegenden Fall einer Antragsbewilligung nicht entgegensteht. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Bestimmung bereits festgehalten, dass dem FrG das Erfordernis der persönlichen Antragstellung, wie es nunmehr in § 19 Abs. 1 erster Satz NAG vorgesehen ist, fremd war. Eine solche Verpflichtung wurde erst durch die genannte Bestimmung als eine vom AVG abweichende Verfahrensbestimmung eingeführt. Das Nichterfüllen des Formalerfordernisses des § 19 Abs. 1 erster Satz NAG darf aber im Falle eines vor Inkrafttreten des NAG gestellten Antrages - ein solcher lag hier vor - nicht zur Zurückweisung führen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Oktober 2008, 2008/22/0790, sowie 2008/22/0118). Sohin vermochte diese von der belangten Behörde herangezogene Bestimmung die Versagung der Antragsbewilligung nicht zu tragen.
In der Beschwerde wird nicht bestritten, dass der Beschwerdeführer noch nie über einen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt hat. Die Auffassung der belangten Behörde, es handle sich bei dem gegenständlichen Antrag um einen Erstantrag im Sinne des § 21 Abs. 1 NAG, begegnet sohin keinen Bedenken. Dem in dieser Bestimmung verankerten Grundsatz der Auslandsantragstellung folgend hätte der Beschwerdeführer daher grundsätzlich den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Ausland stellen und die Entscheidung darüber im Ausland abwarten müssen.
Das Recht, den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Inland zu stellen und die Entscheidung darüber hier abzuwarten, kommt daher im vorliegenden Fall nur gemäß § 74 NAG in Betracht. Liegen die Voraussetzungen des § 72 NAG vor, ist ungeachtet des Wortlautes des Gesetzes ("kann") die in § 74 NAG ausnahmsweise vorgesehene Antragstellung im Inland zuzulassen, wobei diese Zulassung im Rechtsweg erzwungen werden kann. § 72 NAG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn dieser Bestimmung dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK direkt abzuleitender Anspruch besteht (vgl. zum Gesamten etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2008, 2008/22/0103).
Unter Berücksichtigung des seit 1998 währenden Aufenthalts des Beschwerdeführers, der vom Arbeitsmarktservice mehrfach erfolgten Ausstellung arbeitsmarktrechtlicher Bewilligungen (unter anderem auch einer Arbeitserlaubnis), der seit dem Jahr 2000 aufrechten Beschäftigung vermag sich nun der Verwaltungsgerichtshof der Beurteilung der belangten Behörde im Rahmen der Gesamtbetrachtung aller vom Beschwerdeführer geltend gemachter sozialer und beruflicher Bindungen nicht anzuschließen, er könne keinen aus Art. 8 EMRK ableitbaren Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung geltend machen. Den zu Gunsten des Beschwerdeführers zu wertenden Umständen, wozu nach dem Vorbringen im Verwaltungsverfahren auch das Bestehen enger familiärer Bindungen im Inland zu einem die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Onkel zu zählen ist, deren Intensität die belangte Behörde allerdings nicht näher geprüft, aber auch nicht verneint hat, steht im vorliegenden Fall lediglich der über lange Zeit auf die Anhängigkeit eines Asylverfahrens gegründete - unsichere - Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers gegenüber, dem aber bei der gebotenen Gesamtbetrachtung keine ausschlaggebende Bedeutung, die bei der Abwägung zu einem anderen Ergebnis führen könnte, mehr zuzumessen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. November 2008, 2008/22/0044). Vor diesem Hintergrund kann fallbezogen nicht davon ausgegangen werden, besondere Berücksichtigungswürdigkeit im Sinne des § 72 Abs. 1 NAG sei nicht gegeben. Dann aber wäre die Inlandsantragstellung gemäß § 74 NAG von Amts wegen zuzulassen, weshalb die belangte Behörde die Bewilligung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages nicht nach § 21 Abs. 1 NAG hätte versagen dürfen.
Der angefochtene Bescheid war sohin wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 14. Mai 2009
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